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Falun Gong
Falun Gong, auch Falun Dafa (wörtlich „Dharma-Rad-Praktik“ oder „Gesetzesrad-Praktik“; chinesisch 法輪功 / 法轮功, Pinyin Fǎlún gōng, auch 法輪大法 / 法轮大法, Fǎlún dàfǎ), ist eine spirituelle Praxis und neue religiöse Bewegung, die 1992 von Li Hongzhi in China gegründet wurde. Sie entstand aus der buddhistischen Schule des Qigong und enthält auch Elemente aus daoistischen Traditionen.
Seit Falun Gongs Erscheinen in der Öffentlichkeit im Jahr 1992 wurden umfassende akademische Arbeiten über Falun Gong verfasst. Die meisten stammen von Sozialwissenschaftlern, welche die sozialen Umstände erforschten, die zum Beginn der Bewegung führten, und von Religionsforschern und -historikern, die Falun Gong in der Tradition des chinesischen Buddhismus beleuchteten, um dem westlichen Kulturkreis ein Verständnis der eher fremd anmutenden Denkweise mit buddhistischen und daoistischen Elementen zu ermöglichen. Der Historiker David Ownby weist darauf hin, dass Falun Gong nur dann korrekt verstanden werden kann, wenn dessen Bezug zur chinesischen buddhistischen Tradition berücksichtigt wird, aus der diese Praxis kommt.
Li Hongzhi, der Gründer von Falun Gong, stellte sein Kultivierungssystem am 13. Mai 1992 zum ersten Mal in Nordost-China der Öffentlichkeit vor. Es trat gegen Ende von Chinas „Qigong-Welle“ auf – eine Zeit, in der sich ähnliche Meditationspraktiken, langsame Übungsbewegungen und Atemübungen ausbreiteten. Falun Dafa unterscheidet sich von anderen Schulen dadurch, dass es keine Gebühren und keine formelle Mitgliedschaft gibt und tägliche Rituale der Meister-Verehrung weder existieren noch gewünscht sind; aber das größte Augenmerk auf die Moral und die theologische Natur seiner Lehre gelegt wird. Westliche Gelehrte bezeichneten Falun Gong als ein Qigong, eine „spirituelle Bewegung“, ein „Kultivierungssystem nach Tradition des chinesischen Altertums“ oder auch als Form chinesischer Religion.
Anfangs wurde Falun Gong stark von der chinesischen Regierung über die staatlich kontrollierten Medien gefördert, und Li Hongzhi beziehungsweise die Praxis des Falun Gong mehrfach gelobt und ausgezeichnet. Seit Mitte der 1990er Jahre begannen die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) und die chinesische Staatssicherheit jedoch vermehrt damit, Falun Gong aufgrund der Anzahl der Praktizierenden, der Unabhängigkeit vom Staat und der spirituellen Lehre als Bedrohung anzusehen. 1999 schätzte die chinesische Regierung die Anzahl der Falun-Gong-Praktizierenden auf 70 bis 100 Millionen. Im April 1999 fanden die Spannungen ihren Höhepunkt, als sich über 10.000 Falun-Gong-Praktizierende friedlich vor dem Gelände der Zentralregierung in Peking einfanden, um für rechtliche Anerkennung und Freiheit von staatlicher Einmischung zu appellieren. Dieses später als „Demonstration“ bewertete Ereignis wird weitläufig als Katalysator der daraufhin folgenden Verfolgung angesehen, doch findet sich auch die Meinung, dass dies von der KPCh arrangiert worden sein könnte, um eine Rechtfertigung für die Verfolgung zu haben.
Am 20. Juli 1999 begann der damalige Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas Jiang Zemin ein landesweit scharfes Vorgehen und eine vielseitige Propagandakampagne, mit dem Ziel, Falun Gong auszulöschen. Das kommunistische Regime blockierte den Internetzugang zu Websites, die Falun Gong erwähnten. Im Oktober 1999 wurde Falun Gong von der Kommunistischen Partei zu einer „häretischen Organisation“ erklärt, welche die soziale Stabilität bedrohe.
Menschenrechtsorganisationen berichten, dass Falun-Gong-Praktizierende in China einer Vielzahl Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind: Hunderttausende wurden nach Schätzungen ohne gesetzliche Grundlage inhaftiert. Eingesperrte Praktizierende müssen Zwangsarbeit verrichten, werden psychiatrischem Missbrauch unterworfen, gefoltert und der Gehirnwäsche zur gedanklichen Umerziehung durch chinesische Behörden ausgesetzt. Bis 2009 starben mindestens 2000 Falun-Gong-Praktizierende im Gewahrsam als direkte Folge der Misshandlung. Einige Beobachter halten die Dunkelziffer jedoch für deutlich höher und berichteten, dass ersten Ermittlungen zufolge über 100.000 Praktizierende getötet wurden, um Chinas Organtransplantationsindustrie zu versorgen. In den Jahren seit Beginn der Verfolgung begannen die Falun-Gong-Praktizierenden aktiv für mehr Menschenrechte in China zu plädieren.
Der Gründer von Falun Gong, Li Hongzhi, lebt seit 1998 in den Vereinigten Staaten. Falun Gong hat weltweit eine sehr große Anhängerschaft. Einige Quellen schätzten, dass innerhalb Chinas dutzende Millionen trotz der Verfolgung weiterhin Falun Gong praktizieren, und außerhalb Chinas weltweit in über 70 Ländern Hunderttausende Menschen Falun Gong praktizieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Ursprung
- 2 Glaube und Praktiken
- 3 Einordnung
- 4 Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
- 5 Organisation
- 6 Demografie
- 7 Geschichte innerhalb Chinas
- 8 Verfolgung
- 9 Falun Gongs Reaktion auf die Verfolgung
- 10 Falun Gong in Hongkong
- 11 Falun Gong außerhalb Chinas
- 12 Kritik
- 13 Siehe auch
- 14 Literatur
- 15 Weblinks
- 16 Einzelnachweise
Ursprung
Falun Gong wird meistens mit der Qigong-Welle in China in Verbindung gebracht. Dabei ist Qigong ein moderner Ausdruck für eine Vielzahl von Praktiken, bei denen es um langsame Bewegungen, Meditation und Atemübungen geht. Dem Qigong ähnliche Übungen wurden historisch von buddhistischen Mönchen, daoistischen Kampfkünstlern und konfuzianischen Gelehrten praktiziert, um Körper, Geist und Tugendhaftigkeit zu veredeln.
Die moderne Qigong-Welle entstand Anfang der 1950er Jahre, als kommunistische Kader die Techniken aufgriffen, um ihre Gesundheit zu verbessern. Der neue Ausdruck wurde geschaffen, um sich von religiösen Praktiken zu distanzieren, da solche leicht als „feudaler Aberglaube“ betitelt und während der Zeit des Maoismus verfolgt wurden. Die ersten Anwender von Qigong mieden seine religiösen Untertöne und betrachteten es stattdessen als eine Form chinesischer Medizin. Ende der 1970er Jahre behaupteten chinesische Wissenschaftler, Beweise für die materielle Existenz der Qi-Energie, die bei Qigong benutzt wird, gefunden zu haben. Im spirituellen Vakuum der Zeit nach dem Maoismus begannen dutzende Millionen, hauptsächlich alte und städtische chinesische Bürger, Qigong zu praktizieren, und verschiedenste charismatische Qigong-Meister begannen, Praktiken zu etablieren. 1985 wurde die staatliche Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas gegründet, um die Qigong-Welle zu überwachen und zu kontrollieren.
Am 13. Mai 1992 hielt Li Hongzhi in der nordöstlichen Stadt Changchun den ersten öffentlichen Vortrag über Falun Gong. In seiner hagiographischen spirituellen Biografie heißt es, Li Hongzhi hätte von verschiedenen Meistern der buddhistischen und daoistischen Schulen die „Kultivierungspraktik“ gelernt. Darunter waren Quan Jue, der zehnte Nachfolger der Schule des Großen Buddha-Gebotes, sowie ein Meister der Schule des Großen Weges mit dem daoistischen Namen Wahrer Daoist aus dem Changbai-Gebirge. Es heißt, Falun Dafa ist das Ergebnis seiner Sortierung, Überarbeitung und Weitergabe der Lehren, die ihm übermittelt wurden.
Li präsentierte Falun Gong als Teil einer „Jahrhunderte alten Tradition der Kultivierung“, und hatte das Ziel, die religiösen und spirituellen Elemente der Qigong-Praktik wiederzubeleben, die in der früheren kommunistischen Ära weggeworfen worden waren. David Palmer schrieb, dass Li „seine Methode umdefinierte, sodass sie gänzlich andere Ziele als Qigong hat: Der Zweck seiner Kultivierungsschule sollte weder körperliche Gesundheit noch die Entwicklung übernatürlicher Kräfte sein, sondern die Reinigung des eigenen Herzens und spirituelle Erlösung.“
Falun Gong unterscheidet sich von anderen Qigong-Schulen dadurch, dass seine Lehren ein großes Spektrum an spirituellen und metaphysischen Themen abdecken, mit Betonung auf Moral und Tugend, wobei eine vollständige Kosmologie dargelegt wird. Es ist eine buddhistische Schule (Fojia), enthält jedoch auch Konzepte und Sprachen aus dem Daoismus und Konfuzianismus. Deshalb bezeichnen einige Gelehrte die Lehre als synkretistischen Glauben.
Glaube und Praktiken
Zentrale Lehre
Falun Gong möchte den Praktizierenden ermöglichen, mit Hilfe moralischer Rechtschaffenheit und des Praktizierens von Übungen und Meditation spirituell aufzusteigen. Die drei Grundpfeiler des Glaubens sind Wahrhaftigkeit (真, Zhēn), Barmherzigkeit (善, Shàn) und Nachsicht (忍, Rěn). Diese drei Prinzipien werden zusammen als die grundsätzliche Natur des Kosmos betrachtet, als Maßstab, um Gutes von Schlechtem zu unterscheiden, und werden als höchste Manifestation des Daos oder des buddhistischen Dharmas angesehen. Das Einhalten und die Kultivierung dieser Tugenden ist zentraler Bestandteil von Falun Gong. Im Zhuan Falun (转法轮), dem 1995 veröffentlichten Hauptwerk, schreibt Li Hongzhi: „Doch ganz gleich wie sich die moralischen Normen der Menschheit auch verändern, die Eigenschaften dieses Kosmos bleiben unverändert. Sie sind der einzige Maßstab, um zu beurteilen, wer ein guter und wer ein schlechter Mensch ist. Als ein Kultivierender musst du die Eigenschaften des Kosmos als Maßstab nehmen und dich danach richten, und nicht nach dem Maßstab der gewöhnlichen Menschen.“
Das Praktizieren von Falun Gong besteht aus zwei Teilen: Zum einen das Durchführen der Übungen und zum anderen die Erhöhung der eigenen Xinxing (geistige Natur, Moral, Temperament). Im Hauptwerk von Falun Gong sagt Li: „Xinxing beinhaltet De (De ist eine Art Substanz); sie beinhaltet Nachsicht; beinhaltet Erkennen; beinhaltet Verzicht, Verzicht auf alle Begierden und auf alle Arten von Eigensinn eines alltäglichen Menschen; und noch dazu Leiden ertragen können und so weiter, sie beinhaltet Dinge in vielen Bereichen.“ Die Erhöhung der geistigen Natur wird zum einen dadurch erreicht, dass man im Alltag nach Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht strebt, zum anderen legt man Begierden und „negative Gedanken und Verhaltensweisen ab, wie Gier, Wollust, Begierde, Töten, Kämpfen, Stehlen, Betrug, Eifersucht usw.“
Teil der grundlegenden Konzepte der Lehre von Falun Gong ist die Existenz von Tugend (’德, Dé) und Karma (Ye). Tugend entsteht zum einen durch gute Taten, zum anderen durch das Ertragen von Leid. Karma wird bei der Verübung schlechter Taten angesammelt. Es heißt, das Verhältnis von Karma zu Tugend bestimmt Erfolg und Glück in diesem und/oder nächsten Leben. Tugend bringt Segen und ermöglicht die spirituelle Weiterentwicklung; die Ansammlung von Karma führt hingegen zu Leid, Krankheit und Trennung von den Eigenschaften des Kosmos (Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht). Die spirituelle Erhöhung wird also durch das Abtragen von Karma und die Ansammlung von Tugend erzielt.
Nach der Lehre von Falun Gong sind die Menschen ursprünglich in ihrem Wesenskern gut, sogar göttlich, doch nachdem sie selbstsüchtig geworden waren und Karma angesammelt hatten, sind sie in eine Welt gefallen, die aus Verblendung und Leid besteht. Um nun wieder aufzusteigen und zum „ursprünglichen, wahren Selbst“ zurückzukehren, sollen sich die Falun-Gong-Praktizierenden an die Eigenschaften des Kosmos (Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht) angleichen, sich von Eigensinnen und Begierden lösen und durch das Ertragen von Leid ihr Karma zurückzahlen. Das schlussendliche Ziel der Kultivierungspraktik ist die Erleuchtung beziehungsweise spirituelle Perfektion (Yuanman), wodurch der Praktizierende aus dem Kreislauf der Wiedergeburt tritt; in buddhistischen Schulen als Samsara bekannt.
Zwei Schwerpunkte von Li Hongzhis Lehre sind Gedanken traditioneller chinesischer Kultur sowie Modernität. Falun Gong spiegelt den traditionellen chinesischen Glauben wider, dass die Menschen durch Geist und Körper mit dem Universum verbunden sind. Li möchte „konventionelle Ansichten“ bezüglich Natur und Entstehung des Universums, des Zeit-Raums und des menschlichen Körpers infrage stellen. Seine Lehre beinhaltet Aspekte des ostasiatischen Mystizismus und der traditionellen chinesischen Medizin. Sie beanstandet die vermeintlich selbst auferlegten Grenzen der modernen Wissenschaft und sieht die traditionelle, chinesische Wissenschaft als etwas vollständig Anderes, jedoch gleichermaßen gültiges und ontologisches System.
Übungen
Zusätzlich zu seiner Philosophie besteht Falun Gong aus fünf Übungen, davon vier im Stehen und einer Meditation. Die Übungen werden neben der Erhöhung der Tugend als zweitrangig angesehen, sind jedoch essenzieller Teil der Kultivierung von Falun Gong.
Die erste Übung heißt „Buddha streckt 1000 Hände aus“. Sie dient dazu, den freien Fluss von Energie durch den Körper zu ermöglichen und die Meridiane zu öffnen. Bei der zweiten Übung, „Gesetzesrad-Pfahlstellung“, steht der Praktizierende lange Zeit in vier unbewegten Körperpositionen, von denen jede das Halten eines Rads versinnbildlicht. Das Ziel der Übung ist, „Weisheit zu verbessern, Kraft zu steigern, die Ebene zu erhöhen und die göttliche Kraft zu stärken“. Die dritte Übung, „Die beiden kosmischen Pole verbinden“, beinhaltet drei verschiedene Bewegungsabläufe, die das Ziel haben, schlechte Energie (d. h. krankheitserregendes bzw. schwarzes Qi) vom Körper abzustoßen und gute Energie in den Körper aufzunehmen. Durch das Praktizieren dieser Übung will der Praktizierende seinen Körper reinigen und veredeln. Durch die vierte Übung, „Gesetzesrad-Himmelskreis“, soll die Energie wieder frei durch den Körper fließen können. Die fünfte Übung, „Verstärkung der göttlichen Fähigkeiten“, wird im Gegensatz zu den ersten vier Übungen im Lotussitz praktiziert. Sie ist eine Meditation, die so lange wie möglich durchgeführt werden soll.
Die Falun-Gong-Übungen können alleine oder in der Gruppe praktiziert werden. Dabei ist die Übungszeit variabel, um sie den Bedürfnissen und Fähigkeiten der einzelnen Praktizierenden anzupassen. Porter schreibt, dass die Falun-Gong-Praktizierenden dazu ermutigt werden, regelmäßig die Falun-Gong-Bücher zu lesen und die Übungen zu praktizieren, bevorzugt täglich. Gruppen praktizieren die Falun-Gong-Übungen in Parks, auf Hochschulgeländen und an anderen öffentlichen Orten in mehr als 70 Ländern weltweit, wobei diese von Freiwilligen unentgeltlich gelehrt werden. Zusätzlich zu den fünf Übungen wurde 2001 eine weitere Meditation eingeführt, die „Aussenden aufrichtiger Gedanken“ genannt wird. Ihr Zweck ist, die Verfolgung auf spiritueller Ebene zu verringern.
Zusätzlich zur Erlangung körperlicher Gesundheit streben viele buddhistische und daoistische Meditationssysteme nach der Umwandlung des Körpers, wobei verschiedene übernatürliche Fähigkeiten (Shentong), wie Telepathie und Hellsehen, kultiviert werden. Diskussionen über übernatürliche Fähigkeiten sind innerhalb der Qigong-Bewegung weitläufig vertreten, und die Existenz dieser übernatürlichen Fähigkeiten wurde in Chinas wissenschaftlicher Gemeinde in den 1980er Jahren weitläufig anerkannt. Die Lehre von Falun Gong besagt, dass die Praktizierenden übernatürliche Fähigkeiten durch eine Kombination aus Kultivierung der Tugend, Meditation und Übungen erlangen können. Einige davon sind Präkognition, Hellhören, Telepathie und Hellsehen (durch die Öffnung des Himmelsauges). Jedoch betont Falun Gong, dass diese Fähigkeiten nur als Folge von moralischer Praktik erlangt werden können und weder erstrebt noch leichtfertig zur Schau gestellt werden dürfen. Laut David Ownby lehrt Falun Gong, dass „Stolz auf die eigenen Fähigkeiten zu sein oder das Verlangen, anzugeben, Anzeichen für gefährliche Eigensinne sind“ und Li warnt seine Jünger, sich nicht vom Streben nach solchen Kräften ablenken zu lassen.
Soziale Praktiken
Falun Gong unterscheidet sich von klösterlichen buddhistischen Traditionen darin, dass es großen Wert auf die Teilnahme am normalen Gesellschaftsleben legt. Falun-Gong-Praktizierende sollen weiterhin normal zur Arbeit gehen und diese auch gut verrichten, ein normales Familienleben führen und die Gesetze ihrer jeweiligen Regierung befolgen; werden also gelehrt, sich nicht von der Gesellschaft zu distanzieren. Eine Ausnahme besteht für buddhistische Mönche und Nonnen, die ihr klösterliches Leben weiterhin führen dürfen, während sie Falun Gong praktizieren.
Da die Lehren von Falun Gong moralisches Verhalten betonen, stellen sie strikte persönliche Anforderungen an die Praktizierenden. Von ihnen wird erwartet, dass sie ehrlich sind, gute Taten verüben und sich bei Schwierigkeiten geduldig und nachsichtig verhalten. Beispielsweise schreibt Li vor, dass Falun-Gong-Praktizierende „nicht zurückschlagen, wenn sie angegriffen werden; nicht streiten, wenn sie beschimpft werden.“ Zusätzlich müssen sie „schlechte Gedanken und Verhaltensweisen ablegen“, wie Gier, Betrug, Eifersucht usw. Die Lehren verlangen, nicht zu rauchen und keinen Alkohol zu trinken, da diese Dinge als Sucht angesehen werden, die schädlich für die Gesundheit und die geistige Klarheit sind. Falun-Gong-Praktizierende dürfen nicht töten – auch keine Tiere zum Essen –, jedoch wird von ihnen nicht verlangt, Vegetarier zu werden.
Zusätzlich zu diesen Dingen sollen die Falun-Gong-Praktizierenden eine Reihe von weltlichen Eigensinnen und Begierden ablegen. Während der Kultivierung zielen die Schüler von Falun Gong darauf ab, sich von Ruhm, Reichtum, Gefühlen und anderen Verstrickungen zu lösen. Lis Lehre betont wiederholt die Gehaltlosigkeit des Strebens nach materiellen Dingen, jedoch werden Falun-Gong-Praktizierende nicht dazu ermutigt, ihre Arbeit aufzugeben oder Geld zu entsagen, sondern lediglich die emotionale Anhaftung an diese Dinge aufzugeben. Ebenso werden sexuelle Begierden und Erotik als Eigensinn betrachtet, die abgelegt werden sollen; jedoch wird im Allgemeinen von den Lernenden erwartet, zu heiraten und Familien zu gründen. Alle sexuellen Kontakte außerhalb monogamer, heterosexueller Ehen werden als unmoralisch angesehen. Auch wenn homosexuelle Männer und Frauen Falun Gong praktizieren können, heißt es, dass ein solches Verhalten Karma erzeugt und somit den Zielen der Kultivierungspraktik entgegensteht.
Die Kosmologie von Falun Gong enthält den Glauben, dass verschiedene Ethnien eine Verbindung zu ihren eigenen Himmelsreichen haben und dass Individuen mit gemischter Abstammung einige Teile dieser Verbindung verlieren. Doch sagt Li, dass eine gemischte Abstammung nicht die Seele eines Menschen beeinflusst und auch nicht ihre Fähigkeit zur Kultivierung mindert. Die Kultivierungspraktik ist nicht gegen Ehen zwischen Menschen verschiedener Abstammung gerichtet; viele Falun-Gong-Praktizierende haben selbst Kinder gemischter Abstammung.
Die Lehre von Falun Gong rät dazu, sich nicht an Politik oder gesellschaftlichen Themen zu beteiligen. Übermäßiges Interesse an Politik wird als Eigensinn an weltlicher Macht und weltlichem Einfluss angesehen, doch Falun Gong zielt darauf ab, solches Streben hinter sich zu lassen. Laut Hu Ping „beschäftigt sich Falun Gong nur mit der Reinigung des Individuums durch die Übungen und berührt keine gesellschaftlichen bzw. landesweiten Themen. Es hat ein Modell für gesellschaftliche Wandlung weder vorgeschlagen, noch auch nur angedeutet. Viele Religionen (…) streben in gewissem Ausmaß nach gesellschaftlicher Reformierung (…), doch bei Falun Gong ist solch eine Tendenz nicht zu finden.“
Schriften
Das erste Buch über die Lehren von Falun Gong wurde im April 1993 unter dem Namen China Falun Gong oder auch einfach Falun Gong veröffentlicht. Es ist eine Einführung und behandelt Qigong, Falun Gongs Beziehung zum Buddhismus, die Grundsätze der Kultivierungspraktik und die Erhöhung der geistigen Natur (Xinxing). Darüber hinaus beinhaltet es Illustrationen und Erklärungen der Übungen und der Meditation.
Das Buch Zhuan Falun, veröffentlicht auf Chinesisch im Januar 1995, enthält die Hauptlehre von Falun Gong. Es ist in neun Lektionen eingeteilt und basiert auf den überarbeiteten Mitschriften aus Lis Vorträgen in China. Mittlerweile wurden die Bücher in 40 weitere Sprachen übersetzt. Zusätzlich zu diesen Hauptwerken hat Li mehrere Bücher, Vorträge, Artikel und Gedichtbände veröffentlicht, die auf den Falun-Gong-Websites kostenlos verfügbar sind.
Die Lehren von Falun Gong enthalten einige nicht übersetzte chinesische religiöse und philosophische Begriffe und nehmen Bezug auf Personen und Ereignisse chinesischen Volkstums sowie auf Konzepte aus verschiedenen chinesischen Religionen. Das, zusammen mit den wörtlichen Übersetzungen der Texte, die den umgangssprachlichen Stil von Lis Vorträgen widerspiegeln, macht es für westliche Leser teilweise schwierig, die Schriften von Falun Gong zu verstehen.
Symbole
Das Hauptsymbol für die Kultivierungspraktik ist das Falun (Rad des Gesetzes, Gebotsrad bzw. Dharma-Chakra in Sanskrit). Im Buddhismus repräsentiert das Rad des Gesetzes die Vollständigkeit der Lehre. Der Titel von Falun Gongs Hauptwerk Zhuan Falun (Das Rad des Dharma drehen) bedeutet, die buddhistische Lehre zu lehren. Trotz der Verwendung buddhistischer Sprache und Symbole hat das Rad des Gesetzes, so wie es in Falun Gong verstanden wird, eine eigene Bedeutung und wird als Abbild des gesamten Kosmos angesehen. Dargestellt wird es als Symbol mit einer großen Swastika und vier kleinen Swastiken, die das buddhistische System repräsentieren, sowie vier kleinen Taiji (Yin-Yang) aus der daoistischen Tradition.
Endzeit des Fa
Li verbreitet seine Lehre von Falun Gong in der „Endzeit des Fa“ (Mo Fa, 末法), das in den buddhistischen Schriften als Zeitalter des moralischen Verfalls beschrieben wird, in dem die Lehren des Buddhismus berichtigt werden müssen. Das jetzige Zeitalter wird in den Lehren von Falun Gong als die Zeit der „Fa-Berichtigung“ (zhengfa, 正法) beschrieben, eine Zeit des kosmischen Übergangs und der Erneuerung (zhengfa könnte auch als „das Fa korrigieren“ übersetzt werden). Der Vorgang der Fa-Berichtigung wird notwendig durch den moralischen Verfall und die Entartung des Lebens im Kosmos. Die seit 1999 stattfindende Verfolgung von Falun Gong in China durch die chinesische Regierung wird in diesem Kontext mittlerweile als greifbares Symptom dieses moralischen Verfalls angesehen. Durch den Vorgang der Fa-Berichtigung wird das Leben jedes Menschen, basierend auf seiner Moral und geistigen Qualität, neu geordnet, wobei gute Menschen gerettet und zu höheren spirituellen Ebenen erhoben werden, während schlechte Menschen niedergeschlagen bzw. vernichtet werden. Unter diesem Paradigma übernimmt Li die Rolle der Fa-Berichtigung, indem er seine Lehre verbreitet.
