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Die blinden Männer und der Elefant

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Der querformatige japanische Farbholzschnitt zeigt das Gleichnis der Blinden mit dem Elefanten als Karikatur. Auf blassgelbem Grund sieht man in der Bildmitte schräg von vorn und aus leicht erhöhtem Blickwinkel den Elefanten; auf ihm und um ihn herum sind acht Männer in teils grotesken Verrenkungen dabei, ihn zu betasten. Weitere Details der Umgebung sind nicht dargestellt, auch nicht der Boden oder der Hintergrund der Szene. Oben links im Bild sind einige japanische Schriftzeichen platziert. Die Konturen der Figuren sind in kräftigem Schwarz – ähnlich Pinselstrichen – ausgeführt. Die Körper sind flächig in Pastellfarben koloriert, der Elefant hellgelb, die Kleidung der Männer in Braun- und Blautönen. Der Elefant scheint vom Tun der Männer nicht begeistert zu sein, er hat den Kopf mit gequältem Blick zur Seite gewandt. Die Männer haben alle kahlrasierte Schädel, sie tragen weit geschnittene, um den Körper schlotternde Hosen und Hemden und sind barfuß. Alle haben die Augen geschlossen. Einer zerrt an einem Ohr des Elefanten, ein anderer an dessen Schwanz. Einer hat mit seinen Armen ein Hinterbein umfasst, ein anderer hat den Rüssel auf einen langen Stab aufgerollt, ein weiterer betastet einen der Stoßzähne. Zwei Männer sind auf den Rücken des Elefanten geklettert und der letzte wälzt sich zappelnd auf dem Boden neben dem Elefanten, er hat diesen offenbar verloren.
Blinde Mönche untersuchen einen Elefanten.
(Druck von Hanabusa Itchō, 1888)

Im Gleichnis Die blinden Männer und der Elefant untersucht eine Gruppe von Blinden – oder von Männern in völliger Dunkelheit – einen Elefanten, um zu begreifen, worum es sich bei diesem Tier handelt. Jeder untersucht einen anderen Körperteil (aber jeder nur einen Teil), wie zum Beispiel die Flanke oder einen Stoßzahn. Dann vergleichen sie ihre Erfahrungen untereinander und stellen fest, dass jede individuelle Erfahrung zu ihrer eigenen, vollständig unterschiedlichen Schlussfolgerung führt.

Im Gleichnis steht die Blindheit (oder das im Dunkeln sein) für nicht in der Lage sein, klar zu erkennen; der Elefant steht für eine Realität (oder eine Wahrheit).

Lewis J. Selznick, 1916

Die Geschichte soll aufzeigen, dass die Realität sehr unterschiedlich verstanden werden kann, je nachdem, welche Perspektive man hat oder wählt. Dies legt nahe, dass eine scheinbar absolute Wahrheit durch tatsächliche Erkenntnis von nur unvollständigen Wahrheiten auch nur "relativ absolut" oder "relativ wahr", d. h. individuell und subjektiv, verstanden werden kann.

Herkunft und Varianten

An einer Mauer (vielleicht in einem Tempel) ist das Gleichnis der Blinden mit dem Elefanten als Relief abgebildet. Die Darstellung könnte etwa einen Meter hoch sein; sie ist naturnah und sehr plastisch ausgeführt und in natürlichen Farben koloriert. Die Gruppe steht auf einer Anhöhe, hinter der sich eine weite, nur angedeutete Landschaft bis zum Horizont erstreckt. Der Himmel ist hellblau. Unmittelbar hinter dem Elefanten steht ein großer, sehr detailreich dargestellter Baum, rechts daneben befindet sich eine Tafel mit thailändischen Schriftzeichen. Der dunkelgraue Elefant steht mit dem Kopf nach links quer vor uns. Er hat den Kopf dem Betrachter zugewandt und scheint sich an dem Tun der Männer nicht zu stören. Über seinen Rücken ist eine Decke geworfen, sie zeigt ein blaues Rautenmuster und hat eine gelbbraune Bordüre. In seinem Nacken hockt im Schneidersitz ein Elefantenführer in schmucker Uniform mit dunkler Hose und weißem Hemd, er hat einen gezwirbelten Schnurrbart und trägt einen mit einer weißen Feder geschmückten blauen Hut. Er scheint nicht zu den Blinden zu gehören. Sechs blinde Männer stehen oder hocken um den Elefanten herum. Sie sind mit einfachen Hemden und Hosen bekleidet und barfuß. Sie betasten mit geschlossenen Augen ein Ohr, den Rüssel, einen Stoßzahn, einen Oberschenkel, den Bauch und den Schwanz des Tieres, welches dies ungerührt über sich ergehen lässt.
Die blinden Männer und der Elefant
(Mauerrelief in Nordostthailand)

