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Absatz (Schuh)
Der Absatz eines Schuhes ist der verdickte Teil des Schuhbodens, der sich unterhalb der Ferse des Fußes befindet. Nicht alle Schuhe haben Absätze (Mokassins beispielsweise sind absatzlos).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Ursprünge des Absatzschuhs sind nicht umfassend aufgeklärt, Belege für derartige Schuhe finden sich in der Geschichte verschiedener Kulturen. Dabei handelt es sich jedoch oft um Plateauschuhe ohne Absatz, etwa die japanischen Geta. Im europäischen Raum sind der Kothurn und die Chopine Beispiele für frühe Plateauschuhe. Weiterhin waren in der Zeit des Mittelalters sogenannte Trippen verbreitet, um sich vom Unrat städtischer Straßen einigermaßen fernzuhalten.
Bei den ältesten bekannten Schuhen mit deutlichem Absatz handelt es sich um Schuhe von Reitervölkern, Exemplare davon sind unter anderem im Bata Shoe Museum erhalten. Bis heute weisen Reitstiefel stets einen deutlichen Absatz auf, da er Trittsicherheit im Steigbügel ermöglicht. Im Zuge der intensiven diplomatischen Beziehungen durch Abbas I. um 1600 sollen Teile der persischen Kultur, und so auch die Absatzschuhe, nach Europa gelangt und positiv aufgenommen worden sein. Diese Erklärung der Herkunft der Absätze wird vom Bata Shoe Museum vertreten. Daraufhin verbreiteten sich Absatzschuhe in der Zeit des Barocks als repräsentatives Symbol, zunächst für einflussreiche und wohlhabende Personen. Dabei erhöhte sich auch die Absatzhöhe, die unmittelbar mit dem sozialen Rang einer Person in Verbindung gebracht wurde. Teilweise gab es dafür sogar detaillierte Regularien. Schon damals unterschieden sich Damenmodelle durch spitzere Zehenbereiche und schlankere Absätze von den Herrenmodellen. Im Zuge der französischen Revolution und den vorherrschenden Idealen der Aufklärung gerieten Schuhe mit hohen Absätzen Ende des 18. Jahrhunderts in Verruf. Schuhe mit flachem Absatz hatten sich hingegen bereits im Laufe des 17. Jahrhunderts gegen Schuhe ohne Absatz weitgehend durchgesetzt.
Höhere Absätze (mehr als 3 Zentimeter) waren zunächst nicht an das Geschlecht gebunden. Dies änderte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts – seitdem wird der erhöhte Absatz fast ausschließlich mit Damenschuhen in Verbindung gebracht, wobei im 20. Jahrhundert High Heels mit noch wesentlich höheren Absätzen als bisher aufkamen. Sehr schlanke Stiletto-Absätze wurden erst in der Nachkriegszeit durch Verwendung besonders festen Stahls möglich. Weite Verbreitung fanden High Heels im Gestalt der Plateauschuhe ab Ende der 1960er Jahre, die den Tragekomfort deutlich verbesserten. Als eine mögliche Ursache dafür, dass sich High Heels im ausgehenden 19. Jahrhundert als explizit weibliche Schuhe wieder verbreiteten, wird das zeitgleiche Aufkommen der (Akt)-Fotografie gesehen, die den Blick auf weibliche Attraktivität und Erotik grundlegend verändert habe.
Zu den bekannten Ausnahmen von hohen Absätzen für Herrenmodelle zählen Westernstiefel (mit etwa 4–5 Zentimeter hohen Kubaabsätzen), sowie eine Modeepisode von Ende der 1960er bis in die 1970er Jahre. Dazu einige Beispiele:
- Der Hauptdarsteller im Film Saturday Night Fever (John Travolta trägt darin Kubaabsätze).
- In der Zeitschrift Reader’s Digest (Ausgabe März 1977) ist in einer Reklame für Markenjeans ein Herr mit vergleichsweise hohen Absätzen abgebildet.
- In der Folge „Talos IV – Tabu“ aus der Serie Raumschiff Enterprise (1966) trägt Captain Pike während (der Illusion) eines Picknicks auf dem gleichnamigen Planeten recht hohe Absätze.
- Unzählige Popmusiker traten in den 60ern und 70ern mit hohen Absätzen, oft mit Plateau-Sohle, auf.
Ab 1980 verschwand diese Modeerscheinung bei Herren.
Absatzhöhe
Die Absatzhöhe ist nicht immer eindeutig definiert. Im Handel wird die Absatzhöhe seitlich in der Mitte des Absatzes gemessen. Dadurch ergibt sich ein Wert, mittels dessen sowohl die Erhöhung der Körpergröße, als auch die (orthopädisch relevante) Fußstellung (in Richtung Spitzfuß) abgeschätzt werden kann. Vor allem bei Schuhen mit sehr hohen Absätzen ist dieser Wert hinsichtlich der Größenerscheinung aber nur bedingt aussagekräftig. Die Absatzhöhe unterhalb des Knöchels entspricht hingegen genau der Erhöhung der Körpergröße beim Tragen des Schuhs. Die konstruktive Absatzhöhe wiederum ist am hinteren Ende des Schuhs zu messen. Bei der Schuhentwicklung ist dieses Maß relevant, es wird als Konstruktionshöhe bezeichnet.
