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Julian Assange
Julian Paul Assange [əˈsɑːnʒ] (* 3. Juli 1971 in Townsville, Queensland) ist ein australischer investigativer Journalist, Politaktivist, ehemaliger Computerhacker, Programmierer und Gründer sowie Sprecher der Enthüllungsplattform WikiLeaks. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, geheim gehaltene Dokumente allgemein verfügbar zu machen, sofern sie unethisches Verhalten von Regierungen, Unternehmen oder militärischen Einrichtungen betreffen und somit von öffentlichem Interesse sind. Die Plattform sammelt Dokumente von Regimekritikern und Whistleblowern aus zahlreichen Ländern und stellt sie online zur Verfügung. Dafür erhielt Julian Assange zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Amnesty International Media Award (2009), den Global Exchange Human Rights Award (2013) und den Stuttgarter Friedenspreis (2020).
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Im Jahr 2010 publizierte WikiLeaks gemeinsam mit der New York Times, dem Guardian und dem Spiegel Auszüge aus Militärprotokollen, die unter anderem Kriegsverbrechen der USA während der Kriege in Afghanistan und im Irak belegten. Im Juli 2010 veröffentlichte WikiLeaks weitere interne Dokumente der US-Streitkräfte und -Behörden. Die darin enthaltenen Kriegstagebücher des Krieges in Afghanistan und im Oktober 2010 des Irakkrieges deckten laut dem UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, „mutmaßliche Kriegsverbrechen und Korruption“ auf. Die Offenlegung der Militärprotokolle erregte weltweite Aufmerksamkeit.
Die US-Regierung leitete Ermittlungen gegen Assange ein. Hinzu kam im August 2010 ein Haftbefehl in Schweden wegen vorgeblicher Sexualdelikte. Assange befürchtete seine Auslieferung in die USA und entzog sich der drohenden Auslieferung aus Großbritannien nach Schweden im Juni 2012 durch Entledigung seiner elektronischen Fußfessel und Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London. Ecuador gewährte ihm politisches Asyl, ermöglichte seinen dauerhaften Aufenthalt in der Botschaft und sprach ihm die ecuadorianische Staatsbürgerschaft zu. Die nächsten sieben Jahre lebte Assange dort als politischer Flüchtling.
2016 erhob der US-Sonderermittler Robert Mueller den Vorwurf, WikiLeaks habe Russland beim Eingriff in den Präsidentschaftswahlkampf beraten. Assange dementierte dies. Die Klage wurde abgewiesen.
Im April 2019 entzog ihm der neue ecuadorianische Präsident Lenín Moreno Asyl und Staatsbürgerschaft. Kurz darauf wurde Assange in der ecuadorianischen Botschaft von der britischen Polizei festgenommen und wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen zu einer Haftstrafe von fünfzig Wochen verurteilt. Die Vereinigten Staaten ersuchten das Vereinigte Königreich im selben Monat um seine Auslieferung. Auf die Anklagepunkte der US-Anklageschrift steht eine kumulierte Strafe von bis zu 175 Jahren Haft, schlimmstenfalls die Todesstrafe.
Nach Verbüßung der einjährigen Haftstrafe im September 2019 blieb Assange aufgrund des Auslieferungsantrages der Vereinigten Staaten in Haft. Die Ermittlungen zu den vorgeblichen Sexualdelikten wurden bereits im Mai 2017 mangels Beweisen eingestellt. Im Januar 2021 entschied ein Londoner Gericht, dass Assange nicht an die USA ausgeliefert wird. Im Dezember 2021 hob ein Berufungsgericht in London diese Entscheidung jedoch auf. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates votierte im Januar 2020 einstimmig für die „sofortige Freilassung“ von Julian Assange sowie die Verhinderung seiner Auslieferung in die USA. Diesem Appell schloss sich im Mai 2022 eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten in einem offenen Brief an das britische Innenministerium an. Am 17. Juni 2022 bewilligte die britische Regierung die Auslieferung an die Vereinigten Staaten. Assanges Verteidigung reichte Berufung gegen das Urteil ein, weshalb sich Assange weiterhin in Großbritannien im Hochsicherheitsgefängnis befindet. Der australische Premierminister Anthony Albanese sowie internationale Medienhäuser, darunter der Guardian, Le Monde und die New York Times, forderten die US-Regierung im November 2022 auf, die Strafverfolgung von Assange einzustellen.
Biographische Stationen
Werdegang bis 2010
Julian Paul Assange, geborener Hawkins ist der Sohn von Christine Ann Hawkins (* 1951), einer bildenden Künstlerin, die ihr Elternhaus mit siebzehn Jahren verlassen hatte, und John Shipton, den sie 1970 bei einer Anti-Vietnamkriegs-Demonstration kennengelernt hatte. Die Eltern trennten sich vor der Geburt des Kindes. Als Julian Hawkins ein Jahr alt war, heiratete seine Mutter Richard Brett Assange, einen Schauspieler, mit dem sie ein kleines Theater-Unternehmen leitete. Der Nachname geht auf den chinesischen Namen Au Sang zurück. Christine und Brett Assange ließen sich 1979 scheiden. Christine Assange begann eine Beziehung mit Leif Meynell aus der ihr zweiter Sohn hervorging. Assange berichtet von einer unsteten Kindheit mit über dreißig Wohnorten, bis sich seine Mutter mit den Kindern in Melbourne niederließ. Sie soll sich zeitweise auf der Flucht vor Meynell und der New-Age-Sekte „The Family“ – auch Santiniketan Park Association und Great White Brotherhood genannt – befunden haben, der er angehörte.
Der junge Julian Assange wechselte häufig die Schule. Teilweise wurde er zu Hause unterrichtet. Er studierte von 2003 bis 2006 an der University of Melbourne, ohne das Studium abzuschließen. Im Jahr 2007 verließ er nach eigener Aussage die Universität aus Protest gegen das, was er „die Optimierung einer Killer-Maschine“ nannte: Er vermutete, dass die mathematische Fakultät seiner Universität im Rahmen eines Vertrages mit der US-Armee Studien zur Effizienzsteigerung von Militärfahrzeugen erstellen sollte. Dies wurde von der Universität nicht bestätigt.
Erste Programmiererfahrungen sammelte Assange auf einem C64. Im Jahr 1987 beschaffte er sich ein Modem. Sein Hacker-Pseudonym war zunächst „Mendax“, dann verwendete er den Namen „Proff“, eine Anspielung auf den Science-Fiction-Roman Cryptonomicon von Neal Stephenson. Er und zwei weitere Hacker gründeten die Gruppe „International Subversives“. Daraufhin führte die Australian Federal Police 1991 in seinem Melbourner Haus eine Razzia durch. Im Jahr 1992 wurde Julian Assange in 24 Fällen des illegalen Hackens für schuldig befunden, weshalb er ein Bußgeld von 2100 australischen Dollar bezahlen musste und eine Bewährungsstrafe erhielt. Im Jahr 1995 schrieb Assange den ersten freien Portscanner namens Strobe. Er beschäftigte sich auch mit Verschlüsselungssoftware und erfand 1997 das Dateisystem Rubberhose, das einen glaubhaft abstreitbaren Verschlüsselungsmechanismus darstellt.
Während seiner Zeit als Hacker lernte Assange seine spätere Frau kennen. Im Jahr 1989 zogen beide zusammen, ein gemeinsamer Sohn wurde geboren. Das Paar trennte sich 1991. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit einigten sich Assange und seine Mutter Christine 1999 mit seiner ehemaligen Frau auf ein gemeinsames Sorgerecht.
Seit 2006 ist Assange für WikiLeaks aktiv. Nach eigener Aussage hat er „im Internet Geld verdient“ und konnte somit unbezahlt für WikiLeaks arbeiten. Mehrmals wurde er festgenommen, abgehört, zensiert und erfolglos verklagt. Im Jahr 2011 wurde Assange von dem damals 18-jährigen Sigurdur Thordarson, der anderthalb Jahre bei WikiLeaks volontierte, für das FBI ausspioniert.
Ab 2007 war Assange Mitglied der australischen Journalistengewerkschaft Media, Entertainment & Arts Alliance (MEAA) (The Alliance).
Im September 2010 verließ Daniel Domscheit-Berg WikiLeaks, nachdem Assange ihn vier Wochen zuvor suspendiert hatte. Domscheit-Berg: „Es muss tausend Wikileaks geben.“ Als Assanges engster Vertrauter hatte Domscheit-Berg zunehmend die Arbeitsweise von WikiLeaks kritisiert: Er wollte feste Strukturen, ein Büro, bezahlte Angestellte sowie eine offene Diskussion darüber. Später verarbeitete er seine Kritik in einem Buch. In der folgenden juristischen Auseinandersetzung warf ihm Assange vor, Materialien und Datenbestände entwendet und veröffentlicht zu haben.