Das Gleichnis scheint in Südasien entstanden zu sein, aber seine Originalquelle ist noch in der Diskussion. Es wurde dem Sufismus, Jainismus, Buddhismus, oder Hinduismus zugeschrieben und wurde in all diesen Glaubensrichtungen verwendet. Auch Buddha verwendet das Beispiel von Reihen blinder Männer, um die blinde Gefolgschaft eines Führers oder eines alten Textes, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde, zu illustrieren. Die im Westen (und dort hauptsächlich im englischen Sprachraum) am besten bekannte Version ist das Gedicht von John Godfrey Saxe, aus dem 19. Jahrhundert. Alle Versionen des Gleichnisses sind sich ähnlich und unterscheiden sich nur

  • in der Anzahl der Männer, die den Elefanten untersuchen.
  • in der Art und Weise, wie die Körperteile des Elefanten beschrieben werden.
  • in der Art und Weise, wie – in Bezug auf Gewalttätigkeit – die anschließende Diskussion verläuft.
  • wie (oder ob) der Konflikt zwischen den Männern mit ihren individuellen Perspektiven gelöst wird.

Jainismus

Eine Version des Gleichnisses erzählt, dass sechs blinde Männer gebeten wurden zu bestimmen, wie ein Elefant aussieht, indem sie – jeder für sich – einen anderen Körperteil des Tieres untersuchen.

Der Blinde, der das Bein befühlt, sagt, dass ein Elefant wie eine Säule sei; der, der den Schwanz befühlt, dass ein Elefant sich wie ein Seil anfühle; der, der den Rüssel befühlt, dass ein Elefant Ähnlichkeit mit einem Ast habe; der, der das Ohr befühlt, dass ein Elefant wie ein Handfächer sein müsse; der, der den Bauch befühlt, dass ein Elefant sich wie eine Wand darstelle; der, der den Stoßzahn befühlt, dass ein Elefant wie eine solide Röhre sein müsse.

Ein Weiser erklärt ihnen

Ihr habt alle recht. Der Grund, warum ein jeder von euch es anders erklärt, ist der, dass ein jeder von euch einen anderen Körperteil des Elefanten berührt hat. Denn in Wahrheit hat ein Elefant alle die Eigenschaften, die ihr erwähnt habt.

Die Erklärung löst den Konflikt auf und wird dazu verwendet, das Prinzip Harmonisches Zusammenleben von Menschen verschiedener Glaubenssysteme zu illustrieren und um zu zeigen, dass die Wahrheit auf verschiedene Weisen erklärt werden kann. Im Jainismus wird oft erwähnt, dass es sieben Versionen der Wahrheit gebe. Dies wird Syādvāda, Anekāntavāda, oder die Theorie der mannigfaltigen Voraussagen genannt.

Buddhismus

Eine buddhistische Version wird in Udāna VI 4-6, erzählt: „Parabel von den blinden Männern und dem Elefanten“. Buddha erzählt das Gleichnis eines Raja, der blindgeborene Männer versammelt hatte, damit sie einen Elefanten untersuchen.

"Nachdem die blinden Männer den Elefanten befühlt hatten, ging der Raja zu jedem von ihnen und sagte, 'Ihr habt einen Elefanten erlebt, ihr Blinden?' – 'So ist es, Majestät. Wir haben einen Elefanten erlebt.' – 'Nun sagt mir, ihr Blinden: Was ist denn ein Elefant?'

