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Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines

Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines

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Lage der vier bekannten Lecks

Am 26. September 2022 wurden mit mehreren Sprengungen Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines verübt. Dabei wurden beide Stränge von Nord Stream 1 und einer der beiden Stränge von Nord Stream 2 unterbrochen. Die Nord-Stream-Pipelines liegen am Grund der Ostsee und dienten dem Transport von Erdgas von Russland nach Deutschland. Dänische, schwedische und deutsche Behörden nahmen Ermittlungen wegen Sabotage auf; sowohl NATO-Staaten als auch Russland gehen von einem Anschlag aus.

Ausgangslage

Entdeckung und Lage der Lecks

Vorher-Nachher-Vergleich des Lecks durch Fotos des Satelliten Sentinel-2 (30.09.2022 und 03.10.2022)

In der Nacht zum 26. September 2022 wurde zunächst ein unerwarteter Druckverlust in Strang A von Nord Stream 2 gemeldet. Am Abend des 26. September wurde dies auch in beiden Strängen von Nord Stream 1 registriert. Ursächlich für den Druckverlust waren Explosionen, die seismographisch aufgezeichnet worden waren. Die erste Explosion verursachte um 02:03 Uhr ein Leck in Strang A von Nord Stream 2, etwa 12 Seemeilen südöstlich der dänischen Insel Bornholm. Mindestens drei weitere Lecks entstanden am selben Tag um 19:03 Uhr zwischen Bornholm und Öland. Zwei dieser Lecks befinden sich in den beiden Strängen von Nord Stream 1. Das dritte Leck betraf erneut Strang A von Nord Stream 2 und wurde erst am 29. September 2022 von der schwedischen Küstenwache entdeckt. Somit blieb Strang B von Nord Stream 2 als einziger weiterhin intakt.

Die Lecks befinden sich in 70 bis 80 Metern Tiefe im Abstand von mindestens einer Seemeile und für eines der Lecks an Nordstream 2 in einer Entfernung von über 40 Seemeilen. Eine der Nord-Stream-1-Röhren wurde nach Angaben der Nord Stream AG auf einer Länge von 250 Metern zerstört, der betroffene Nord-Stream-2-Strang hat aber die größten Schäden davongetragen. An der Wasseroberfläche waren über den Lecks in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer aufsteigende Gasblasen zu sehen. Die Lecks befinden sich knapp außerhalb der Hoheitsgewässer in den ausschließlichen Wirtschaftszonen Dänemarks beziehungsweise Schwedens.

Die Lecks
Pipeline Strang Lage Zeitpunkt der Explosion
Nord Stream 2 Strang A 54° 52′ 36″ N, 15° 24′ 36″ O, südöstlich von Bornholm, in der AWZ Dänemarks 26. September 2022 um 02:03 Uhr
Nord Stream 2 Strang A 55° 32′ 27″ N, 15° 46′ 28,2″ O, nordöstlich von Bornholm, in der AWZ Schwedens gemeldet am 29. September 2022
Nord Stream 1 55° 32′ 6″ N, 15° 41′ 54″ O, nordöstlich von Bornholm, in der AWZ Dänemarks 26. September 2022 um 19:03 Uhr
Nord Stream 1 55° 33′ 24″ N, 15° 47′ 18″ O, nordöstlich von Bornholm, in der AWZ Schwedens

Ursachen der Lecks

Die Pipelineröhren bestehen aus mehrere Zentimeter dickem Stahl und sind zusätzlich mit einer Betonummantelung geschützt