Veröffentlichung von US-Militär-Dateien
Ab März 2010 veröffentlichte WikiLeaks geheime US-Militärdokumente und Videos zu den internationalen Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan, welche die Whistleblowerin Bradley Manning (später Chelsea Manning) übergeben hatte. Nachdem eine erzwungene Abschaltung der WikiLeaks-Server in den USA zu befürchten war, stellte Mitte August 2010 die schwedische Piratenpartei Piratpartiet WikiLeaks ihre Internetserver zur Verfügung, zusätzlich zu den bereits in Solna bestehenden Servern des Unternehmens PRQ AB.
Da Journalisten in Schweden einen ungleich umfassenderen Quellenschutz als anderswo genießen, allerdings nur bei Besitz des „Utgivningsbevis“, einer speziellen schwedischen Lizenz, hatte Assange seinerseits etwa zur selben Zeit eine schwedische Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis beantragt. Der Gründer und ehemalige Parteivorsitzende der Piratpartiet, Rickard Falkvinge, teilte in diesem Zusammenhang den Medien mit, dass Assange mit einem schwedischen Wohnort den Status eines „medienverantwortlichen Herausgebers“ anstreben und damit eine Basis dafür schaffen würde, WikiLeaks auf legaler Grundlage weiterzuführen.
Etwa zur gleichen Zeit (im August 2010) hatten zwei Frauen Assange bei der schwedischen Polizei wegen sexueller Vergehen beschuldigt. Die schwedische Staatsanwaltschaft hatte daraufhin im August 2010 einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung gegen ihn ausgestellt, der kurz darauf aber vorerst wieder zurückgenommen wurde. Nach Assanges Antrag einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis für Schweden wurden die Ermittlungen dann wieder aufgenommen. Sein Antrag auf Aufenthaltserlaubnis wurde im Oktober 2010 ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Nachdem Assange inzwischen – mit offizieller Erlaubnis der schwedischen Justiz – nach Großbritannien gereist war, stellte die schwedische Justiz im November 2010 einen internationalen Haftbefehl wegen des Verdachts der Vergewaltigung aus. Assange stellte sich daraufhin in London der Polizei, wurde gegen Kaution unter Auflagen – unter anderem das Tragen einer elektronischen Fußfessel – freigelassen und versuchte daraufhin mit juristischen Mitteln seine Auslieferung nach Schweden zu verhindern.
Anfang November 2010 erklärte Assange, er erwäge in der Schweiz Asyl zu beantragen und WikiLeaks dort anzusiedeln. Damit sollten die politisch brisanten Aktivitäten der Enthüllungsplattform abgesichert werden. Die Chancen zur Annahme dieses Asylantrags seien nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe gering. Assange müsse zuerst den Schutz seines Heimatlandes Australien in Anspruch nehmen und glaubhaft machen, dass Australien ihn nicht schützen könne, was sehr schwierig sei. Tatsachen über einen entsprechenden Asylantrag sind nicht bekannt.
Reaktionen
Julian Assange sah sich in den USA im Jahr 2010 scharfen Angriffen aus Politik, Medien und Militär ausgesetzt. Einige Stimmen forderten seine Hinrichtung nach einem Strafprozess, so der ehemalige Gouverneur von Arkansas Mike Huckabee: „Alles außer einer Hinrichtung ist eine zu milde Strafe.“ Die ehemalige US-Regierungsbeamtin und politische Kommentatorin für Fox News, Kathleen McFarland, forderte die Todesstrafe, falls er in einem Strafprozess für schuldig befunden werde (orig. “If he’s found guilty, he should be executed”).
Der Fox-News-Moderator Bill O’Reilly sagte, dass er sich sehr freuen würde, wenn Assange „von einer kleinen Drohne getroffen würde“. Der Politikwissenschaftler Tom Flanagan schlug in einem Interview mit CBC News einen Anschlag mittels einer bewaffneten Drohne vor (orig.: “use a drone or something […] Assange should be assassinated”), zog diese Aussage aber nach einer Strafanzeige zurück.
Am 6. Dezember 2010 äußerte sich der Fox-Moderator Bob Beckel in der Sendung Follow The Money mit:
“A dead man can’t leak stuff. This guy’s a traitor, he’s treasonous, and he has broken every law of the United States. […] And I’m not for the death penalty, so […] there’s only one way to do it: illegally shoot the son of a bitch.”
„Ein toter Mann kann keine Sachen veröffentlichen. Der Typ ist ein Verräter, er ist verräterisch, und er hat jedes Gesetz der Vereinigten Staaten gebrochen. […] Und ich bin nicht für die Todesstrafe, also […] gibt es nur einen Weg, es zu tun: den Hurensohn illegal erschießen.“
Der landesweit sendende Radiomoderator Rush Limbaugh empfahl, WikiLeaks-Gründer Assange „aufzuknüpfen“.Sarah Palin stellte die Frage, warum man Assange nicht mit demselben Nachdruck verfolgen würde wie Führer der al-Qaida oder der Taliban.
Als Reaktion forderte Assange in der britischen Zeitung The Guardian, Flanagan und andere sollten wegen Aufforderung zum Mord strafrechtlich verfolgt werden. „Wenn wir in einer Zivilgesellschaft leben wollen, können nicht hochrangige Leute im nationalen Fernsehen dazu aufrufen, das Justizwesen zu umgehen“, sagte er dem US-Sender MSNBC.
Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London 2012 bis 2019
Um die erwartete Auslieferung nach Schweden zu verhindern, flüchtete Assange am 19. Juni 2012 unter Missachtung der Kautionsauflagen aus seinem erweiterten Hausarrest überraschend in die ecuadorianische Botschaft in London und beantragte dort politisches Asyl. Sein Heimatland Australien gewähre ihm nicht die notwendige Unterstützung und er befürchte, über Schweden in die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden, wo ihm die Todesstrafe drohe. Schweden erklärte daraufhin, dass Auslieferungen nur unter strengen Bedingungen und bei einer drohenden Todesstrafe niemals möglich seien. Zudem hätten die USA noch gar keine Anklage erhoben. Im November 2013 erklärte die Obama-Regierung, dass sie Assange nicht wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente nach dem umstrittenen Spionagegesetz anklagen könnte. Der Außenminister Ecuadors, eines Unterzeichnerlandes der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Ricardo Patiño, erklärte im Juni 2012 zunächst, das Asylgesuch von Assange werde geprüft und Assange stehe unter dem Schutz der Botschaft. Die Botschafterin Ecuadors in London, Ana Albán Mora, wurde zu Konsultationen in ihr Heimatland zurückgerufen. Der linkspopulistische Präsident Ecuadors, Rafael Correa, war im Mai Gast bei Assanges Talkshow The World Tomorrow. Bereits im April 2011 hatte Ecuador die amerikanische Botschafterin Heather M. Hodges ausgewiesen. Sie hatte in einer von WikiLeaks veröffentlichten Botschaftsdepesche Präsident Rafael Correa die Duldung von Korruption vorgeworfen. Die USA hatten darauf ihrerseits mit der Ausweisung von Luis Gallegos, dem ecuadorianischen Botschafter in Washington, D.C., reagiert.
Da Assange mit der Flucht in die Botschaft gegen seine Kautionsauflagen verstieß, drohte ihm die britische Polizei mit der Festnahme, falls er die Botschaft wieder verlassen sollte. An seinem Asylbegehren wurde kritisiert, dass Ecuador entgegen Assanges Vorstellungen und Zielen 2012 in der jährlich von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit weit unten auf Platz 104 stand.Jemima Khan, die einen Teil der Kaution für Assange hinterlegt hatte, äußerte sich über Twitter kritisch. Sie habe von ihm erwartet, sich den Vorwürfen in Schweden zu stellen. Andere prominente Unterstützer Assanges beteiligten sich hingegen an einer Kampagne zugunsten seines Asylbegehrens. Im Juli übernahm der spanische Jurist Baltasar Garzón kostenlos die Leitung der Verteidigung von Assange.
Die schwedische Staatsanwaltschaft lehnte ein Angebot von Assanges Anwälten, ihn in der Londoner Botschaft zu verhören, zunächst ab. Im August 2012 gab Ricardo Patiño bekannt, dass sein Land Julian Assange politisches Asyl gewähre. Der ehemalige britische Außenminister William Hague erklärte daraufhin, Großbritannien erkenne das „Prinzip des diplomatischen Asyls“ nicht an. Wenige Tage später hielt Assange vom Balkon des Botschaftsgebäudes eine vorher angekündigte Rede an Unterstützer, die sich auf der Straße versammelt hatten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beraumte wegen des diplomatischen Streits zwischen Großbritannien und Ecuador eine Dringlichkeitssitzung an. Im August 2014 kündigte Assange an, die Botschaft zu verlassen, ohne dass es tatsächlich dazu kam.