Einige Gelehrte, beispielsweise Maria Hsia Chang und Susan Palmer, beschrieben Lis Reden über die „Fa-Berichtigung“ und die Möglichkeit zur Erlösung „in der letzten Zeit der Endzeit“ als apokalyptisch. Hingegen argumentiert Benjamin Penny, dass Lis Lehren besser verstanden werden können, wenn man sie im Kontext der „buddhistischen Ansicht des Kreislaufs des Fa oder Buddha-Fa“ betrachtet. Richard Gunde merkt an, dass sich Falun Gong – im Gegensatz zu apokalyptischen Gruppen im Westen – nicht auf den Tod oder das Ende der Welt fixiert, sondern stattdessen „eine einfache, unverfängliche moralische Botschaft“ beinhaltet. Li Hongzhi spricht nicht über eine „Zeit der Abrechnung“ und lehnt in seinen Lehren Vorhersagen über einen bevorstehenden Weltuntergang ab.
Einordnung
Falun Gong ist eine vielseitige Kultivierungspraktik, die für verschiedene Menschen verschiedene Dinge bedeutet. Angefangen mit einer Reihe körperlicher Übungen für eine bessere Gesundheit und einer Praxis zur Selbstveränderung bis hin zu einer Moralphilosophie und einem neuen Wissenssystem. Gelehrte und Journalisten verwendeten unterschiedliche Begriffe und Klassifikationen, um Falun Gong zu beschreiben; einige davon sind präziser als andere.
Da Falun Gong innerhalb der chinesischen buddhistischen Tradition entstanden ist, weist David Ownby darauf hin, dass diese Kultivierungspraktik nur dann richtig verstanden werden kann, wenn der historische Bezug, aus der diese kommt, berücksichtigt wird. Im kulturellen Kontext von China wird Falun Gong deshalb allgemein entweder als ein Qigong oder eine „Kultivierungspraktik“ (Xiulian) beschrieben. Nach Benjamin Penny, Professor für chinesische Geschichte an der Australian National University, ist „Kultivierung“ ein chinesischer Ausdruck, der den Vorgang beschreibt, durch den eine Person spirituelle Perfektion anstrebt, oft durch sowohl körperliche als auch geistige Verbesserung. Durch die gesamte chinesische Geschichte hindurch tauchten immer wieder verschiedene Kultivierungspraktiken auf, die buddhistische, daoistische und konfuzianische Traditionen umfassten und Teil des chinesischen Lebens waren. Qigong-Praktiken können deshalb auch als Teil einer weiteren Tradition von „Kultivierungspraktiken“ angesehen werden. Penny schrieb: „Die beste Art, Falun Gong zu beschreiben, ist als ein Kultivierungssystem.“
Im Westen wird Falun Gong aufgrund seiner theologischen und moralischen Lehren, seiner Beschäftigung mit geistiger Kultivierung und Umwandlung sowie seiner umfangreichen Schriften regelmäßig als Religion angesehen. Menschenrechtsorganisationen berichten über die Verfolgung von Falun Gong als Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Im Jahr 2001 erhielt Falun Gong von Freedom House den International Religious Freedom Award. Falun-Gong-Praktizierende selbst lehnen manchmal diese Klassifizierung ab, was auf die relativ enge Definition von „Religion“ (Zongjiao) im heutigen China hinweist. Laut David Ownby wird Religion in China seit 1912 als „welthistorischer Glauben“ definiert, der über „gut ausgeprägte Institutionen, Pfarrer und schriftliche Traditionen“ verfügt – namentlich Buddhismus, Daoismus, Islam, Protestantismus und Katholizismus. Falun Gong verfügt jedoch nicht über diese Merkmale, besitzt keine Tempel, Rituale der Verehrung, Priester oder eine formelle Hierarchie. Dazu kommt, dass Falun Gong in China vermutlich sofort unterdrückt worden wäre, wenn es sich als Religion bezeichnet hätte. Trotz dieser historischen und kulturellen Umstände wird diese Kultivierungspraktik trotzdem oft als eine Art chinesische Religion bezeichnet. Deutsche Religionswissenschaftler betrachten Falun Gong auch nicht als Religion im eigentlichen Sinne, doch als „volksreligiöse Bewegung“, ohne Bezug zu buddhistischen Religionen, so Religionshistoriker Hubert Seiwert von der Uni Leipzig. Religionswissenschaftler Ulrich Dehn von der Uni Hamburg sieht in Falun Gong „eine Meditationsbewegung mit religiösen Aspekten, soweit sie sich auch aus buddhistischen und daoistischen Elementen nährt“. Auch Friedmann Eißler, Religionswissenschaftler und Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, betrachtet Falun Gong als „eine religiöse Bewegung mit umfassendem und exklusivem Anspruch“, ohne ihm den Status einer Religion zuzuweisen.
Bezeichnung als „Sekte“
In journalistischer Literatur wird Falun Gong immer wieder als „Sekte“ bezeichnet. Laut dem Journalisten und TV-Produzenten Danny Schechter erfüllt Falun Gong nicht die Definition einer solchen. Eine Sekte ist allgemein definiert als Zweig oder Glaubensgemeinschaft eines etablierten Glaubenssystems oder einer etablierten Kirche. Obwohl Falun Gong sowohl buddhistische als auch daoistische Ideen und Begriffe aufgreift, behauptet es jedoch nicht, eine direkte Verbindung zu oder Abstammung von diesen Religionen zu besitzen. Soziologen betrachten Sekten als exklusive Gruppierungen, die innerhalb klar definierter Grenzen existieren, mit strengen Maßstäben für die Aufnahme und strikter Loyalität. Hingegen wird von Noah Porter angemerkt, dass Falun Gong keine dieser Eigenschaften hat: „Es gibt keine klar definierten Grenzen und jeder darf es praktizieren“. Cheris Shun-ching Chan schreibt ebenfalls, dass Falun Gong „grundsätzlich keine Sekte ist“: Seine Praktizierenden lösen nicht die Verbindungen zur normalen Gesellschaft, es ist „lose strukturiert, mit fluktuierenden Mitgliedern und Toleranz gegenüber anderen Organisationen und anderem Glauben“, und kümmert sich mehr um die persönliche, statt einer gemeinsamen Verehrung.
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
Die Wahrnehmung von Falun Gong (Falun Dafa) durchlief unterschiedliche Perioden der Akzeptanz in und außerhalb Chinas. Von 1992 bis 1996 nahm die Beliebtheit von Falun Gong in China rasant zu und erreichte bis 1999 ihren Höhepunkt. Ab 1995 lehrte Li Hongzhi Falun Dafa immer mehr außerhalb Chinas, was die Beliebtheit dieser buddhistischen Qigong-Schule auch dort steigerte. Wurde Falun Gong durch die staatlich kontrollierten Medien zu Beginn massiv unterstützt, kam es ab 1996 jedoch zu einer Spaltung der Medien, nachdem Li sich von der chinesischen Qigong-Forschungsgesellschaft zurückzog und sich gleichzeitig geweigert hatte, innerhalb seiner Schule eine Zweigstelle der Kommunistischen Partei Chinas zu gründen, welche die Kontrolle über Falun Gong ausüben wollte. Neben lobenden Artikeln tauchten nun auch kritische Beiträge auf, die das infrage stellten, was zuvor selbst von hohen Staatsorganen gelobt worden war. Nach Beginn der Verfolgung im Juli 1999 verbreiteten dann alle Medien in China Artikel des Propagandaministeriums und des Büros 610, die Falun Gong diffamieren und im Volk ausgrenzen sollten. Gleichzeitig wurde an allen Schulen und Universitäten „der Fall Falun Gong“ gelehrt und mit jeder Prüfung verknüpft. Die Falun Dafa diskriminierenden Artikel wurden zu Beginn auch von westlichen Medien veröffentlicht, da diese über keine anderen Informationen verfügten als die aus China. Nachdem das Ausmaß der Verfolgung auch außerhalb Chinas bekannt geworden war, kam es jedoch zu einer Neubewertung und Akzeptanz von Falun Gong, und Menschenrechtsorganisationen, Medien und Regierungen wandten sich gegen die Verfolgung von Falun Gong und gegen die Propaganda der Kommunistischen Partei.
Wahrnehmung vor der Verfolgung
Nach der öffentlichen Vorstellung von Falun Gong im Frühjahr 1992 wurden Li Hongzhi und seine Qigong-Schule sofort in der Qigong-Bewegung führend und von der regierungsseitig verwalteten Qigong-Forschungsgesellschaft in China aufgenommen. 1993 veröffentlichte der Militärverlag Yiwen das erste große Lehrbuch von Li Hongzhi „Der chinesische Falun Gong“. Im ersten Halbjahr erschienen eine Reihe enthusiastischer Artikel in staatlich kontrollierten Medien, die landesweit die Vorzüge von Falun Gong lobten und die Überlegenheit des Falun-Gong-Systems erörterten. Gleichzeitig bedankten sich Staatsorgane bei Li für die positiven Auswirkungen seiner Lehre. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit dankte Li dafür, dass er 99 Polizisten, die im Dienst verletzt worden waren, geholfen hatte, durch Falun Gong „offensichtliche Verbesserungen“ ihrer Gesundheit zu erzielen. Die Public Security Daily, eine Publikation des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit, lobte Falun Gong dafür, die „traditionellen Tugenden zur Verbrechensbekämpfung des chinesischen Volkes zu fördern, indem es die soziale Ordnung und Sicherheit gewährleistet und die Rechtschaffenheit in der Gesellschaft fördert“. Li nahm an der Asien-Gesundheitsmesse in Peking teil und gewann mehrere Auszeichnungen. Li selbst erhielt die Auszeichnung „Meist gepriesener Qigong-Meister“ und Falun Gong wurde mit der „Besonderen Auszeichnung in Gold“ und dem „Preis für Fortschrittliche Grenzwissenschaft“ geehrt. 1994 wurde Li durch die Qigong-Forschungsgesellschaft der Provinz Jilin zum „Großmeister des Qigong“ ernannt. Anfang 1995 fand eine Publikationszeremonie im Auditorium des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit statt, um die Veröffentlichung des Buches Zhuan Falun, die vollständige Lehre von Falun Gong, durch den Verlag der Fernsehbehörde Chinas zu feiern. Im gleichen Jahr wurde Li von den chinesischen Botschaften in Paris und Stockholm eingeladen, Falun Dafa im Ausland zu lehren. Nach Paris hielt Li in Schweden noch drei Vorträge.
Beginn der öffentlichen Kritik
Ab 1996 änderte sich die Meinungsbildung über Falun Gong. Während manche staatliche Organisationen und staatlich kontrollierte Medien weiterhin für Falun Gong eintraten, begannen andere damit, Kritik zu üben. Dies betraf sowohl Qigong im Allgemeinen als auch Falun Gong im Besonderen.
Falun Gong zog sich im März 1996 von der staatlich geführten Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas zurück, da Li herausgefunden hatte, dass diese mehr auf Profit aus ist, als sich mit echter Forschung zu befassen. Gleichzeitig lehnte er es ab, innerhalb seiner Qigong-Schule eine Zweigstelle der Kommunistischen Partei Chinas zu gründen. Falun Gong blieb dadurch völlig ohne staatliche Aufsicht und Unterstützung. Daraufhin wurde Falun Gong innerhalb der Regierung und der Kommunistischen Partei zu einem Thema hochrangiger Debatten, wobei einige Ministerien und Regierungsbehörden weiterhin die Praktik unterstützten, während andere ihr gegenüber zunehmend misstrauisch wurden. Diese Spannungen spiegelten sich auch in den Medien wider, da einige weiterhin die Auswirkungen von Falun Dafa lobten, während andere es als Pseudowissenschaft kritisierten. Im Juni 1996 erschien der erste große staatliche Artikel in der Tageszeitung Guangming Daily, der Falun Gong vorwarf, „reaktionären Aberglauben“ zu verbreiten und die „Massen zu betrügen“. Kurz darauf begann auch die staatliche Buddhistische Vereinigung Chinas, die sich zuvor nicht gegen Falun Gong geäußert hatte, Kritik zu üben. Im Juli desselben Jahres wurden Falun-Gong-Bücher von Chinas Nachrichtenverlagsamt, einer Zweigstelle der Propaganda-Abteilung, mit dem Grund verboten, dass Falun Gong „Aberglauben verbreite“. Dies obwohl Falun Gong 1993 mit dem „Preis für Fortschrittliche Grenzwissenschaft“ ausgezeichnet worden war. Da die Falun-Gong-Bücher nun nicht mehr zu kaufen waren, verbreiteten sich mit Lis Zustimmung kopierte Versionen. Auch die Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas, die Li noch 1994 zum „Großmeister des Qigong“ ausgerufen hatte, beteiligte sich an der Kritik. Sie gab zwar einerseits zu, dass Praktizierende von Falun Gong „unvergleichliche Ergebnisse in Sachen Vitalität und Prävention von Krankheiten erreicht hatten“, behauptete jedoch, dass Li Hongzhi „Theologie und Aberglaube“ propagieren würde.
1997 startete das Ministerium für Öffentliche Sicherheit eine Untersuchung, ob Falun Gong als „Xiejiao“ (ketzerische Religion) angesehen werden sollte, doch kam das Ministerium in seinem Bericht zum Schluss, dass „bislang keine Beweise vorliegen“. Im Juli 1998 veröffentlichte das Ministerium jedoch das Dokument Nr. 555 „Mitteilung über die Untersuchung von Falun Gong“, in dem es Falun Gong plötzlich als „bösartige Religion“ bezeichnete.
Qiao Shi, der damals gerade pensionierte Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, führte als Antwort auf das Dokument Nr. 555 eine eigene Untersuchung zu Falun Gong durch und kam zum Schluss, dass „Falun Gong für das chinesische Volk und China Hunderte Vorteile und nicht einen einzigen schlechten Effekt hat“. Auch Chinas Nationale Sportkommission kam 1998 zu dem Ergebnis, dass „die Übungen und Auswirkungen von Falun Gong hervorragend“ und die Praxis „einen außerordentlichen Beitrag zur Verbesserung der Stabilität und Ethik der Gesellschaft geleistet“ habe. Schätzungen der staatlichen Sportkommission ließen auf 60 bis 70 Millionen Falun-Gong-Praktizierende in China schließen. Ungeachtet der teilweisen Kritik in China, wurde Li erneut von der chinesischen Botschaft in Paris eingeladen, einen Vortrag in der Versammlungshalle der Vereinten Nationen in Genf vor 1200 Teilnehmern zu halten.
Im Februar 1999 sagte Wu Shaozu von der Nationalen Sportkommission Chinas in einem Interview mit der Zeitung U.S. News & World Report, dass die Popularität von Falun Gong die Gesundheitskosten dramatisch reduziert hätte. Laut Wu „kann jeder Praktizierende jährlich 1000 Yuan an Gesundheitskosten sparen. Wenn 100 Millionen praktizieren, spart dies jährlich 100 Milliarden Yuan“. Wu fügte hinzu, dass der damalige Premier Zhu Rongji „sehr glücklich darüber“ sei. Im April 1999 veröffentlichte der Physiker He Zuoxiu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und Schwager von Luo Gan, dem damaligen Sicherheitschef von Staats- und Parteichef Jiang Zemin, einen Artikel in der Jugendzeitschrift der Normal University in Tianjin. In diesem Beitrag wird Falun Gong als abergläubisch kritisiert und als für die Jugend möglicherweise schädlich dargestellt. Nachdem sich Falun-Gong-Praktizierende in Tianjin bei der Redaktion beschwert hatten, versprach diese, einen Widerruf zu veröffentlichen, brach jedoch ihr Wort. Aufgrund von Gewalt gegen Praktizierende und Verhaftungen ohne rechtliche Grundlage versammelten sich am 25. April 10.000 Falun-Gong-Praktizierende friedlich in der Fuyou Straße, die zum westlichen Eingang des Regierungsgeländes Zhongnanhai in Peking führt. Fünf Vertreter von Falun Gong trafen sich mit Premier Zhu Rongji, um für eine offizielle Anerkennung und ein Ende der eskalierenden Belästigungen gegen die Gruppe zu bitten. Zhu stimmte zu, die in Tianjin ohne gesetzliche Grundlage verhafteten Praktizierenden freizulassen, und versicherte den Vertretern, dass die Regierung Falun Gong nicht ablehnen würde. Am selben Tag gab der kommunistische Parteichef Jiang Zemin jedoch ein Schreiben heraus, in dem er seinem Wunsch Ausdruck verlieh, dass er Falun Gong „besiegt sehen“ wolle. Dieser Brief löste unter den Mitgliedern der Kommunistischen Partei wegen der Popularität von Falun Gong Betroffenheit aus. Anfang Mai entschied Jiang Zemin, dass Luo Gan und Hu Jintao eine spezielle Einsatzgruppe, das Büro 610 gründen sollten, um eine Kampagne vorzubereiten, die Falun Gong diskreditieren soll. Gleichzeitig verstärkten die Behörden die Überwachung von Falun Gong in verschiedenen Städten und zapften Telefone von Praktizierenden an.
Wahrnehmung ab Verfolgungsbeginn
Am 19. Juli 1999 wurde während eines Treffens der Kader der Kommunistischen Partei Jiang Zemins Entscheidung mitgeteilt, Falun Gong auszulöschen. Die Niederschlagung begann am darauffolgenden Tag, dem 20. Juli 1999. Eine landesweite Propagandakampagne wurde ins Leben gerufen, um Falun Gong zu diskreditieren und zu beseitigen. Dennoch tauchten in der Propaganda gegen Falun Gong zunächst keine Begriffe wie „Kult“ oder „Sekte“ auf. Erst am 25. Oktober bezeichnete Jiang Zemin gegenüber der französischen Zeitung Le Figaro Falun Gong als „Sekte“. Gleich danach wurde dieser Begriff von der staatlich kontrollierten Zeitung People’s Daily übernommen und Falun Gong als „Xiejiao“ bezeichnet. Ursprünglich als „abweichende Lehre“ in Bezug auf den Konfuzianismus verwendet, wird „Xiejiao“ im kommunistischen China verwendet, um religiöse Gemeinschaften, welche die KPCh nicht als oberste Autorität anerkennen, zu verfolgen. Während der Propagandakampagne gegen Falun Gong wurde daraus im europäischen Sprachraum „bösartige Sekte“ und im englischen Sprachraum „böser Kult“, um – wie Ian Johnson und Hubert Seiwert argumentierten – „mit der Legitimität der Anti-Kult-Bewegung des Westens“ die Verfolgung einer religiösen Minderheit gegenüber dem Ausland zu rechtfertigen. Die Bezeichnung „bösartiger Kult“ wurde von der atheistischen Regierung „für politische Prämissen, und nicht durch irgendeine religiöse Autorität“ definiert, und von den Behörden dafür verwendet, vorherige Verhaftungen und Inhaftierungen nachträglich als „verfassungsgemäß“ hinzustellen. Am 13. November 2000 wurde Chinas Anti-cult Association gegründet, um eine „theoretische Rechtfertigung der Verfolgung von Falun Gong zu liefern“ und im In- wie Ausland „verschiedene Anti-Falun-Gong-Aktivitäten“ zu unterstützen.
Stimmen zur Propaganda der KPCh
Die Etikettierung als „bösartige Sekte“ beziehungsweise „böser Kult“ durch die Kommunistische Partei Chinas stieß im Ausland auf Widerstand.
Die Washington Post schrieb im November 1999, dass eine Parteiquelle gesagt habe: „Es war Herr Jiang, der befahl, dass Falun Gong als ‚Kult‘ gebrandmarkt werden sollte, und dann verlangte, dass ein Gesetz verabschiedet werden sollte, das Sekten verbietet.“
Religionswissenschaftler nahmen folgende Positionen dazu ein: Ulrich Dehn schrieb 1999, dass die von der Kommunistischen Partei Chinas erhobenen Vorwürfe gegenstandslos seien und tadelte gleichzeitig die deutsche Medienlandschaft, da die Berichterstattung mitunter den Eindruck erwecke, dass „insbesondere deutsche Ostasienkorrespondenten sich nicht immer der Suggestivität der offiziellen chinesischen Propaganda gegen Falun Gong entziehen konnten“.Hubert Seiwert führte 2000 aus, dass die chinesische Regierung sich „bei ihrer Argumentation ganz bewusst auf die westliche Diskussion über Kulte“ beziehe, um die Verfolgung einer religiösen Minderheit gegenüber dem Ausland zu rechtfertigen. In der Schweiz nahm Jean-François Mayer 2001 die gleiche Haltung ein und betrachtete das Wort „Kult“ als ein Mittel zur Ausgrenzung.
John Powers und Meg Y. M. Lee von der Hong Kong Baptist University äußerten 2001, dass Falun Gong in der Volkswahrnehmung als „unpolitischer Qigong-Übungsclub“ betrachtet und deshalb von der Regierung vor der Verfolgung nicht als Bedrohung angesehen wurde. Aufgrund dessen bestand nun die wichtigste Strategie der Unterdrückungskampagne gegen Falun Gong darin, die Menschen davon zu überzeugen, Falun Gong in eine Reihe „negativ geladener religiöser Bezeichnungen“ wie „böser Kult“, „Sekte“ oder „Aberglaube“ umzuklassifizieren. In diesem Prozess der Umbenennung versuchte die Regierung für sich ein „tiefes Reservoir negativer Gefühle“ zu nutzen, die „mit der historischen Rolle quasi-religiöser Kulte als destabilisierende Kräfte in der politischen Geschichte Chinas verbunden sind“. Selbst die stillen Proteste der Gruppe wurden nun als „soziale Unruhen“ bezeichnet.
Human Rights Watch (HRW) charakterisierte 2002 Chinas Maßnahme, Falun Gong als „Kult“ zu bezeichnen, als eine „politische Entscheidung mit möglicherweise weitreichenden politischen Konsequenzen“. Für HRW spiegelten die Methoden, die während der Niederschlagung angewandt wurden, frühere Bemühungen der Kommunistischen Partei Chinas wider, um Religion an sich auszurotten.
Pulitzerpreisträger Ian Johnson argumentierte 2005, dass die chinesische Regierung Falun Gong mit der Bezeichnung „Kult“ in die Defensive drängte und die Niederschlagung von Falun Gong „mit der Legitimität der Anti-Kult-Bewegung des Westens“ tarnte.
Im April 2006 versuchte der chinesische Parteichef Hu Jintao während eines Staatsbesuches in Washington, Präsident Bush davon zu überzeugen, Falun Gong öffentlich zu einem „bösen Kult“ zu erklären, der verboten werden sollte, doch Bush lehnte ab.
Der ehemalige kanadische Staatssekretär David Kilgour und der kanadische Immigrationsanwalt David Matas betrachteten 2007 die Bezeichnung „bösartige Sekte“ als Teil der Unterdrückung von Falun Gong durch die chinesische Regierung. Für David Matas ist die Etikettierung von Falun Gong als „böser Kult“ durch die chinesische Regierung „Bestandteil der Unterdrückung des Falun Gong, ein Vorwand für diese Unterdrückung sowie eine Verleumdung, Aufstachelung zum Hass, Depersonalisierung, Marginalisierung und Entmenschlichung des Falun Gong. … Das Label ‚böser Kult‘ ist ein fabriziertes Instrument der Unterdrückung, aber nicht deren Ursache.“ Kilgour und Matas betrachten Falun-Gong-Praktizierende als „gute Bürger und Mitglieder ihrer jeweiligen Zivilgesellschaft“.
Der kanadische Historiker David Ownby schrieb 2008, dass „die gesamte Problematik der angeblich kultischen Natur des Falun Gong von Anfang an ein Ablenkungsmanöver war, das vom chinesischen Staat geschickt ausgenutzt wurde, um die Attraktivität von Falun Gong abzuschwächen“.
Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Religions- und Weltanschauungsfreiheit Heiner Bielefeldt verurteilte 2010 auf der 65. UN-Generalversammlung in New York die von China betriebene Stigmatisierung von Falun Gong und anderer kleiner Gemeinschaften als „Kult“, wodurch diese „häufig auf gesellschaftliche Vorurteile“ treffen, „die sich zu vollwertigen Verschwörungstheorien ausweiten können“. Ein Mitglied der chinesischen Delegation erwiderte daraufhin: „Falun Gong ist ein böser Kult“, und es sei richtig, „dass China Falun Gong streng bestraft und letztlich ‚ausrottet‘.“
Religionswissenschaftler Friedmann Eißler stellte 2011 fest: „Die offizielle chinesische Beurteilung als gefährliche Sekte ist politisch motiviert, sie ist weder in China noch in Europa durch schwerwiegende Vorkommnisse gedeckt.“
Verleumdungsklagen
Da die Kommunistische Partei Chinas ihre Propagandakampagne gegen Falun Gong nicht auf China beschränkte, sondern auch auf das Ausland ausweitete, fand die Diskreditierung auch hier ihren Niederschlag. Beispielsweise veröffentlichte Les Presses Chinoises in Quebec, Kanada, zwischen November 2001 und Februar 2002 eine Artikelreihe, die Falun Gong als „böser“ Kult und „Staatsfeind“ bezeichnete, und fuhr damit fort, obwohl ihr dies ein Gericht in Quebec untersagt hatte. Im August 2002 stellte der Canadian Broadcast Standards Council fest, dass der in Vancouver ansässige chinesischsprachige Fernsehsender Talentvision die journalistische Ethik verletzt hatte, indem er Anti-Falun-Gong-Propaganda, die von Pekings staatlich kontrollierten Medien produziert wurde, erneut ausstrahlte.
