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Hereditärer Adenosindesaminase-Mangel
Klassifikation nach ICD-10 | |
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D81.3 | Adenosindesaminase[ADA]-Mangel |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Der Hereditäre Adenosindesaminase-Mangel ist eine sehr seltene angeborene, zu den schweren kombinierten Immundefizienzen (SCID) gehörende Immunmangelerkrankung (ADA-SCID) mit den Hauptmerkmalen ausgeprägter Lymphopenie und sehr niedrigen Immunglobulin-Spiegeln und wiederholten schweren Infektionen.
Synonyme sind: Chondrodysplasie, metaphysäre mit Thymolymphopenie; ADA-Mangel; Adenosin-Desaminase-Mangel, Schwere kombinierte Immundefizienz durch Adenosin-Desaminase (ADA)-Mangel; ADA-defiziente SCID; Lymphoplasmozytäre hereditäre Dysgenesie; englisch Adenosine deaminase deficient SCID; Adenosine deaminase deficient severe combined immunodeficiency
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1961 durch den schweizerischen Pädiater W. H. Hitzig und H. Willi.
Inhaltsverzeichnis
Verbreitung
Die Häufigkeit wird mit 1–9 zu 1.000.000 angegeben, die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv. Beide Geschlechter sind betroffen, bei etwa 10–15 % der SCID-Erkrankungen liegt ein Adenosindesaminase-Mangel vor.
Ursache
Dem Mangel liegen Mutationen im ADA-Gen auf Chromosom 20 Genort q13.12 zugrunde, welches für das Enzym Adenosin-Desaminase kodiert. Bei diesem Enzymmangel ist die Synthese von dADP, dGDP, dUDP und dCDP gestört aufgrund einer indirekten Hemmung der Ribonukleotid-Reduktase. Die Adenosin-Desaminase desaminiert Adenosin zu Inosin und Desoxyadenosin zu Desoxyinosin. Bei einem Enzymmangel wird Desoxyadenosin angereichert und vermehrt zu dATP phosphoryliert. Erhöhte Konzentrationen von dATP hemmen die Ribonukleotid-Reduktase, wodurch die Synthese der anderen Desoxyribonukleotide gehemmt wird. Infolgedessen kommt es zu einer Störung der DNA-Synthese, die vor allem die Proliferation der Lymphozyten behindert, was einen schweren Immundefekt verursacht. Der ADA-Mangel führt außerdem zu giftigen Konzentrationen von Purin-Metaboliten.
Einteilung
Je nach Auftreten der ersten Krankheitszeichen (und Ausmaß der Enzymhemmung) werden folgende klinische Formen unterschieden:
- Early onset (klassischer ADA-Mangel), (in 80 %): überwiegende Manifestation in den ersten 3 Lebensmonaten. ADA-Aktivität < 0,01 %, zusätzlich mit Fehlbildungen oder Störungen an Skelett, Nieren und Nervensystem sowie Schwerhörigkeit.
- Delayed onset (in 15 %): Manifestation im1.-2,LJ; ADA-Aktivität 1–2 %
- Late onset (in 5 %): Manifestation im 3.-15. LJ. ADA-Aktivität bei 3–5 %; rezidivierende oder auch persistierende Herpes-simplex-Infektionen, Bakterielle Infektion der Nasennebenhöhlen und der Bronchien, Autoimmunerkrankungen
- Partieller ADA-Mangel (selten): Manifestation zwischen 4. LJ und Erwachsenenalter; ADA-Aktivität 5 to 80%
Bei höherer Enzymaktivität verlaufen Infektionen weniger schwer.
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:
- Manifestation im Kleinkindalter, zur Neugeborenenzeit
- kombinierter zellulärer und humoraler Immundefekt mit verminderten Immunglobulinen, gestörte Funktion der B-Lymphozyten und T-Lymphozyten
- Gedeihstörung, chronische Durchfälle, Kleinwuchs, chronische Candidose
- fehlender Thymus in der Sonografie, auch fehlender Thymusschatten auf dem Röntgen-Thorax
- Bild einer metaphysären Chondrodysplasie mit quadratischem Becken, kurzen und in der Metaphyse aufgetriebenen Röhrenknochen und kurzen Rippen
Diagnose
Die Diagnose basiert auf der Messung der ADA-Enzymaktivität in Erythrozyten und kann durch erhöhte dATP-Spiegel im Blutplasma und vermehrtes Deoxy-Adenosin im Urin bestätigt werden.
In der Pränataldiagnostik kann der Nachweis aus Amnion- oder Trophoblasten-Kulturen erfolgen.
Differentialdiagnose
Abzugrenzen sind andere Formen von SCID.
Therapie
Zur Behandlung kommen Allotransplantation hämatopoetischer Stammzellen, Enzymersatztherapie mit pegylierter Adenosin-Desaminase oder Gentherapie mit transformierten Knochenmarkszellen infrage.
Heilungsaussichten
Die Prognose wird durch die Schwere der Erkrankung bestimmt. Bei frühzeitig erfolgender Behandlung können hohe Überlebensraten erreicht werden.
Literatur
- E. South, E. Cox, N. Meader, N. Woolacott, S. Griffin: Strimvelis for Treating Severe Combined Immunodeficiency Caused by Adenosine Deaminase Deficiency: An Evidence Review Group Perspective of a NICE Highly Specialised Technology Evaluation. In: PharmacoEconomics - open. Band 3, Nummer 2, Juni 2019, S. 151–161, doi:10.1007/s41669-018-0102-3, PMID 30334168, PMC 6533345 (freier Volltext) (Review).
- D. B. Kohn, M. S. Hershfield, J. M. Puck, A. Aiuti, A. Blincoe, H. B. Gaspar, L. D. Notarangelo, E. Grunebaum: Consensus approach for the management of severe combined immune deficiency caused by adenosine deaminase deficiency. In: The Journal of allergy and clinical immunology. Band 143, Nummer 3, März 2019, S. 852–863, doi:10.1016/j.jaci.2018.08.024, PMID 30194989, PMC 6688493 (freier Volltext).
- A. M. Flinn, A. R. Gennery: Adenosine deaminase deficiency: a review. In: Orphanet Journal of Rare Diseases. Band 13, Nummer 1, 04 2018, S. 65, doi:10.1186/s13023-018-0807-5, PMID 29690908, PMC 5916829 (freier Volltext) (Review).