Im Juni 2015 lehnte Ecuador eine Anfrage Schwedens für eine Befragung Assanges in der Botschaft in London zunächst ab. Im Dezember 2015 einigten sich beide Länder schließlich nach längeren Verhandlungen auf die Bedingungen einer Befragung in Bezug auf den Vergewaltigungsvorwurf. Die Ermittlungen zu den übrigen Anklagepunkten mussten die schwedischen Behörden in der Zwischenzeit einstellen, da sie fünf Jahre nach der Anzeige im August 2015 verjährt waren. Im Januar 2016 übermittelte Schweden dann die Fragen, die von ecuadorianischen Beamten an Assange gestellt werden sollten, doch Ecuador lehnte die Befragung zunächst erneut ab. Ein weiterer Termin im Oktober 2016 wurde ebenfalls abgesagt.
Im September 2016 gab Assange über den Twitter-Account von WikiLeaks bekannt, dass er im Falle der Freilassung von Chelsea Manning bereit sei, sich selbst ausliefern zu lassen und gegebenenfalls eine Haftstrafe in den USA anzutreten. Nach der Begnadigung Mannings durch Obama im Januar 2017 zog er dieses Angebot wieder zurück.
Im November 2016 fand die indirekte Befragung Assanges durch die schwedische Staatsanwaltschaft in der Botschaft statt. Diese führte zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen, die nicht durchgeführt werden konnten, da Assange eine erforderliche formelle Zustellung der Vorwürfe in der Botschaft abgelehnt habe und auch keine Aussicht bestand, dass Assange vor einem schwedischen Gericht erscheinen könne. Das Verfahren wurde daher im Mai 2017 vorerst eingestellt; die Schuldfrage konnte nicht geklärt werden (mehr dazu im Abschnitt Ermittlungsverfahren in Schweden).
Im März 2017 begann WikiLeaks unter dem Codewort Vault 7 eine Reihe von Dokumenten zu veröffentlichen, die einen tiefen Einblick in die Aktivitäten der Central Intelligence Agency (CIA) erlauben. Zu den geleakten Informationen gehörten auch Hacking-Tools der CIA. Sie bezeichnete den Leak letztendlich als „den größten Datenverlust in der Geschichte der CIA“. Die Wut der CIA und des von Präsident Donald Trump neu eingesetzten CIA-Direktors Mike Pompeo auf WikiLeaks veranlasste Pompeo, die Gruppe im Jahr 2017 als „nichtstaatlichen feindlichen Geheimdienst“ zu bezeichnen. Pompeo wollte sich an WikiLeaks und Assange rächen. Pompeo und andere Spitzenbeamte der CIA entwickelten Pläne, Assange wegen seiner Rolle bei den Vault-7-Leaks zu ermorden. In einer Erklärung im September 2021 sagte Laura Poitras, die Berichte über Versuche, sie selbst, Glenn Greenwald und Assange als „Informationsvermittler“ und nicht als Journalisten einzustufen, seien „erschütternd und eine Bedrohung für Journalisten weltweit“. „Dass die CIA sich auch verschworen hat, um die Überstellung und außergerichtliche Ermordung von Julian Assange zu erreichen, ist ein staatlich gefördertes Verbrechen gegen die Presse“, erklärte sie. Greenwald sagte: „Ich bin nicht im Geringsten überrascht, dass die CIA, eine seit langem autoritäre und antidemokratische Institution, einen Weg gefunden hat, den Journalismus zu kriminalisieren und Journalisten auszuspionieren und andere Angriffe auf sie zu verüben.“
Im Januar 2018 gab die Regierung Ecuadors die Einbürgerung Assanges bekannt. Im März 2018 entzog Ecuador Assange den Internetzugang, weil er wiederholt gegen die Vereinbarung verstoßen habe, keine Nachrichten zu verbreiten, „die eine Einmischung in die Beziehungen zu anderen Staaten vermuten lassen“. Medienberichten zufolge plante die Regierung von Ecuador mittlerweile, Assange das Asyl in der Botschaft zu entziehen und seinen Auszug einzuleiten. Der amerikanische Senat kontaktierte daraufhin Assange und sprach mit ihm über eine mögliche Zusammenarbeit im Zusammenhang mit den Untersuchungen bezüglich russischer Einflussnahmen auf die amerikanische Präsidentschaftswahl 2016.
Verhaftung im April 2019 und danach
Am 11. April 2019 wurde Assange innerhalb der Botschaft auf Anforderung des ecuadorianischen Botschafters von der Londoner Polizei festgenommen, nachdem ihm der Präsident Ecuadors, Lenín Moreno, das Asylrecht entzogen hatte. Moreno hatte sich von der Politik seines Amtsvorgängers Correa distanziert und verfolgte außenpolitisch das Ziel, die Beziehungen zu den Staaten Nordamerikas und Europas wieder zu normalisieren. Ebenfalls warf er Assange vor, durch sein aggressives und respektloses Verhalten die Grundlagen des Asylrechts während seines Aufenthalts in der Botschaft so sehr verletzt zu haben, dass die Weitergewährung des Asyls untragbar geworden sei. Außenminister Valencia erklärte, ihm lägen Garantien der britischen Regierung vor, dass Assange nicht in ein Land ausgeliefert werde, in dem seine Menschenrechte verletzt würden. Scharfe Kritik an der Entscheidung kam von Ex-Präsident Correa und seinem ehemaligen Außenminister, die Moreno vorwarfen, Assange „geopfert“ zu haben, um an zugesagte Kredite des Internationalen Währungsfonds zu gelangen. Das ecuadorianische Parlament hingegen begrüßte die Maßnahmen gegen Assange mit großer Mehrheit. Am Tag seiner Verhaftung wurde Assange die 2017 verliehene ecuadorianische Staatsbürgerschaft aberkannt. Dies wurde mit Unregelmäßigkeiten in den Papieren begründet.
Ein britisches Gericht begründete den Haftbefehl damit, Assange habe gegen Kautionsauflagen verstoßen, weil er zu einem früheren Gerichtstermin nicht erschienen war. Assanges Verteidiger, Baltasar Garzón, rief die ecuadorianische Regierung und den Präsidenten des Landes dazu auf, die „wahren Gründe“ für die Auslieferung Assanges an die britische Polizei zu nennen. Es sei fehl am Platze, von irgendwelchen Verstößen gegen Protokollregeln zu sprechen. Die Asylinterpretation des Präsidenten Moreno sei „willkürlich und inkonsistent“, erklärte er. Garzón hielt es auch für „sehr ernst“, dass Assange die vor mehr als einem Jahr gewährte ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen wurde: „Dies geschah ohne Rücksicht auf jegliche Verfahrensnorm, und wir werden es vor der ecuadorianischen Justiz konstatieren.“
Eine Stunde nach Assanges Verhaftung verlangten die USA auf der Grundlage eines 2017 gestellten, aber bis dahin geheim gehaltenen Auslieferungsersuchens von Großbritannien die Überstellung Assanges. Sie warfen ihm gemeinschaftliche Verschwörung mit Chelsea Manning zum Eindringen in Rechnernetze der Regierung vor. Für diesen Vorwurf könnte Assange eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft erwarten. Auch Schweden, das sein früheres Auslieferungsersuchen an Großbritannien 2017 wegen Aussichtslosigkeit zurückgezogen hatte, erwog in der neuen Situation eine neuerliche diplomatische Aktion.
Noch am Tag der Verhaftung wurde Assange einem Haftrichter vorgeführt und des Verstoßes gegen Kautionsauflagen schuldig gesprochen, da er sich durch seine Flucht in die ecuadorianische Botschaft der Justiz entzogen habe. Am 1. Mai 2019 wurde dann vom Southwark Crown Court in London eine Gefängnisstrafe von 50 Wochen verhängt. Damit wurde das Strafmaximum von 52 Wochen beinahe ausgeschöpft. Üblich sind in Großbritannien für den Verstoß gegen Kautionsauflagen Geldbußen oder Haftstrafen von wenigen Tagen. Andere mögliche Straftatbestände waren nicht Teil dieses Verfahrens. Eine Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrates, die sich bereits 2016 zum Botschaftsaufenthalt Assanges geäußert hatte, kritisierte die Verurteilung: Es sei eine unverhältnismäßige Strafe für ein unbedeutendes Vergehen; Assange solle freigelassen werden. Assange selbst kritisierte in einem Brief an den britischen Journalisten Gordon Dimmack die Haftbedingungen im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh: Ihm seien nur zwei Besuche pro Monat erlaubt, seine Telefonkontakte seien stark eingeschränkt und er habe keinen Zugang zum Internet, zu einem Computer oder einer Bücherei – obwohl er dies bräuchte, um seine Verteidigung vorzubereiten. Die deutsche Botschaft in London bewertete diese Schilderungen als „durchaus denkbar“. Wegen der harten Haftbedingungen wird das Gefängnis auch die ‚britische Version von Guantánamo Bay‘ genannt.