Infolge dieser massiv im Ausland durchgeführten Diskreditierung kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen: 2004 gewann der kanadische Falun-Gong-Praktizierende Joel Chipkar einen Verleumdungsfall gegen Pan Xinchun, Chinas Konsul in Toronto. Pan hatte Chipkar in einem Zeitungsartikel als Mitglied eines „finsteren Kultes“ bezeichnet, der zu „Hass anstacheln“ wolle. Pan wurde vom Gericht verurteilt, an Chipkar 10.000 kanadische Dollar Schadensersatz zu zahlen, doch verließ er das Land, ohne zu zahlen.
2005 kam es zu einem Gerichtsurteil, das die Beleidigungsklage des Deutschen Dafa Vereins zurückwies, dass nämlich die Aussage des Beklagten, Falun Gong wäre eine Psychosekte, eine Beleidigung darstelle. In seinem Urteil wies der Richter darauf hin, dass die Aussage des Beklagten unter die Meinungsfreiheit fallen würde. Des Weiteren sei die Bezeichnung „Psychosekte“ auf Falun Gong anwendbar, da es entsprechend den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts „Meditationskurse“ und „Seminare zum Erlernen der Meditationstechnik“ anbiete. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 1989 entschieden, dass der Begriff auch „für Bewegungen verwendet werden darf, die eine offene Organisationsstruktur haben und deren Kurs- oder Seminarangebot eine therapeutische Zielrichtung“ habe. Und das Bundesverfassungsgericht legte 2002 fest, dass der „Begriff ‚Sekte‘ seine allgemeine Verwendung typischerweise im religiösen Bereich, unabhängig von ihrer Herkunft“ finde und „häufig eine Minderheitenrolle gegenüber den großen Glaubensgemeinschaften“ indiziere. Das Attribut „Psycho“ komme dann hinzu, wenn „im großen Umfang therapeutische Meditationskurse“ angeboten werden. Der Richter wies in seiner Urteilsbegründung darauf hin, dass dieser Begriff an sich keinerlei Wertung beinhalte, weder positiv noch negativ, fügte jedoch hinzu, dass „in der Öffentlichkeit … der Begriff ein Bündel negativ besetzter Assoziationen“ wecke.
Im gleichen Jahr beschlagnahmte der Edmonton Police Service Anti-Falun-Gong-Materialien, die auf der Jahreskonferenz der American Family Foundation von Mitarbeitern des chinesischen Konsulates in Calgary verteilt wurden. Die Materialien, einschließlich der Bezeichnung von Falun Gong als „Kult“, wurden als Verstöße gegen das Strafgesetzbuch eingestuft, das die vorsätzliche Förderung von Hass gegen identifizierbare religiöse Gruppen verbietet.
Am 18. Januar 2006 verurteilte das Menschenrechtstribunal von Ontario die Chinese Senior Association wegen der Diskriminierung eines ihrer Mitglieder, das Falun Gong praktizierte. Das Tribunal stellte fest, dass die Vereinigung die 73-jährige Klägerin wiederholt mit ihrem Glauben an Falun Gong konfrontiert und sie erniedrigenden Kommentaren über ihre Überzeugungen unterworfen hatte. Diese diskriminierenden Handlungen führten zur Missachtung und dem Verlust des Ansehens der Klägerin, setzten sie der Isolation innerhalb ihrer eigenen kulturellen Gemeinschaft aus und stellten eine Verletzung ihrer Würde dar. Das Tribunal stellte klar, dass Falun Gong ein Glaubensbekenntnis darstellt, ein „geschützter Boden“ im Sinne des Menschenrechtskodex von Ontario. Darüber hinaus bildet es die „tief und aufrichtig gehaltenen persönlichen Überzeugungen der Klägerin über ihre eigene Spiritualität“. Die Vereinigung wurde zu 18.000 US-Dollar für den Verlust der Würde und den erlittenen psychischen Qualen verurteilt sowie zur Änderung ihrer Satzung, sodass zukünftig Diskriminierungen ausgeschlossen werden. Die Chefbeauftragte der Ontario Human Rights Commission Barbara Hall kommentierte das Urteil: „Diese Entscheidung bestätigt, dass der Glaubensgrundsatz mehr umfasst als nur institutionalisierte Religionen oder traditionelle Religionen. Einzelpersonen haben das Recht auf ihre aufrichtig vertretenen Überzeugungen und sollten mit Würde und Respekt behandelt werden und nicht wegen ihres besonderen Glaubens oder ihrer besonderen Praktiken mit Diskriminierung konfrontiert werden.“
Im gleichen Jahr war die kanadische Kommission für Radio-Fernseh-Telekommunikation nicht mit den Anti-Falun-Gong-Übertragungen des China Central Television (CCTV) einverstanden und stellte fest: „Dies sind Ausdrücke extremer Böswilligkeit gegen Falun Gong und dessen Gründer Li Hongzhi. Dies könnte zu Gewalt anstiften und die physische Sicherheit der Falun-Gong-Praktizierenden bedrohen.“
2008 entschied das Berufungsgericht von Quebec, Kanada, dass die chinesische Zeitung Les Presses Chinoises Falun Gong verleumdet hatte, als sie die Praxis als gefährlich und pervers darstellte.
Aufgrund der Klage von Falun-Gong-Praktizierenden, die von einem Restaurantbesitzer aus dem Lokal geworfen wurden, weil sie Hemden trugen, auf denen die Lehren der spirituellen Bewegung Falun Gong dargestellt wurden, veröffentlichte das US-Justizministerium am 12. August 2012 ein Anerkenntnisurteil, das den Angeklagten untersagt, einen Kunden aufgrund seiner Religion, seines religiösen Ausdrucks, seiner religiösen Kleidung oder seiner Verbindung mit Falun Gong zu diskriminieren. Tom Perez, stellvertretender Generalstaatsanwalt der Civil Rights Division fand es „schändlich, dass einer Person der Service in einem Restaurant verweigert wird, weil sie nichts anderes tut, als ihr Recht auszuüben, Kleidung mit einer religiösen Botschaft zu tragen“.
Beobachter
Nachdem Falun Gong außerhalb Chinas immer bekannter wurde, befassten sich Beobachter unterschiedlicher Fachbereiche mit dieser Bewegung und bewerteten dessen Lehre und Struktur unabhängig von Chinas Propaganda. Neben der Analyse der Lehre und des Verhaltens der Praktizierenden innerhalb der Gesellschaft Chinas und dem Ausland, wurden auch Prognosen darüber angestellt, wie lange Falun Dafa der Unterdrückung standhalten könne und ob eine Gefahr bestehen würde, dass aus einer friedlichen Bewegung durch die brutale Repression eine gewaltsame Gegenwehr entstehen könnte.
Der Soziologe John Wong sagte 1999 voraus, dass Falun Gong durch die Niederschlagung „effektiv gebremst“ worden sei und die Repression durch die KPCh den Niedergang von Falun Gong verursachen werde. Auch die Möglichkeiten für ein Wachstum außerhalb Chinas hielt Wong durch den „eigentümlichen chinesischen Charakter der Bewegung“ für begrenzt. Beide Annahmen trafen nicht ein, siehe die Geschichte von Falun Gong. Massimo Introvigne sah dies nicht so wie Wong, denn da Falun Gong keine „Organisation“ besitzt, die vom chinesischen Regime ausgelöscht werden könnte, stellte er fest, dass „Falun Gong als diffuse und unorganisierte Praxis wahrscheinlich trotz der Opposition der Regierung populär bleiben“ wird.
Der Soziologe William T. Liu vom East Asian Institute der National University of Singapore schrieb, dass nach der kritischen westlichen Definition von „Kult“, besonders nach der Definition von Margeret Singer, Falun Gong kein Kult sei, denn der „Führungsstil ist weder totalitär noch auf Ausgrenzung und Isolation angelegt“, und „es gibt keinen eindeutigen Beweis für eine öffentliche Verherrlichung des Gründers“.
Ontario Consultants on Religious Tolerance ist der Auffassung, dass Falun Dafa zu keiner Definition von Kult (Sekte) passt. Weder zur Christlichen Gegenkultbewegung (CCM) noch zur Anti-Kultbewegung (ACM), noch zur Definition von Margaret Singer. Doch habe die chinesische Regierung für die Unterdrückung von Falun Dafa „einen Großteil der Terminologie der westlichen Anti-Kultbewegung übernommen“. Auch die International Cultic Studies Association (ICSA) führe nur Informationen über Falun Dafa auf, welche die Unterdrückung der Gruppe durch die chinesische Regierung beinhalten.
Michael D. Langone, der Direktor der International Cultic Studies Association, stellte fest, dass Falun Gong in soziologischen Studien als eine Bewegung mit relativ offenen Grenzen und geringem Verbleibsdruck dargestellt wird. Deshalb sieht Langone ebenfalls „keine überzeugenden Beweise dafür, dass Falun Gong derzeit in das Klischee einer kultischen Gruppe passt, die unter hohem Druck und sozialpsychologischer Beeinflussung Mitglieder rekrutiert und an sich bindet“.
Für den Medienkritiker Danny Schechter erfüllt Falun Gong weder die Definition einer Sekte noch die eines Kultes, da es keine direkte Beziehung zu etablierten Glaubenssystemen oder Hauptkirchen besitze, wodurch dieser Begriff ja definiert werde. Obwohl Falun Gong sowohl buddhistische als auch daoistische Ideen und Begriffe aufgreift, behaupte es nicht, eine direkte Verbindung zu oder Abstammung von diesen Religionen zu besitzen.
Nach dem Ethnologen Noah Porter hat Falun Gong auch keine Merkmale einer exklusiven Gruppe, die innerhalb klar definierter Grenzen existiert, mit strengen Zulassungsnormen und strenger Zugehörigkeit. Falun Gong habe gar keine klar definierten Grenzen, und jeder könne es praktizieren.
Alain Vivien, Präsident der Interministeriellen Mission zur Bekämpfung von Sekten (MILS) stellte 2001 fest, dass Falun Gong in Frankreich nicht als Sekte betrachtet wird. Falun Gong habe „niemals eine Straftat begangen oder [sei] Gegenstand einer Beschwerde gewesen“. Unter diesen Bedingungen habe Falun Gong nichts von dem Anti-Sektengesetz zu befürchten, das Ende Mai von der Nationalversammlung verabschiedet wurde.
Massimo Introvigne, Soziologe, Jurist und einer der führenden Experten für Sekten und neue Religionen Italiens, betrachtet Falun Gong als einfachen Weg, „der auf Buddhismus und Konfuzianismus basiert und darauf abzielt, die drei Schlüsselwerte Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu fördern.“
Religionswissenschaftler Friedmann Eißler, Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, betrachtet Falun Gong als „eine religiöse Bewegung mit umfassendem und exklusivem Anspruch“, doch nicht als Sekte.
Die Soziologin Cheris Shun-ching Chan von der University of Hong Kong schrieb, dass Falun Gong „kategorisch keine Sekte“ sei, denn die Praktizierenden behalten ihre Verbindungen zur normalen Gesellschaft bei, sind „locker strukturiert, mit einer fluktuierenden Zugehörigkeit und Toleranz gegenüber anderen Organisationen und Religionen“. Es gehe ihnen mehr um persönliche als um kollektive Verehrung.
In seiner Studie über Falun Gong führte der Historiker und Religionswissenschaftler David Ownby aus, „dass es bei Falun Gong – im Gegensatz zu Sekten – keine finanziellen Verpflichtungen, keine Isolation der Praktizierenden in Kommunen und kein Rückzug aus der Welt gibt. Es gibt keine Strafe, wenn man Falun Gong verlässt, da es nichts zu verlassen gibt. Die Praktizierenden können Falun Gong so viel oder so wenig praktizieren, wie es für sie passt. Sie können jederzeit damit beginnen oder aufhören. Sie können die Übungen einzeln oder in Gruppen machen.“ Ownby fügte hinzu: „Falun-Gong-Anhänger bleiben in der Gesellschaft. Die meisten von ihnen leben in ihrer normalen (Kern-) Familie. Sie gehen zur Arbeit; schicken ihre Kinder in die Schule.“
Nach dem Leipziger Religionswissenschaftler Hubert Seiwert ist die „volksreligiöse Bewegung“ Falun Gong „auf keinen Fall“ eine Sekte, und es gibt – entgegen der chinesischen Propaganda, die damit versuche, ihre Repression zu legitimieren – keinerlei Informationen, dass von Falun Gong eine Gefahr ausgehe. Seiwert weist zusätzlich darauf hin, dass es auch „völlig unangemessen“ wäre, „Falun Gong als eine ‚buddhistische Sekte‘ zu bezeichnen“.
Pulitzerpreisträger Ian Johnson stellte fest, dass Falun Gong nicht den gängigen Definitionen eines Kultes entspricht: „Seine Mitglieder heiraten außerhalb der Gruppe, haben Freunde außerhalb der Gruppe, haben normale Jobs, leben nicht isoliert von der Gesellschaft, glauben nicht, dass das Ende der Welt unmittelbar bevorsteht, und geben der Organisation keine nennenswerten Geldbeträge … es befürwortet keinerlei Gewalt und ist im Kern eine unpolitische, nach innen gerichtete Disziplin, die darauf abzielt, sich selbst geistig zu reinigen und die eigene Gesundheit zu verbessern.“
Religionswissenschaftler Ulrich Dehn von der Uni Hamburg hält Falun Gong für eine „seriöse Meditationsbewegung“, skurril zwar, aber nicht gefährlich. „Es ist auf keinen Fall eine Sekte“, so Dehn, sondern „eine Meditationsbewegung mit religiösen Aspekten, sofern sie sich auch aus buddhistischen und daoistischen Elementen nährt.“ Auch handle es sich nicht um eine Organisation, sondern um einen lockeren Zusammenschluss meditationswilliger Menschen. „Anhaltspunkte für Aggressivität der Bewegung hat es nicht gegeben“, so Dehn, „ebenso sind Vorwürfe des Rassismus, totalitärer Strukturen oder anderer menschenrechtsrelevanter Probleme weder aus den Schriften oder sonstigen Äußerungen des Gründers der Bewegung Li Hongzhi noch aus den Äußerungen oder Verhaltensweisen der Bewegung insgesamt zu belegen.“
Auch der für seinen interreligiösen Dialog bekanntgewordene David Kilgour sowie David Matas lehnen den Sektenvorwurf ab, da Falun Gong keinerlei Punkte habe, die dafür sprechen würden. David Matas, Vertreter von Holocaust-Überlebenden bei ihrer Immigration nach Kanada, sagte dazu: „Falun Gong hat keine der Eigenschaften eines Kultes. Es ist keine Organisation. Es hat keine Mitgliedschaften oder Büros, keine Verwalter oder Führer. Falun Gong hat kein Geld und keine Bankkonten. Falun-Gong-Praktizierende leben zu Hause bei ihren Familien. Sie leben nicht getrennt mit Mitpraktizierenden. Von ihnen wird nicht erwartet, dass sie einen finanziellen Beitrag zu Falun Gong leisten. Es gibt keine Strafe für das Verlassen des Falun Gong, da es nichts zu verlassen gibt. Es steht den Praktizierenden frei, Falun Gong so wenig oder so viel zu praktizieren, wie sie es für richtig halten. Sie können jederzeit beginnen und wieder aufhören. Sie können ihre Übungen in Gruppen oder einzeln durchführen. Die Praktizierenden, wenn auch überwiegend ethnische Chinesen, kommen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Hintergründen. Sie führen ein normales Alltagsleben, sind in allen Berufen zu finden, essen die gleichen Lebensmittel wie alle anderen, studieren an den gleichen Schulen und Universitäten wie Nicht-Praktizierende. Li Hongzhi, der Autor der Bücher, welche die Falun-Gong-Praktizierenden inspiriert haben, wird von den Praktizierenden nicht verehrt. Er erhält auch keine Gelder von Praktizierenden. Er ist eine Privatperson, die sich selten mit Praktizierenden trifft. Alle seine Ratschläge für Praktizierende sind öffentlich zugängliche Informationen, wie Konferenzvorträge und veröffentlichte Bücher.“
Für den Menschenrechtsanwalt David Matas ist die Behauptung, dass Falun Gong ein Kult sei, „so weit von der Realität entfernt und so eng mit der chinesischen Entscheidung über die Verfolgung des Falun Gong verbunden“, dass die Frage, ob es so sein könnte, an sich bereits unangebracht erscheint. Denn „das Übel der Aufstachelung zum Hass liegt nicht nur in den Schlussfolgerungen. Es liegt in den Fragen, die gestellt werden“, da diese bereits eine Vorannahme und Verurteilung beinhalten können, mit all den sich daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen. Selbst wenn Untersuchungen das Gegenteil ergeben, wird laut Matas „die Frage des Propagandisten als eine gültige Frage [angesehen] und verleiht ihr Glaubwürdigkeit“
Der Historiker David Ownby bemerkt dazu, dass die Sympathie für Falun Gong durch die Wirkung des von den chinesischen Behörden auf die Kultivierungspraktik angewandten „Kult- beziehungsweise Sektenlabels“ untergraben wird, das in den Köpfen mancher Westler nie ganz verschwunden sei und dessen Stigmatisierung immer noch eine Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung von Falun Gong spiele.
Belobigungen
Nachdem Falun Gong im Ausland bekannt wurde, was besonders durch die brutale Verfolgung durch die Kommunistische Partei Chinas geschah, fand Falun Gong immer mehr Zuspruch, der sich unter anderem in Belobigungen ausdrückte. Hier ein paar Auszüge:
1994 proklamierte die Stadt Houston in Texas, USA, Li Hongzhi für seinen „uneigennützigen öffentlichen Dienst zum Nutzen und Wohlergehen der Menschheit“ zum Ehrenbürger der Stadt.
Hilary Mary Weston, Lieutenant Governor of Ontario, beschrieb Falun Dafa 1999 als „eine überzeugende Disziplin, und die Tatsache, dass es in so kurzer Zeit eine große Popularität erlangt hat, ist ein Tribut an seine beachtlichen gesundheitlichen Vorteile“.
Rabbi David Saperstein, ehemaliger Präsident der United States Commission on International Religious Freedom, sagte 2001, dass Falun Gong zu einem „Symbol der Freiheit“ geworden sei. Im gleichen Jahr antwortete Margit Tombak, Beraterin für Auswärtige Angelegenheiten des Büros des Präsidenten der Republik Estland, auf eine Anfrage: „Es ist gut zu hören, dass es in der materialistischen Welt von heute, in der jeder in Eile ist, eine Bewegung gibt, die Mitgefühl, Toleranz und Harmonie lehrt, und dass diese Bewegung so viel Popularität gewinnt. Eine solche Initiative ist in der Tat notwendig und willkommen.“ Und Senator von New York Neil Breslin würdigte, dass „mehr als 100 Millionen Menschen in mehr als 54 Ländern Falun Dafa [praktizieren], um sich von Drogen, Alkohol und Gewalt abzuwenden“.
Larry W. Campbell, Bürgermeister von Vancouver, Kanada, dankte Falun Dafa 2004, dass es die Praktizierenden „auf moralische Normen und die traditionellen Werte Ehrlichkeit, Höflichkeit, Loyalität und Selbstlosigkeit ausrichtet“. Im gleichen Jahr würdigten 22 Senatoren von Kansas in ihrer Senatsresolution No. 1845 zur Unterstützung von Falun Dafa die friedliche und gewaltfreie Praxis.
George Ervin „Sonny“ Perdue III würdigte 2005 als Gouverneur von Georgia die Entschlossenheit und den Mut der Falun-Gong-Praktizierenden, sich unter schwierigsten Bedingungen für Wahrhaftigkeit, Mitgefühl und Nachsicht einzusetzen. Und Ernie Fletcher lobte als Gouverneur von Kentucky, dass „Li Hongzhi, der Gründer des Falun Dafa, Hundert Millionen Menschen auf der ganzen Welt geholfen hat, ihre Gesundheit und Moral zu verbessern und ihr Verständnis des Lebens, der Menschheit und des Universums durch die Praktik des Falun Dafa zu vertiefen“.
2013 würdigte Stephen Harper, der damalige Premierminister Kanadas, den Einfluss von Falun Dafa auf die Gesellschaft: „In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt durch die Lehren von Falun Dafa profitiert. Die Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht, die im Mittelpunkt dieser Praktik stehen, sind stark im Einklang mit unserer pluralistischen Gesellschaft.“
2016 übermittelte Martin Patzelt vom Menschenrechtsausschuss der Bundesregierung seine „Anerkennung für den selbstlosen Einsatz der Falun-Gong-Praktizierenden für ihre Werte von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz. Diese Werte sind universal gültig und können der Menschheit nur Gutes bringen. Ich freue mich, dass sich in Deutschland viele Falun-Gong-Praktizierende aufhalten, zu ihnen gehören auch etliche Chinesen.“
Organisation
Organisation allgemein
Ein wichtiger Bestandteil der Lehre besteht darin, dass Falun Gong „formlos“ ist, es also über kaum oder gar keine formale Organisation verfügt. Falun-Gong-Praktizierende dürfen kein Geld sammeln oder Gebühren verlangen, nicht heilen und auch nicht die Lehre vermitteln oder für andere interpretieren. Es gibt innerhalb der Kultivierungspraktik keine Verwalter oder Beamte, keine Mitgliedschaft und auch keine Kirchen oder Orte der Verehrung. Da es keine Mitgliedschaft oder Aufnahmeriten gibt, kann jeder ein Falun-Gong-Praktizierender sein, der sich entscheidet, zu praktizieren. Den Schülern steht frei, so viel oder so wenig an der Kultivierungspraktik teilzunehmen und der Lehre zu folgen, wie sie möchten, und die Praktizierenden geben anderen keine Anweisungen darüber, was sie glauben oder wie sie sich verhalten sollen.
Die spirituelle Autorität liegt vollständig in der Lehre des Gründers Li Hongzhi. Doch von der Organisation her ist Falun Gong dezentralisiert, und die örtlichen Zweige und Kontaktpersonen besitzen keinerlei spezielle Privilegien, Befugnisse oder Titel. Die freiwilligen Kontaktpersonen haben keine Autorität über andere Praktizierende, egal wie lange sie bereits Falun Gong praktizieren. Die spirituelle Autorität von Li ist innerhalb der Kultivierungspraktik absolut, doch die Organisation von Falun Gong ist einer totalitären Kontrolle entgegengesetzt, und Li mischt sich nicht in das Privatleben der Praktizierenden ein. Die Falun-Gong-Praktizierenden haben wenig bis gar keinen Kontakt zu Li, außer durch das Studium seiner Lehren. Es gibt bei Falun Gong keine Hierarchie, um Strenggläubigkeit durchzusetzen, und es wird wenig bis gar keinen Wert auf dogmatische Disziplin gelegt. Laut Craig Burgdoff, Professor für Religionslehre, ist das einzige, was betont wird, die Notwendigkeit für streng moralisches Verhalten.
Soweit es bei Falun Gong eine Organisation gibt, entsteht diese durch ein weltweites Netzwerk und eine größtenteils virtuelle Onlinegemeinde. Insbesondere sind elektronische Kommunikationsmittel, Mailinglisten und eine Sammlung von Websites die Hauptmittel für die Organisation und Verbreitung von Li Hongzhis Lehren.
Außerhalb Festlandchinas gibt es in über 70 Ländern ein Netzwerk von freiwilligen „Kontaktpersonen“, örtlichen Falun-Dafa-Vereinen und Hochschulvereinen (Stand Januar 2018). Li Hongzhis Lehren werden im Prinzip durch das Internet verbreitet. In den meisten mittleren bis großen Städten organisieren Falun-Gong-Praktizierende regelmäßige Gruppen zum gemeinsamen Üben, Meditieren und Lesen von Li Hongzhis Schriften. Die Übungs- und Meditationstreffen werden von Praktizierenden als nicht formelle Gruppen beschrieben, die sich für ein bis zwei Stunden, meistens Morgens, in öffentlichen Parks treffen. Die Lesegruppen finden üblicherweise Abends statt, in Privatwohnungen oder Klassenzimmern von Schulen und Universitäten. Wenn überhaupt von einer „Gemeinschaftserfahrung“ innerhalb von Falun Dafa gesprochen werden kann, dann bezeichnet David Ownby diese Treffen als „die ihr noch am nahsten kommende Sache“, die Falun Gong bietet. Personen, die zu beschäftigt oder isoliert sind oder die einfach Zurückgezogenheit bevorzugen, können stattdessen für sich praktizieren. Wenn Ausgaben zu tragen sind (beispielsweise für die Miete von Räumlichkeiten bei großen Konferenzen), werden diese Kosten von Personen getragen, die sich aus Eigeninitiative dazu bereit erklären und relativ wohlhabend sind.
