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Händeschütteln

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Händeschütteln
Griechisches Grabrelief des Thraseas und der Euandria, Antikensammlung Berlin im Pergamonmuseum (Sk 29), ca. 375-350

Das Händeschütteln (auch: der Handschlag) ist ein in vielen westlichen Ländern gängiges nonverbales Begrüßungs- und Verabschiedungsritual. In anderen Kulturen ist es hingegen traditionell unüblich oder auf gleichgeschlechtliche Kontakte – insbesondere unter Männern – beschränkt.

Ebenso wie viele andere Begrüßungszeremonien wird es normalerweise mit der rechten Hand ausgeführt, außer beim Handschlag des Pfadfindergrußes, dort mit der Linken. Die Hände umfassen sich dabei für einige Sekunden und werden oft rhythmisch auf und ab bewegt. Fehlt diese Bewegung, wird mitunter auch vom Händedruck gesprochen. Ein Vorläufer dürfte das Winken sein, welches ursprünglich wohl dazu diente, dem Gegenüber die leere Waffenhand zu präsentieren. Beim Händeschütteln kommt noch der unmittelbare Körperkontakt hinzu. Als noch intimer können – je nach Kultur – die Umarmung und der Wangenkuss gesehen werden.

In der westlichen Welt gilt beim Händeschütteln ein kräftiger Händedruck gewöhnlich als Zeichen für Selbstbewusstsein, Kraft und Willensstärke. Ein sehr schwacher Händedruck kann indes negative Assoziationen hervorrufen. In anderen Regionen, vor allem in asiatischen Ländern, gilt ein starker Händedruck hingegen als unhöflich grob.

Öffentliches Händeschütteln in der Mediengesellschaft wird auf Wunsch von Kameraleuten und Fotografen mitunter auch mehrmals wiederholt.

Zu unterscheiden ist es vom Händchenhalten, das eine Ausdrucksform für die Zuneigung zwischen zwei Menschen darstellt.

Aus gesundheitlicher Sicht ist das Händeschütteln insbesondere mit Personen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören, aus Gründen des Infektionsschutzes umstritten. Insbesondere durch Schmierinfektion übertragene Erreger werden durch Händeschütteln weitergegeben.

Im Zuge der weltweiten COVID-19-Pandemie 2020 wurde vermehrt zum Verzicht auf das Händeschütteln aufgerufen. Als Alternative wurde z. B. der Faustgruß praktiziert. Prominente und Spitzenpolitiker, die als Begrüßungsform weiterhin das Händeschütteln öffentlich praktizierten, waren Kritik ausgesetzt.

Hintergrund

Beim Händeschütteln nehmen die Beteiligten eine Geruchsprobe des Gegenübers. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Menschen häufig eine Hand zum Gesicht führen, nachdem sie jemanden begrüßt hatten. Grund hierfür ist die Analyse der beim Händeschütteln übermittelten körpereigenen Duftstoffe.

Geschichte

Verbrüderungshände mit Auge Gottes. Freimaurersymbol, Österreich um 1800

Bereits im Römischen Reich war die Tradition des Händeschüttelns bekannt. Auf römischen Münzen lässt sich das Händeschütteln als Symbol der Eintracht wiederfinden. In der Zeit der Republik war die Geste nur bei einem Wiedersehen nach längerer Abwesenheit oder als Ausdruck besonderer Verbundenheit üblich. Erst in der Kaiserzeit wurde sie gängiger. Im Neuen Testament wird im Brief des Paulus an die Galater (ca. 50 n. Chr. verfasst) erwähnt, dass Paulus beim Abschied in Jerusalem die „rechte Hand der Freundschaft“ gereicht wurde. In seine heutige Form kam der Brauch vermutlich durch die Quäker im 17. Jh. als eine vereinfachende und gleichstellendere Form der Begrüßung (Etikette).

Deutschland

Emblem der SED

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Händeschütteln durch den Hitlergruß ersetzt, der seinerzeit als der „Deutsche Gruß“ galt. In der DDR schaffte es das Händeschütteln bis in das Parteisignet der SED. Der Händedruck sollte dabei die Einheit der Arbeiterbewegung und die Überwindung der Spaltung symbolisieren. Tatsächlich erfolgte die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED gegen den Widerstand zahlreicher Sozialdemokraten. Die zeitgenössische, stilisierte Grafik wurde im Volksmund auch als „abgehackte Hände“ verspottet.