Im Mai 2019 nahm die schwedische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Assange wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung wieder auf. Dies hatte zuvor die Anwältin der Frau beantragt, die den Vergewaltigungsvorwurf erhoben hatte. Daraufhin wurde ein europäischer Haftbefehl beantragt, der vom Bezirksgericht Uppsala jedoch nicht zugelassen wurde, da Assange bereits in Großbritannien inhaftiert sei und die Ermittlungen somit auch durch eine dortige Befragung zunächst weiterverfolgt werden könnten.
Am 23. Mai 2019 erweiterten die USA ihre Anklage wegen der WikiLeaks-Veröffentlichungen auf insgesamt siebzehn Anklagepunkte – nun auch nach dem umstrittenen Spionagegesetz von 1917, unter anderem wegen der mutmaßlichen Offenlegung und Gefährdung von Geheimdienstquellen. Insgesamt war durch diese erweiterte Anklage der USA ein theoretisches Strafmaß von maximal 175 Jahren Haft möglich. Bereits kurz nach ihrer Vereidigung hatte die neue Trump-Regierung 2017 ein deutlich härteres Vorgehen gegen Assange angekündigt, nachdem die Regierung Obama eine Anklage Assanges nach dem Spionagegesetz noch ausgeschlossen hatte.
Assange wurde aufgrund einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in den medizinischen Trakt des Gefängnisses verlegt. WikiLeaks äußerte in einem Statement Sorge um ihn (er habe in den sieben Wochen Haft deutlich an Gewicht verloren). Assanges schwedischer Verteidiger Per Samuelson erklärte, er habe am 24. Mai deswegen keine normale Unterhaltung mit ihm führen können. Der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates zum Thema Folter, Nils Melzer, der Assange zusammen mit zwei medizinischen Experten im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh besucht hatte, äußerte ebenfalls große Besorgnis und gab am 31. Mai 2019 eine Erklärung heraus, in der er ein sofortiges Ende der „kollektiven Verfolgung“ von Assange forderte und den USA und ihren Verbündeten „psychologische Folter“ (Weiße Folter) vorwarf.Er warnte zudem insbesondere vor einer Auslieferung in die USA. Am 11. Juni 2019 erhielten Assanges Vater, John Shipton, und der in Berlin lebende chinesische Künstler und Dissident Ai Weiwei die Möglichkeit, Assange im Hochsicherheitsgefängnis in London zu besuchen. Beide äußerten sich danach besorgt. Ai Weiwei forderte Großbritannien und Europa auf, der Auslieferung des WikiLeaks-Gründers nicht stattzugeben: „Europa ist bekannt als Ort, an dem Menschenrechte und Pressefreiheit respektiert werden. Was Julian getan hat, ist, im 21. Jahrhundert dunkle, unbeschreibliche Vorfälle öffentlich zu machen, die staatliche Strukturen hatten“. Der Auslieferung nicht stattzugeben wäre auch nach einer entsprechenden Genehmigung durch britische Gerichte noch möglich, denn letztlich entscheidet der britische Innenminister darüber, ob tatsächlich ausgeliefert wird. Assanges Vater erklärte, seinem Sohn werde jede Möglichkeit vorenthalten, sich auf seine Anfechtungsklage gegen die Auslieferung vorzubereiten, und er wünschte sich, dass die australische Regierung ihrem Bürger diplomatische Hilfe leiste, da sein Sohn zum Opfer der britischen und schwedischen Strafverfolgungsbehörden gemacht worden sei.
Nachdem am 12. Juni 2019 ein offizielles Auslieferungsgesuch der USA für Assange vom britischen Innenminister formal angenommen worden war, wurde in einer gerichtlichen Anhörung zwei Tage später – bei der Assange per Videostream aus dem Gefängnis zugeschaltet war – entschieden, dass die Anhörung am 25. Februar 2020 beginnen solle. Da sich Assange wehrte, müssen über den Antrag der USA die verschiedenen britischen Gerichtsinstanzen bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entscheiden. Ihm sind sie auch nach dem Austritt aus der EU untergeordnet.
Im September 2019 wurde bekannt, dass Assange in der Botschaft ausspioniert wurde: Das mit der Sicherheit betraute spanische Sicherheitsunternehmen UC Global installierte dort heimlich Überwachungsgeräte und der US-Geheimdienst verschaffte sich Echtzeit-Zugriff darauf. Davon waren auch deutsche Medienmitarbeiter betroffen, wie Die Zeit zu berichten wusste: „Von der Überwachung seien neben Ärztinnen und Anwälten Assanges auch drei Mitarbeiter des NDR betroffen gewesen, teilte der Sender mit. Dies gehe aus Dokumenten und Videoaufnahmen hervor, die NDR und WDR vorliegen.“ Am 28. November 2019 erstattete der NDR Strafanzeige gegen UC Global.
Die am 1. Mai 2019 verhängte fünfzigwöchige Haftstrafe wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen hatte Assange „Ende September abgesessen, weil in England Strafen von unter einem Jahr nur zur Hälfte vollstreckt werden“. Auch danach musste Assange wegen des anhängigen US-amerikanischen Auslieferungsersuchens in Haft bleiben. Im März 2020 wurde ein Antrag von Julian Assange auf Freilassung unter Kautionsauflagen wegen der Coronavirus-Pandemie vom zuständigen Gericht abgelehnt. Assanges Verteidigung hatte argumentiert, dass ihr Mandant durch seine angeschlagene Gesundheit im Gefängnis besonders gefährdet sei. Der Prozess über den Auslieferungsantrag der Vereinigten Staaten sollte am 18. Mai 2020 fortgesetzt werden.
Die Bedingungen, unter denen die Gerichtsverhandlungen stattfinden, wurden von Beobachtern teils stark kritisiert: So sei es durch die schlechte Akustik im Saal und die Sicherheitsglasscheiben, hinter denen Assange saß, für ihn sehr schwer, der Verhandlung zu folgen, worauf er auch immer wieder durch Handzeichen aufmerksam mache. Der Kontakt zur Verteidigung würde ebenfalls dadurch erschwert, dass durch die permanent anwesenden Sicherheitskräfte keine vertrauliche Kommunikation möglich sei und Assange während der Verhandlung keinen Blickkontakt mit seinen Verteidigern aufnehmen könne, da diese mit dem Rücken zu ihm säßen. Ein Antrag, dass Assange neben der Verteidigung sitzen könne, wurde durch die Richterin abgelehnt. Die Begleitung des Prozesses durch Pressevertreter war nur eingeschränkt möglich, da der Gerichtssaal des Woolwich Crown Court nur über eine Ersatzmikrofonanlage verfügt, so dass im angrenzenden Presseraum oft nur wenig, streckenweise gar nichts zu hören ist.
Im April 2020 wurde bekannt, dass Assange seit 2015 eine Beziehung mit seiner Anwältin Stella Moris-Smith Robertson führt. Das Paar hat zwei Söhne. Sie bat als Partnerin von Assange um seine Freilassung, weil sie sah, „dass sein Leben auf dem Spiel steht … Sie sorge sich um die Gesundheit und das Leben des Wikileaks-Gründers“. Im Juni 2021 erhielt Assange erstmals seit Monaten Besuch von seiner Familie. „Seit mehr als zwei Jahren sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Nun wurde die Isolation kurz unterbrochen, der 49-Jährige konnte Frau und Kinder sehen. Die Situation sei ‚unerträglich und grotesk‘, so seine Verlobte. […] ‚Es kann so nicht weitergehen‘, sagte Moris-Smith Robertson. Assange quäle sich, die Haft treibe ihn in eine ‚tiefe Depression und in Verzweiflung‘.“ Im Juni 2021 gab Moris-Smith Robertson erneut bekannt, dass Assange und sie planen, im Gefängnis zu heiraten. Die Gefängnisseelsorge habe ihr berichtet, dass es die erste Hochzeit seit mindestens zwölf Jahren in der Vollzugsanstalt sein werde. Die Braut hofft, „dass die neue US-Regierung unter Joe Biden die Anklage gegen ihren Partner fallenlässt.“
Die Trauung fand am 23. März 2022 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh statt. Das Brautkleid war von der Modeschöpferin Vivienne Westwood entworfen worden, jedoch wurde dem Paar kein offizielles Hochzeitsfoto gestattet. Im Jahr 2023 traf sich Assanges Frau und Anwältin mit Vertretern der deutschen Bundesregierung. Im Gefängnis ist Assange laut Stella Morris pro Tag 22 Stunden in einer etwa drei mal zwei Meter großen Einzelzelle untergebracht. Er hat kein Internet, darf eine begrenzte Anzahl an Büchern besitzen und eineinhalb Stunden pro Woche unter Beobachtung Besuch empfangen. Assange habe, bevor er in eine andere Einzelzelle verlegt wurde, mit Wassereimern auf dem Bett schlafen müssen, weil das Gefängnis so verfallen ist, dass in Assanges vorheriger Einzelzelle Wasser von der Decke tropfte.
