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Arbeitszufriedenheit
Unter Arbeitszufriedenheit versteht man in der Arbeitspsychologie die mehr oder auch weniger positive Einstellung einer Arbeitskraft zu ihrer Arbeit. Sie äußert sich als persönliche emotionale Reaktion auf Aufgabenstellungen, Anforderungen und Handlungen in Arbeitssystemen und repräsentiert mehrere miteinander in Bezug stehende Einstellungen. Das Thema „Arbeitszufriedenheit“ ist vor allem ein Erkenntnisobjekt der Managementlehre. Eine überwiegend negative Einstellung zur Arbeit wird als Arbeitsleid wahrgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Seit der Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg (mit „Hygienefaktoren“ und „Motivatoren“) ist die Arbeitszufriedenheit umfassender Forschungsgegenstand. Nach Schätzung von Locke waren bereits 1976 circa 3350 einschlägige Arbeiten publiziert.
Zur Untersuchung der Arbeitszufriedenheit unterschied Kommunikationswissenschaftlerin Irene Neverla am Beispiel des Berufs des Journalisten zwischen Arbeitsplatzzufriedenheit und Berufszufriedenheit. Ähnlich der Zwei-Faktoren-Theorie differenzierte sie dabei zwischen „objektiven Bedingungen der Erwerbstätigkeit“ (etwa angemessene Bezahlung, berufliche Sicherheit und erträgliche Arbeitsbelastung) und darüber hinaus gehenden Erwartungen. Nach Neverla wurde Unzufriedenheit unter Journalisten vor allem im Zusammenhang mit Faktoren geäußert, die sich auf die konkrete Existenzsicherung beziehen. Ähnlich wurde 1991 für Kita-Mitarbeiter zwischen einer (niedrigen) Arbeitsplatzzufriedenheit und (hohen) Berufszufriedenheit unterschieden. Der Sinn einer solchen Unterscheidung wird allerdings dort bezweifelt, wo ein Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber kaum in Betracht komme, zum Beispiel im Fall von Lehrern.
In Deutschland ließen sich seit der Rezeption von Herzberg zwei Wellen beobachten: Die eine ist auf das Bewertungsschema menschlicher Arbeit von Walter Rohmert zurückzuführen, in dem die Hierarchie Ausführbarkeit – Erträglichkeit – Zumutbarkeit – Zufriedenheit postuliert wurde. Die andere wurde durch das EFQM angestoßen, welches 1994 Arbeitszufriedenheit als „Resultatfaktor“ in ihrem verbreiteten Qualitätsmodell aufführte. Zwar wurde das in der 2000er Fassung geändert, aber das Interesse an Arbeitszufriedenheit war wieder geweckt.
Nach jahrzehntelangen eigenen Forschungen kam Oswald Neuberger bereits 1985 in einem Sammelreferat zu folgenden Kernaussagen:
- Je mehr man sich dem Begriff der Arbeitszufriedenheit nähert, desto unschärfer und bedeutungsloser wird er.
- Es ist bei einer Zufriedenheitsäußerung nur schwer feststellbar, ob sie tatsächlich durch die Situation bedingt wird („Kraft durch Freude …“) oder einfach daher kommt, dass man gelernt hat, nicht mehr zu wünschen („… oder Euphorie im Unglück?“)
- Ein Zusammenhang von Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung, Motivation oder einer anderen relevanten betriebswirtschaftlichen Leistungskennzahl konnte nicht nachgewiesen werden.
- „Humanisierung der Arbeit kann nicht heißen, Menschen zufrieden zu machen“ (S. 137).
Agnes Bruggemann stellt Arbeitszufriedenheit als das Ergebnis eines inneren Vergleichs der eigenen Bedürfnisse mit den situationsbezogenen Möglichkeiten ihrer Realisierung dar. Demnach entwickeln sich einerseits aus den äußeren Einflüssen eine innere Erfahrung der Situation. Andererseits entsteht durch die Erziehung und Vergangenheit eines Individuums und den persönlichen Ansprüchen ein gewünschter Soll-Zustand. Die Übereinstimmung und Abweichungen dieser beiden Bilder bedingen nach Bruggemann Arbeitszufriedenheit oder -unzufriedenheit.
Verdienst des Modells ist es, den bis dato globalen Zufriedenheitsbegriff, welcher der Realität kaum gerecht wurde, qualitativ differenziert zu haben. Es unterscheidet sechs Formen:
- Progressive Arbeitszufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist positiv aber das Anspruchsniveau steigt dadurch.