Organisation innerhalb Chinas
Im Jahr 1993 wurde der Falun-Dafa-Forschungsverein als Zweig in die staatliche Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas aufgenommen, welche die Verwaltung der verschiedenen Qigong-Schulen des Landes übernahm und Aktivitäten und Seminare sponserte. Wie es die Qigong-Forschungsgesellschaft verlangte, wurde Falun Gong in ein landesweites Netzwerk von Hilfszentren organisiert: „Hauptstationen“, „Zweige“, „Anleitungsstationen“ und örtliche Übungsstätten, was die Struktur der Gesellschaft für Qigong und sogar der KPCh selbst widerspiegelte. Falun-Gong-Betreuer waren Freiwillige, die sich aus Eigeninitiative dazu bereit erklärten, die Übungen zu zeigen, Veranstaltungen zu organisieren und neue Schriften von Li Hongzhi zu verbreiten. Der Falun-Dafa-Forschungsverein gab Schülern Ratschläge zu Meditationstechniken, Übersetzungsdiensten und zur landesweiten Koordination der Kultivierungspraktik.
Nachdem sich Falun Gong 1996 von der Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas gelöst hatte, geriet es vermehrt unter den prüfenden Blick der Behörden. Als Antwort nahm es eine noch dezentralisiertere und losere Organisationsstruktur an. Im Jahr 1997 wurde der Falun-Dafa-Forschungsverein zusammen mit den örtlichen „Hauptstationen“ offiziell aufgelöst. Doch die Praktizierenden organisierten sich weiterhin selbst auf lokaler Ebene, wobei sie durch elektronische Kommunikationsmittel, persönliche Netzwerke und Gruppenübungsplätze in Verbindung blieben. Sowohl Quellen von Falun Gong als auch von der chinesischen Regierung sagten, dass es 1999 um die 1900 „Anleitungsstationen“ und 28.263 örtliche Falun-Gong-Übungsstätten gab, jedoch sind sie verschiedener Meinung darüber, inwieweit eine vertikale Koordination zwischen diesen Gruppen bestand. Als Folge der 1999 begonnenen Verfolgung wurde Falun Gong in den Untergrund getrieben, die Organisationsstruktur innerhalb Chinas noch informeller und das Internet die hauptsächliche Kommunikationsplattform der Praktizierenden.
Nach Beginn der Verfolgung von Falun Gong im Jahr 1999 wollten die chinesischen Behörden Falun Gong als hierarchische, gut finanzierte Organisation darstellen. James Tong schreibt, dass es im Interesse der Regierung stand, Falun Gong als hochorganisiert darzustellen, um die Unterdrückung der Gruppe zu rechtfertigen: „Je organisierter man die Falun-Gong-Praktizierenden darstellen konnte, desto besser konnte das Regime seine Unterdrückung im Namen der sozialen Ordnung rechtfertigen.“ Tong kam zum Schluss, dass den Behauptungen der Partei „sowohl interne als auch extern begründete Beweise fehlten“ und dass die Behörden trotz der Verhaftungen und genauen Überwachung niemals „Falun Gongs Gegenbeweise glaubhaft widerlegen konnten“.
Demografie
1998 schätzte die staatliche Sportkommission Chinas, dass 60 bis 70 Millionen in China Falun Gong praktizieren, ähnlich der Mitgliederzahl der Kommunistischen Partei Chinas. Im Februar 1999 erklärte sie gegenüber U.S. News & World Report, dass nun bis zu 100 Millionen in China Falun Gong praktizieren würden. Ab Beginn der Verfolgung am 22. Juli 1999 gab es dann laut den meisten Aussagen der chinesischen Behörden plötzlich nur noch zwei oder drei Millionen Falun-Gong-Praktizierende, obwohl manche veröffentlichte Zahlen weiterhin um die 40 Millionen lagen. Laut Falun Gong beliefen sich die Zahlen zu dieser Zeit auf 70 bis 100 Millionen. Andere Quellen schätzten die Zahl der Praktizierenden auf 10 bis 70 Millionen. Die Zahl der Falun-Gong-Praktizierenden im heutigen China ist schwer zu ermitteln, jedoch schätzen einige Quellen diese noch immer auf dutzende Millionen, die privat praktizieren.
1998 zeigten demografische Umfragen in China, dass die Falun-Gong-Praktizierenden größtenteils Frauen und ältere Personen waren. Von 34.351 befragten Falun-Gong-Praktizierenden waren 27 % männlich und 73 % weiblich. Nur 38 % waren unter 50 Jahre alt. Falun Gong zog auch eine Reihe anderer Personen an, von jungen Hochschulstudenten bis zu Bürokraten, Intellektuellen und Parteibeamten. Umfragen aus den 1990er Jahren zeigten, dass zwischen 23 % und 40 % der Praktizierenden Universitätsabschlüsse besaßen – eine Vielzahl mehr als statistisch innerhalb der allgemeinen Bevölkerung.
Falun Gong wird außerhalb Chinas von Zehntausenden, vermutlich Hunderttausenden praktiziert, inklusive der größten Gemeinden in Taiwan und nordamerikanischer Städte mit großer chinesischer Bevölkerung, wie New York und Toronto. Demografische Umfragen von Palmer und Ownby in diesen Gemeinden ergaben, dass 90 % der Praktizierenden Chinesen sind. Die Personen waren im Durchschnitt 40 Jahre alt. Unter den Befragten waren 56 % weiblich und 44 % männlich; 80 % waren verheiratet. Unter den Praktizierenden befanden sich „Universitätsprofessoren und Studenten, hohe Partei- und Regierungsbeamte, gut ausgebildete Kader und Angehörige der gehobeneren Mittelschicht und […] Alte, Schwache, Arbeitslose und Verzweifelte“. Die Umfrage zeigte, dass die Befragten sehr gebildet waren: 9 % hatten einen Doktortitel, 34 % einen Masterabschluss und 24 % einen Bachelorabschluss. Laut Ownby ist der Durchschnitt der chinesischen Praktizierenden in Nordamerika „jung, städtisch und dynamisch“. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Scott Lowe, Professor für Philosophie und Religionswissenschaft an der University of Wisconsin-Eau Claire. Lowe fand heraus, dass die chinesischen Befragten, die in den westlichen Nationen leben, „einheitlich gut ausgebildet waren und deutlich die im Ausland lebende Elite darstellten“, wobei alle Befragten einen Master-Abschluss oder höher hatten. Die Befragten aus Singapur und Malaysia hatten ein eher gemischtes Bildungsprofil, wobei die Minderheit Hochschulabschlüsse hatte.
Die hauptsächlichen Beweggründe für das Praktizieren von Falun Gong waren der intellektuelle Inhalt, die Kultivierungsübungen und gesundheitliche Vorteile. Nicht-chinesische Falun-Gong-Praktizierende passten im Allgemeinen zum Profil „spirituell suchender“ Menschen, die verschiedene Qigong, Yoga oder religiöse Praktiken ausprobiert hatten, bevor sie Falun Gong fanden. Dies steht im Gegensatz zu dem Standardprofil der Chinesen, die Ownby als „die geradesten der geraden Pfeile“ beschrieb.
Laut Richard Madsen behaupten chinesische Wissenschaftler mit Doktortiteln renommierter amerikanischer Universitäten, die Falun Gong praktizieren, dass die moderne Physik (beispielsweise die Superstring-Theorie) und die Biologie (speziell die Funktion der Zirbeldrüse) eine wissenschaftliche Grundlage für ihre Glaubensinhalte darstellen. Aus ihrer Sicht ist „Falun Dafa eher Wissen statt Religion, eher eine neue Form der Wissenschaft statt Glaube.“
Geschichte innerhalb Chinas
1992 bis 1996
Li Hongzhi stellte Falun Gong am 13. Mai 1992 in Changchun, Provinz Jilin, der Öffentlichkeit vor. Im darauf folgenden September wurde Falun Gong von der staatlichen Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas als Qigong-Schule aufgenommen. Li wurde als Qigong-Meister anerkannt und autorisiert, seine Kultivierungspraktik landesweit zu lehren. Li reiste von 1992 bis 1994 durch die großen Städte Chinas, um die Kultivierungspraktik zu lehren, und erhielt von Regierungsorganisationen der KPCh, wie beispielsweise dem Ministerium für Staatssicherheit, eine ganze Reihe Auszeichnungen.
Laut David Ownby, Professor für Geschichte und Direktor des Zentrums für Ost-Asiatische Studien der Universität Montreal, wurde Li zu einer „Berühmtheit der Qigong-Bewegung“, und Falun Gong von der Regierung als effiziente Methode angesehen, um die Kosten des Gesundheitswesens zu senken, die chinesische Kultur zu fördern und die gesellschaftliche Moral zu erhöhen.
Beispielsweise nahm Li im Dezember 1992 mit mehreren Falun-Gong-Schülern an der asiatischen Gesundheitsmesse in Peking teil, wo er nach Angaben des Messeveranstalters „das meiste Lob [aller Qigong-Schulen] auf der Messe erhielt und sehr gute therapeutische Ergebnisse erzielte“. Die Messe steigerte Lis Beliebtheit, und Presseberichte über Falun Gongs heilende Kräfte verbreiteten sich. 1993 lobte eine Publikation des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit Li für die „Förderung der traditionellen Tugenden des chinesischen Volkes bei der Verbrechensbekämpfung, bei der Wahrung der sozialen Ordnung und Sicherheit und bei der Förderung der Rechtschaffenheit in der Gesellschaft“.
Falun Gong unterschied sich von anderen Qigong-Gruppen durch die Betonung der Moral, niedriger Kosten und den auffallend gesundheitlichen Wirkungen. Mittels Mundpropaganda verbreitete es sich sehr schnell, wobei es Menschen aus verschiedensten sozialen Schichten anzog, einschließlich zahlreichen Mitgliedern der Kommunistischen Partei Chinas.
Von 1992 bis 1994 nahm Li Gebühren für die Seminare, die er in ganz China abhielt. Im Vergleich zu konkurrierenden Qigong-Praktiken waren diese erheblich geringer, und die örtlichen Qigong-Verbände erhielten einen beträchtlichen Anteil. Li begründete die Gebühren als notwendig, um Reisekosten und andere Ausgaben zu decken, dennoch spendete er manchmal das verdiente Geld für wohltätige Zwecke. 1994 hörte Li vollständig auf, Gebühren zu verlangen, und legte fest, dass Falun Gong immer kostenlos gelehrt werden müsse (auch online). Obwohl manche Beobachter glaubten, dass Li weiterhin erhebliche Einnahmen durch den Verkauf von Falun-Gong-Büchern erzielte, wird dies von anderen verneint, die feststellten, dass die meisten sich im Umlauf befindlichen Falun-Gong-Bücher Raubkopien waren.
Auch wenn Li selbst keine Seminare und Vorträge mehr abhielt, stellte er mit der Veröffentlichung der Bücher Falun Gong und Zhuan Falun seine Lehren weiterhin zur Verfügung. Zhuan Falun, für dessen Veröffentlichung im Januar 1995 eine Publikationszeremonie im Auditorium des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit stattfand, wurde in China ein Bestseller (bis es nach dem Publikationsverbot 1996 nur noch als Raubkopie verteilt wurde).
1995 versuchten chinesische Behörden Falun Gongs Organisationsstruktur und Beziehung zum Parteistaat zu festigen. Das Chinesische Nationale Sportkomitee, das Ministerium für Öffentliche Gesundheit und die staatliche Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas kamen auf Li zu, um gemeinsam einen Falun-Gong-Verband zu gründen. Li lehnte das Angebot jedoch ab. Im selben Jahr erließ die Qigong-Forschungsgesellschaft eine neue Verordnung, nach der alle Qigong-Schulen einen Zweig der Kommunistischen Partei gründen müssen. Li lehnte erneut ab.
1996 begannen sich die Spannungen zwischen Li und der Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas zu vergrößern. Angesichts der steigenden Beliebtheit von Falun Gong – die unter anderem an den niedrigen Kosten lag – wurde Li von konkurrierenden Qigong-Meistern beschuldigt, diese zu unterbieten. Laut Schechter verlangte der Qigong-Verband, zu dem Li und andere Qigong-Meister gehörten, dass Li seine Gebühren erhöhe, doch Li betonte die Notwendigkeit, dass die Lehren kostenlos sind und bleiben müssen.
Im März 1996 zog sich Falun Gong als Reaktion auf die zunehmenden Meinungsverschiedenheiten aus der Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas zurück und wirkte danach außerhalb der offiziellen Bewilligung des Staates. Repräsentanten von Falun Gong versuchten sich bei anderen Regierungsstellen zu registrieren, wurden jedoch abgewiesen. Li und Falun Gong befanden sich nun außerhalb des Kreises persönlicher Beziehungen und finanzieller Möglichkeiten, durch den die anderen Qigong-Meister und ihre Organisationen einen Platz innerhalb des staatlichen Systems hatten und auch den Schutz erhielten, den das System bot.
1996 bis 1999
Zu der Zeit als Falun Gong sich von der staatlich geführten Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas abwendete, änderte die Regierung ihre Ansichten gegenüber Qigong-Praktiken. Als die Qigong-Kritiker in der Regierung einflussreicher wurden, versuchten die Behörden das Wachstum und den Einfluss dieser Gruppierungen einzuschränken. Einige hatten bereits Dutzende Millionen Anhänger. Mitte der 1990er Jahre begannen die staatlich geführten Medien, kritische Artikel über Qigong zu veröffentlichen.
Anfangs war Falun Gong nicht das Ziel der wachsenden Kritik, doch verlor es diesen Schutz nach dem Austritt aus der Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas im März 1996. Am 17. Juni 1996 veröffentlichte Guangming Daily, eine einflussreiche staatlich kontrollierte Zeitung, einen polemischen Artikel über Falun Gong. Darin wurde Falun Gongs Hauptwerk Zhuan Falun als Beispiel „feudalen Aberglaubens“ bezeichnet. Der Autor schrieb, dass die Geschichte der Menschheit ein „Kampf zwischen Wissenschaft und Aberglaube“ sei und rief die chinesischen Verlage dazu auf, keine „pseudowissenschaftlichen Bücher von Schwindlern“ zu drucken. Dem Artikel folgten mindestens 20 weitere in Zeitungen im ganzen Land. Bald darauf, am 24. Juli, verbot die Zentralabteilung für Propaganda alle Veröffentlichungen von Falun-Gong-Büchern, allerdings wurde das Verbot nicht konsequent durchgesetzt. Der staatlich geführte Buddhistische Verband Chinas begann ebenfalls damit, Kritik an Falun Gong zu üben, und drängte Laien-Buddhisten, die Kultivierungspraktik nicht aufzugreifen.
Die Ereignisse waren eine große Herausforderung für Falun Gong, und nichts, was die Praktizierenden auf die leichte Schulter nahmen. Tausende Falun-Gong-Anhänger schrieben an die Guangming Daily und die Qigong-Forschungsgesellschaft Chinas, und beschwerten sich. Sie beriefen sich darauf, dass die Berichte gegen Hu Yaobangs „Dreifach Nein“-Direktive von 1982 verstieß, die den Medien vorschrieb, Qigong-Praktiken weder zu ermutigen noch zu kritisieren. Bei späteren Vorfällen demonstrierten Falun-Gong-Praktizierende friedlich vor den Büros der Medien oder der örtlichen Regierung, um die Rücknahme der als ungerecht angesehenen Berichterstattung zu fordern.
Die Polemik gegen Falun Gong war Teil einer größeren Bewegung der staatlichen Medien gegen Qigong-Organisationen. Auch wenn Falun Gong nicht das einzige Ziel der Medienkritik war, und Falun Gong auch nicht alleine dagegen demonstrierte, war dessen Reaktion die agilste und standhafteste. Viele Protestaktionen der Falun-Gong-Praktizierenden gegen die negative Darstellung in den Medien waren erfolgreich und führten zur Rücknahme vieler Zeitungsartikel.
Im Juni 1998 trat He Zuoxiu, ein bekennender Kritiker von Qigong und leidenschaftlicher Verfechter des Marxismus, in einer Talk-Show im Peking-Fernsehen auf. Dort verunglimpfte er offen Qigong-Gruppierungen und erwähnte insbesondere Falun Gong. Die Falun-Gong-Praktizierenden demonstrierten friedlich dagegen und baten den Sender um eine Gegendarstellung. Einige Tage später wurde der für die Sendung verantwortliche Journalist entlassen und eine Falun Gong gegenüber positive Sendung ausgestrahlt. Die Falun-Gong-Praktizierenden demonstrierten auch bei 14 weiteren Medien.
Im Jahr 1997 begann das Ministerium für Staatssicherheit eine Untersuchung, ob Falun Gong als „xie jiao“ (邪教, „häretische Lehre“) angesehen werden sollte. Der Bericht schloss damit, dass „bisher keine Anzeichen dafür aufgetreten sind“. Am 21. Juli 1998 gab jedoch das Ministerium für Staatssicherheit das Dokument Nr. 555 „Kundmachung der Untersuchung von Falun Gong“ heraus. Darin wird behauptet, dass Falun Gong eine „häretische Lehre“ wäre und dass eine weitere Untersuchung durchgeführt werden soll, um Beweise für diese Behauptung zu finden. Falun-Gong-Praktizierende berichteten, dass ihre Telefonleitungen abgehört, ihre Wohnungen durchwühlt und geplündert und die Übungsorte von Agenten der Staatssicherheit gestört wurden.
In dieser Zeit gab es in der Regierung, trotz der in einigen Kreisen steigenden Kritik an Qigong und Falun Gong, weiterhin einige hochrangige Unterstützer der Kultivierungspraktik. 1998 begann Qiao Shi, der gerade in den Ruhestand getretene Vorsitzende des Ständigen Komitees des Nationalen Volkskongresses, eine eigene Untersuchung von Falun Gong. Nach Monaten kam seine Gruppe zu dem Schluss, dass „Falun Gong Hunderte Vorteile und keine einzige schlechte Wirkung für die Chinesen und China hat“. Von Mai bis Oktober desselben Jahres führte auch Chinas Nationale Sportkommission eine eigene Untersuchung durch und beauftragte Ärzte mit der Durchführung medizinischer Umfragen an insgesamt 12.731 Falun-Gong-Praktizierenden in der Provinz Guangdong. Vor dem Praktizieren von Falun Gong litten 93,4 % der Befragten an chronischen Erkrankungen, 48,9 % hatten mindestens drei Krankheiten. Durch das Praktizieren berichteten 99,1 % von einer verbesserten Gesundheit. Für Krankheiten aller Art wurde eine Heilungsrate von 58,5 % angegeben. Der Anteil der Personen, die zur Kategorie „extrem vital und gesund“ gehörten, erhöhte sich von 3,5 % vor dem Praktizieren auf 55,3 %. Insgesamt steigerten 97,9 % der Praktizierenden ihre Vitalität und Gesundheit. Im Oktober kam die Nationale Sportkommission zu dem Ergebnis: „Wir sind davon überzeugt, dass die Übungen und Auswirkungen von Falun Gong hervorragend sind. Die Praktik hat einen außerordentlichen Beitrag zur Verbesserung der Stabilität und Ethik der Gesellschaft geleistet. Dies sollte gebührend bestätigt werden.“
Während der Zeit der steigenden Spannungen mit der Regierung hielt sich Li Hongzhi größtenteils außerhalb des Landes auf. Auf Einladung der chinesischen Botschaften in Paris und Stockholm hatte Li im März 1995 China verlassen, um Falun Dafa auch im Ausland zu lehren. Nach Paris und einer Vortragsreihe in Schweden verbreitete er seine Lehre in weiteren europäischen, amerikanischen und asiatischen Ländern. 1998 ließ er sich in den USA nieder.
Proteste in Tianjin und Zhongnanhai
Im April 1999 wurde in der Zeitschrift Youth Reader der pädagogischen Universität Tianjin ein kritischer Bericht über Falun Gong veröffentlicht. Der Artikel stammte von dem Physiker He Zuoxiu, der, wie Porter und Gutmann anmerken, der Schwager von Luo Gan ist, einem Mitglied des Politbüros und Leiter der Staatssicherheit. Der Artikel bezeichnete Qigong und insbesondere Falun Gong als abergläubisch und gefährlich für die Jugend. Als Reaktion darauf veranstalteten ungefähr 5000 Praktizierende am 22. April eine stille und friedliche Demonstration an der Fachhochschule für Erziehung in Tianjin und vor den Büros der Zeitung und verlangten eine Rücknahme des Artikels. Die Redakteure stimmten zunächst einem Widerruf zu, brachen jedoch ihr Wort. Plötzlich tauchten 300 Bereitschaftspolizisten auf, denen befohlen worden war, „das Kriegsrecht anzuwenden und das Gebiet zu räumen“. Die Sicherheitskräfte fanden jedoch keine „Falun-Gong-Demonstration“ vor, sondern nur Praktizierende, die friedlich herumsaßen. Dennoch marschierte die Polizei in die Menge, schlug Praktizierende und verhaftete 45 von ihnen. Falun-Gong-Praktizierende wendeten sich daraufhin an das Rathaus in Tianjin, um für die Freilassung der eingesperrten Praktizierenden zu bitten. Dort wurde ihnen jedoch gesagt, dass der Befehl, die Versammlung aufzulösen und die Demonstranten einzusperren, „vom Ministerium für Staatssicherheit unter der Zentralregierung veranlasst worden“ war, und deshalb weitere Beschwerden an Peking gerichtet werden sollen.
Daher wollten am 25. April 10.000 Falun-Gong-Praktizierende das Zentrale Appellationsbüro aufsuchen, um für das Ende der zunehmenden Schikanen gegen die Bewegung und die Freilassung der in Tianjin inhaftierten Praktizierenden zu petitionieren. Laut Benjamin Penny wollten die Praktizierenden Wiedergutmachung von der Regierung und „wenn auch sehr ruhig und höflich, klar machen, dass sie sich nicht so schäbig behandeln lassen würden“. Die Praktizierenden wurden jedoch von der Polizei und Einheiten der Roten Armee erwartet, die ihnen den Weg zum Appellationsbüro blockierten und alle in die Fuyou Straße umleiteten, die direkt zum Regierungssitz Zhongnanhai führte. Die regulären Sicherheitskräfte in der Fuyou Street waren abkommandiert worden. Überall auf dem Weg dorthin waren Kameras aufgestellt. Jiang Zemin fuhr in seiner Limousine mit Rauchglasfenstern an den Praktizierenden vorbei und beobachtete den inszenierten Schauplatz. China-Analytiker Ethan Gutmann schrieb, dass die Beamten der Staatssicherheit die Praktizierenden erwartet hätten und sie auf der Fuyou Straße vor dem Regierungsgelände Zhongnanhai einpferchten, um einen Vorfall zu inszenieren. Am Tor der Verbotenen Stadt warteten Truppen der Roten-Armee-Garde mit auf ihren Gewehren aufgesetzten Bajonetten in Jeeps, doch gab es 16 Stunden lang keinerlei Provokationen seitens der Praktizierenden. Alle Praktizierenden saßen oder standen nur still auf den Gehsteigen um Zhongnanhai herum.
Fünf Repräsentanten der Falun-Gong-Praktizierenden trafen sich schließlich mit Ministerpräsident Zhu Rongji und weiteren hochrangigen Parteifunktionären. Zhu versicherte den Repräsentanten, dass das Regime körperliche Übungen für die Gesundheitsförderung unterstütze und Falun Gong nicht als regierungsfeindlich angesehen werde. Des Weiteren sicherte Zhu zu, die ungesetzlich inhaftierten Praktizierenden wieder freizulassen. Daraufhin löste sich die Menge der Falun-Gong-Praktizierenden auf. Am selben Abend verfasste Jiang Zemin jedoch einen Brief, in dem er sein Verlangen deutlich machte, Falun Gong „vernichtet“ zu sehen. Im Brief drückte er Bedenken über die Größe und Beliebtheit von Falun Gong aus, insbesondere über die große Zahl hochrangiger Mitglieder der KPCh, die sich unter den Falun-Gong-Praktizierenden befanden. Er ließ durchblicken, dass er Falun Gongs moralische Philosophie als entgegengesetzt zu den atheistischen Werten des marxistischen Leninismus betrachtete und diese deshalb eine Art ideologische Konkurrenz sei.
Einen Tag später berichteten die Medien Chinas, dass sich Falun-Gong-Anhänger bei Zhongnanhai versammelt hatten und „dass jeder die Freiheit habe, zu praktizieren oder nicht, ganz nach Wunsch“. Währenddessen wurde von Jiang Zemin eine Sitzung des Ständigen Ausschusses des Politbüros einberufen, um die sogenannte „Falun-Gong-Demonstration“, die er als „größte Demonstration seit der Studentendemonstration auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989“ bezeichnete, zu erörtern. Jiang und Sicherheitszar Luo Gan verlangten entschlossene Taten, um Falun Gong zu unterdrücken und zu zerschlagen. Berichten zufolge kritisierte Jiang Ministerpräsident Zhu dafür, zu „weich“ mit der Situation umgegangen zu sein.