Ermittlungsverfahren
Vergewaltigungsvorwurf in Schweden und internationaler Haftbefehl
Im August 2010 hatten sich zwei Frauen bei der schwedischen Polizei gemeldet und Vorwürfe gegen Assange erhoben. Aber keine der beiden Frauen zeigte Assange an. Beide erklärten, sie hätten Assange zunächst verehrt und ihn jeweils nach einem Seminar Mitte August 2010 in Stockholm mit in ihre Wohnung genommen. Beide zeigten demnach zudem auch ihr sexuelles Interesse, bestanden aber auf geschütztem Geschlechtsverkehr. Laut Aussage der einen Frau habe Assange sie während der Uneinigkeit bezüglich Kondombenutzung festgehalten, sie dann aber losgelassen und ihrem Wunsch gemäß ein Kondom appliziert, dieses jedoch in irgendeiner Weise unbemerkt manipuliert, wodurch es beim anschließenden einvernehmlichen Geschlechtsverkehr geplatzt sei. Ein Festhalten „in sexueller Weise“ wurde später von der Staatsanwaltschaft als sexuelle Nötigung gewertet und die vorgeworfene unbemerkte Beschädigung des Kondoms – erachtet als Nichtbenutzung eines Kondoms entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Frau – als sexuelle Belästigung (“sexual molestation”). Die Frau organisierte am nächsten Tag noch eine Party mit ihren Freunden und Assange, äußerte dabei aber bereits gegenüber einer Freundin Bedenken wegen Gewalt beim Geschlechtsverkehr. Laut der anderen Frau habe es mit Assange zunächst eine Kontroverse über das Kondom, aber keinen Geschlechtsverkehr gegeben. Später in derselben Nacht sei es mindestens einmal zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen, bei dem Assange unwillig ein Kondom benutzt habe. Am Morgen, nachdem sie sich nach Einkäufen für das Frühstück zurück neben Assange in das Bett gelegt habe und eingeschlafen sei, sei sie aufgewacht und habe dabei festgestellt, dass Assange gerade ungeschützten Sex mit ihr ausführte. Geschlechtsverkehr mit einer Schlafenden wird laut schwedischem Strafgesetzbuch (Kapitel 6, Paragraf 1) als Vergewaltigung angesehen. Daher wurde dieser Vorwurf von der Staatsanwaltschaft später als Vergewaltigung in einem minderschweren Fall gewertet. Beide Frauen gingen erst zur Polizei, als sie in einem Gespräch miteinander ihre ähnlichen Erfahrungen bemerkten, es verdächtig fanden, dass in beiden Fällen angeblich zufällig das Kondom gerissen sei – obwohl beide im Gegensatz zu Assange auf geschütztem Sex bestanden – und Assange daraufhin einen HIV-Test zunächst verweigerte. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein. Laut Assange war der Geschlechtsverkehr einvernehmlich und die Initiative sei von den Frauen ausgegangen. Laut Aussage des UN-Sonderberichterstatters Nils Melzer wollten die Frauen ihn zu einem HIV-Test zwingen lassen, der Vergewaltigungsvorwurf sei hingegen „konstruiert“ und auf der Anzeige einer der Frauen fehle die Unterschrift.
Einen Tag nachdem die schwedische Piratenpartei WikiLeaks ihre Server in Solna angeboten hatte, wurde am 20. August 2010 ein Haftbefehl gegen Assange wegen Vergewaltigung erlassen, am Tag darauf aber zunächst wieder aufgehoben, da die Ermittlungsbehörde den Vorwurf der Vergewaltigung als unbegründet ansah; die Ermittlungen hierzu wurden eingestellt, die Ermittlungen zum anderen Fall wegen möglicher sexueller Nötigung fortgeführt. Nachdem bekannt geworden war, dass Assange bei der schwedischen Zuwanderungsbehörde eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung beantragt hatte, nahm die schwedische Ermittlungsbehörde – unter der neuen Anklägerin Marianne Ny – am 1. September 2010 ihre Ermittlungen gegen Assange wieder auf, in einem Fall wegen Vergewaltigung und im anderen Fall wegen „sexueller Nötigung und sexueller Belästigung“. Assange selbst bestritt die Vorwürfe und sprach von „schmutzigen Tricks“ seiner Gegner. Seine Unterstützer sahen das Verfahren als Schmierkampagne politischer Gegner an, um WikiLeaks zu schaden. Schwedens zuständige Staatsanwältin (överåklagare in Schweden) Marianne Ny betonte daraufhin im Dezember 2010, keinerlei politischem oder anderweitigem Druck ausgesetzt zu sein.
Assange blieb nach Beginn der Ermittlungen zunächst drei Wochen in Schweden, um sich gegebenenfalls einer Befragung zu stellen; laut seinem Anwalt war er auch zu einer Aussage unter Eid bereit gewesen. Nach Nys eigenen Angaben rief Assange sie schließlich persönlich an, um zu fragen, ob er aus dem Land ausreisen dürfe, was sie erlaubt habe. Laut Darstellung des UN-Sonderberichterstatters Melzer gab es eine schriftliche Bestätigung der schwedischen Staatsanwaltschaft, dass Assange „Schweden für kurzfristige Abwesenheiten verlassen“ dürfe, woraufhin Assange das Land verließ.
Am 18. November 2010 beantragte die schwedische Staatsanwaltschaft erneut einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung, sexueller Belästigung und Nötigung; das zuständige Amtsgericht beschloss einen international wirkenden Haftbefehl. Assange ging in Berufung. Das zweithöchste schwedische Gericht ließ den Haftbefehl bestehen, milderte jedoch den Anklagepunkt der Vergewaltigung auf „minder schwere Vergewaltigung“ ab.
Am 1. Dezember 2010 wurde bekannt, dass Interpol eine „Red Notice“ gegen Assange erlassen hatte. Diese „roten Mitteilungen“ bedeuten, dass die 194 Mitgliedsstaaten von Interpol das Land, aus dem der ursprüngliche Haftbefehl stammt, bei der Suche nach einer Person „mit Blick auf ihre Festnahme und Auslieferung“ unterstützen sollen. Bei der sogenannten „Red Notice“ handelt es sich um das schärfste Mittel, das Interpol zur Verfügung steht. Im Deutschen wird dies häufig als „Internationaler Haftbefehl“ bezeichnet, angewendet wurde hierbei die spezielle Regelung des „Europäischen Haftbefehls“. Interpol selbst vermeidet jedoch im englischen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Arrest warrant“ (englisch für Haftbefehl), um den Unterschied zu den nationalen Haftbefehlen zu betonen. Assange wurde wegen des gegen ihn in Schweden erhobenen Vergewaltigungsvorwurfs gesucht. Sein Anwalt hatte wenige Stunden vor der Veröffentlichung der „Red Notice“ durch Interpol ein Berufungsgericht in Schweden angerufen und die Aufhebung des schwedischen Haftbefehls beantragt.
Am 7. Dezember 2010 stellte sich Assange in London der Polizei und wurde in Untersuchungshaft genommen. Er befand sich im Gefängnis Wandsworth. Eine Woche später entschied ein Londoner Gericht, Assange gegen eine Kaution von 200.000 britischen Pfund in bar (ca. 240.000 €) zuzüglich der Bereitstellung von 40.000 Pfund durch zwei Bürgen freizulassen. Außerdem musste er eine elektronische Fußfessel tragen und eine Reihe weiterer Auflagen einhalten. Nachdem die britische Staatsanwaltschaft Berufung gegen die Freilassung eingelegt hatte, entschied das Gericht am 16. Dezember 2010, Assange dennoch zu den oben genannten Bedingungen auf Kaution aus der Haft zu entlassen, was noch am selben Tag geschah. Der Journalist Vaughan Smith beherbergte Assange und bekannte sich öffentlich zu seiner Unterstützung. Im Januar 2011 fand eine kurze Verhandlung in London statt, eine weitere Anhörung zur möglichen Auslieferung nach Schweden begann im Februar und wurde weiter vertagt. Der Londoner Magistrates’ Court entschied noch im Februar, dass Assange an Schweden ausgeliefert werden dürfe. Assange legte dagegen Berufung ein; das Berufungsverfahren vor dem Londoner High Court begann im Juli 2011. Am 2. November 2011 entschied der High Court, dass Assange von Großbritannien nach Schweden ausgeliefert werden dürfe.