- Stabilisierte Arbeitszufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist positiv und das Anspruchsniveau bleibt unverändert.
- Resignative Arbeitszufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist negativ und zur Kompensation sinkt das Anspruchsniveau
- Pseudo-Arbeitszufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist negativ und das Anspruchsniveau bleibt unverändert, dafür wird die Situation verfälscht (geschönt) wahrgenommen.
- Fixierte Arbeitsunzufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist negativ und das Anspruchsniveau bleibt unverändert und auf Lösungsversuche wird verzichtet.
- Konstruktive Arbeitsunzufriedenheit: Der Soll-Ist-Vergleich ist negativ und das Anspruchsniveau bleibt unverändert, aber man arbeitet an Lösungsversuchen.
Arbeitszufriedenheit wird damit als Prozess und nicht mehr als statisches Konstrukt interpretiert. Dabei machen die resignativen Formen deutlich, dass Arbeitszufriedenheit und Arbeitsfreude nicht synonym sind.
Neuste Ergebnisse der Zufriedenheitsforschung nach Roedenbeck gehen den Weg der Vereinigung beider Ansätze. Einerseits werden die quantitativen Ansätze von Neuberger berücksichtigt: Im Berufsleben bewerten Menschen verschiedene Faktoren oder Facetten in Bezug zu deren Anspruchsniveau und erzeugen damit einen zentralen Bestandteil bei der Entwicklung von Arbeitszufriedenheit. Andererseits wird jedoch auch der qualitative Ansatz von Bruggemann sowie André Büssing und Thomas Bissels berücksichtigt. Demnach bilden die Menschen für jeden von ihnen berücksichtigten Faktor eine Qualität der Zufriedenheit durch den Vergleich von Anspruchsniveau und Ist-Zustand (und nicht mehr nur für die Arbeitszufriedenheit allgemein). Das von Roedenbeck entwickelte Komplexe Modell der Arbeitszufriedenheit. geht noch weiter über diese Differenzierung hinaus und erklärt zudem, wie durch die verschiedenen Qualitäten der Arbeitszufriedenheit für jeden einzelnen Faktor das Verhalten beeinflusst wird.
Für den Wirtschaftswissenschaftler Achim Pothmann kommt es bei Arbeitszufriedenheit primär auf den Mitarbeiter selbst an: Die Fähigkeit des Einzelnen, Erfüllung und Zufriedenheit im Beruf zu finden, hängt zunächst davon ab, sich dies überhaupt vorstellen zu können. Zudem muss er verstehen, welchen Einfluss er selbst darauf haben kann, und wissen, wie er die eigene Arbeitszufriedenheit steigern kann. Pothmann spricht insoweit von einer „Jobglückkompetenz“.
Derzeitiger Hauptkritikpunkt an dem neuen Komplexen Modell der Arbeitszufriedenheit ist die fehlende Empirie. Das Modell ist auf Basis einer theoretischen Meta-Analyse entwickelt worden.
Siehe auch
Weblinks
- Simon Fietze: Arbeitszufriedenheit und Persönlichkeit: „Wer schaffen will, muss fröhlich sein!“ SOEP Paper 388/2011. (PDF)
- Arbeitszufriedenheit in Deutschland. Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (PDF; 283 kB)
- Eintrag zu Arbeitszufriedenheit in Gablers Wirtschaftslexikon
Literatur
- Agnes Bruggemann, Peter Groskurth, Eberhard Ulich: Arbeitszufriedenheit. Hans Huber, Bern 1975, ISBN 3-456-80188-2.
- Yvonne Ferreira, Arbeitszufriedenheit: Grundlagen, Anwendungsfelder, Relevanz, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-17-035122-6.
- Achim Pothmann, Jobglück – Wie du den Montag lieben lernst, Humboldt-Verlag, Hannover 2019, ISBN 978-3869101149.
- Marc R. H. Roedenbeck: Theoretische Grundlagen eines komplexen Modells der Arbeitszufriedenheit (KMA) – Eine theoretische Meta-Analyse. In Journal für Psychologie. 1, 2008. (Abstract)
- Bernd Vonhoff, Gerald Reischl: Erfolgsfaktor Sinn. Die Entdeckung der Zufriedenheit. Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2009, ISBN 978-3-8000-7444-0.