Sie versicherten ihm, dass der Elefant sei wie ein Topf (Kopf), ein weicher Korb (Ohr), eine Pflugschar (Stoßzahn), ein Pflug (Rüssel), ein Kornspeicher (Körper), eine Säule (Bein), ein Mörser (Rücken), ein Pistill (Schwanz), oder eine Bürste (Schwanzspitze).

Die Männer beginnen zu kämpfen, was den Raja erheitert und der Buddha erklärt den Mönchen:

"Daran nun eben hängen sie, die Pilger oder Geistlichen; da disputieren, streiten sie, als Menschen, die nur Teile seh’n."

Islam – Sufismus

Der sufische Dichter Sana'i von Ghazna († 1131) verwendete die Geschichte in seinem Buch Ḥadīqat al-ḥaqīqat („Der Garten der Wahrheit“) als Parabel für die Unfähigkeit der Menschen, Gott gänzlich zu begreifen.

Dschalal ad-Din ar-Rumi war ein persischer Dichter, Jurist, Theologe und Lehrer des Sufismus im 13. Jahrhundert. Rumi schrieb in seiner Version des Gleichnisses „Der Elefant in der Dunkelheit“ in der Gedichtform Masnawī dieser Geschichte einen indischen Ursprung zu. In seiner Version stellen einige Inder einen Elefanten in einem abgedunkelten Raum aus.

In der Übersetzung durch A. J. Arberry, befühlen einige Männer den Elefanten in der Dunkelheit. Je nachdem, wo sie ihn befühlen, glauben sie, der Elefant sei ein Wasserschlauch (Rüssel), ein Fächer (Ohr), eine Säule (Bein), und ein Thron (Rücken). Rumi verwendet dieses Gleichnis als ein Beispiel für die Grenzen der individuellen Wahrnehmung.

Das wahrnehmende Auge ist genau wie die Handfläche. Die Hand ist nicht in der Lage, das Tier in seiner Gesamtheit zu begreifen.

Rumi präsentiert keine Lösung des Konflikts in seiner Version, bemerkt aber:

Der Blick auf das Meer ist eine Sache und die Gischt eine andere. Vergiss die Gischt und blicke nur auf das Meer. Tag- und Nachtgischt stieben auf vom Meer : Wunderbar ! Du betrachtest die Gischt, aber nicht das Meer ... unsere Augen sind verdunkelt und doch sind wir in klarem Wasser.

John Godfrey Saxe

Eine der berühmtesten Versionen im 19. Jahrhundert war das Gedicht The Blind Men and the Elephant (Die blinden Männer und der Elefant) von John Godfrey Saxe (1816–1887).

Das Gedicht beginnt mit

It was six men of Indostan to learning much inclined,
Who went to see the Elephant (though all of them were blind),
That each by observation might satisfy his mind

In freier Übersetzung:

Es war'n mal sechs Männer (Hindustanten), geneigt recht viel zu erfahren.
Die gingen, zu seh'n einen Elefanten (obwohl's alle Blinde waren),
dass jeder durch seine Betrachtung konnt' Wissen erlang'n und bewahren.

Die Blinden kommen zu dem Schluss, dass der Elefant wie eine Wand, eine Schlange, ein Speer, ein Baum, ein Fächer oder ein Tau sei, abhängig davon, wo sie ihn befühlt haben. Sie geraten in eine hitzige Debatte, die nicht in Handgreiflichkeiten ausartet, aber in Saxes Version wird der Konflikt nicht gelöst.

Moral:
So oft in theologic wars, the disputants, I ween,
Rail on in utter ignorance, of what each other mean,
And prate about an Elephant not one of them has seen!

In freier Übersetzung:

Moral von der Geschicht':
Häufig im Krieg der Theologen bekämpfen sich Koryphäen.
Was der Eine als Wahrheit hat erkannt, die Andren als Lüge schmähen,
Und plappern über 'nen Elefant, den keiner hat je gesehen!