Assange legte dagegen eine letzte Berufung beim höchsten Gericht, dem Supreme Court, ein, die am 16. Dezember 2011 für zulässig erklärt wurde, weil der juristische Streit grundsätzliche Bedeutung habe. Am 1. Februar 2012 begann hierzu eine zweitägige Anhörung. Am 30. Mai entschied dieses Gericht, dass Assange ungeachtet der Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, innerhalb von zehn Tagen nach Schweden ausgeliefert werden müsse. Es billigte den Verteidigern Assanges allerdings eine Frist von zwei Wochen zu, um einen Antrag auf eine Neuaufnahme des Falls einzureichen. Innerhalb dieser Zeit werde Assange nicht ausgeliefert werden. Am 12. Juni 2012 stellte Assange einen entsprechenden Antrag, der jedoch zwei Tage später abgewiesen wurde. Damit konnte Assange ab dem 28. Juni innerhalb von zehn Tagen von Großbritannien nach Schweden ausgeliefert werden.
Um die erwartete Auslieferung nach Schweden zu verhindern, entledigte sich Assange am 19. Juni 2012 seiner elektronischen Fußfessel, flüchtete in die ecuadorianische Botschaft in London und bat dort um politisches Asyl. Laut seiner Darstellung fürchtete er, dass er nach seiner Auslieferung nach Schweden von dort weiter in die USA ausgeliefert würde. Am 16. August teilte Außenminister Ricardo Patiño in Quito mit, dass Assange Asyl in Ecuador gewährt werde. Ein Vertreter des britischen Außenministeriums hatte jedoch kurz zuvor erklärt, dass Assange festgenommen werde, sobald er die ecuadorianische Botschaft verlasse.
Obwohl Assanges Antrag auf Aufhebung des schwedischen Haftbefehls scheiterte, sagte er im Sommer 2014, dass er die Botschaft bald verlassen werde. Im Herbst 2014 legte Assange eine Beschwerde bei der UN vor, in der er den Aufenthalt in der Botschaft als unrechtmäßig kritisierte, da er einer Inhaftierung gleichkomme. Das rechtlich nicht bindende Gutachten des UN-Gremiums fiel zu seinen Gunsten aus.
Im März 2015 gab die schwedische Staatsanwältin Marianne Ny bekannt, dass sie Ecuador um Erlaubnis für eine Befragung Assanges in der Londoner Botschaft bitten würde. Laut Ecuador kam am 12. Juni 2015 dann eine offizielle Anfrage für eine Befragung am 17. Juni. Ecuador lehnte den Zugang der schwedischen Staatsanwälte in die Botschaft daraufhin aber ab, da dafür zunächst ein internationales Justizkooperationsabkommen notwendig sei, welches wiederum laut schwedischer Darstellung völkerrechtlich nicht vorgeschrieben sei. Sowohl Großbritannien als auch Assange selbst hatten einer Befragung dagegen zugestimmt.
Im August 2015 verjährten die Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung und Nötigung und wurden daher von der schwedischen Staatsanwaltschaft fallen gelassen. Das Verfahren wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung blieb aber vorerst bestehen.
Nach sechs Monaten Verhandlung einigten sich Schweden und Ecuador schließlich im Dezember 2015 auf die Rahmenbedingungen einer Befragung Assanges in der Londoner Botschaft Ecuadors. Im Januar 2016 übermittelte die schwedische Staatsanwaltschaft dann die Fragen an Ecuador, so dass gemäß der Vereinbarung ecuadorianische Regierungsbeamte Assange verhören könnten. Die Befragung wurde durch Ecuador zunächst abgelehnt. Ein weiterer Befragungstermin im Oktober wurde ebenfalls abgesagt. Erst ab dem 14. November 2016 konnte Assange schließlich in der ecuadorianischen Botschaft zu dem Vergewaltigungsvorwurf befragt werden. Die von der schwedischen Oberstaatsanwältin Ingrid Isgren eingereichten Fragen wurden dabei von einem ecuadorianischen Kollegen gestellt und die Antworten wurden anschließend durch Ecuador an Schweden übermittelt.
Im Mai 2017 teilte die schwedische Staatsanwaltschaft mit, dass sie die Ermittlungen gegen Assange vorerst einstelle. Dabei betonte sie, dass die Schuldfrage weiterhin nicht geklärt sei. Die Ermittlungen seien vorerst eingestellt, da es aktuell keine Möglichkeit gäbe, sie weiterzuführen. Die Befragung Assanges in der Botschaft 2016 habe zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen geführt, die erfordern würden, dass Assange in Schweden vor Gericht erscheine, da er eine erforderliche formelle Zustellung der Vorwürfe in der Botschaft abgelehnt habe. Es könne aber angesichts der Umstände in diesem Fall nicht erwartet werden, dass dies in absehbarer Zukunft geschehe. Die schwedische Staatsanwaltschaft erklärte weiter, dass die Ermittlungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden könnten.
Nach der Verhaftung Assanges am 11. April 2019 in London wegen Vorwürfen der britischen und der US-Justiz nahm die schwedische Staatsanwaltschaft am 13. Mai 2019 die Ermittlungen gegen Assange wegen des Vergewaltigungsvorwurfes erneut auf. Dies war bereits am Tage von Assanges Verhaftung von der Anwältin der Frau beantragt worden, die den Vergewaltigungsvorwurf gegen Assange erhoben hatte. Am 20. Mai 2019 beantragte die schwedische Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht Uppsala erneut einen Haftbefehl gegen Assange. Das Gericht folgte diesem Antrag aber nicht, sondern entschied am 3. Juni, dass die Ermittlungen auch weitergeführt werden könnten, wenn Assange in London befragt würde. Eine formelle Inhaftierung in Schweden sei dafür nicht notwendig, da er bereits in Großbritannien im Gefängnis sitze. Am 19. November 2019 gab die schwedische Staatsanwaltschaft bekannt, dass die Voruntersuchungen zum Vergewaltigungsvorwurf eingestellt wurden, da es keine ausreichenden Beweise für eine Verurteilung mehr gäbe: Da der Vorfall in der Zwischenzeit so lange zurückliege, habe sich die Beweislage deutlich abgeschwächt. Nach fast einem Jahrzehnt erinnerten sich die Zeugen nicht mehr genau, trotzdem halte man die Klägerin für glaubhaft. Gegen die Entscheidung könne Widerspruch eingelegt werden.
Nils Melzer zu dem Vergewaltigungsvorwurf
Ende Januar 2020 sprach UN-Sonderberichterstatter Melzer in einem Interview mit dem schweizerischen Online-Magazin Republik über die Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Julian Assange. Er stellte die Frage, weshalb sich ein Mensch neun Jahre lang in einer strafrechtlichen Voruntersuchung zu einer Vergewaltigung befunden habe, ohne dass es je zur Anklage gekommen sei. Polizei und Staatsanwaltschaft in Schweden hätten den Vorwurf der Vergewaltigung gegen Assange konstruiert und die falschen Verdächtigungen unmittelbar der Presse gesteckt. Die betroffene Frau S. W. habe demnach nie ihre nachträglich durch die Polizei manipulierte Aussage unterschrieben. Melzer erhob schwere Vorwürfe gegenüber den US-amerikanischen, britischen, ecuadorianischen und schwedischen Behörden. Sie hätten den Fall durch Formalismen vorsätzlich bald zehn Jahre hinausgezögert, um Assange durch lange Isolierung und psychische Folter denkunfähig und durch eine Schmutzkampagne angreifbar zu machen. Melzer, der die Sachverhalte aufgrund seiner Schwedischkenntnisse anhand der Originalunterlagen prüfte, erklärte: „Wir müssen aufhören zu glauben, dass es hier wirklich darum gegangen ist, eine Untersuchung wegen Sexualdelikten zu führen.“ Anfang Februar 2020 erklärte Melzer – auch in einem Interview im ZDF –, die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange seien erfunden. Laut der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) gibt es für Melzers Theorie, dass die Anklage konstruiert war, Puzzleteile, die zusammenpassen. Doch diese und auch weitere Umstände des Ablaufs sowie gewisse personelle Verflechtungen in Schweden seien Indizien und nicht stringente Beweise. Nach Meinung der Rechtswissenschaftlerin Tatjana Hörnle reicht Melzers öffentliche Beweisführung für die gravierenden Vorwürfe nicht aus. Melzer wies diverse Ausführungen von Hörnle zurück. Die Frau, die Assange vorwarf, sie sexuell bedrängt zu haben und mit der Melzer direkten Kontakt hatte, warf Melzer unter anderem vor, sie persönlich zu verleumden und teilweise die Unwahrheit über die Ermittlungen verbreitet zu haben, etwa über die Bereitschaft Assanges, zu den Vorfällen auszusagen. Melzer veröffentlichte eine Stellungnahme, in der er versuchte, Missverständnisse aufzuklären, und der Hoffnung Ausdruck gab, dass diese nicht von den eigentlichen Problemen im Fall Assange ablenken. Später sagte die Frau, dass Assanges Verhalten für sie keine Straftat gewesen sei und sie Assange „lange verziehen“ habe.