An den Orten der Lecks waren seismische Ereignisse gemeldet worden, die nach Angaben schwedischer und dänischer Seismologen auf Explosionen hindeuten. Ein natürliches Erdbeben wurde ausgeschlossen. Das zum Druckabfall bei Nord Stream 2 passende Ereignis wurde mit einer Stärke von 2,2 bis 2,3 um 02:03 Uhr MESZ und das zu Nord Stream 1 passende Ereignis wurde mit einer Stärke von 2,1 bis 2,3 um 19:03 Uhr MESZ angegeben. „Nach Überzeugung der deutschen Sicherheitsbehörden“, so Der Spiegel, „waren für die Unterbrechung der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee hochwirksame Sprengsätze nötig“. Man habe berechnet, „dass für die Zerstörung der Röhren jeweils Sprengsätze eingesetzt worden sein müssen, deren Wirkung mit der von 500 Kilogramm TNT vergleichbar ist“. Das Bundeskriminalamt hielt Anfang Oktober 2022 „vor dem Hintergrund der hohen Komplexität der Tatausführung sowie einer entsprechenden Vorbereitung das Agieren staatlicher Akteure [für] wahrscheinlich“.

In einer Erklärung zu den Lecks schrieb der Nordatlantikrat:

“The damage to the Nord Stream 1 and Nord Stream 2 pipelines in international waters in the Baltic Sea is of deep concern. All currently available information indicates that this is the result of deliberate, reckless, and irresponsible acts of sabotage.”

„Die Beschädigung der Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 in internationalen Gewässern in der Ostsee ist sehr besorgniserregend. Alle gegenwärtig verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass sie das Resultat von absichtlichen, rücksichtslosen und unverantwortlichen Sabotageakten ist.“

Folgen der Lecks

Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Anschläge nicht in Betrieb, aber unter hohem Druck mit Erdgas gefüllt; im beschädigten Strang von Nord Stream 2 betrug der Druck zuvor 105 bar. Durch die Lecks traten in den ersten Tagen große Mengen Gas aus, später drang durch sie Wasser in die Pipelines ein.

Für die Schifffahrt stellte das an die Wasseroberfläche aufsteigende Methan eine Gefahr dar, weil es die Dichte des Wassers und damit den Auftrieb der Schiffe verringert und sich zudem hätte entzünden können. Am 26. September erließ die dänische Schifffahrtsbehörde daher drei Befahrensverbote (nautical warnings) im Umkreis von 5 Seemeilen um die Lecks. Außerdem wurde der Flugverkehr unterhalb von 1000 m Höhe eingestellt. Die nördlichen Verbotszonen wurden am 29. September auf einen gemeinsamen Bereich mit 7 Seemeilen Radius zusammengeführt. In den folgenden Tagen bildete sich eine großräumige Methanwolke. Einer Schätzung des Integrated Carbon Observation System zufolge entsprach sie „den Methanemissionen eines ganzen Jahres in einer Stadt von der Größe von Paris oder einem Land wie Dänemark“. Der Leiter des International Methane Emissions Observatory (IMEO) des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) sagte: „Die Risse im Nord Stream-Erdgaspipelinesystem unter der Ostsee haben zu der wahrscheinlich größten jemals aufgezeichneten Freisetzung von klimaschädlichem Methan geführt“. Anders als etwa bei der Havarie von Ölplattformen bestand laut Experten keine akute Gefahr für die umgebende Umwelt, weil das hauptsächlich ausströmende Methan ungiftig ist und sich zum Teil im Wasser löst, jedoch tragen die freiwerdenden Treibhausgase weiter zur Erderwärmung bei.

Da das in die Röhren eingedrungene Meerwasser deren Innenbeschichtung sehr schnell korrodieren lässt, wurde vermutet, dass die beschädigten Stränge nicht mehr verwendbar seien. Sehr wahrscheinlich wurden somit alle drei betroffenen Pipelinestränge irreparabel zerstört. Andere Einschätzungen hielten eine Reparatur auch des inneren Korrosionsschutzes für möglich, jedoch zeitaufwändig. Russlands Energieminister behauptete am 5. Oktober, dass die Pipeline Nord Stream 2 „nach vorläufiger Einschätzung in technisch geeignetem Zustand“ sei. Deren Reparatur und Inbetriebnahme sei aber schon aufgrund der gegen Russland verhängten Sanktionen infolge des Überfalls auf die Ukraine nicht möglich. Laut der New York Times würde die Nord Stream AG Reparaturoptionen für Nord Stream 1 prüfen. Die Kosten sollen mindestens 500 Millionen Dollar betragen.