Laut Gutmann war der 25.-April-Vorfall lediglich die Entfaltung eines ausgeklügelten Lockvogels mit Falun Gong als Sündenbock, wobei die Planung zur Unterdrückung bereits Jahre zuvor begonnen haben soll. Der Artikel im Journal der Tianjin Normal University, das dem Staat untersteht, war laut Gutmann „ein Aufflackern am Nachthimmel, ein Signal und ein Versuch, die Entwürfe der Partei zu testen“. Laut chinesischen Pressemeldungen wurde die chinesische Regierung angeblich von den Praktizierenden überrascht, doch wurde eine Gruppe aus der Provinz Jilin an einem Busbahnhof von einer speziellen Polizeidivision abgefangen und nach Hause zurückgeschickt. Andere wurden bereits in Shenyang von Polizisten abgefangen. Eine andere Gruppe aus Harbin wurde bei ihrer Ankunft am Bahnhof in Peking von Polizisten zurückgeschickt. Statt der regulären Sicherheitskräfte der Fuyou Street, die abkommandiert worden waren, befanden sich Garden der Roten Armee mit auf ihren Schusswaffen aufgesetzten Bajonetten in Jeeps an der Ostseite der Verbotenen Stadt, und Polizisten lenkten die Praktizierenden statt zum Appellationsbüro direkt in die Fuyou Street zum Regierungssitz Zhongnanhai. Alles wurde von Videokameras aufgezeichnet. Laut Gutmann gibt es keine Aufzeichnung, keinen Film und keinen plausiblen Bericht, der auf Provokationen von Falun-Gong-Praktizierenden hingewiesen hätte. Der von der Kommunistischen Partei Chinas fabrizierte Mythos einer ungeordneten Demonstration beziehungsweise eines Aufruhrs erschien erst später in offiziellen Medienberichten, in denen die Demonstration letztlich als terroristische Handlung dargestellt wurde. Und da laut Gutmann die westlichen Medien so wenig über Falun Gong wussten, hielt sich die chinesische Fiktion vom 25. April bis heute.
Jiang wird von Falun-Gong-Praktizierenden für seine Entscheidung, Falun Gong zu verfolgen, persönlich verantwortlich gemacht. Peerman nennt Gründe wie vermutete persönliche Eifersucht auf Li Hongzhi; Saich führt als Ursache für die Verfolgung Jiangs Wut auf die weitläufige Beliebtheit von Falun Gong und ideologische Kämpfe an. Willy Wo-Lap Lam nimmt an, dass Jiangs Entscheidung, Falun Gong zu unterdrücken, mit seinem Verlangen zu tun hatte, seine Macht innerhalb des Politbüros zu stärken. Laut Human Rights Watch waren die Vorsitzenden der KPCh und die herrschende Elite weit davon entfernt, die Verfolgung einheitlich zu unterstützen.
Verfolgung
Am 20. Juli 1999 verschleppten Sicherheitskräfte Tausende Falun-Gong-Praktizierende, die sie als angebliche Anführer identifiziert hatten, und inhaftierten diese. Zwei Tage später, am 22. Juli, verbot das Ministerium für Zivilangelegenheiten der Volksrepublik China den Falun-Dafa-Forschungsverein als unrechtmäßige Organisation, die an „unrechtmäßigen Aktivitäten [beteiligt sei], Aberglauben befürworte und Täuschungen verbreite, Menschen irreführe, Unruhen stifte und die gesellschaftliche Stabilität aufs Spiel setze“. Am selben Tag gab das Ministerium für Öffentliche Sicherheit ein Rundschreiben heraus, in dem es den Bürgern verbot, Falun Gong in Gruppen zu praktizieren, Falun-Gong-Lehren zu besitzen, Falun-Gong-Spruchbänder oder -Symbole zu zeigen und gegen das Verbot zu demonstrieren.
Die darauf folgende Kampagne zielte auf die „Auslöschung“ der Gruppierung ab, was mittels einer Kombination aus Propaganda, Inhaftierung und gewaltsamer Umerziehung der Praktizierenden erzielt werden sollte, und zum Tod von Praktizierenden führte. Im Oktober 1999, vier Monate nach Beginn des Verbots, wurden Gesetze erschaffen, um „heterodoxe Religionen“ zu verbieten und Falun-Gong-Anhänger zu Gefängnisstrafen zu verurteilen.
Schätzungen zufolge wurden Hunderttausende ohne Gerichtsverfahren eingesperrt. Inhaftierte Praktizierende wurden durch chinesische Behörden Zwangsarbeit, psychiatrischem Missbrauch, Folter und anderen Zwangsmaßnahmen zur „geistigen Umerziehung“ unterworfen. Das amerikanische Außenministerium und der Exekutivausschuss des Kongresses über China schätzten, dass die Hälfte der in China in Arbeitslagern Eingesperrten Falun-Gong-Praktizierende sind. Der China-Analytiker Ethan Gutmann schätzte, dass Falun-Gong-Praktizierende im Durchschnitt 15 bis 20 % der „Laogai“-Insassen ausmachen, was sowohl Zwangsarbeitslager als auch Gefängnisse und andere Arten administrativer Haft umfasst. Ehemalige Insassen von Arbeitslagern berichteten, dass Falun-Gong-Praktizierende eine der größten Gruppen der Gefangenen sind. In einigen Arbeitslagern und Gefängnissen machen sie den Großteil der Gefangenen aus, und oft hieß es, sie erhielten die längsten Urteile und die schlechteste Behandlung. Ein Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2013 über Umerziehungslager besagt, dass Falun-Gong-Praktizierende in einigen Lagern „durchschnittlich ein Drittel bis hin zu 100 % der Insassen ausmachen.“
Laut Ian Johnson betrifft die Kampagne gegen Falun Gong viele Teile der Gesellschaft, einschließlich der Medien, der Polizei, des Militärs, des Bildungssystems und der Arbeitsplätze. Um das Unterfangen zu „überwachen“, wurde eine außerkonstitutionelle Einheit geschaffen, das Büro 610. Human Rights Watch merkte an, dass Familien und Arbeitgeber dazu gedrängt wurden, mit der Regierung zu kooperieren.
Spekulationen über die Beweggründe
Ausländische Beobachter versuchten die Beweggründe der Kommunistischen Partei für das Verbot basierend auf verschiedenen Faktoren zu erklären: Die Beliebtheit von Falun Gong; Chinas Geschichte quasi-religiöser Bewegungen, die zu gewaltsamen Aufständen führten; Falun Gongs Unabhängigkeit zum Staat und die Verweigerung, sich der Parteilinie unterzuordnen; interne Machtpolitik innerhalb der Partei sowie Falun Gongs moralischer und spiritueller Inhalt, der im Widerspruch zu Aspekten der offiziellen marxistischen Ideologie steht.
Die Xinhua News Agency, das offizielle Nachrichtenmedium der KPCh schrieb, dass Falun Gong der Kommunistischen Partei Chinas und der Zentralregierung entgegenstehe und Idealismus, Theismus und feudalen Aberglaube predige. Xinhua bekräftigte auch, dass die „sogenannten“ Grundsätze Ehrlichkeit, Gutherzigkeit und Nachsicht, die von Falun Gong gelehrt werden, nichts mit dem sozialistisch ethischen und kulturellen Fortschritt zu tun haben, den China erreichen will. Xinhua argumentierte weiter, dass es notwendig sei, Falun Gong zu zerschmettern, um die „Vorreiterrolle und Reinheit“ der KPCh zu erhalten. Andere Berichte staatlicher Medien postulierten in den ersten Tagen und Wochen des Verbots, dass Falun Gong besiegt werden müsse, weil seine theistische Philosophie im Widerspruch zum marxistisch-leninistischen Paradigma und den weltlichen Werten des Materialismus stehe.
Willy Wo-Lap Lam von CNN schreibt, dass Jiang Zemins Kampagne gegen Falun Gong vielleicht dazu benutzt worden sein könnte, um ihm gegenüber Loyalität zu fördern. Lam zitierte einen Veteranen der Partei: „Durch den Einsatz einer Bewegung [gegen Falun Gong] im Stil von Mao zwingt Jiang die alteingesessenen Kader, ihm die Treue zu schwören.“ Laut Washington Post teilten nicht alle Mitglieder des Ständigen Komitees Jiangs Ansicht, Falun Gong auszulöschen. James Tong vermutete, dass es dennoch vom Politbüro keinen bedeutenden Widerstand gab.
Nach Human Rights Watch spiegelt die Bekämpfung von Falun Gong die historischen Bemühungen der KPCh wider, Religion an sich auszulöschen, da die Regierung diese grundsätzlich als subversiv ansieht. Die chinesische Regierung schützt fünf „patriotische“, von der KPCh zugelassene religiöse Gruppierungen. Unregistrierte Religionen, die außerhalb der staatlich zugelassenen Organisationen liegen, sind deshalb schutzlos gegen Unterdrückung.Globe and Mail schrieb: „(…) jede Gruppierung, die nicht unter der Kontrolle der Partei steht, ist eine Bedrohung.“ Laut Craig S. Smith vom Wall Street Journal sieht sich die Partei verstärkt von jedem Glaubenssystem bedroht, das ihre Ideologie in Frage stellt und die Fähigkeit hat, sich selbst zu organisieren. Dass Falun Gong, dessen Glaubenssystem eine Wiederbelebung traditioneller chinesischer Religion darstellt, von einer großen Zahl Mitgliedern der KPCh und des Militärs praktiziert wurde, war für Jiang Zemin besonders störend. Für Julia Ching vom Institut für Asiatische Studien an der University of Toronto sah Jiang „die Bedrohung durch Falun Gong als ideologische Gefahr: spirituelle Überzeugungen gegen militanten Atheismus und historischen Materialismus. Er [wünschte], die Regierung und das Militär von solchen Überzeugungen zu befreien.“
Yuezhi Zhao verweist auf mehrere andere Faktoren, die möglicherweise zu einer Verschlechterung der Beziehung zwischen Falun Gong und dem chinesischen Staat und den chinesischen Medien geführt haben könnten. Dazu gehörten die Machtkämpfe innerhalb des Qigong-Forschungsvereins, der Einfluss der Qigong-Gegner unter den Führern der Kommunistischen Partei und die Streitereien von Mitte 1996 bis Mitte 1999 zwischen Falun Gong und Chinas mächtiger Elite über den Status und die Behandlung der Bewegung. Laut Zhao etablierten Falun-Gong-Praktizierende eine „Widerstandsidentität“, die gegen das vorherrschende Streben nach Reichtum, Macht, wissenschaftlicher Rationalität und „dem gesamten Wertesystem, das mit Chinas Modernisierungsprojekt verbunden ist“ stand. In China repräsentierte die Kultivierungspraktik eine einheimische spirituelle und moralische Tradition, eine kulturelle Revitalisierungsbewegung, und bot so einen scharfen Gegensatz zum „Marxismus mit chinesischen Charakteristiken“.
Vivienne Shue formulierte in ähnlicher Weise, dass Falun Gong eine umfassende Herausforderung für die Legitimität der Kommunistischen Partei darstellte. Shue argumentierte, dass chinesische Herrscher ihre Legitimität historisch aus dem Anspruch abgeleitet haben, eine ausschließliche Verbindung zur „Wahrheit“ zu besitzen. Im imperialen China basierte die Wahrheit auf einer konfuzianischen und daoistischen Kosmologie, während im Falle der Kommunistischen Partei die Wahrheit durch den marxistischen Leninismus und den historischen Materialismus repräsentiert wird. Falun Gong stellte das marxistisch-leninistische Paradigma in Frage und belebte ein Verständnis, das auf traditionellen buddhistischen und daoistischen Vorstellungen basierte. Nach David Ownby habe Falun Gong auch die Vorherrschaft der Kommunistischen Partei über den chinesischen nationalistischen Diskurs in Frage gestellt: „[Falun Gongs] Hervorhebung einer anderen Sichtweise der chinesischen Tradition und ihres zeitgenössischen Wertes ist für den Staat und die Partei so bedrohlich, weil sie ihnen das alleinige Recht verweigert, die Bedeutung des chinesischen Nationalismus und vielleicht sogar der chinesischen Einheit zu definieren.“
Maria Chang merkte an, dass seit dem Sturz der Qin-Dynastie „tausendjährige Bewegungen eine tiefgreifende Auswirkung auf den Verlauf der chinesischen Geschichte ausgeübt hatten“, was in die chinesischen Revolutionen von 1949 kumulierte, welche die chinesischen Kommunisten an die Macht brachten. Patsy Rahn beschreibt ein Paradigma des Konflikts zwischen chinesischen konfessionellen Gruppierungen und den Herrschern, die sie oft herausfordern. Die Geschichte dieses Paradigmas geht nach Rahns Worten auf den Zusammenbruch der Han-Dynastie zurück: „Das Muster, dass die herrschende Macht ein wachsames Auge auf konfessionelle Gruppen wirft, sich gelegentlich von ihnen bedroht fühlt und gelegentlich Kampagnen gegen diese durchführt, begann bereits im zweiten Jahrhundert und setzte sich über die gesamte dynastische Periode, über die Mao-Ära bis in die Gegenwart fort.“
Büro 610
Im Mai 1999 ordnete Jiang Zemin an, dass der damalige Sicherheitschef Luo Gan und Hu Jintao eine spezielle Einsatzgruppe gründen sollten, um die Verfolgung von Falun Gong zu planen, umzusetzen und zu kontrollieren. Diese wurde „Zentrale Führungsgruppe zur Handhabung von Falun Gong“ genannt. Zur Umsetzung ihrer Aufgabe etablierte die Führungsgruppe am 10. Juni 1999 das Büro 610 (中央610辦公室), ein Ausführungs- und Überwachungsorgan, das nach seinem Gründungsdatum benannt wurde. Das Büro untersteht direkt der Kommunistischen Partei Chinas und hat keine formelle gesetzliche Vollmacht, deshalb wird es auch als außerrechtliche Organisation beschrieben.
Das zentrale Büro 610 wird von einem hochrangigen Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei geleitet und lenkt andere Staats- und Parteiorgane in der Anti-Falun-Gong-Kampagne. Es steht in enger Verbindung mit dem mächtigen Komitee für Politik und Recht der Kommunistischen Partei Chinas. Lokale Büros 610 sind in Provinzen, Bezirken, Gemeinden und Nachbarschaftsebenen etabliert worden. In ganz China gibt es schätzungsweise 1000 Büros.
Zu den wichtigsten Funktionen der Büros 610 gehört die Koordination der Anti-Falun-Gong-Propaganda, der Überwachung und der Geheimdienstinformationen sowie die Bestrafung und „Umerziehung“ der Falun-Gong-Anhänger. Berichten zufolge ist das Büro an außergerichtlichen Verurteilungen sowie Zwangsumerziehungen, Folter und der Tötung von Falun-Gong-Praktizierenden beteiligt. Im Ausland beschäftigt sich das Büro 610 mit der Überwachung, der Infiltration und dem Sammeln von Daten über Verbindungen zu Falun Gong. Hao Fengjun, ehemaliger 610-Agent und Überläufer aus Tianjin, sagte: „Ein großer Teil der für die chinesische Auslandsarbeit zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wird für Öffentlichkeitsarbeit gegen Dissidenten eingesetzt. Die wesentlichen Ausgaben dienen der Bestechung von Entscheidungsträgern.“
Im Jahr 2003 wurde der Auftrag des Büros 610 erweitert: Obwohl Falun Gong die oberste Priorität bleibt, werden seitdem auch religiöse und Qigong-Gruppen ins Visier genommen, die von der Kommunistischen Partei Chinas als „ketzerisch“ oder „schädlich“ erachtet werden.
Medien-Kampagnen
Die Kampagne der chinesischen Regierung gegen Falun Gong wurde durch eine groß angelegte Propaganda über Fernsehen, Zeitungen, Radio und Internet vorangetrieben. Innerhalb des ersten Monats nach der Niederschlagung erschienen in jeder der wichtigsten staatlichen Zeitungen 300 bis 400 Artikel, die Falun Gong angriffen. Gleichzeitig sendete das Primetime-Fernsehen vermeintliche Exposés über die Gruppe. Divergierende Ansichten tauchten in keinen Medien mehr auf. Die Propagandakampagne konzentrierte sich auf die Behauptungen, dass Falun Gong die soziale Stabilität gefährdete, trügerisch und gefährlich sei, „gegen die Wissenschaft“ sei und den Fortschritt bedrohe. Es wurde argumentiert, dass die moralische Philosophie von Falun Gong unvereinbar mit der marxistischen Sozialethik sei.
Die China-Gelehrten Daniel Wright und Joseph Fewsmith bestätigten, dass mehrere Monate nachdem Falun Gong verboten worden war die Abendnachrichten von China Central Television kaum anderes enthielten als Phrasendrescherei gegen Falun Gong. Nach Wright und Fewsmith war die Handlung der Regierung „eine Studie der uneingeschränkten Verteufelung“. Die Zeitung Beijing Daily, das offizielle Medium des Pekinger Stadtkomitees der Kommunistischen Partei, verglich Falun Gong mit „einer die Straße überquerenden Ratte, über die jeder ruft, man solle sie zerquetschen“. Des Weiteren war von einigen Funktionären zu hören, es würde ein „lange dauernder, komplexer und ernsthafter“ Kampf werden, um Falun Gong „auszulöschen.“
Die Staatspropaganda nutzte zunächst die Anziehungskraft des wissenschaftlichen Rationalismus, um zu argumentieren, dass Falun Gongs Weltbild in „völliger Opposition zur Wissenschaft“ und zum Kommunismus stehe. Beispielsweise behauptete die People’s Daily am 27. Juli 1999, dass der Kampf gegen Falun Gong „ein Kampf zwischen Theismus und Atheismus, Aberglaube und Wissenschaft, Idealismus und Materialismus sei“. Andere Leitartikel erklärten, dass Falun Gongs „Idealismus und Theismus absolut im Widerspruch zu den fundamentalen Theorien und Prinzipien des Marxismus stehen“ und dass die „Grundsätze ‚Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht‘, die [von Falun Gong] gelehrt werden, nichts mit dem sozialistischen, ethischen und kulturellen Fortschritt, den wir anstreben, gemein haben.“ Die Unterdrückung von Falun Gong wurde als notwendiger Schritt dargestellt, um die „Vorreiterrolle“ der Kommunistischen Partei in der chinesischen Gesellschaft aufrechtzuerhalten.
In den Monaten nach Juli 1999 eskalierte die Propaganda in den staatlichen Medien und enthielt sogar Behauptungen, dass Falun Gong mit ausländischen, „gegen China gerichteten“ Kräften zusammenarbeite. Doch trotz der Bemühungen der Partei konnten die ersten Anschuldigungen gegen Falun Gong keine breite Unterstützung der Bevölkerung für die Verfolgung der Gruppe finden. Ab Oktober änderten die chinesischen Medien ihre Propaganda gegen Falun Gong. Vorausgegangen war ein E-Mail-Interview der französischen Zeitung Le Figaro mit Jiang Zemin, bei dem dieser darauf bestand, dass alle seine Aussagen wortwörtlich veröffentlicht werden sollten. In diesem Interview wurde Falun Gong von Jiang als „Sekte“ bezeichnet. Gleich darauf behauptete People’s Daily, das Parteiorgan der Kommunistischen Partei Chinas, dass Falun Gong ein „Xiejiao“ sei. Eine direkte Übersetzung davon ist „häretische Lehre“, doch während der Propagandakampagne gegen Falun Gong wurde daraus im englischen Sprachraum „böser Kult“ und im deutschen „bösartige Sekte“. Im Kontext des kaiserlichen Chinas wurde der Begriff „Xiejiao“ verwendet, um nicht-konfuzianische Religionen zu bezeichnen. Doch im Kontext des kommunistischen China wird er verwendet, um religiöse Gemeinschaften ins Visier zu nehmen, die sich nicht der Autorität der KPCh unterwerfen.
Ian Johnson argumentierte, dass die Anwendung des Kultlabels auf Falun Gong eine Verschleierungstaktik der Regierung war, die „die Niederschlagung von Falun Gong […] mit der Anti-Kultbewegung des Westens“ verknüpfte, um dadurch Verständnis für ihre Unterdrückungsmaßnahmen zu erhalten. Johnson wies jedoch darauf hin, dass Falun Gong keiner der regulären Definitionen eines Kults bzw. einer Sekte erfüllt, denn Falun-Gong-Praktizierende heiraten beispielsweise auch Nicht-Anhänger, haben einen normalen sozialen Freundeskreis, sind innerhalb der Gesellschaft aktiv und gehen regulären Tätigkeiten nach. Die Kultivierungspraktik erhält keine großen Geldmengen, und niemand glaubt an das kurz bevorstehende Weltenende. Nach Johnson befürwortet Falun Gong keinerlei Gewalt und ist eine nach innen gerichtete, unpolitische Praxis, deren Absicht darin besteht, die eigene Gesundheit zu verbessern und sich selbst geistig zu reinigen. David Ownby führte ähnlich wie Johnson aus, dass die gesamte Propaganda der Kommunistischen Partei, dass Falun Dafa ein Kult bzw. eine Sekte sei, sowohl das chinesische Volk als auch das Ausland in die Irre führen sollte. Laut Ownby nutze die chinesische Regierung diesen Terminus schlau aus, um damit die Beliebtheit von Falun Gong zu mindern. Laut John Powers und Meg Y. M. Lee wurde Falun Gong in der öffentlichen Wahrnehmung als „unpolitischer Übungsverein für Qigong“ gesehen, der weder für das Volk noch die Regierung etwas bedrohliches hatte. Entsprechend versuchte nun die Kommunistische Partei das Volk davon zu überzeugen, Falun Gong mit „negativ behafteten Vorurteilen“ wie „bösartige Sekte“, „böser Kult“ oder „Aberglaube“ zu betrachten. Deshalb lag die kritischste Strategie bei diesem Prozess der Umbenennung darin, im Volk ein „tiefes Reservoir negativer Gefühle“ wachzurufen, indem Falun Gong in Verbindung „mit der historischen Rolle quasi-religiöser Sekten, als destabilisierende Kraft in der chinesischen politischen Geschichte“ gebracht wurde. Deshalb wurden beispielsweise die stillen und friedlichen Demonstrationen der Gruppe in „soziale Störungen“ umdefiniert.
Im Bildungswesen
Die Propaganda gegen Falun Gong drang auch in das chinesische Bildungswesen ein. Nachdem Jiang Zemin 1999 Falun Gong verboten hatte, startete die damalige Bildungsministerin Chen Zhili eine aggressive Anti-Falun-Gong-Kampagne. Chen nutzte dabei ihre besondere Beziehung zu Jiang Zemin und die damit verbundenen Privilegien, um Jiangs Genozidpolitik im chinesischen Bildungssystem gewaltsam umzusetzen. So hielt sie zahlreiche Treffen ab, bei denen sie die Position der Partei gegenüber Falun Gong innerhalb aller Ebenen akademischer Einrichtungen verbreitete, einschließlich in Aufbaustudien für Hochschulabgänger, Universitäten, Hochschulen, Mittelschulen, Grundschulen und Kindergärten. Sie zwang Lehrkörper, Mitarbeiter und Schüler, sich verleumderische Propagandafilme anzusehen; Studenten wurden genötigt, für die Kampagne „Eine Million Unterschriften“ eine Petition gegen Falun Gong zu unterzeichnen; das Bildungsministerium musste Anti-Falun-Gong-Materialien in Unterrichtsmaterialien und Prüfungsunterlagen integrieren, einschließlich der Aufnahmeprüfungen für College- und Graduiertenschulen; darüber hinaus nutzte Chen die Anti-Falun-Gong-Programme des chinesischen Zentralfernsehens (CCTV) als Unterrichtsmaterial in normalen Schulen, um bei zukünftigen Lehrern Animosität zu erzielen und eine langfristige Gedankenkontrolle zu erreichen. Ihre Bemühungen beinhalteten sogar einen „kulturrevolutionsähnlichen Schwur“, der von Lehrkörpern, Mitarbeitern und Schülern verlangte, Falun Gong öffentlich anzuschwärzen. Lehrer, die daran nicht teilnahmen, wurden entweder entlassen oder eingesperrt. Unkooperativen Schülern wurde der akademische Fortschritt verwehrt, andere wurden von der Schule geworfen oder in „Umerziehungslager“ gebracht, um sie einer Gehirnwäsche zu unterwerfen und ihr Denken zu verändern.
Chen arbeitete auch daran, die Propaganda gegen Falun Gong in akademischen Bereichen im Ausland zu verbreiten. Dafür nutzte sie Geldmittel des inländischen Bildungswesens, um ausländische Einrichtungen zu fördern und zu ermutigen, sich gegen Falun Gong zu stellen. Aufgrund des Widerstands der internationalen Gemeinschaft gegen die Verfolgung von Falun Gong arbeitete Chen im Bildungssystem allmählich von offen zu verdeckt und exportierte die Verfolgung im Namen des „Kultur- und Bildungsaustausches“ über diplomatische Kanäle nach Übersee. Auf einer vom chinesischen Bildungsministerium veranstalteten Konferenz offenbarte Chen im Juli 2002, dass die Bildungsabteilungen in den Botschaften und Konsulaten im Ausland „eine Menge Arbeit geleistet haben, um Falun Gong anzugreifen“. Über den sogenannten „Kultur- und Bildungsaustausch“ verteilte Chen im Ausland riesige Mengen finanzieller Hilfe, um die Verfolgung von Falun Gong in Übersee zu verbreiten, und vergeudete im Ausland Chinas Bildungsfonds und nationale Ressourcen.
Selbstverbrennungsvorfall auf dem Tian’anmen-Platz
Ein Wendepunkt für die Propagandakampagne kam am Abend des chinesischen Neujahrs am 23. Januar 2001, als sich fünf Personen auf dem Platz des Himmlischen Friedens anzündeten. Dieser Selbstverbrennungsvorfall auf dem Tian’anmen-Platz wurde von der offiziellen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua News Agency und anderen staatlichen Medien als Selbstverbrennungsversuch von Falun-Gong-Praktizierenden dargestellt. Das Falun-Dafa-Informationszentrum wies diese Beschuldigung mit der Begründung zurück, dass Falun Gongs Lehre ausdrücklich Selbstmord und Töten verbietet, und wies darauf hin, dass der Vorfall eine „grausame (wenn auch schlaue) Inszenierung war“.