Auslieferung in die USA abgelehnt
Aufgrund der umfangreichen und für die USA problematischen Veröffentlichungen geheimer Dokumente durch WikiLeaks ab Mitte März 2010 stand Julian Assange spätestens ab diesem Zeitpunkt im besonderen Fokus der US-Justiz. Es wurde unter anderem 2011 eine Grand Jury eingerichtet, die untersuchen sollte, ob Assange wegen der Übermittlung von Informationen, die nationale Sicherheit betreffend, nach dem Espionage Act von 1917 angeklagt werden könne; dieses Gesetz erlaubt u. a. auch die Todesstrafe.
Die Problematik besteht in der Formulierung des Gesetzes, dessen Intention gegen Spionage mit der Situation zu Beginn des 21. Jahrhunderts wenig zu tun hat. 1971 wurde mit Daniel Ellsberg – der Quelle der Pentagon-Papiere – der erste Whistleblower unter dem Gesetz angeklagt. Seitdem wurden besonders unter Präsident Barack Obama immer wieder statt Spionen auch Whistleblower unter dem Espionage Act angeklagt. Laut Kritikern steht dieser im Widerspruch zum ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der die Presse- und Redefreiheit garantiert. Edward Snowden kritisierte, dass bei einer Anklage nach dem Espionage Act kein faires Verfahren möglich sei, weil die Geheimhaltung der Informationen die Jury daran hinderte, die Motivation des Angeklagten zu berücksichtigen.
Nach der Verhaftung von Chelsea Manning (früher: Bradley Manning) – der vorgeworfen wurde, das Video Collateral Murder und die Depeschen amerikanischer Botschaften an WikiLeaks weitergegeben zu haben – sollte zudem als Anklagepunkt auch der unautorisierte Zugang zu einem Rechnernetz und der Diebstahl von Regierungseigentum untersucht werden. Assange selbst berief sich auf den Freedom of Information Act; er habe das Material nur veröffentlicht, nicht selbst beschafft, und der Name Manning sei ihm erst aus den Medien bekannt geworden. Laut einer Anklageschrift von 2019 lagen den USA zu einem späteren Zeitpunkt die Chatprotokolle einer direkten Kommunikation zwischen Assange und Manning von Anfang März 2010 vor, also von kurz vor dem Beginn der Veröffentlichungen auf WikiLeaks.
Assange befürchtete seit seinem Aufenthalt in Großbritannien und dem internationalen Haftbefehl Schwedens 2010 eine Auslieferung von England oder Schweden aus in die USA. Die USA versuchten, Hilfe von Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Australien sowie anderen Verbündeten zu erhalten. Um dem vorzubeugen, gab Assange Ende 2010 bekannt, dass, sollte ihm etwas zustoßen, WikiLeaks auf 2000 Websites weltweit alle noch nicht veröffentlichten Dokumente auf einmal ins Netz stellen würde.
Laut den in den Global Intelligence Files veröffentlichten Aussagen eines ehemaligen Bundesagenten und damaligen Vizepräsidenten des amerikanischen Unternehmens Strategic Forecasting (Stratfor) bereitete die US-Regierung angeblich spätestens ab Januar 2011 eine „geheime Anklage“ (sealed indictment) gegen Assange vor einer nicht öffentlich tagenden Grand Jury vor. Das Justizministerium der Vereinigten Staaten nahm dazu zunächst keine Stellung. In den USA kann eine Anklageschrift versiegelt werden, um sie geheim zu halten. Bis zum Sommer 2012 gelang es den Behörden der Vereinigten Staaten nicht, eine Anklage gegen Assange zu formulieren oder einen Auslieferungsantrag an Großbritannien zu stellen. Auch das schwedische Justizministerium erklärte im August, von keinem US-Auslieferungsantrag zu wissen. Die zuständige Direktorin im schwedischen Justizministerium betonte, dass gemäß der Grundrechte-Charta der EU eine Auslieferung in die USA nur dann möglich sei, wenn keine Gefahr für das Leben des Gefangenen bestehe.
Im November 2013 erklärte das US-Justizministerium unter Obama, dass Assange nicht wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente angeklagt werden könne, da man sonst gleichzeitig auch Journalisten und Medien wie The Guardian oder die New York Times anklagen müsse, die ebenfalls vielfach im Rahmen ihrer Arbeit geheime Dokumente veröffentlicht hatten. Angestellte oder Dienstleister des Staates wie Chelsea Manning oder Edward Snowden hingegen, die vertragswidrig geheime Informationen entwendet hatten, konnten nach dem Spionagegesetz angeklagt werden. Nach dieser Stellungnahme des Justizministeriums liefen die Untersuchungen der Grand Jury zu WikiLeaks weiter; Assange konnte noch für mögliche andere, kriminelle Aktivitäten angeklagt werden. Offiziell wurde erklärt, zu dem Zeitpunkt gäbe es keine geheime Anklage der Grand Jury.
Nach der Amtseinführung Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten im Januar 2017 teilte der von ihm ernannte neue US-Justizminister Jeff Sessions im April 2017 mit, dass die Festnahme Assanges sowie die Bekämpfung der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen unter der neuen Regierung Priorität bekommen habe. Es sollten Anklagen gegen Assange vorbereitet werden – auch wegen Verstoßes gegen das Spionagegesetz. Durch irrtümlich im August 2018 vor Gericht eingereichte Justizakten wurde bekannt, dass bereits an der Erstellung einer Anklageschrift gearbeitet wurde.
Im August 2017 unterbreitete der US-Republikaner Dana Rohrabacher in der Botschaft Ecuadors in London Assange, unter Beisein seiner Anwältin Jennifer Robinson, ein Begnadigungsangebot, obwohl es zu diesem Zeitpunkt offiziell noch keine Anklage gab. Assange lehnte es jedoch ab, die Quelle für die auf WikiLeaks veröffentlichten Clinton-Mails offenzulegen, aus der sich die US-Regierung einen Vorteil erhoffte. Rohrabacher bestritt das Treffen nicht, betonte jedoch, nicht im Auftrag der US-Regierung gehandelt zu haben.
Im April 2019 veröffentlichte das US-Justizministerium die bereits ein Jahr zuvor aufgesetzte und zunächst geheim gehaltene Anklage gegen Assange. Ihm wurde vorgeworfen, Chelsea Manning bei dem Versuch unterstützt zu haben, ein Passwort für ein Netzwerk mit geheimen Dokumenten des US-Verteidigungsministeriums zu knacken. Manning hatte bereits Zugang zu geheimen Informationen des Netzwerkes, und das Knacken des Passwortes hätte ihr geholfen, die Herkunft der geleakten Dokumente zu verschleiern. Des Weiteren wurde Assange vorgeworfen, Manning zu weiteren Leaks animiert zu haben. Die Anklage beruhte unter anderem auf Protokollen einer direkten Kommunikation zwischen Assange und Manning von Anfang 2010. Vermutlich stammten diese von der verschlüsselten Chat-Plattform Jabber. Insgesamt war für diese Anklagepunkte maximal ein Strafmaß von fünf Jahren möglich, das aber in der Regel nicht ausgeschöpft wird.
Im Mai 2019 ersetzten die USA ihre bisherige Anklage durch eine deutlich erweiterte, insgesamt siebzehn Punkte umfassende und ebenfalls auf den 2010 veröffentlichten US-Militärdokumenten – die Wikileaks von Chelsea Manning zugespielt worden waren – beruhende Anklage und berief sich nun zusätzlich auf den Espionage Act. In den neuen Anklagepunkten wurde Assange weiterhin angelastet, Manning zum Diebstahl der Dokumente angetrieben und sie dabei unterstützt zu haben. Außerdem wurde ihm nun vorgeworfen, Quellen der US-Geheimdienste im Nahen und Mittleren Osten sowie in China enttarnt und damit gefährdet zu haben. Insgesamt steht auf alle Anklagepunkte zusammen eine theoretische Maximalstrafe von 175 Jahren Haft.