Die Höhe eines Absatzes wird bereits bei der Modellgestaltung des Schuhs geplant und durch die Fersensprengung des Leistens vorgegeben und kann im Nachhinein nur minimal verändert werden, ohne die Gesamtkonstruktion und den „Stand“ des Schuhs (Absatzstand; siehe unten) negativ zu verändern. Die Absatzhöhe üblicher Herrenschuhe beträgt zwischen 2,5 und 3 Zentimeter; die meisten Damenschuhe haben eine Absatzhöhe zwischen etwa 3 und 8 Zentimetern. Absätze mit einer Höhe ab 6 Zentimeter gelten per definitionem als hohe Absätze. Schuhe mit 10 cm Absatz und mehr werden als High Heels bezeichnet.
Material, Modelle, Bezeichnungen
Absätze haben mannigfaltige Höhen, Größen und Formen und sind aus den unterschiedlichsten Materialien (Kork, Holz, Gummi, PVC, Leder, Stroh, Metall usw.) gefertigt. Da Absätze unter Umständen ein erhebliches Volumen aufweisen, werden sie sowohl aus Gründen der Gewichtsersparnis, wie auch um Materialkosten zu sparen und eine bessere Dämpfung zu erzielen, häufig hohl oder nur durch ein Versteifungsskelett stabilisiert hergestellt. Manchmal gehen bestimmte Absätze mit bestimmten Schuhmodellen einher (zum Beispiel der Kubaabsatz bei Westernstiefeln, oder der Shimmyabsatz bei Herren-Tanzschuhen). Entsprechend gibt es viele unterschiedliche Absatzmodelle: Louis-XV-Absatz, Stilettoabsatz, Trichterabsatz, Diaboloabsatz, Blockabsatz, Keilabsatz, Kubaabsatz, Ballerinaabsatz, Trotteurabsatz und andere Absatzformen. Ein Absatz muss nicht immer als separates Element unterhalb der Sohle befestigt sein (normalerweise mit Nägeln oder Schrauben von der Innenseite des Schuhs her); so sind Langkeilabsätze beispielsweise ein optisch integrierter Bestandteil der Schuhsohle und nicht als eigener Körper erkennbar.
Die Seiten- und Rückfläche des Absatzes wird Absatzmantel genannt, die vordere Fläche Absatzbrust oder -front. Die Schicht des Absatzes, die mit dem Boden in Kontakt kommt, nennt man Absatzoberfleck oder Absatzlauffleck. Sie ist für Instandsetzungszwecke austauschbar. Um die Abriebfestigkeit des Oberflecks bei Lederschichtabsätzen zu erhöhen, besteht dieser bei großflächigeren Auftrittsflächen (zum Beispiel bei Trotteurabsätzen üblicher Herrenhalbschuhe) aus zwei Teilflecken, deren hinterer normalerweise aus einem besonders abriebfesten und zugleich auftrittsdämpfenden (Gummi-)Material besteht.
Funktion
Die Funktion des Absatzes ist in erster Linie eine Erleichterung des Abrollens bei der Trittabwicklung, eine Entlastung des Fußlängsgewölbes und – bei höheren Absätzen von Frauenschuhen – eine erotisierende Veränderung der Körperhaltung (Betonung der Brust und des Gesäßes) und des Gangs, sowie optische Verlängerung der Beine und optische Verkleinerung der Füße. Des Weiteren bietet der Absatz eine Erhöhung des Schuhschafts im Bereich des Auftrittspunktes, wodurch der Schaft geschützter ist und sauberer bleibt, so dass nur der Schuhboden einer stärkeren Verschmutzung und damit auch einer größeren Belastung ausgesetzt ist. Nicht zu unterschätzen ist auch eine Erhöhung der Sicherheit gegen ausrutschen durch die Absatzinnenkante.
Absatzstand
Die korrekte Höhe und Ausrichtung des Absatzes (man spricht von „Absatzstand“, oder kurz von „Stand“) ist wichtig für die Fußgesundheit. Ein korrekter Absatzstand ist Voraussetzung für einen naturgemäßen Auftritt des Fußes und eine normale Gangabwicklung.
Der Leisten, um den herum der Schuh gebaut wird, beachtet grundsätzlich diese wichtige Statik. Kommt es bei der Schuhherstellung aber zu Fehlern (wird beispielsweise ein und derselbe Leisten zur Herstellung eines Schuhs mit einfacher wie auch mit doppelter Sohle verwendet) resultiert oft ein schlechter „Stand“.