Innerhalb einer Stunde nach dem Vorfall brachten die Medien einen Bericht ausschließlich in Englisch, wobei ausländische Reporter darauf hinwiesen, dass aktuelle Berichterstattungen in China eigentlich nicht möglich sind, da alle Nachrichten von mehreren Kanälen der Kommunistischen Partei geprüft und genehmigt werden müssen. Eine Woche später zeigte China Central Television (CCTV) in China Videoaufnahmen des Vorfalls, wie beispielsweise die 12-jährige Liu Siying in einem Krankenwagen trotz schwerer Verbrennungen interviewt wurde, wie Lius Mutter Liu Chunling von einem harten Gegenstand am Kopf getroffen wurde und wie Wang Jindong trotz Feuer ruhig im Schneidersitz sitzenblieb und eine mit Benzin gefüllte Flasche zwischen seinen Beinen hatte. In einem Interview behaupteten später sowohl Wang als auch Liu Baorong, die erst eine Woche später als „Opfer“ in Erscheinung trat, aber auf keiner der Aufnahmen zu sehen war, dass sie an diesem Tag eine halbe Flasche Benzin getrunken hätten, was Experten an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln ließen. In der Sendung von CCTV äußerten die Beteiligten, dass sie geglaubt hätten, durch die Selbstverbrennung ins Paradies zu kommen.
Zur Zeit des Vorfalls waren allerdings Reporter und ein Kameramann von CNN unmittelbar am Schauplatz, die verneinten, dass unter den fünf Personen (drei Frauen und zwei Männer) ein Kind gewesen sei. Der Kameramann von CNN wollte das Ereignis filmen, wurde jedoch sofort von Militärpolizisten verhaftet und seine Ausrüstung beschlagnahmt.
Auf dem Video von CCTV war zu sehen, dass die zwölfjährige Liu Siying trotz Luftröhrenschnitt ein Lied singen konnte, was unter Beobachtern erneut Zweifel aufkommen ließ. Am 21. März 2001 sollte Liu als geheilt und gesund entlassen werden, starb jedoch wenige Stunden nach einem Besuch des Leiters des Krankenhauses und des Leiters der Medizinischen Verwaltungsdivision in Peking. Das Autopsieergebnis wurde Lius behandelnden Ärzten, die sich deren plötzlichen Tod nicht erklären konnten, nicht ausgehändigt. Die Behauptung Xinhuas, dass die Mutter Liu Chunling, die einzige Person, die an Ort und Stelle starb, an ihren Verbrennungen gestorben sei, wurde durch eine Analyse des CCTV-Videos widerlegt. Die Bild-für-Bild-Analyse zeigt, dass Liu durch einen harten Schlag auf den Kopf getötet wurde. Philip Pan von der Washington Post recherchierte über alle fünf vermeintlichen Opfer und fand keine Hinweise, dass diese Falun-Gong-Praktizierende gewesen waren. In der Heimatstadt von Liu Siying und deren Mutter Liu Chunling hatte niemand je gesehen, dass die beiden Falun Gong praktizierten. Dazu kam, dass Liu in einer Bar tätig war und ihr Geld damit verdiente, dass sie Männern Gesellschaft leistete. Außerdem stritt sie sich öfters mit ihrer Mutter und Tochter und schlug die beiden sogar. Ein Verhalten, das mit dem von Falun-Gong-Praktizierenden nicht übereinstimmt.
Bei Wang Jindong, der trotz Feuer ruhig im Schneidersitz saß und sogar eine Plastikflasche voller Benzin zwischen seinen Beinen hatte, bemerkten Beobachter, dass er keine Falun-Gong-Übungsposition eingenommen hatte, sondern seine Haltung eher der entsprach, die Soldaten beim Militär einnehmen. Dazu kam, dass Wang später behauptete, Benzin aus der Plastikflasche getrunken und den Rest über seine Kleidung geschüttet zu haben. Zum einen war die Flasche auf dem Video jedoch noch voll, zum anderen führen drei Gramm Benzin pro Pfund Körpergewicht zum Tod. Dennoch blieb Wang während des Feuers und danach ohne Anzeichen einer Vergiftung ruhig sitzen. Deshalb warfen auch Liu Baorongs Aussagen Zweifel auf, da eine halbe Flasche Benzin bei ihrem Körpergewicht ebenso ausgereicht hätte, um sie zu töten. Dennoch trat auch Liu bei CCTV ohne Anzeichen von zumindest schweren Vergiftungssymptomen auf.
Wang Jindong und Liu Baorong traten mehrmals im Fernsehen auf. Da es bei diesen Auftritten zu Unstimmigkeiten und Widersprüchen kam, ließ die World Organization to Investigate the Persecution of Falun Gong (WOIPFG) eine Sprachanalyse beim Sprachverarbeitungslabor der Nationaluniversität Taiwan durchführen. Sowohl bei Wang als auch bei Baorong stellte sich heraus, dass es sich bei den Auftritten um unterschiedliche Personen handelte. Diese Beobachtungen festigten die Annahme, dass die Selbstverbrenner beauftragte Akteure waren.
Quellen von Falun Gong und anderen Kommentatoren verwiesen darauf, dass der Bericht der Hauptbeteiligten an dem Vorfall sowie andere Aspekte des Verhaltens der Beteiligten nicht mit den Lehren von Falun Dafa übereinstimmen.
Chin-Yunn Yang vom Global Media Journal fasst zusammen, dass alle Ermittler von der Washington Post, vom Wall Street Journal, dem Boston Globe, National Review und Media Channel sowie der International Education Development (IED) darin übereinstimmen, dass der vermeintliche Selbstverbrennungsvorfall von der Kommunistischen Partei Chinas inszeniert worden war, um damit zu „beweisen“, dass Falun Gong seine Anhänger einer Gehirnwäsche unterziehen würde, damit diese Selbstmord begehen, und deshalb als Bedrohung für die Nation verboten werden müsse. Die IED gab während der 53. Sitzung der Vereinten Nationen eine Erklärung ab, in der Chinas gewaltsamer Angriff auf die Falun-Gong-Praktizierenden als Staatsterrorismus bezeichnet wurde, und der Selbstverbrennungsvorfall „von der Regierung inszeniert“ worden sei.
Yang wies allerdings auch darauf hin, dass die Ergebnisse und die Aufdeckung des inszenierten Vorfalls, nicht vollständig in die westlichen Massenmedien übertragen wurde. Und in der streng kontrollierten Kommunikationsumgebung Chinas konnten die Menschen überhaupt nichts davon erfahren. Time berichtete, dass Falun Gong von vielen Chinesen vor der Selbstverbrennung nicht als wirkliche Bedrohung angesehen wurde und ihnen die staatliche Unterdrückung zu weit ging. Nach dem Vorfall gewann die Medienkampagne jedoch in Festlandchina merklich an Schwung. Während die öffentliche Sympathie für Falun Gong zurückging, begann die Regierung „systematische Anwendung von Gewalt“ gegen die Gruppierung zu genehmigen.
Im Februar 2001, einen Monat nach dem Vorfall auf dem Platz des Himmlischen Friedens, berief Jiang Zemin eine seltene Zentralarbeitskonferenz ein, um die Wichtigkeit zu betonen, die Kampagne gegen Falun Gong fortzuführen und die langjährigen Parteibeamten hinter den Bemühungen zu versammeln. Unter Jiangs Führung wurde die Verfolgung von Falun Gong Teil des chinesischen politischen Ethos der „Aufrechterhaltung der Stabilität“, genau wie es die Partei während des Tian’anmen-Massakers im Juni 1989 getan hatte. Jiangs Nachricht wurde beim Nationalen Volkskongress 2001 wiederholt, wo die Auslöschung von Falun Gong mit Chinas wirtschaftlichem Fortschritt verknüpft wurde. Nachdem Jiang aus allen Ämtern ausgeschieden war, wurde die Verfolgung von Falun Gong fortgeführt, wenn auch auf der nationalen Agenda weniger hervorstechend. 2008 und 2009 wurden fortlaufende „hart zuschlagende“ Kampagnen auf hoher Ebene gegen Falun Gong initiiert. 2010 begann eine dreijährige Kampagne, um die erzwungene „Umerziehung“ von Falun-Gong-Praktizierenden wieder aufleben zu lassen.
Umerziehung
Laut James Tong, Lehrbeauftragter für Politikwissenschaften und Direktor für Ost-Asiatische-Studien an der University of California in Los Angeles, hatte das Regime sowohl die gewaltsame Auflösung von Falun Gong als auch die „Umerziehung“ der Praktizierenden zum Ziel. Im Jahr 2000 verstärkte die Partei ihre Kampagne und verurteilte „rückfällige“ Praktizierende zu „Umerziehung durch Arbeit“, um sie dazu zu bringen, ihren Glauben aufzugeben und ihre Gedanken „umzuwandeln“. Haftstrafen wurden von der Polizei willkürlich verlängert und es wurden unklare und mehrdeutige Anklagen erhoben wie „Störung der sozialen Ordnung“, „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ oder „Untergrabung des sozialistischen Systems“. Laut Bejesky unterliegt der Großteil der langjährig inhaftierten Falun-Gong-Praktizierenden diesem System und nicht dem Strafjustizsystem. Nach Ablauf ihrer Umerziehungshaft werden die Praktizierenden, die standhaft geblieben sind, in „Umerziehungslager“ gesperrt, die von den Provinzbehörden eingerichtet wurden, um die „Gedanken zu transformieren“.
Ein Großteil der Umerziehung basiert auf maoistischen Techniken der Indoktrination und Gedankenmanipulation, bei der die Falun-Gong-Praktizierenden gezwungen werden, Fernsehsendungen gegen Falun Gong anzusehen und am Unterricht in Marxismus und Materialismus teilzunehmen. Traditioneller Marxismus und Materialismus sind Kerninhalte dieser Sitzungen.
Das von der Regierung geförderte Image des Umerziehungsprozesses betont psychologische Überzeugungsarbeit und verschiedene „unterschwellige Verkaufstaktiken“. In Berichten des Regimes wird dieses Vorgehen laut Tong als die „ideale Vorgehensweise“ dargestellt. Berichte von Falun Gong schildern hingegen „beunruhigende und alarmierende“ Formen der Nötigung gegen Praktizierende, die ihren Glauben nicht aufgeben wollen. Laut Tong wurden 14.474 Fälle unterschiedlicher Foltermethoden klassifiziert (Falun-Gong-Praktizierende dokumentierten über 63.000 individuelle Folterfälle). Darunter befinden sich Fälle von schweren Schlägen, psychischen Qualen, körperlicher Züchtigung und Zwangsarbeit, Schwerstarbeit, quälende Körperhaltungen, Einzelhaft unter erbärmlichen Bedingungen; „Hitzebehandlung“, einschließlich Verbrennen und Einfrieren; Elektroschocks an empfindlichen Körperteilen, die zu Übelkeit, Krämpfen oder Ohnmacht führen können; „zerstörerische“ Zwangsernährung; Folter mit Bambusspießen unter den Fingernägeln und Kehle zuschnüren; Entzug von Essen, Schlaf und Toilettenbenutzung; Vergewaltigung und Gruppenvergewaltigung; sowie Drohung, Erpressung und Kündigung des Arbeitsplatzes und des Studentenstatus.
Tong schreibt, dass die Fälle nachprüfbar sind, denn die meisten dokumentieren erstens den individuellen Praktizierenden, oft mit Alter, Beruf und Wohnort; zweitens Zeit und Ort, an dem die angegebene Misshandlung stattgefunden hat bis auf die Ebene des Bezirks, der Gemeinde, des Dorfes und oft auch der spezifischen Gefängnisinstitution; und drittens Namen und Rang der mutmaßlichen Täter. Viele der Berichte beinhalten Listen mit Namen von Zeugen und Beschreibungen der Verletzungen. Die Veröffentlichung von wiederholend „missbräuchlichem, oft brutalem Verhalten namentlich genannter Personen mit ihrem offiziellen Titel, Ort und Zeitpunkt der Folter“ deutet laut Tong darauf hin, dass es keinen offiziellen Willen gibt, solche Aktivitäten einzustellen und zu unterlassen.
Todesfälle
Wegen der Schwierigkeiten, Todesfälle durch Folter in China zu verifizieren, variieren die Schätzungen der bei der Verfolgung getöteten Falun-Gong-Praktizierenden stark. 2009 berichtete die New York Times, dass laut Menschenrechtsorganisationen die Unterdrückung „mindestens 2000“ Leben forderte. Laut Amnesty International starben im Jahr 2008 mindestens 100 Falun-Gong-Praktizierende, entweder in Gewahrsam oder kurz nach ihrer Freilassung. Der China-Analytiker Ethan Gutmann schätzte aufgrund ausführlicher Interviews, dass 65.000 Falun-Gong-Praktizierende zwischen 2000 und 2008 wegen ihrer Organe getötet wurden. David Kilgour und David Matas berichteten, dass „die [Organ] Quelle von 41.500 Nierentransplantationen in den sechs Jahren von 2000 bis 2005 ungeklärt ist“.
Die chinesischen Behörden veröffentlichen keine Statistiken über die bei der Verfolgung getöteten Falun-Gong-Praktizierenden. In Einzelfällen bestritten die Behörden jedoch, dass Todesfälle in Gewahrsam die Folgen von Folter waren.
Organraub
2006 erregten Berichte über Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden und anderen politischen Häftlingen in der Volksrepublik China zunehmend die Aufmerksamkeit und Besorgnis der internationalen Staatengemeinschaft. Die Berichte wiesen darauf hin, dass Gewissenshäftlinge, hauptsächlich Falun-Gong-Praktizierende, wegen ihrer Organe „auf Anforderung“ hingerichtet werden, um den Transplantationsmarkt Chinas in kürzester Zeit mit Organen zu versorgen und damit die Nachfrage an Lebendorganen zu befriedigen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass der Organraub wegen der großangelegten Verfolgung von Falun Gong durch die Kommunistische Partei Chinas stattfindet. Durch die Verfolgung wurden Hunderttausende Falun-Gong-Praktizierende ohne gesetzliche Grundlage gefangen genommen. Gleichzeitig sollen Institutionen sowie Individuen im chinesischen Transplantationsbereich finanzielle Anreize gemacht worden sein.
Obwohl Berichte über den systematischen Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden zuerst im Jahre 2006 auftauchten, gingen einige Ermittler davon aus, dass dieser bereits im Jahr 2000 begann. In die Untersuchungen involvierte Personen – insbesondere der kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas und der ehemalige kanadische Staatssekretär und Staatsanwalt David Kilgour, die 2010 für ihre Arbeit zur Untersuchung der illegalen Organentnahmen für den Friedensnobelpreis nominiert wurden, sowie der China-Analytiker Ethan Gutmann – gehen davon aus, dass neben Uiguren, Tibetern und Mitgliedern christlicher Hauskirchen, Zehntausende als Gewissensgefangene inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende ermordet wurden, um den lukrativen Organ- und Leichenhandel zu versorgen, und dass dieses Verbrechen weiterhin stattfindet. Ihre Schlussfolgerungen ergaben sich aus statistischen Analysen sowie Interviews mit ehemaligen Gefangenen, medizinischen Fachkräften und Agenten der Staatssicherheit Chinas. Dazu kam die große Anzahl der in China ohne Gerichtsprozess inhaftierten Falun-Gong-Praktizierenden; fehlende Nachweise der Organquellen für 41.500 Nierentransplantationen von 2000 bis 2005; Profite, die aus dem Organverkauf erzielt wurden; und Webseiten chinesischer Transplantationskrankenhäuser, die offen Organe anboten, die in kürzester Zeit auf Bestellung geliefert werden können, sogar mit Garantie.
Weitere Ermittler, die unabhängige Untersuchungen durchführten, kamen zu ähnlichen Ergebnissen u. a. der stellvertretende Direktor des Programms für Menschenrechte und Medizin an der University of Minnesota Kirk Allison, der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Edward McMillan-Scott, der Anthropologe und Enthüllungsjournalist Scott Carney, Jacob Lavee, Direktor der Herztransplantationsabteilung am Sheba Medical Center in Israel und der Vorsitzende der Schweizer Nationalstiftung für Organspende und Transplantation Dr. Franz Immer.
Die chinesische Regierung bestreitet alle vorgebrachten Anschuldigungen, doch gibt es bis heute keine vernünftige Stellungnahme der Staatsorgane, welche die Anschuldigungen entkräften würden. Deshalb zogen die Beschuldigungen die Aufmerksamkeit und die öffentliche Verurteilung durch Regierungen, internationale Organisationen und medizinische Gesellschaften nach sich. Kanada, die Europäische Union und der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten verabschiedeten Resolutionen, in denen der Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden verurteilt wurde. Die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter Manfred Nowak und für Religions- und Glaubensfreiheit Asma Jahangi forderten die chinesische Regierung mehrmals vergeblich auf, die Organquellen der in Transplantationen verwendeten Organe nachzuweisen. Dies veranlasste den UN-Ausschuss gegen Folter im November 2008 eine Anfrage für „eine volle Erklärung der Quelle der Organtransplantationen“ zu stellen, um die Anschuldigungen des Organraubs zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen, damit diejenigen, die Misshandlungen durchführen, bestraft werden. Der Weltärztebund und die Amerikanische Transplantationsgesellschaft riefen zu Sanktionen gegen medizinische Fachkräfte aus China auf. Verschiedene Länder brachten Gesetzentwürfe ein, wie Frankreich, Kanada und Australien. Andere verabschiedeten Gesetze gegen Organhandel, um ihre Bürger davon abzuhalten, wegen Organtransplantationen nach China zu reisen, so Israel 2008,Spanien 2010,Taiwan 2015,Italien im November 2016 und Norwegen im Juni 2017.
In der Resolution, die das Europäische Parlament am 12. Dezember 2013 verabschiedete, bekundete es u. a. „seine tiefe Besorgnis angesichts der anhaltenden und glaubwürdigen Berichte über systematische, vom Staat gebilligte Organentnahmen an Gefangenen aus Gewissensgründen in der Volksrepublik China, die ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgen, unter anderem in großem Umfang an Falun-Gong-Anhängern, die aufgrund ihrer religiösen Überzeugung inhaftiert sind, sowie an Angehörigen anderer religiöser und ethnischer Minderheiten.“ Die Resolution forderte die unverzügliche Freilassung aller Gewissensgefangenen und drängte China, die Anfragen der Vereinten Nationen über die bei Transplantationen verwendeten Organquellen zu beantworten. Diese Resolution wurde u. a. dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der Regierung der Volksrepublik China sowie dem chinesischen Nationalen Volkskongress übermittelt.
Am 19. März 2014 bezeichnete es Henri Malosse, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, in seiner Eröffnungsrede zur Konferenz „Organraub in China: Europa muss jetzt handeln“ in Brüssel als „skandalös, dass solch eine Praktik von chinesischen Funktionären durchgeführt wird“. Die Teilnehmer und Redner der Konferenz bestätigten die Inhalte und Empfehlungen der Resolution des Europäischen Parlamentes vom Vorjahr.
2014 erschien der kanadische Dokumentarfilm Human Harvest, der den Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden mit Zeitzeugen darstellte, und der mit dem Peabody Award ausgezeichnet wurde. Die deutsche Version „Ausgeschlachtet – Organe auf Bestellung“ erschien am 18. Februar 2016 auf 3sat bei Scobel und beinhaltete Aussagen von Kilgour, Matas und Professor Huige Li von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz.
Im Juni 2016 veröffentlichten David Kilgour, David Matas und Ethan Gutmann im Nationalen Presseclub in Washington, D.C., den gemeinsam erstellten Untersuchungsbericht „Bloody Harvest / The Slaughter — An Update“, der eine forensische Analyse aus über 2300 Quellen darstellt, und unter anderem nachwies, dass im Zeitraum von 2000 bis 2015 an 712 Leber- und Nierentransplantationszentren in ganz China annähernd 1,5 Millionen Organtransplantationen durchgeführt wurden, ohne dass China über ein funktionsfähiges Organspendesystem verfügen soll.
Falun Gongs Reaktion auf die Verfolgung
Die Antwort der Falun-Gong-Praktizierenden auf die Verfolgung begann im Juli 1999. Sie appellierten bei örtlichen, provinziellen und zentralen Beschwerdebüros in Peking. Bald darauf entstanden größere Demonstrationen, bei denen täglich Hunderte Falun-Gong-Praktizierende zum Platz des Himmlischen Friedens gingen, um die Übungen zu machen und Spruchbänder zur Verteidigung der Kultivierungspraktik aufzustellen. Alle diese Demonstrationen wurden von Sicherheitskräften aufgelöst und die beteiligten Praktizierenden – teilweise gewaltsam – verhaftet und eingesperrt. Bis zum 25. April 2000 wurden über 30.000 Praktizierende auf dem Platz verhaftet. Siebenhundert Praktizierende wurden allein am 1. Januar 2001 bei einer Demonstration auf dem Platz des Himmlischen Friedens verhaftet. Die öffentlichen Proteste hielten bis weit in das Jahr 2001 an. Ian Johnson schrieb im Wall Street Journal: „Die Falun-Gong-Praktizierenden haben die wohl nachhaltigste Herausforderung an die Autorität in 50 Jahren kommunistischer Herrschaft angenommen.“
Da der öffentliche Protest immer mehr in Ungnade fiel, wurden die Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens bis Ende 2001 immer seltener, und die Praxis wurde tiefer in den Untergrund getrieben. Daraufhin richteten die Praktizierenden im Untergrund „Materialherstellungsstätten“ ein und produzierten Informationsmaterial (Literatur und DVDs), um der Anti-Falun-Gong-Propaganda in den offiziellen Medien entgegenzuwirken. Die Praktizierenden verteilten diese Materialien dann oft von Tür zu Tür. Falun-Gong-Quellen schätzten 2009, dass in ganz China über 200.000 solcher Stätten existieren. Die Produktion, der Besitz und die Verteilung der Materialien ist für Sicherheitskräfte oft die Rechtfertigung, um Falun-Gong-Praktizierende einzusperren und zu verurteilen.
Im Jahr 2002 zapften Falun-Gong-Aktivisten in China Fernsehkanäle an und ersetzten die regulären staatlichen Programme durch eigene Inhalte. Einer der bemerkenswertesten Fälle ereignete sich im März 2002, als Falun-Gong-Praktizierende in Changchun acht Kabelfernsehnetze in der Provinz Jilin abfingen und stattdessen fast eine Stunde lang eine Sendung mit dem Titel „Selbstverbrennung oder Inszenierung?“ ausstrahlten. Alle sechs beteiligten Falun-Gong-Praktizierende wurden in den nächsten Monaten gefangen genommen. Zwei wurden sofort getötet, während die anderen vier bis 2010 an den Folgen der Verletzungen starben, die sie in der Gefangenschaft erlitten hatten.
Medien
Von April 1999 bis 2001 gab es in den westlichen Medien regelmäßige Berichte, wobei teilweise direkt die Propaganda aus China übernommen wurde. Insbesondere über die Misshandlung der Praktizierenden wurde eher skeptisch, wenn überhaupt geschrieben. Adam Frank schreibt, dass bei der Berichterstattung über Falun Gong die westliche Tradition, Chinesen als „exotisch“ anzusehen, überhandgenommen hatte. Auch wenn die berichteten Details in den westlichen Medien im Allgemeinen richtig waren, war „die Normalität, mit der Millionen chinesische Praktizierende die Praktik betrachteten, vollständig verschwunden“. In einer Studie über medialen Diskurs über Falun Gong fand der Forscher Leeshai Lemish heraus, dass die westlichen Nachrichtenorganisationen in ihrer Berichterstattung zunehmend unausgeglichener wurden und eher unkritisch die Erzählungen der Kommunistischen Partei präsentierten, statt auf Falun-Gong-Praktizierende oder Menschenrechtsgruppen zu hören. Der Religionswissenschaftler Ulrich Dehn tadelte 1999 die deutsche Medienlandschaft, da die Berichterstattung mitunter den Eindruck erweckte, dass „insbesondere deutsche Ostasienkorrespondenten sich nicht immer der Suggestivität der offiziellen chinesischen Propaganda gegen Falun Gong entziehen konnten“. Der Medienkritiker Danny Schechter fragte 2001 seine amerikanischen Medienkollegen, wieso sie einfach die Medienpropaganda der chinesischen Regierung übernommen hatten, statt die übliche journalistische Sorgfalt zu wahren, also „warum die tief verwurzelte, institutionalisierte Skepsis unserer eigenen Medien so schnell zerbröckelt“ sei.