Während sich die normative Funktion des Händeschüttelns in Westdeutschland (Bundesrepublik Deutschland) seit der 68er-Bewegung erheblich verringert hat, wurde sie in der DDR eher noch gesteigert (z. B. individuelles Händeschütteln auch beim Hinzukommen zu größeren Gruppen). Eine Umfrage ergab, dass 70 Prozent der Ostdeutschen ihre Freunde und Bekannten mit Handschlag begrüßen, bei Westdeutschen sind es dagegen nur etwa 40 Prozent.

2017 führte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Händeschütteln zur Begrüßung in seinem Zehn-Punkte-Katalog zu einer deutschen Leitkultur auf, an die sich alle Einwanderer anzupassen hätten.

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie riet das Robert Koch-Institut im März 2020 dringend dazu, auf Händeschütteln zu verzichten.

Schweiz

In der Schweiz erklärte 2016 eine Schulbehörde im Kanton Basel-Landschaft den Handschlag mit der Lehrkraft für alle Schüler zur Pflicht. Dieser Entscheidung war eine Debatte um den Vorrang von allgemeinen Schulregeln einerseits und der Religionsfreiheit andererseits vorhergegangen. Anlass der Debatte war die Weigerung zweier muslimischer Schüler, ihrer Lehrerin den in der Schule vorgesehenen Handschlag zu geben. Als Begründung hatten sie angegeben, dem weiblichen Geschlecht Respekt zollen zu wollen.

Frankreich

Im Juni 2016 sollte eine mit einem Franzosen verheiratete Algerierin eingebürgert werden. Bei der Einbürgerungszeremonie (cérémonie d’accueil dans la citoyenneté française) im Département Isère weigerte sie sich, dem zuständigen Beamten und einem Lokalpolitiker die Hand zu geben. Sie berief sich auf ihren „religiösen Glauben“, der ihr verbiete, fremde Männer zu berühren. Daraufhin erhielt sie die Staatsbürgerschaft nicht; dagegen klagte sie. Der damalige Premierminister Cazeneuve erließ dazu am 20. April 2017 ein Dekret. Das Verweigern dieses Grußes während der Zeremonie gilt demnach als Anzeichen fehlender Assimilation und stellt einen Grund dar, die beantragte Staatsbürgerschaft zu verweigern. Das höchste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’État, bestätigte am 11. April 2018 letztinstanzlich das Dekret.

Niederlande

Im November 2015 gab Nacer Barazite, ein Fußballspieler beim FC Utrecht und Muslim, nach einem Ligaspiel dem TV-Sender Fox ein Interview. Danach schüttelte er wie üblich dem Reporter die Hand, der Reporterin aber nicht. Dies wurde später in Talkshows und in sozialen Medien thematisiert.

Vertragsabschluss

Handschlag zum Verkaufsabschluss auf einem Viehmarkt (Bern, 18. Jahrhundert)

Das Händeschütteln kann auch als Bekräftigung einer getroffenen Vereinbarung (Vertragsabschluss) erfolgen, z. B. unter Geschäftsleuten, Wettpartnern, Politikern oder zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wobei letztere die wesentlichen Inhalte gemäß Nachweisgesetz binnen vier Wochen schriftlich niederlegen müssen. Der US-amerikanische Mobster Carmine Tramunti wurde in den 1970er Jahren zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt, da ein durch einen Fahnder beobachteter Handschlag mit einem Drogendealer als Vereinbarung zu einem Drogengeschäft gewertet wurde. Hierauf wurde in einer Szene des Films Goodfellas Bezug genommen.

Vom Friedensgruß bis zum „Modus Operandi“

In christlichen Gottesdiensten ist ein Händedruck als Friedensgruß üblich geworden. Er wird meist vor Spendung des Abendmahls / der Kommunion unter den Teilnehmenden des Gottesdienstes ausgetauscht.

Ein Händedruck kann – im Gegensatz dazu – auch zum Modus Operandi eines Kapitalverbrechens gehören; so wurde die Ermordung des Bandenanführers Dean O’Banion am 10. November 1924 in der Presse als „Handshake Murder“ (en: Händeschüttel/Handschlag-Mord) bekannt, da nach dem damals angenommenen Tathergang Frankie Yale die Hand des Opfers nach dem Handschlag zur Begrüßung nicht mehr losgelassen hatte und somit dessen potentielle Gegenwehr gegen seine Ermordung durch die Begleiter von Yale (John Scalise und Albert Anselmi) unterband.