Geopolitischer Kontext

Die Explosionen ereigneten sich in einer Zeit, in der die geo- und energiepolitische Situation zwischen Russland, Europa und den USA nach einer jahrelangen Zuspitzung äußerst angespannt war. 2014 annektierte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim, weshalb der Beschluss der damaligen Bundesregierung ab 2015 Nord Stream 2 zu bauen, national und international umstritten war. Kritik kam vor allem von den USA, und nach dem Anschlag auf den Regimekritiker Alexej Nawalny wurde verstärkt über einen Stopp von Nord Stream 2 diskutiert. Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz den Stopp des Genehmigungsverfahrens für Nord Stream 2 an. EU und USA reagierten auf den Überfall zudem mit Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland sowie Finanzhilfen und der Lieferung von Kriegsgerät an die Ukraine.

In der Folge herrschte immer wieder Unklarheit über die Gasmengen, die das russische Staatsunternehmen Gazprom über die bestehende Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland lieferte. Die gelieferte Menge wurde zudem über mehrere Monate hinweg sukzessive reduziert. Ende August 2022 wurden die Gaslieferungen nach Angaben von Gazprom vollständig gestoppt. Daher waren zum Zeitpunkt der Explosionen beide Pipelines außer Betrieb. Angesichts der aktuell extrem belasteten politischen Beziehungen zwischen Russland und der EU und dem Ziel der baldigen Klimaneutralität wurde im öffentlichen Diskurs der Bundesrepublik bereits vor dem Anschlag in Frage gestellt, ob die Erdgaspipelines jemals wieder im Netzbetrieb genutzt werden würden. Einen Tag vor den ersten Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines eröffneten Polen und Norwegen die Baltic Pipe, mit der Gas aus norwegischen Feldern über dänisches Territorium nach Polen gepumpt wird. Für die Versorgung Europas ist sie eine Alternative zu Nord Stream 1 und 2.

Als Folge der Explosionen kündigten Politiker mehrerer Länder, u. a. Olaf Scholz an, gemeinsam mit Partnern und Verbündeten in NATO und EU die Vorsorge und den Schutz vor Sabotage für kritische Infrastruktur zu verstärken.

Ermittlungen

Die Täter hinter dem Anschlag sind bisher nicht ermittelt.

Es wurden zahlreiche widersprüchliche Spekulationen geäußert.

Schon ab dem Folgetag der Explosionen sprachen die Regierungen Schwedens, Dänemarks, Polens, Deutschlands sowie die EU-Kommission von einer vorsätzlichen Handlung, die zu den Lecks geführt hätte. Der russische Regierungschef Wladimir Putin bezeichnete die Ereignisse als „internationalen Terrorismus“.