Ab dem zweiten Halbjahr 2001 wurden die westlichen Berichterstattungen über die Verfolgung in China plötzlich drastisch zurückgefahren und bis 2002 hatten große Nachrichtenorganisationen wie die New York Times und die Washington Post fast vollständig damit aufgehört, über Falun Gong in China zu berichten; zu einem Zeitpunkt, als die Anzahl der Todesfälle der Falun-Gong-Praktizierenden in Haft auf dem Vormarsch war. Der China-Analytiker Ethan Gutmann bezeichnete dieses Verhalten der westlichen Medien später als „Dritte Schiene des Journalismus“. Gutmann wies darauf hin, dass es innerhalb der Journalistengemeinschaft ein lange bestehendes Tabu über Falun Gong und den Tatbestand des Organraubs gebe: „Dieses Thema anzufassen ist die ‚Dritte Schiene des Journalismus‘. Wenn Sie dieses Thema anfassen – wenn Sie in Peking sind, wenn Sie in China ansässig sind – erhalten Sie keinen Zugang zur Führungsetage mehr. […] Und da sind noch viele weitere Gefahren für Journalisten, welche dies zu tun wagen, und ich glaube, diese erstrecken sich über die Grenzen hinaus.“ Der Ausländische Korrespondentenverein in China hatte sich beispielsweise darüber beschwert, dass seine Mitglieder „verfolgt, festgenommen, verhört und bedroht“ wurden, weil sie über die Niederschlagung von Falun Gong berichtet hatten. Journalisten von Reuters, der New York Times, der Associated Press und anderer Medienorganisationen wurden von der Polizei verhört, ihre Arbeits- und Aufenthaltspapiere vorübergehend konfisziert, und sie wurden gezwungen, „Geständnisse“ zu unterschreiben. Reporter ohne Grenzen schätzte 2002, dass mindestens 50 Vertreter der internationalen Presse seit Juli 1999 verhaftet und einige von ihnen von der Polizei geschlagen wurden. Ian Johnson vom Wall Street Journal musste Peking verlassen, nachdem er 2001 für einige Artikel über die Verfolgung mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, denn „die chinesische Polizei hätte mein Leben in Peking unmöglich gemacht“, so Johnson. Nachdem Time Asia im März 2001 eine Geschichte über Falun Gong in Hongkong veröffentlicht hatte, wurde das Magazin in China aus den Regalen genommen und dem Besitzer gedroht, dass sein Magazin nie wieder im Land verkauft werde.
Da die Berichterstattung der westlichen Hauptmedien abgerissen war beziehungsweise eher unkritisch die Anti-Falun-Gong-Propaganda Pekings übernommen hatte, gründeten Falun-Gong-Praktizierende außerhalb Chinas internationale Medienorganisationen, um selbst eine breitere Öffentlichkeit auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen und die Berichte der staatlich kontrollierten Medien in China kritisch zu beleuchten. Zu diesen Medien gehören die Zeitung The Epoch Times, der Fernsehsender New Tang Dynasty Television und der Radiosender Sound of Hope.
The Epoch Times
Die Epoch Times wurde 2000 von John Tang und einer Gruppe chinesisch-amerikanischer Falun-Gong-Praktizierender gegründet. Nachdem die Epoch Times zuerst nur auf chinesisch erschienen ist, ist sie heute eine mehrsprachige, internationale Zeitung mit Hauptsitz in New York City und Zweigstellen in 35 Ländern. Sie wird in 21 Sprachen produziert. Die Zeitung behandelt Themen von allgemeinem Interesse mit Schwerpunkt auf Nachrichten über China und Menschenrechtsfragen, und stützt sich auf ein Netzwerk von Quellen innerhalb Chinas sowie auf Expertisen und Kontakte chinesischer Auswanderer, die im Westen leben.
Es existieren unterschiedliche Aussagen der Beziehung zwischen der Zeitung und Falun Gong. Einige Wissenschaftler betrachten die Epoch Times als Sprachrohr der Praxis, andere finden sie Falun Gong gegenüber nur „positiv eingestellt“. Stephen Gregory, der Herausgeber der englischsprachigen Epoch Times, sagte 2007: „Es ist keine Falun-Gong-Zeitung. Falun Gong ist der Glaube einer einzelnen Person. Die Zeitung ist nicht im Besitz von Falun Gong, sie spricht nicht für Falun Gong, sie repräsentiert nicht Falun Gong. Sie berichtet jedoch über die Verfolgung von Falun Gong in China“. David Ownby beschreibt die Epoch Times als Zeitung, die eher als globale Zeitung ernst genommen wird, statt auf der Grundlage ihrer starken Assoziation mit Falun Gong beurteilt zu werden. Ownby schrieb: „Die Epoch Times ist eine Zeitung mit einer Mission, die über die Menschenrechtsthemen in der ganzen Welt berichtet, was es ermöglicht, erheblichen Fokus auf China und Falun Gong zu haben.“
Die redaktionelle Haltung der Zeitung ist allgemein anti-kommunistisch, einschließlich der ausdrücklichen Ablehnung der Kommunistischen Partei Chinas. Nach Zhao lässt sich anhand der Epoch Times erkennen, wie Falun Gong eine „de facto Medienallianz“ mit Chinas Demokratiebewegungen im Exil aufbaute, da häufig Artikel prominenter chinesischer Überseekritiker der Regierung der Volksrepublik China erschienen. Die Epoch Times ist dem rechtsradikalen Meinungsspektrum um Donald Trump zuzuordnen und setzt auf die Verbreitung sogenannter alternativer Fakten.
Neun Kommentare
2004 veröffentlichte die Epoch Times die Serie „Neun Kommentare über die Kommunistische Partei“, die aus neun Leitartikeln besteht und die Herrschaft der Kommunistischen Partei in China tiefgehend beleuchtet. Die Serie kritisiert diese Herrschaft, mit dem Fokus auf die Geschichte der politischen Repressionen durch die Partei, ihres Propagandaapparates und ihren Angriffen auf die traditionelle Kultur und deren Wertesysteme. Dies führte zur Tuidang-Bewegung, welche die chinesischen Bürger dazu ermutigt, ihre Zugehörigkeit zur KPCh zu widerrufen, einschließlich des rückwirkenden Austritts aus dem Kommunistischen Jugendverband und den Jungen Pionieren. Laut Epoch Times traten bis Juli 2017 über 277 Millionen Chinesen als Folge der Bewegung aus der Kommunistischen Partei Chinas und ihren anhängenden Organisationen aus, allerdings konnten diese Zahlen nicht unabhängig bestätigt werden. Unter den Teilnehmern der Bewegung befinden sich politische Dissidenten, Anwälte, Gelehrte, Diplomaten, ehemalige Polizisten, Mitarbeiter des Büros 610 sowie Militärpersonal.
Hu Ping beschrieb in Human Rights in China den Vorstoß in die politischen Kommentare als einen „logischen Werdegang“ gegen die Partei, da Falun Gong durch andere Mittel nicht in der Lage war, die Verfolgung zu beenden. Doch weist Hu darauf hin, dass die Praxis selbst unpolitisch sei: „Wenn einige Leute darauf bestehen, Falun Gong als politisch zu betrachten, dann nur in dem Sinne, wie es Václav Havel beschreibt, nämlich als ‚antipolitische Politik‘.“
Die Epoch Times und ihre Mitarbeiter gewannen seit ihrem Bestehen über 50 Medienpreise, darunter 2005 den National Ethnic Press & Media Council Awards for Human Rights Coverage für die „starke Verfechtung der Menschenrechte und der demokratischen Werte“; 2012 die National Ethnic Press and Media Council Awards für „Exzellenz in der redaktionellen, freien Meinungsäußerung, dem besten Konzept und der visuellen Präsentation“, und den Sigma-Delta-Chi-Award der Society of Professional Journalists für den Epoch-Times-Reporter Matthew Robertson für dessen Artikelreihe über den Organraub an lebenden Menschen in China; und 2013 wie auch 2014 Auszeichnungen bei den New York Press Association Awards für Reporter, Fotografen und Designer.
New Tang Dynasty Television
Der Fernsehsender New Tang Dynasty Television (NTD) mit Sitz in New York wurde 2001 von Falun-Gong-Praktizierenden gegründet. Im Februar 2002 wurde mit der Ausstrahlung über Satellit in Nordamerika und im April 2004 auf das chinesische Festland begonnen. Gegenwärtig erreicht die mehrsprachige Satellitenübertragung Asien, Europa und Australien. NTD hat Korrespondenten in über 70 Städten weltweit. Gegründet als chinesischsprachiger Fernsehsender, erweiterte er seine Sprachangebote und sendet heute (2018) auch auf Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Japanisch, Koreanisch, Indonesisch, Persisch, Hebräisch und Vietnamesisch. Neben Nachrichten produziert NTD Sendungen zu den Themenbereichen Kunst und Kultur, Reise, Gesundheit, Lifestyle sowie Kindersendungen.
Führungsgrundsatz von New Tang Dynasty Television ist es, unzensierte Informationen über China zu liefern, die traditionelle chinesische Kultur wiederherzustellen und zu fördern und das gegenseitige Verständnis zwischen Ost und West zu verbessern. Das Unternehmen konzentriert sich deshalb in seinen Nachrichtenübertragungen auf China und ist bekannt für seine Nachrichten und Analysen zu Themen, die in Festlandchina tabu sind, wie Kritik an der chinesischen Regierung und Machtmissbräuche durch die Kommunistische Partei Chinas sowie offizielle Korruption, Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit und verschiedene Menschenrechtsverletzungen, einschließlich der Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden. Zusätzlich bietet NTD eine Plattform für chinesische Menschenrechts- und Pro-Demokratie-Aktivisten.
In einem Interview mit dem Wall Street Journal erklärte Präsident Zhong Lee, dass der ursprüngliche Zweck des Unternehmens darin bestand, sich gegen die Verfolgung von Falun Gong durch die chinesische Regierung auszusprechen, aber dass es „auch eine große Rolle spielen kann, die Demokratie in China voranzutreiben“.
Das Wall Street Journal berichtete 2003, dass NTD bereits drei Wochen über das Schwere-Akute-Atemwegssyndrom (SARS) in China berichtet hatte, bevor die chinesische Regierung öffentlich zugab, dass es eine Epidemie gibt. In regelmäßigen Wiederholungen sendet NTD die chinesischsprachige Videoversion der Neun Kommentare über die Kommunistische Partei.
Die kritische Berichterstattung des Senders über die Kommunistische Partei Chinas führte zur Zensur durch die chinesische Regierung. Zudem beschuldigt NTD die chinesische Regierung, in ihre Berichterstattung und Geschäftstätigkeiten eingegriffen zu haben, in dem diese unter anderem politischen Druck über ihre Botschaften im Ausland ausübte. So riet die chinesische Botschaft in den Vereinigten Staaten auf ihrer Website amerikanischen Regierungsbeamten davon ab, die Neujahrsgala von NTD zu besuchen. Im Januar 2007 sagte ein Theater in Südkorea in letzter Minute die Neujahrsaufführung ab, weil aus China die Drohung kam, dass bevorstehende koreanische Shows in Festlandchina abgesetzt werden könnten. 2008 kam es zu einem Zwischenfall, der internationale Aufmerksamkeit erregte. Eutelsat schaltete am 16. Juni die Übertragung von NTD nach Festlandchina durch seinen W5-Satelliten „aus technischen Gründen“ ab. Reporter ohne Grenzen beschuldigte Eutelsat, die Übertragung von NTD nach Festlandchina eingestellt zu haben, um die chinesische Regierung zu beschwichtigen. Laut Reporter ohne Grenzen war das Abschalten von NTD eine „vorsätzliche, politisch motivierte Entscheidung“ gewesen. Die Internationale Journalisten-Föderation argumentierte, dass die bevorstehenden Olympischen Spiele 2008 in Peking dazu führten, dass die chinesische Regierung zunehmend Druck auf die Ausstrahlung von NTD ausübte. Alle Bemühungen von NTD und die Fürsprachen von Reporter ohne Grenzen, der Internationalen Journalisten-Föderation und des Europäischen Parlaments an Eutelsat, ihre Entscheidung, NTD abzuschalten wieder aufzuheben, blieben erfolglos.
Sound of Hope
Der Radiosender Sound of Hope (SOH) wurde im Juni 2003 von einer Gruppe Ingenieuren im Silicon Valley gegründet. Die Ingenieure waren Falun-Gong-Praktizierende, die ein chinesischsprachiges Medium schaffen wollten, das unabhängig vom Druck und Einfluss der chinesischen Regierung ist. SOH wurde das erste öffentliche chinesische Rundfunknetz, das über UKW/MW/Kurzwellenstationen, mobile Apps und Web-Streaming hauptsächlich in Mandarin und Kantonesisch ausgestrahlt wird und Nachrichten für lokale chinesische Gemeinden bereitstellt. Mittlerweile verfügt das Unternehmen über Mitarbeiter in Nordamerika, Asien, Australien und Europa.
SOH bedient chinesische Gemeinden in den USA und in Übersee über UKW/MW und mobile Apps, und seit 2004 China über Kurzwelle. Während sich SOH in den USA als Brücke zwischen den weitgehendst geschlossenen chinesischen Gemeinschaften und dem Mainstream Amerikas sieht, sendet es täglich Nachrichten, Interviews und Kommentare nach China und positioniert sich dort als unzensierte und unabhängige Alternative zu den von der chinesischen Regierung kontrollierten Medien. SOH bietet in seinen Programmen für Festlandchina ein breites Themenspektrum, wie ausgegrenzte Menschen, Umweltverschmutzung, Lebensmittelsicherheit und Menschenrechtsfragen.
Filme und Dokumentationen
Falun-Gong-Praktizierende produzierten Dokumentationsfilme über die Verfolgung von Falun Gong und die Gräueltaten der Kommunistischen Partei Chinas.
2012 entstand der Dokumentarfilm Free China: The Courage to Believe mit Jennifer Zeng und Dr. Charles Lee. Der Film erzählt die wahre Geschichte von Jennifer Zeng, Mutter und ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas. Die chinesische Internet-Polizei fing eine E-Mail von Zeng ab, woraufhin diese verhaftet und wegen ihres Glaubens eingesperrt wurde. In der Dokumentation erzählt Zeng über ihre in Haft erlittene körperliche und seelische Folter. Dr. Charles Lee, ein chinesisch-amerikanischer Geschäftsmann, wollte über das staatlich kontrollierte Fernsehen Chinas unzensierte Informationen ausstrahlen, um die Verfolgung zu beenden, wurde jedoch bereits bei seiner Ankunft in China erwartet und festgenommen und zu drei Jahren Umerziehung durch Arbeit in einem Zwangsarbeitslager verurteilt. Der Film berichtet über die Misshandlungen, denen Lee im Zwangsarbeitslager ausgesetzt war. Free China erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter die höchste Auszeichnung in der Kategorie International Political and Cultural Documentaries beim LA Awareness Film Festival 2012.
Human Harvest ist eine Dokumentation des Regisseurs Leon Lee aus Vancouver aus dem Jahr 2014. Sie folgt den Untersuchungen der Friedensnobelpreiskandidaten David Matas und David Kilgour über die Anschuldigungen, ob und wie staatlich geführte Krankenhäuser in China Organe von politischen Gefangenen und Gewissensgefangenen, hauptsächlich Falun-Gong-Praktizierende, gewaltsam entnommen, verkauft und dabei Zehntausende getötet haben. Human Harvest wurde 2015 mit dem Peabody Award ausgezeichnet. Am 18. Februar 2016 wurde von 3sat innerhalb der Dokuserie „scobel: Organhandel – Der Wert des Menschen“ die deutsche Version von Human Harvest „Ausgeschlachtet – Organe auf Bestellung“ ausgestrahlt. In der deutschen Version kommt zusätzlich Professor Huige Li von der medizinischen Fakultät der Johann-Gutenberg-Universität Mainz zu Wort, der die eingeschränkte Nutzung der Organe von zum Tode verurteilten Kriminellen erklärt und wieso Gewissensgefangene als Organquelle dienen.
Organisationen zur Forschung und Verteidigung
Einige Praktizierende gründeten eine Reihe von Forschungs- und Interessenvertretungsorganisationen, die an der Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen in China beteiligt sind und diese Informationen an westliche Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und multilaterale Organisationen weitergeben. Dazu gehört das Falun-Dafa-Informationszentrum (FDI), das sich als „offizielle Quelle für Falun Gong und die Menschenrechtskrise in China“ präsentiert. FDI arbeitet weitgehend als Presseabteilung und veröffentlicht Pressemitteilungen und Jahresberichte. Die Falun-Gong-Menschenrechtsarbeitsgruppe führt ähnliche Untersuchungen durch und berichtet über die Verfolgung in China. Ihre Ergebnisse werden häufig den Vereinten Nationen vorgelegt. Die Weltorganisation zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong in China (WOIPFG) ist eine Forschungseinrichtung, die sich dafür einsetzt „das kriminelle Verhalten aller Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen, die an der Verfolgung von Falun Gong beteiligt sind“, zu untersuchen. Unterstützer und Sympathisanten von Falun Gong gründeten ebenso Gruppen wie Freunde von Falun Gong und die Koalition zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong in China (CIPFG). Gegen die Initiatoren und Mittäter der Verfolgungskampagne wurden weltweit Anzeigen erstattet.
Kunst und Kultur
Allgemein
Falun-Gong-Praktizierende außerhalb Chinas engagieren sich für die Förderung der traditionellen Kultur Chinas, die dem Westen über klassische darstellende Künste wieder vermittelt werden soll. Diese wurde unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei während der Kulturrevolution unter der Kampagne der Vier Alten (四旧) verfolgt und angegriffen. Die Praktizierenden stellen Falun Gong als Teil der breiteren kulturellen Tradition dar, die zu chinesischen Künsten führte.
Zu den Ausdrucksformen der Wiederbelebung der traditionellen chinesischen Kultur gehört die sich international auf Tournee befindende Ausstellung „Die Kunst von Zhen Shan Ren“, mit Ölgemälden einer Gruppe von Künstlern, die Falun Gong praktizieren.
New Tang Dynasty Television setzt sich dafür ein, „die Wertschätzung und das Bewusstsein der traditionellen chinesischen Kultur“ zu fördern. Dazu richtet der Sender jährlich für ethnisch chinesische Teilnehmer Wettbewerbe aus. Wettbewerbsthemen sind klassischer chinesischer Tanz, Kampfkunst, traditionelles Kleidungsdesign, Malerei, Musik, Fotografie und chinesische Küche.
Shen Yun Performing Arts
Shen Yun Performing Arts ist ein Ensemble für Darstellende Kunst mit Sitz in New York. Es zeigt klassischen chinesischen Tanz, chinesische Volkstänze und Tänze nationaler Minderheiten Chinas. Im Programm werden Mythen, Legenden und historische Begebenheiten aus der Vergangenheit bis zur Gegenwart Chinas dargestellt. Die Tänze werden von einem Orchester begleitet, das mit traditionellen chinesischen und klassisch westlichen Instrumenten besetzt ist. Der Name „Shen Yun“ wird als „die Schönheit tanzender himmlischer Wesen“ übersetzt. Shen Yun Performing Arts verfügt über fünf Tourneegruppen mit annähernd 400 Ensemble-Mitgliedern und tritt jedes Jahr sieben Monate lang in Europa, Nordamerika, Südamerika, Asien und Australien auf. Bis zum Ende der Welttournee 2010 hatten schätzungsweise eine Million Menschen die Aufführungen der Tanztruppe gesehen. Doch trotz seines internationalen Erfolgs konnte Shen Yun bis heute weder in Festlandchina noch in Hongkong auftreten.
Shen Yun wurde im Jahre 2006 von Falun-Gong-Praktizierenden mit der Mission gegründet, die „Essenz der 5000-jährigen göttlich inspirierten chinesischen Kultur“ neu zu beleben, die ihrer Ansicht nach während der Kulturrevolution durch die Kommunistische Partei Chinas fast vollständig zerstört worden war. Eine weitere Motivation von Li Hongzhi und der Falun-Gong-Bewegung in den USA zur Gründung von Shen Yun soll darin liegen, in der westlichen Welt auf eine positive öffentliche Ausdrucksform zu setzen, anstatt nur gegen ihre Verfolgung in China zu protestieren. Zur ersten Welttournee 2007 versendeten chinesische Diplomaten Briefe an westliche Diplomaten, in denen sie ihnen nahelegten, die Shen-Yun-Veranstaltungen nicht zu besuchen oder in anderer Weise zu unterstützen, da deren Absicht ihrer Meinung nach eine „Propaganda“ darstelle, um das „Image Chinas zu beschmutzen“. Shen-Yun-Repräsentanten kommentierten, dass die negative Einstellung der chinesischen Regierung gegenüber Shen Yun daher rühre, dass Shen Yun sowohl die heutige politische Unterdrückung in China als auch die traditionelle chinesische Kulturgeschichte zeige, welche die kommunistische Regierung während der Kulturrevolution auszulöschen versuchte.
Störungen durch die KPCh
Shen Yun hatte geplant, im Januar 2010 in Hongkong aufzutreten, doch wurden alle sieben ausverkauften Veranstaltungen abgesetzt, nachdem sich Hongkongs Regierung geweigert hatte, Shen Yuns Produktionsmannschaft Einreisevisa auszustellen. Im gleichen Jahr reiste die Company nach Moldawien, wo die Veranstaltung im Theater in Chisinau kurz vor ihrem geplanten Auftritt abgesetzt worden ist. Die kommunistische Regierung Chinas versucht bis heute (2018) durch ihre Botschaften und Konsulate mittels politischem Druck die Shen-Yun-Veranstaltungen außerhalb Chinas zu verhindern.
2012 erhielt der Direktor des Kongresshauses in Zürich Norbert Bolinger, in dessen Stiftungsrat auch die Stadt Zürich sitzt, den Besuch eines Mitarbeiters des chinesischen Konsulats, der ihn aufforderte, auf die Show zu verzichten, doch Bolinger lehnte ab. Im gleichen Jahr warnte die chinesische Botschaft in Washington, D.C., das amerikanische Volk vor Shen Yun. 2014 unternahm die kommunistische Regierung weiterhin Versuche, Shen Yuns Auftritte zu verhindern. In Berlin wurde der Event-Manager Jörg Seefeld vom Stage Theater am Potsdamer Platz vom Kulturattache der chinesischen Botschaft besucht, der ihn zu beeinflussen versuchte, doch Seefeld lehnte ab. Am 7. April veröffentlichte El Mundo, die zweitgrößte Zeitung in Spanien, einen Bericht, in dem der Versuch des chinesischen Regimes bloßgestellt wurde, das Theater zu zwingen, die Vorstellung von Shen Yun in Barcelona abzusagen. 2015 sollen in Chicago die Brems- und Gaspedale eines Lastwagens, auf dem Shen-Yun-Werbung zu sehen war, mit „ätzenden Chemikalien“ begossen worden sein. Shen Yun berichtete, dass chinesische Spione ihre Bewegungen fotografieren und mobile Anrufe abhören würden. Darüber hinaus kam es zu verdächtigen Einbrüchen, bei denen nur Pässe und Laptops entwendet wurden. Shen Yun berichtete, dass 2016, vor ihren Aufführungen im Tennessee Performing Arts Center in Nashville, die Autoreifen der Show-Moderatoren zerschnitten wurden. 2017 wurde berichtet, dass weitere Versuche, die Show zu verhindern, auch von Theatern und Kommunalverwaltungen in Ecuador, Irland und Schweden gemeldet worden waren.The Guardian schreibt, dass es leicht sei, Shen Yun als „bunte Kuriosität“ abzutun, „aber Falun-Gong-Praktizierende gehören zu den offensten Gegnern der Regierung von Peking“, weshalb Shen Yuns Tanzshow zur „Sorge der chinesischen Regierung geworden“ sei; zu einem „der Schlachtfelder, auf denen der Kampf um die Herzen und Köpfe von Westlern und Übersee-Chinesen gewonnen wird“.
Umgehung der Internetzensur
Mit Beginn der Verfolgung begannen chinesische Behörden, ein System der Internetzensur und Überwachung zu etablieren und zu verstärken, das als „Projekt Goldener Schild“ (auch große Firewall von China genannt) bezeichnet wird. Seitdem gehören Informationen über Falun Gong zu den Hauptzielen der Zensur und Überwachung im Internet. Deshalb begannen im Jahr 2000 nordamerikanische Informatiker, die Falun Gong praktizieren, mit der Entwicklung von Werkzeugen zur Umgehung und zur Anonymisierung. Zum einen soll dies Praktizierenden in China ermöglichen, auf Informationen über Falun Gong zuzugreifen, zum anderen Personen in Festlandchina helfen, an Informationen aus Übersee zu gelangen. Ihre Software-Tools, wie Freegate, GPass und Ultrasurf, sind mittlerweile zu beliebten Werkzeugen auch für Nicht-Praktizierende geworden, um in einigen anderen Ländern die Regierungskontrollen des Internets zu umgehen.
Ultrasurf
Ultrasurf ist eine Software des Internetunternehmens UltraReach, das ein skalierbares und hochwirksames Werkzeug zur Umgehung der Internetzensur darstellt, und dem Nutzer in geschlossenen Gesellschaftssystemen erlaubt, Zugriff auf Nachrichten, politische und religiöse Informationen, soziale Netzwerke und andere blockierte Inhalte zu erlangen. Gleichzeitig setzt es verschlüsselte Protokolle für die Privatsphäre ein.
Die Software wurde 2002 von chinesischen Dissidenten in Silicon Valley entwickelt, hauptsächlich Falun-Gong-Praktizierende, die ins Ausland immigrierten, nachdem 1999 die Verfolgung von Falun Gong in China begonnen hatte. Zu Beginn sollte Ultrasurf den Internetbenutzern in China ermöglichen, der Zensur und Überwachung durch die chinesische Regierung zu entgehen und deren Projekt Goldener Schild zu umgehen. Inzwischen wird es auch von Benutzern außerhalb Chinas verwendet.
2010 wurde Ultrasurf vom Magazin Wired als „eines der wichtigsten Mittel für Meinungsfreiheit im Internet“ bezeichnet, da es Bürgern helfe, in Zeiten von humanitären oder Menschenrechtskrisen auf Informationen aus unterdrückten Ländern zuzugreifen und diese mit anderen austauschen zu können. Eine Studie der Harvard University von 2007 betrachtete Ultrasurf als das „leistungsstärkste“ Umgehungswerkzeug. Freedom House platzierte Ultrasurf im Jahr 2011 nach Tests unterschiedlicher Software an vierter Stelle.
