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Situs inversus
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q89.3 | Situs inversus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Situs inversus (lat. invertierte Lage) ist der medizinische Ausdruck für das Vollbild einer Heterotaxie, eine seltene, an sich nicht krankhafte Besonderheit der Anatomie, bei der sich die einzelnen Organe spiegelverkehrt jeweils auf der anderen Seite des Körpers befinden. Das Antonym ist der Situs solitus, also die normgerechte Position der Organe im Körper.Synonyme des Situs inversus sind: Inversio viscerum, Situs inversus viscerum, Situs inversus totalis, Situs perversus, Situs transversus, Situs rarior, Situs transversus viscerum, Situs oppositus, Situs inversus completus.
Beim Situs inversus partialis sind nur entweder die Thoraxorgane (also die Herzhälften und die Lungenflügel) oder die Bauchorgane spiegelbildlich quer vertauscht. Beim Situs inversus incompletus besteht keine Dextrokardie. Beim seltenen Situs inversus viscerum specularis ist nur einer von beiden eineiigen Zwillingen betroffen.
Der Situs ambiguus bildet einen dritten Typ des Organsitus, also weder Situs inversus noch Situs solitus.
Alle diese Lagebezeichnungen sind nicht in den offiziellen Listen der medizinischen Nomenklatur enthalten.
In Analogie zur Chemie spricht man beim Situs inversus auch von einer Chiralität der inneren Organe. Bei keinem höheren Lebewesen führt eine Drehspiegelung zur Selbstabbildung, wohl aber eine Achsenspiegelung. Diese Lebewesen sind asymmetrisch aufgebaut. Die betroffenen Zwillinge, von denen einer einen Situs inversus viscerum specularis hat, könnten dagegen durch eine Drehspiegelung, nicht aber durch eine Achsenspiegelung, mit dem jeweils anderen Geschwister (wie die zueinander symmetrischen Hände, Füße oder Ohren eines Menschen) zur Deckung gebracht werden.
Inhaltsverzeichnis
Situs inversus bei Menschen
Der Situs inversus (viscerum) tritt bei etwa einem von 8.000 bis 25.000 Menschen und bei der Hälfte der Menschen mit primärer ciliärer Dyskinesie (Kartagener-Syndrom) auf. Bei Menschen mit dieser Heterotaxie befindet sich die Leber beispielsweise auf der linken und im Gegensatz dazu die Milz auf der rechten Seite.
Medizinische Besonderheiten
Um eine Appendizitis (Blinddarmentzündung) nicht zu übersehen, muss bei Schmerzen im linken Unterbauch auch an die Möglichkeit eines Situs inversus gedacht werden.
Entsprechend der spiegelverkehrten Lage des Herzens (Dextrokardie, gr. dexios = „rechts“, kardia = „Herz“) müssen die Ableitungen des EKGs angepasst werden; es müssen u. a. in den Brustwandableitungen die Elektroden spiegelbildlich zu Situs-solitus-Patienten am Brustkorb befestigt werden.Differentialdiagnostisch muss an Verpolungen gedacht werden. Bei einigen Menschen mit Pätau-Syndrom (Trisomie 13) liegt eine Dextrokardie vor, während die übrigen Organe wie üblich angelegt sind. Diese spiegelbildliche Rechtsverlagerung nur des Herzens heißt auch Situs inversus cordis. In der Kardiologie unterscheidet man fünf verschiedene Formen einer Malposition des Herzens: Dextrokardie beim Situs solitus, Lävokardie beim Situs inversus, eine Mesokardie mit mittelständigem Herz, eine Dextroposition oder eine Lävoposition bei extrakardialer Ursache und eine Ectopia cordis. Auch ist beim Betrachten eines Röntgen-Thorax-Bildes an eine Dextrokardie oder an eine Rechts-links-Verwechslung zu denken.
Auch bei einigen Fällen der infantilen Nephronophthise kommt es zum Situs inversus als folge einer genetischen Mutation des Gens für die Rechts-links-Orientierung. Auch bei der Chondrodystrophia fetalis kann es zum Situs inversus kommen.
Situs inversus bei Tieren
Weinbergschnecken haben normalerweise rechtsgängige Schneckenhäuser. Die Häufigkeit linksgängiger Weinbergschnecken wird auf etwa 1:10.000 bis 1:1.000.000 geschätzt. Bei solchen Tieren, die als Schneckenkönige bezeichnet werden, sind auch sämtliche Organe (z. B. Herz, Atem- und Geschlechtsöffnung) seitenvertauscht.
Ursache hierfür ist bei der Wanderschnecke (Lymnaea peregra) ein maternaler Faktor, das Dextral-Protein. Dieses Protein bestimmt die Schlagrichtung der Cilien in der Morphogenese – Wachstumsfaktoren werden von den Cilien verteilt und bestimmen so, wie sich das Gehäuse ausprägt. Da es ein maternaler Faktor ist, kann das Dextral-Protein in die Oocyte eingelagert werden und so auch bei homozygot-rezessiven Nachkommen für eine normale Entwicklung sorgen.
Weblinks
- Christoph Drösser: Am rechten Fleck. In: Zeit online. 8. Juni 2006. (zeit.de)