Die Schwedische Polizeibehörde nahm Ermittlungen wegen des Verdachts der „schweren Sabotage“ auf. Die Ermittlungen werden u. a. zusammen mit dem Inlandsgeheimdienst Säkerhetspolisen geführt. Auch die dänischen Behörden nahmen Ermittlungen auf.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte am 1. Oktober 2022 See-Kontrollen zusammen mit den Ostseeanrainern Polen, Dänemark und Schweden an. Alle verfügbaren Schiffe der Bundespolizei würden eingesetzt. Als Joint Investigation Team unter EU-Recht sollen diese Staaten Ermittler in die Gruppe entsenden. Am 10. Oktober 2022 leitete der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindlicher Sabotage ein. Das Verfahren richtet sich gegen Unbekannt. Nach Angaben der Bundesbehörde ist sie verantwortlich, weil es sich um einen schweren gewalttätigen Angriff auf die Energieversorgung handelte. Dies sei geeignet, die äußere und innere Sicherheit Deutschlands zu beeinträchtigen. Das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei wurden mit den weiteren Ermittlungen beauftragt. Die Bundespolizei hatte bereits mit Unterstützung der Marine einen Ermittlungseinsatz gestartet. Die Bundespolizei fuhr im Oktober 2022 mit Unterstützung der Deutschen Marine an die Leckagen, um das Ausmaß der Zerstörung an den Pipelines zu begutachten und zu dokumentieren. Taucher der Bundespolizei konnten mangels nötiger Ausrüstung nicht zum Einsatz kommen, aber die Marine machte mit einer Unterwasserdrohne Aufnahmen der zerstörten Pipelines. Die Bundesregierung teilte mit, dass die Ermittlungen strenger Geheimhaltung unterliegen; auch Bundestagsabgeordneten wurde keine Auskunft erteilt. Die Bundesanwaltschaft äußerte im März 2023 den Verdacht, dass auf einer von einer polnischen Firma in Rostock gecharterten Segeljacht Sprengstoff transportiert wurde.

Die schwedische Zeitung Expressen veröffentlichte Mitte Oktober erste Unterwasser-Aufnahmen in rund 80 Metern Tiefe an den Gaslecks der Nord-Stream-1-Pipeline. Rund 50 Meter der Leitung waren verschwunden, zudem sei ein Krater unter der zerborstenen Leitung erkennbar. Auch der Zustand im Inneren der Röhre wurde mit Filmaufnahmen dokumentiert. Ende Oktober 2022 beschlossen Säkerhetspolisen und die schwedische Staatsanwaltschaft neue ergänzende Tatortermittlungen auf Grund des Verdachts der schweren Sabotage. Der Leiter der Ermittlungen, Kammerstaatsanwalt Mats Ljungqvist, hat dazu die Hilfe der schwedischen Streitkräfte angefordert, weil diese die Ressourcen und das Wissen für die gewünschten Untersuchungen hätten. Abschließende Analysen der schwedischen Ermittler ergaben sodann, dass Sabotage mit Sprengstoff der Grund für die Lecks an den Pipelines war. Inzwischen haben auch Meeresbiologen und Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace mit einem Tauchroboter die Schäden untersucht und Boden- sowie Wasserproben genommen. Die Greenpeace-Bilder erhärten die Hypothese, dass Sprengsätze von außen und nicht von innen auf die Pipelines eingewirkt haben.

Im Februar 2023 forderte Russland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine unabhängige UN-Untersuchung des Vorfalls. Dabei berief sich Russland auf einen Artikel des amerikanischen Journalisten Seymour Hersh, welcher eine amerikanisch-norwegische Urheberschaft nannte. Der Artikel, welcher kurz vorher auf Hershs Blog veröffentlicht wurde, ist wegen Ungereimtheiten und unbestätigter Quellenangaben umstritten. Der russische Resolutionsentwurf wurde nicht angenommen, da neben Russland nur China und Brasilien dafür stimmten und sich die anderen zwölf Staaten enthielten.

Anfang April 2023 berichtete die schwedische Staatsanwaltschaft, dass der Anschlag höchstwahrscheinlich von einem staatlichen Akteur verursacht und die Identität der Täter unklar sei. Die Ermittler haben den benutzten Sprengstoff bestimmen und dadurch eine sehr große Anzahl von Akteuren ausschließen können. Der Vorfall sei zu einer offenen Arena für Versuche geworden, das Verfahren zu beeinflussen, wahrscheinlich um absichtlich Verwirrung zu stiften.

Ende April 2023 bestätigte das dänische Verteidigungskommando, dass sich an den Tagen vor den Explosionen das russische Bergungsschiff SS-750 in der Nähe aufgehalten habe; das Schiff habe ein Mini-U-Boot mit Greifarmen an Bord gehabt.

Weblinks

Commons: Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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