Anzeigen
Anzeigen wegen der Verfolgung außerhalb Chinas
Falun-Gong-Praktizierende außerhalb Chinas erstatteten dutzende Strafanzeigen gegen Jiang Zemin, Luo Gan, Bo Xilai und weitere chinesische Beamte wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Laut International Advocates for Justice reichten Falun-Gong-Praktizierende im 21. Jahrhundert die meisten Strafanzeigen wegen Menschenrechtsverletzungen ein. Dabei sind die Anklagepunkte die schwerwiegendsten internationalen Verbrechen, die vom internationalen Strafrecht definiert werden. Bis 2006 gab es 54 Zivil- und Strafanzeigen in 33 Ländern. In vielen Fällen lehnten Gerichte es jedoch aus Gründen der Staatenimmunität ab, Anzeigen gegen chinesische Beamte gerichtlich anzuerkennen. Im November 2009 wurden Jiang Zemin und Luo Gan jedoch von einem spanischen Gericht wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ihrer Beteiligung an der Verfolgung von Falun Gong angeklagt und deren Verhaftung verlangt. Einen Monat später kam ein argentinischer Richter zum Schluss, dass Jiang und Luo in der Verfolgung und Ausrottung von Falun Gong eine Völkermordstrategie durchgeführt hatten, und forderte Interpol auf, die beiden zu verhaften. Die Anklagen werden größtenteils als symbolisch angesehen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie ausgeführt werden. Das Gericht in Spanien erhob auch Anklage gegen Bo Xilai, Jia Qinglin und Wu Guanzheng.
Falun-Gong-Praktizierende und deren Unterstützer erstatteten im Mai 2011 Anzeige gegen das Technologieunternehmen Cisco Systems. Die Anzeige, die hauptsächlich auf internen Cisco-Dokumenten basiert, lautete, dass Cisco und seine Führungskräfte „ein Überwachungssystem für die Kommunistische Partei Chinas entworfen und implementiert hätten, wissend, dass es dazu benutzt werden würde, Anhänger der Falun-Gong-Religion auszurotten und sie der Inhaftierung, Zwangsarbeit und Folter zu unterwerfen.“ Cisco stritt ab, dass es seine „Produkte in irgendeiner Weise anpasse, um Zensur oder Repression zu ermöglichen“. Interne Cisco-Dokumente belegten jedoch, dass Cisco und seine chinesische Tochterfirma „aggressiv“ um den Zuschlag für die Entwicklung des Überwachungssystems „Projekt Goldener Schild“ und „Policenet“ konkurrierten. Hao Fengjun, ein ehemaliger Mitarbeiter des Büros 610, der das Überwachungssystem täglich nutzte, beschrieb Projekt Goldener Schild hinsichtlich praktizierender Falun-Gong-Anhänger: „Goldener Schild beinhaltet auch die Fähigkeit, Online-Chatdienste und E-Mails zu überwachen. Es identifiziert IP-Adressen und die komplette vorangegangene Kommunikation einer Person. Dadurch sind Rückschlüsse auf den Personenstandort möglich, denn eine Person wird normalerweise den Computer daheim oder auf der Arbeit nutzen.“ Anschließend erfolgt die Verhaftung.
Zusätzlich zu juristischen Strafanzeigen von großem öffentlichen Interesse gegen chinesische Beamte und Konzerne, waren Falun-Gong-Praktizierende an einer Reihe Verleumdungsklagen gegen chinesischsprachige Medien und Agenten der chinesischen Regierung beteiligt. Dazu kamen Zivilklagen aufgrund von Diskriminierungen außerhalb Chinas, wovon die meisten innerhalb der chinesischen Diaspora-Gemeinschaft stattfanden. Mehrere Beschwerden wurden eingereicht, nachdem Falun-Gong-Gruppen daran gehindert worden waren, an Paraden oder anderen Aktivitäten teilzunehmen. In Kanada und in New York gewannen Falun-Gong-Praktizierende Urteile gegen chinesische Unternehmen und Gemeinschaftsorganisationen, die sie aufgrund ihres religiösen Glaubens diskriminiert hatten.
Anzeigenwelle gegen Jiang Zemin 2015
Nachdem zum 1. Mai 2015 in China ein Gesetz in Kraft getreten war, das festlegte, dass „alle Anzeigen von Bürgern vom Obersten Volksgericht angenommen und registriert werden“ müssen, „auch wenn sie sich gegen kommunistische Parteifunktionäre richten“, kam es zu Strafanzeigen gegen den ehemaligen Parteichef der Kommunistischen Partei Chinas Jiang Zemin. Die Kläger forderten von der Obersten Volksstaatsanwaltschaft und dem Obersten Volksgerichtshof der Volksrepublik China, Jiang wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu bringen.
Erping Zhang, der Sprecher des Falun-Dafa-Informationszentrums in New York, sagte im Juli 2015: „Diese Anklagewelle ist aus zwei Gründen bedeutsam: Zum einen zeigt sich darin ein Anstieg der Unterstützung in ganz China und in der ganzen Welt, Jiang Zemin wegen seiner Rolle bei der gewaltsamen Unterdrückung von Falun Gong vor Gericht zu bringen. Andererseits werden diese Klagen von den chinesischen Gerichten akzeptiert, und die Personen, die sie eingereicht haben, sind nicht vom chinesischen Regime bestraft worden.“
Im Juli 2015 berichtete die Australian Associated Press und andere australische Zeitungen über die Anzeigenwelle und dass bisher über 20.000 Strafanzeigen erstattet worden sein sollen. Laut OE24 gab es ein Jahr später, bis Juli 2016, bereits über 200.000 Strafanzeigen von Falun-Gong-Praktizierenden in und außerhalb Chinas gegen den Initiator der Verfolgung. Unter den Anzeigenerstattern waren 567 Falun-Gong-Praktizierende aus 21 anderen Ländern, die ebenfalls bei der Obersten Volksstaatsanwaltschaft in China Strafanzeigen gegen Jiang eingereicht haben. Theresa Chu, taiwanische Menschenrechtsanwältin und Sprecherin der Falun-Gong-Rechtsanwaltsgruppe, bezifferte im Dezember 2017 die Anzahl der Strafanzeigen auf 225.485. Des Weiteren wies Chu darauf hin, dass bis zum 8. Dezember 2017 über 2,6 Millionen Menschen aus 31 Ländern eine Petition unterzeichnet hätten, in der die chinesischen Justizbehörden aufgefordert werden, Jiang strafrechtlich zu verfolgen.
Minghui, eine Website von Falun-Gong-Praktizierenden, deren Schwerpunkt die Berichterstattung über die Verfolgungssituation in China aus erster Hand ist, veröffentlichte Berichte von Falun-Gong-Praktizierenden in China, die Anzeige erstattet haben. Einige dieser Berichte weisen auf Drohungen chinesischer Behörden gegenüber Anzeigeerstattern hin, damit diese ihre Anzeige zurücknehmen. Unter denen, die sich geweigert hatten, sollen einige verhaftet und zu Gefängnis verurteilt worden sein.
Falun Gong in Hongkong
Obwohl das Praktizieren von Falun Gong oder in dessen Namen zu protestieren in China verboten ist, besitzen Falun-Gong-Praktizierende in Hongkong nach wie vor einen rechtlichen Status, der ihnen einen größeren Schutz der bürgerlichen und politischen Freiheiten gewährt, da dort noch die „Ein Land, zwei Systeme“-Politik herrscht. Seit 1999 veranstalten Falun-Gong-Praktizierende in Hongkong gegen die chinesische Regierung Demonstrationen und Proteste, und unterstützen diejenigen, die aufgrund der Verfolgung aus China geflohen waren.
In Hongkong befinden sich mehrere Hundert aktive Praktizierende, die öffentliche Veranstaltungen und Demonstrationen abhalten, um gegen die Unterdrückung in China zu protestieren und die Rechte ihrer Mitpraktizierenden auf dem Festland zu verteidigen. Am 23. Juli 1999 versammelten sich ca. 1000 Falun-Gong-Praktizierende in Hongkong und protestierten gegen die auf dem Festland durchgeführten Aktionen. Ein weiterer groß angelegter Protest fand im Januar 2001 statt. Praktizierende halten regelmäßig Sitzstreiks ab, machen öffentlich Meditationsübungen und besuchen beliebte Touristenorte, an denen sie Informationsmaterialien, die Einzelheiten der Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung Chinas beinhalten, verteilen.
Behinderungen durch Behörden
Dennoch wurden Falun-Gong-Praktizierende durch den politischen Druck aus Peking auf die Hongkonger Regierung auch in Hongkong mit Einschränkungen konfrontiert. Wie die Behörden in Hongkong Falun Gong behandelten wird oft als Indikator verwendet, um die Integrität des „Ein Land, zwei Systeme“-Modells zu bewerten.
Human Rights Watch berichtete, dass die Regierung „still und leise an den Rechten der Praktizierenden im Hoheitsgebiet herummeißelt“. 1999 weigerten sich Hongkonger Buchhandlungen, Falun-Gong-Bücher zu führen. Hongkongs Regierungschef Tung Chee-hwa lehnte eine geplante Falun-Gong-Konferenz ab und warnte vor Aktivitäten, die nicht „im Interesse von China oder Hongkong sind, oder nicht dem ‚ein Land, zwei Systeme‘ entsprechen“. 2001 stellten Pro-Peking-Kräfte „eine groß angelegte Kampagne auf, um Falun Gong in Hongkong endgültig zu verbieten“. Vor Jiang Zemins Besuch 2001 wurden die Proteste der Praktizierenden noch stärker eingeschränkt und deren Redefreiheit und Versammlungsfreiheit behindert. Die Haltung der Regierung zog die Verurteilung aus Bereichen der Hongkonger Zivilgesellschaft und der pro-demokratischen Gesetzgeber auf sich. Rev. Stephen Chan, ein katholischer Priester, sagte gegenüber dem Wall Street Journal: „Die Regierung schädigt den Ruf einer Gruppe Menschen, die keine Gesetze gebrochen hat.“
Artikel 23
Im Jahr 2002 schlug die Regierung Hongkongs den „Artikel 23“ vor, ein Anti-Subversionsgesetz, das Handlungen der Volksverhetzung beziehungsweise Subversion gegen die chinesische Zentralregierung in Peking verbieten sollte. Artikel 23 hätte ausländischen politischen Organisationen verboten, in Hongkong politische Aktivitäten auszuüben; einheimischen politischen Organisationen verboten, Beziehungen zu ausländischen Organisationen zu etablieren; und Falun-Gong-Praktizierenden verboten, sich in Hongkong zu versammeln oder zu protestieren. Nachdem im Juli 2003 rund 350.000 bis 700.000 Hongkonger Bürger gegen den Gesetzentwurf protestierten, wurde dieser zurückgezogen.
Reisebeschränkungen
Ab 2000 verhängten Hongkonger Behörden Einreiseverbote gegen Falun-Gong-Praktizierende, um diese daran zu hindern, in ihr Hoheitsgebiet einzureisen und an Demonstrationen teilzunehmen. Vor Jiang Zemins Besuch 2001 benutzte Hongkongs Regierung eine schwarze Liste ausländischer Falun-Gong-Praktizierender aus Japan, Australien, Großbritannien und den USA und verweigerte diesen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet. 2003 wurden 80 Praktizierende aus Taiwan daran gehindert, nach Hongkong einzureisen, obwohl sie bereits ein Visum erhalten hatten. 2004 wurde einem kanadischen Falun-Gong-Praktizierenden, der auf einer Buch-Tournee war, die Einreise in das Hoheitsgebiet Hongkongs verweigert. 2007 wurde Hunderten taiwanischen Praktizierenden die Einreise nach Hongkong verweigert, einige am Flughafen sogar festgenommen. 2008 konnten zwei weitere Falun-Gong-Praktizierende, einer aus den Vereinigten Staaten und einer aus der Schweiz, die auf einer beruflichen Forschungsreise waren und getrennt nach Hongkong wollten, nicht einreisen. Anfang 2010 verweigerten Hongkonger Einwanderungsbeamte sechs Produktionsmitarbeitern der „Shen Yun Performing Arts“-Company, deren Künstler Falun Gong praktizieren, die Einreise. Diese Mitarbeiter hatten Schlüsselfunktionen inne, sodass die Show, die im Januar hätte stattfinden sollen, abgesagt werden musste. Albert Ho, Vorsitzender der Demokratischen Partei, sagte gegenüber der Agence France-Presse, dass die Verweigerung der Visa eine besorgniserregende neue Erosion der Freiheiten Hongkongs sei und Hongkongs Ruf, eine liberale und offene Gesellschaft zu sein, schädige.
Falun Gong außerhalb Chinas
Entwicklung
Li Hongzhi wurde 1995 von den chinesischen Botschaften in Paris und Stockholm eingeladen, Falun Dafa zu lehren. Dadurch begann die internationale Verbreitung der Lehren von Falun Gong. Im März 1995 hielt Li seinen ersten Vortrag außerhalb Chinas in der chinesischen Botschaft in Paris. Darauf folgten im Mai drei Vorträge in Schweden. Zwischen 1995 und 1999 hielt Li Vorträge in den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Neuseeland, Deutschland, der Schweiz und Singapur.
Falun Gongs Wachstum außerhalb Chinas entsprach Anfang bis Mitte der 1990er Jahre zum größten Teil der Migration von Studenten aus Festlandchina in den Westen. In Europa, Nordamerika und Australien entstanden Falun-Gong-Verbände und -Vereine, deren Aktivitäten hauptsächlich auf Universitätsgeländen stattfanden. Zurzeit (2018) gibt es in 80 Ländern außerhalb Chinas freiwillige Betreuer, welche die Falun-Gong-Übungen kostenlos weitergeben, und ehrenamtlich Tätige in Falun-Dafa-Vereinen. Die Lehre von Falun Gong wurde in 40 Sprachen übersetzt. Die internationale Falun-Gong-Gemeinde wird in die Hunderttausende geschätzt, doch sind die Schätzungen wegen fehlender formeller Mitgliedschaft ungenau.
Ende der 1990er Jahre erschienen Übersetzungen der Lehren von Falun Gong. Als die Kultivierungspraktik begann, sich außerhalb Chinas zu verbreiten, fand Li Hongzhi in den Vereinigten Staaten und anderen Teilen der westlichen Welt Anerkennung. 1994 wurde Li für seinen „uneigennützigen öffentlichen Dienst zum Nutzen und Wohlergehen der Menschheit“ zum Ehrenbürger der Stadt Houston, Texas, ernannt. Im Mai 1999 wurde Li in Toronto durch den Bürgermeister und den Generalgouverneur der Provinz willkommen geheißen; in den zwei darauf folgenden Monaten auch von den Städten Chicago und San José.
Obwohl die Kultivierungspraktik außerhalb Chinas bereits Mitte der 1990er Jahre Anhänger anzog, blieb sie dennoch bis zum Frühling 1999 relativ unbekannt. Dies änderte sich, als die Spannungen zwischen Falun Gong und den Behörden der Kommunistischen Partei Chinas zum Thema der internationalen Medien wurden. Durch die gesteigerte Aufmerksamkeit gewann Falun Gong nun auch außerhalb Chinas eine größere Anhängerschaft. Darüber hinaus wurde die Präsenz in Übersee nach dem Beginn der Unterdrückungskampagne der Kommunistischen Partei gegen Falun Gong entscheidend für den Widerstand der Kultivierungspraktik in China und deren weiteres Überleben.
Falun-Gong-Praktizierende im Ausland reagierten auf die Verfolgung in China mit unterschiedlichsten Aktivitäten, um die Öffentlichkeit über die damit verbundenen Menschenrechtsfragen zu informieren. Dazu gehören bis heute Medienarbeit, Lobbyarbeit bei Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, das Verteilen von Flugblättern, die Teilnahme an Sitzdemonstrationen vor chinesischen Botschaften und Konsulaten sowie die regelmäßige Durchführung von Demonstrationen, Paraden und Kundgebungen. Falun-Gong-Praktizierende gründeten Medienzentren, Interessenvertretungen und Forschungsorganisationen, um über die Verfolgung in China zu berichten, und erstatteten gegen die Architekten und Teilnehmer der Verfolgungskampagne Anzeigen.
Andere Initiativen und Aktionen: Falun-Gong-Praktizierende starteten eine Reihe weiterer Aktionen, um die Aufmerksamkeit auf die Verfolgung von Falun Gong in China zu lenken. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der Fackellauf für Menschenrechte, der 2007 und 2008, vor den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking, durch über 35 Länder reiste. Der Fackellauf sollte Aufmerksamkeit auf eine Reihe von Menschenrechtsfragen in China lenken, die mit den Olympischen Spielen in Verbindung standen, insbesondere denen, die mit Falun Gong und Tibet verknüpft waren. Der Fackellauf erhielt Unterstützung von Hunderten Parlamentariern, ehemaligen Olympia-Medaillengewinnern, Menschenrechtsgruppen und anderen betroffenen Organisationen.
Einige Falun-Gong-Praktizierende unterstützen sowohl innerhalb als auch außerhalb Chinas die Tuidang-Bewegung, ein Dissidentenphänomen, das Ende 2004 durch eine Artikelserie der Epoch Times ausgelöst worden ist. Die Bewegung ermutigt chinesische Bürger, aus der Kommunisten Partei Chinas, einschließlich dem Kommunistischen Jugendverband Chinas und den Jungen Pionieren – auch rückwirkend – auszutreten. Falun-Gong-Praktizierende telefonieren von außerhalb nach China oder schicken Faxe ins chinesische Festland, um dort die Bürger über die Bewegung und die Austrittserklärungen zu informieren.
Internationale Akzeptanz und Reaktionen
Seit 1999 verurteilen zahlreiche westliche Regierungen, die Vereinten Nationen sowie Menschenrechtsorganisationen wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, Amnesty International und Human Rights Watch die Unterdrückung von Falun Gong durch Chinas Regierung und bringen ihre Besorgnis über die Vorwürfe der Folterungen und Misshandlungen von Falun-Gong-Praktizierenden in China zum Ausdruck. Zudem geben Mitglieder des US-Kongresses seither öffentliche Erklärungen ab und haben mehrere Resolutionen zur Unterstützung von Falun Gong eingebracht. Die Resolution 605 des US-Repräsentantenhauses von 2010 forderte beispielsweise „ein sofortiges Ende der Verfolgung, Einschüchterung, Inhaftierung und Folter von Falun-Gong-Praktizierenden“, verurteilte die Bemühungen der chinesischen Behörden, weltweit falsche Propaganda über die Praxis zu verbreiten, und drückte den verfolgten Falun-Gong-Praktizierenden und ihren Familien ihr Mitgefühl aus.
Um der Unterstützung von Falun Gong im Westen entgegenzuwirken, weitete die chinesische Regierung ihre Bemühungen gegen die Gruppierung international aus. Dies umfasste Besuche chinesischer Diplomaten bei Medienvertretern, um „die Tugenden des kommunistischen Chinas zu loben und die Sünden von Falun Gong hervorzuheben“; die Unterstützung für Falun Gong mit „der Gefährdung von Handelsbeziehungen“ zu verknüpfen; und dem Versenden von Briefen an örtliche Politiker, in denen diese aufgefordert wurden, ihre Unterstützung für Falun Gong zurückziehen. Laut Perry Link nahm der Druck auf westliche Institutionen auch subtilere Formen an, einschließlich akademischer Selbstzensur, aus Angst davor, die KPCh zu verärgern. Die Forschung über Falun Gong konnte dazu führen, kein Visa mehr für wissenschaftliche Arbeiten in China zu erhalten, und zog auch Diskriminierungen nach sich sowie den Ausschluss aus Geschäftsverbänden und Gemeindegruppen, die Verbindungen nach China haben. Dazu kamen die Spionagetätigkeiten des Büros 610 gegen Falun Gong außerhalb Chinas, innerhalb der laut Hao Fengjun große finanzielle Mittel zur Bestechung von Entscheidungsträgern aufgewendet werden, die „in den Staaten der sogenannten freien westlichen Welt willige Abnehmer“ finden. China soll bemüht sein, „jede Art von Kritik an Menschenrechtsverletzungen einfach wegzukaufen“.
Obwohl nun die Verfolgung von Falun Gong außerhalb Chinas zu einer erheblichen Verurteilung geführt hatte, stellten einige Beobachter fest, dass Falun Gong die internationale Sympathie und anhaltende Aufmerksamkeit nicht in dem Maße gewinnen konnte, wie sie Tibetern, chinesischen Christen oder Demokratieaktivisten erhalten. Dies wird auf die geringen Kenntnisse der Gruppe bezüglich Öffentlichkeitsarbeit, auf die Auswirkung der Propaganda der Kommunistischen Partei gegen diese Kultivierungspraktik und auf die für westliche Beobachter eher fremd anmutende Lehre zurückgeführt, die sich mit buddhistischen und daoistischen Traditionen identifiziert.Katrina Lantos Swett, stellvertretende Vorsitzende der United States Commission on International Religious Freedom, merkte 2013 an, dass sich die meisten Amerikaner über die Unterdrückung „tibetischer Buddhisten und nicht registrierten christlichen Gruppen beziehungsweise Befürwortern von Demokratie und Redefreiheit, wie Liu Xiaobo und Ai Weiei, bewusst sind“, jedoch immer noch „wenig bis gar nichts über Chinas Angriff auf Falun Gong wissen“.
Ethan Gutmann, der seit Anfang der 90er Jahre über China berichtet, versuchte diesen offensichtlichen Mangel an öffentlicher Sympathie für Falun Gong teilweise durch Falun Gongs Defizit in der Öffentlichkeitsarbeit zu erklären, und dass das Verhalten von einigen chinesischen Praktizierenden die Merkmale der kommunistischen Parteikultur in sich trugen, an die sie durch die Indoktrination in der Volksrepublik China gewöhnt waren. Hinzu komme das allgemeine westliche Misstrauen gegenüber verfolgten Flüchtlingen. Gutmann weist auch darauf hin, dass sich Medienorganisationen und Menschenrechtsgruppen aufgrund der extremen Haltung der chinesischen Regierung gegenüber Falun Gong eine Selbstzensur auferlegten, aus Angst vor den möglichen Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten, wenn sie sich offen für Falun Gong aussprechen würden.
Richard Madsen schreibt, dass es Falun Gong an einer soliden Unterstützung durch die amerikanischen Wahlkreise mangelt, die in der Regel die Religionsfreiheit unterstützen. Beispielsweise entfremdeten die konservativen moralischen Anschauungen von Falun Gong einige liberale Wählerschaften im Westen. Christliche Konservative hingegen gewähren der Kultivierungspraktik nicht den gleichen Raum wie verfolgten chinesischen Christen. Madsen wirft dem amerikanischen politischen Zentrum vor, dass es die Menschenrechtsthematik nicht so stark angehen möchte, da dies die wirtschaftliche und politische Beziehung zu China stören würde. Deshalb mussten die Falun-Gong-Praktizierenden größtenteils mit ihren eigenen Mitteln auf die Verfolgung reagieren.
Dennoch findet Falun Gong und ihr Gründer in politischen und wissenschaftlichen Kreisen auch Unterstützung: 2001 wurde Li Hongzhi vom Europäischen Parlament für den Sacharow-Preis nominiert und erhielt von Freedom House den International Religious Freedom Award. Im gleichen Jahr wurde Li für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Das in Hongkong ansässige Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie berichtete, dass Li Hongzhi von über 30 Personen, darunter Parlamentarier aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien sowie Gelehrte aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Kanada, Australien und Taiwan nominiert wurde. Laut CNN wurde Li als einer der ernsthaftesten Kandidaten genannt. Die Nominierung führte jedoch zu Protesten seitens der chinesischen Regierung, unter anderem gegenüber US-Kongressabgeordneten. In Deutschland wurde Li von 70 Professoren unterschiedlicher Universitäten mit Lehrstühlen in den Studienfächern Religionswissenschaft, Politik und Jura nominiert.
2013 initiierte die Vereinigung Ärzte gegen Organraub (DAFOH) eine globale Petition, die fast 1,5 Millionen Unterschriften, darunter über 300.000 aus Europa, sammelte. Die Petition wurde beim UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf eingereicht und forderte unter anderem ein sofortiges Ende der Verfolgung von Falun Gong durch die chinesische Regierung.
Im Dezember 2013 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, die den Organraub an Falun-Gong-Gewissenshäftlingen verurteilt. Im März 2014 forderte Henri Malosse, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, einen größeren Druck auf die chinesische Regierung, um den Organtransplantationsmissbrauch zu beenden. Der US-Senat verabschiedete im Juni 2016 einstimmig eine Resolution gegen den Organraub.
Kritik
In den Vereinigten Staaten und Australien berichteten ab 2019 mehrere Medien davon, dass es sich bei Falun Gong laut Aussagen früherer Angehöriger um ein extremes Glaubenssystem handele. „Gemischtrassige“ Ehen, also beispielsweise zwischen Weißen und People of Color, seien verboten und Homosexualität sowie moderne Medizin werden abgelehnt. Diese Verweigerung von medizinischer Behandlung wird von manchen als eine Form von Selbstmord betrachtet. Chinesische Behörden berichteten zudem von hunderten Gläubigen, die sich ihre Mägen aufgeschnitten hatten, um das Dharma-Rad zu inspizieren. Ferner verkünde die Gruppe ein Weltende, an dem alle „Kommunisten“ in die Hölle geworfen werden. Falun Gong negierte diese Vorwürfe.
Siehe auch
Literatur
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