Relevanz

Dieses Gleichnis wird häufig (wie oben beschrieben) auf theologische Streitereien und religiöse Unvereinbarkeiten angewendet. Man kann es aber in gleicher Weise auf sozial- oder naturwissenschaftliche Sichtweisen übertragen: Selbst wenn man einen Elefanten in seiner Gesamtheit sieht, wenn man ihn ausmisst, seine Organe und sein Skelett untersucht hat, wenn man seine DNA sequenziert und verglichen hat und seinen Metabolismus kennt, wird diese Erkenntnis immer nur eine Teilrealität Elefant bleiben, denn (a) weiß man dann zum Beispiel nicht, welche Besonderheiten sein Sozialverhalten hat, wie er kommuniziert und wie er seine Umwelt und sich selber wahrnimmt u. s. w. oder (b) selbst wenn man alle nur denkbaren Daten und Fakten über einen Elefanten erfassen könnte, so wäre kein einzelner Mensch – von seiner intellektuellen Kapazität her – in der Lage, das wahre Gesamtbild Elefant vollkommen zu begreifen.

Verschiedenes

Eine Verarbeitung als Bilderbuch für Kinder mit dem Titel The Blind Men and the Elephant (nicht in Deutschland erschienen) wurde von Karen Backstein durchgeführt und von Annie Mitra illustriert. Speziell ein Bild ist erwähnenswert, in dem Körperteile des Elefanten aus einer Wand, einer Schlange, einem Speer, einem Baum, einem Fächer und einem Tau bestehen. Im 2006 erschienene Kinderbuch Die Elefantenwahrheit von Martin Baltscheit befindet sich ein ähnliches Bild mit einem Feuerwehrschlauch, Teppichen, Baumstämmen, einem Berg und einer Klobürste.

Von dem Illustrator und Kinderbuchautor Ed (Tse-chun) Young gibt es ein Bilderbuch (Sieben blinde Mäuse, englisch Seven blind mice) mit der gleichen Thematik, bei dem die Männer durch sieben Mäuse in den Regenbogenfarben ersetzt sind, die nacheinander den Elefanten erkunden.

Natalie Merchant vertonte das Gedicht von John Godfrey Saxe. Es erschien 2010 auf ihrem Album Leave Your Sleep.

Der amerikanische Cartoonist Sam Gross hat ein Buch veröffentlicht, das die blinden Männer und den Elefanten auf dem Umschlag zeigt, aber hier mit der Variante, dass einer der Männer einen Haufen Elefantenlosung befühlt. Der Titel des Buches: An Elephant is Soft and Mushy (Ein Elefant ist weich und breiig; nicht in Deutschland erschienen).

Es gibt einen Witz, in dem sich drei blinde Elefanten streiten, wie denn ein Mann aussehe. Der erste befühlt den Mann mit seinem Fuß und sagt, dass ein Mann weich und flach sei. Die anderen zwei Elefanten befühlen den Mann in gleicher Weise ... und stimmen zu.

Es gibt auch einen Pogo-Comic von Walt Kelly in Bezug auf dieses Gleichnis: Pogo Opossum stellt fest, dass "jeder der blinden Männer teilweise recht hatte", worauf die Schildkröte Churchy Lafemme antwortet: "Ja, aber größtenteils hatten sie alle unrecht."

Literatur

  • Udo Tworuschka: Vom Mond, den vielen Wegen, dem Chamäleon und Edelstein sowie vom Elefanten. Religionsbegegnungen in interreligiösen Bildern. In: Wolfgang Dahmen, Petra Himstedt-Vaid, Gerhard Ressel (Hrsg.): Grenzüberschreitungen. Traditionen und Identitäten in Südosteuropa. Festschrift für Gabrielle Schubert. (Balkanologische Veröffentlichungen, Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin, hrsg. von Nobert Reiter, Holm Sundhausen, Bd. 45) Harrassowitz, Wiesbaden 2008, S. 663–678, ISBN 978-3-447-05792-9

Weblinks

Commons: Die blinden Männer und der Elefant – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: The Blindmen and the Elephant – Quellen und Volltexte (englisch)

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