Der unbekleidete gesunde Fuß steht mit drei Hauptbelastungspunkten (Ferse, Groß- und Kleinzehenballen) sicher auf dem Boden. Das ist bei einem Schuh mit gutem Stand ebenso; er berührt mit der gesamten Absatzauftrittsfläche und im Schuhvorderteil in Höhe der Ballenlinie (Achse durch Groß- und Kleinzehenballen) mit der Laufsohle den Boden. Ist der Absatz für den betreffenden Schuh jedoch zu niedrig oder zu hoch (beide Fälle kommen in der Praxis oft vor), verschiebt sich zwangsläufig die Ballenlinie des Schuhs. Bei zu niedrigem Absatz resultiert eine in Richtung Ferse verschobene Ballenlinie, im umgekehrten Fall (Absatz zu hoch) verschiebt sich die Ballenlinie zur Schuhspitze hin. Das hat eine falsche Belastung des Fußes zur Folge und kann auf Dauer zu einer Überlastung und zu vielerlei gesundheitlichen Schäden führen. Auch der Schuh selbst wird aufgrund der falschen Statik überlastet, zeigt oft unnatürlich tiefe Gehfalten und verschleißt vorzeitig.
Erkennbar ist der richtige Absatzstand bei seitlicher Betrachtung des auf einer ebenen Fläche stehenden unbelasteten, leeren Schuhs. Bei korrektem Stand sollte der Absatzoberfleck flächig und der Schuh im Ballenbereich aufliegen. (Ein minimaler Hochstand der vorderen Absatzkante ist unkritisch, weil diese durch die Gewichtsbelastung beim Tragen des Schuhs, in die flächenparallele Ebene zur vorderen Auftrittsfläche in Höhe der Ballenlinie, gedrückt wird.) Auch sollte bei statisch richtigem Stand durch leichten Druck von innen auf den Fersenbereich im Schuh der Vorderschuh seine Position nicht verändern. Würde das Schuhvorderteil jedoch bei Druck auf die Fersenpartie sich von der Auflagefläche nach oben lösen, hat der Schuh einen schlechten Stand.
Gesundheitliche Aspekte
Falsch positionierte, zu schmale und/oder zu hohe Absätze bergen gesundheitliche Gefahren. Presseberichte, wonach Absätze grundsätzlich ungesund seien, werden von Fachleuten zurückgewiesen. Insofern sind sogenannte Gesundheitsschuhe nicht grundsätzlich gesünder. Diese werden fast immer ohne Absatz und häufig sogar mit einer negativen Absatzhöhe (so genannte negative Sprengung) gefertigt, das heißt, die Ferse liegt innen tiefer als die Zehenballen. Grundsätzlich entlasten Absätze das Fußlängsgewölbe und erleichtern den Beginn der Abrollbewegung. Ein Knickfuß insbesondere in Verbindung mit Arthrose kann so konservativ behandelt werden. Nach medizinischer Einschätzung überwiegen diese positiven Aspekte bei Absätzen bis zu einer Höhe von etwa drei bis vier Zentimetern. Allerdings gibt es auch die kritische Beurteilung von Absätzen. So argumentieren Hersteller von Barfußschuhen, dass der Fuß natürlich keinen Absatz hat. Beim Vorderfußlauf, der die Knie vor harten Schlägen über die Fußgewölbe schützt, sind harte Sohlen und erhöhte Absatze dann hinderlich.
Anders verhält es sich mit höheren Absätzen. Von orthopädischer Seite wird das häufige Tragen hoher Absätze als gesundheitlich bedenklich erachtet. Beide Faktoren (häufig und hoch) müssen zusammentreffen, um spürbare und unter Umständen auch bleibende Schäden zu verursachen. Die daraus resultierenden Krankheitsbilder sind mannigfaltig und reichen von Durchblutungsstörungen über das Cinderella-Schuh-Syndrom, Muskel- und Sehnenverkürzungen sowie Gelenkverschleiß bis hin zu (chronischen) Verspannungen und Rückenbeschwerden und letztlich Haltungsschäden. Damit gehen Leistungsminderung und Schmerzen einher, besonders beim Stehen und Gehen.
Ebenfalls kritisch zu bewerten sind Absatzmaterialien, die den Auftritt nicht dämpfen. Insbesondere die schlanken, hohen und mit Metallstiften verstärkten Damenabsätze übertragen den Impuls des Auftritts ungemindert. Einige Damenschuhhersteller experimentieren mit technischen Verbesserungen, die zum Teil wie mechanische Stoßdämpfer funktionieren.
Je kleiner und je weiter entfernt von der Längsachse des Fersenmittelpunkts die Absatzauftrittsfläche ist, umso unsicherer wird das Stehen und Gehen in solchen Schuhen, und die Gefahr des Umknickens im Sprunggelenk erhöht sich. Die Folge können Verstauchungen, Bänder- und Sehnenrisse sowie Knochenbrüche sein.
Literatur
- Elisabeth Semmelhack: Heights of Fashion – A History of the Elevated Shoe. Periscope Publishing, Toronto 2008, ISBN 978-1-934772-94-2.
- Linda O’Keeffe: Schuhe – Eine Hommage an Sandalen, Slipper, Stöckelschuhe. S. 70–130, Könemann, Köln 1997, ISBN 3-89508-467-0.
- Camilla Morton: Wie Sie in High Heels unfallfrei eine Glühbirne auswechseln – Die ultimative Style-Bibel. Goldmann, München 2006, ISBN 978-3-442-16741-8.