Medizinische und hygienische Aspekte

Illustration eines Verzichts auf Händeschütteln

Nach einer 2007 publizierten Übersichtsstudie scheint das Händeschütteln, neben dem gemeinsamen Kontakt von Menschen mit Oberflächen wie etwa Türklinken, der wichtigste Übertragungsweg für Infektionen wie Erkältungen oder auch Magen-Darm-Erkrankungen zu sein. Das Infektionsrisiko wird durch den Umstand erhöht, dass Menschen, ohne sich dessen bewusst zu sein, sehr häufig mit den Händen Mund, Nase und/oder Augen berühren. Auf diese Weise können Krankheitserreger von einer Person auf die andere übertragen werden. Um Ansteckungen zu vermeiden, empfehlen die Forscher daher eine gute Handhygiene, deren zentraler Teil das gründliche Händewaschen mit Seife sei.

Bei der ärztlichen Untersuchung kann das Händeschütteln beziehungsweise die dabei ausgeübte Kraft des Patienten (der Händedruck im medizinischen Sinn) einen orientierenden Hinweis auf die motorische Koordinationsfähigkeit und sogenannte „grobe Kraft“ geben. Bei Koordinationsstörungen kann das Händeschütteln erschwert, bei muskulären Erkrankungen oder einer Sarkopenie der Händedruck vermindert sein. Nach einer Studie an Patienten jenseits des 85. Lebensjahres korreliert der gemessene Händedruck mit der zu erwartenden spezifischen Sterberate.

Religiöse Beurteilung

Islam

In den islamischen Gesellschaften wird das Händeschütteln zwischen Männern und Frauen zum Teil abgelehnt. So äußerte zum Beispiel der saudische Großmufti ʿAbd al-ʿAzīz ibn Bāz in einer Fatwa, das Händeschütteln zwischen Männern und Frauen, die nicht in einem die Ehe ausschließenden Verhältnis stehen, sei verboten. Dies begründete er unter anderem mit einem Hadith, wonach der Prophet Mohammed gesagt hat: „Ich gebe Frauen nicht die Hand“. Der schiitische Geistliche Muhammad Hussein Fadlallah (1935–2010), der zeitweise als religiöses Oberhaupt der terroristischen Vereinigung Hisbollah agierte, äußerte, im Islam sei das Händeschütteln zwischen Männern und Frauen verboten. Ziel dieses Verbots sei es, den Menschen davon abzubringen, sich einer „Perversion“ (inḥirāf) zu nähern.

Der in Katar lebende umstrittene Gelehrte und Fernsehprediger Yūsuf al-Qaradāwī hat eine etwas differenziertere Auffassung vertreten. Er urteilte, dass Händeschütteln zwischen Männern und Frauen dann zulässig ist, wenn keine „sexuelle Begierde“ (šahwa) oder „Versuchung“ (fitna) mit im Spiel ist. Das Gleiche gelte auch für das Händeschütteln zwischen einem Mann und einem bartlosen Jüngling (amrad). Darüber hinaus empfiehlt al-Qaradāwī, das Händeschütteln kurz zu halten, um jeden Zweifel (šubha) abzuwenden. Für den frommen Muslim und die fromme Muslimin sei es aber besser, nicht selbst die Hand zu reichen, sondern es nur dann zu tun, wenn einem die Hand gereicht wird.

In einer Video-Botschaft plädiert Tarafa Baghajati für mehr Gelassenheit im Umgang mit dem Thema Händeschütteln zwischen den Geschlechtern.

Judentum

In Teilen des Orthodoxen Judentums wird ein Handschütteln zwischen Männern und Frauen abgelehnt, da nach ihrer Auslegung der Halacha durch die Vorgaben von Jichud und Giluj Arajot („unziemliche Beziehungen“) über das Vermeiden ungeteilter Zweisamkeit und körperlicher Annäherung auch der Handschlag untersagt ist. Außerhalb orthodoxer Kreise ist der Händedruck zwischen unterschiedlichen Geschlechtern auch im Judentum üblich.

Hinduismus

Unter traditionellen Hindus ist nach dem Namaste (añjali mudrā) zwischen Männern auch ein beidhändiger Händedruck üblich, bei denen der sozial höher Stehende die beiden Hände des Gegenübers umfasst. Traditionell schütteln Männer jedoch niemals Frauen auf diese Weise die Hände, sondern es wird beim berührungslosen añjali mudrā belassen.

Kunst

In der bildenden Kunst gibt es seit antiker Zeit Darstellungen eines Händedrucks, genannt Dexiosis. Sie symbolisieren meist die Verbundenheit zweier Personen, aber auch von Städten oder Reichen durch den Händedruck der Herrscher.

Weblinks

Wiktionary: Händedruck – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Händedruck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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