Im Juni 2019 wurde bekannt, dass die USA ein offizielles Auslieferungsgesuch für Assange an Großbritannien gestellt hatten, das am 12. Juni 2019 vom britischen Innenminister formal angenommen wurde und über das die verschiedenen britischen Gerichtsinstanzen zu entscheiden hatten, letztinstanzlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Bei einer Anhörung wurde vom Gericht entschieden, dass die erstinstanzlich auf fünf Tage angesetzte Verhandlung über das Auslieferungsgesuch der USA am 25. Februar 2020 beginnen solle. Im Juni 2020 erweiterte das US-Justizministerium die Anklage gegen Assange. Neue Anklagepunkte wurden dabei nicht hinzugefügt, weil die Frist für das Hinzufügen neuer Punkte abgelaufen war. Jedoch wurden die bestehenden Anklagepunkte um weitere Details zur mutmaßlichen Zusammenarbeit mit Anonymous nahestehenden Hackern und anderen erweitert.
Am 4. Januar 2021 lehnte der Westminster Magistrates’ Court in London, die einem Amtsgericht vergleichbare erste Instanz im britischen Justizsystem, die Auslieferung ab. Begründet wurde dies mit den zu erwartenden Haftbedingungen und bestehender Suizidgefahr. Die USA haben Berufung eingelegt. Der Staatspräsident und Regierungschef Mexikos, Andrés Manuel López Obrador, bot Assange nach der Auslieferungsablehnung politisches Asyl an. Am 6. Januar 2021 wies derselbe Magistrates’ Court Assanges Antrag auf Freilassung auf Kaution ab und begründete dies mit Fluchtgefahr. Das von der US-amerikanischen Seite angestrengte Berufungsverfahren begann am 27. Oktober 2021.
In einem Interview im Juni 2021 erklärte Sigurður Ingi Þórðarson, ein ehemaliger Zuträger des FBI und ein wichtiger Zeuge gegen Assange in dem Verfahren in den USA, in wichtigen Punkten, auf die sich die Anklage gegen Assange stützt, gelogen und einen Meineid geleistet zu haben, um Immunität zu erhalten.
Aufhebung des Auslieferungsverbots
Am 10. Dezember 2021 wurde das Auslieferungsverbot von einem Berufungsgericht in London aufgehoben. Der Richter Timothy Holroyde begründete den Entscheid damit, dass die Vereinigten Staaten ausreichende Zusicherungen bezüglich der Haftbedingungen gemacht hätten.Nils Muižnieks, der Europadirektor von Amnesty International, nannte die Entscheidung eine „Travestie von Justiz“. Am 24. Januar 2022 entschied der britische High Court of Justice, dass Assange vor dem Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs gegen seine Auslieferung an die USA Berufung einlegen darf. Die Berufung wurde jedoch am 14. März 2022 zurückgewiesen.
Auslieferungsbefehl der britischen Regierung an die USA
Am 10. Juni 2022 schrieben 300 Ärzte aus 35 Ländern einen offenen Brief an die britische Innenministerin Priti Patel und kritisierten die „grausame und unmenschliche Behandlung“, die Assange widerfahre. Sie warnten, dass die Genehmigung der Auslieferung fahrlässig und inakzeptabel wäre. Der High Court habe Assanges Schlaganfall bisher ignoriert. Die Zusicherungen der USA, die der High Court akzeptiert hatte und auf deren Grundlage die Auslieferung beruhe, basierten auf veralteten medizinischen Informationen und seien damit obsolet. Die Ärzte wiesen auch die vom High Court akzeptierten Zusicherungen der USA zurück, dass die Haftbedingungen in den USA menschenwürdig seien. Vielmehr stellten sie fest, die USA hätten weiterhin die Möglichkeit, Herrn Assange besondere Verwaltungsmaßnahmen aufzuerlegen und ihn z. B. in das ADX Florence einzuweisen, eine Hochsicherheitsstrafanstalt mit den härtesten und brutalsten Haftbedingungen in den USA. Die Einrichtung verstoße gegen die Anti-Folter-Konvention, der Australien beigetreten ist. Die „Zusicherungen“ der USA wären wertlos. Am 17. Juni 2022 unterzeichnete Innenministerin Patel den Auslieferungsbefehl an die Vereinigten Staaten, dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis. „Seine Frau kündigte an, dass er … Rechtsmittel einlegen wird.“ Assanges Verteidigung reichte Berufung gegen das Urteil ein, weshalb sich Assange momentan noch in Großbritannien befindet.
Die britische Entscheidung zu Assanges Auslieferung an die USA löste weltweites Entsetzen aus.Friedrich Roeingh (Chefredakteur der Mainzer Allgemeinen Zeitung und der Wormser Zeitung) erklärte, dass
- „die Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak von den USA, also vom Westen begangen wurden und dass in diesem Fall die Freiheit von den USA und von Großbritannien mit Füßen getreten wird.“
- das „Leaken von geheimen Daten … im 21. Jahrhundert zum Kern investigativer Recherchen“ gehört.
- die Welt ohne Assange kaum erfahren hätte, „wie eindeutig und zum Teil systematisch die US-Streitkräfte in ihrem ‚War on terror‘ gegen Kriegsrecht verstoßen haben.“
- Assange „seit über zehn Jahren unter unwürdigen Bedingungen seiner Freiheit beraubt“ wird.
- an „diesem Mann … schon so viel beschämendes Unrecht begangen worden“ ist, „dass eine Umkehr kaum möglich erscheint.“
- wir zum Beispiel viel zu wenig zum Thema gemacht haben, „dass die Regierung Biden daran festhält, Assange habe Spionage betrieben, wofür bis heute kein Beweis vorliegt.“
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte Assanges Auslieferung zu stoppen und seine Freilassung zu verfügen. Agnès Callamard, Menschenrechtsexpertin und Generalsekretärin in der Londoner Zentrale von Amnesty International, erklärte die Entscheidung der britischen Regierung sende „eine abschreckende Botschaft“ an alle Journalisten. Sie äußerte die Sorge, Assange könnte trotz gegenteiliger Versicherungen der US-Regierung für längere Zeit in Einzelhaft genommen werden. Der Deutsche Journalisten-Verband rief die USA auf, die Anklage fallen zu lassen. Wenn Präsident Joe Biden russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anprangere, dürfe er nicht mit äußerster juristischer Härte gegen den Aufklärer amerikanischer Kriegsverbrechen vorgehen.
Wirken, Positionen und Kritik
Wikileaks und Assanges Arbeitsweise hatten einen großen Einfluss auf traditionelle Medienunternehmen: Diese übernahmen viele der Innovationen, die Assange für WikiLeaks entwickelte, dazu gehören das Installieren anonymer digitaler Dropboxen, das Veröffentlichen großer, überarbeiteter Datensätze, die Einstellung von Journalisten für Data Science und die Ermutigung von Reportern, ihre Internetsicherheit zu verbessern, um Quellen zu schützen. Assange hängt einer libertären Weltanschauung an. Im Jahr 2006 veröffentlichte er den Aufsatz Conspiracy as Governance, in dem er seine politischen Grundüberzeugungen darlegt. Darin bezeichnet er jede autoritäre Governance als „Verschwörung“, die zum Schaden der Bevölkerung arbeite. Die „Verteidiger von Wahrheit, Liebe und Selbstverwirklichung“ hätten diese Verschwörungen zu bekämpfen. In Zeiten vor der Alphabetisierung sei dieser Kampf mit Attentaten geführt worden, heute gehe es darum, die Kommunikationsverbindungen zwischen den einzelnen Verschwörern zu stören und sie von ihrem geheimen Informationszufluss aus der Außenwelt abzuschneiden. Der amerikanische Historiker Sean Wilentz deutet die Praxis von WikiLeaks, geheime Informationen der Regierung zu stehlen und an die Öffentlichkeit zu geben, als Verwirklichung der in diesem Text dargelegten politischen Grundüberzeugungen; allerdings seien sie falsch, teilweise sogar paranoid.
Im August 2013 bekannte Assange seine Bewunderung für Ron Paul und dessen Sohn Rand von der Tea-Party-Bewegung. Beide seien die stärksten Unterstützer im Kampf gegen die Angriffe der amerikanischen Regierung auf WikiLeaks gewesen und ständen zudem in entschiedener Opposition gegen den Drohnenkrieg und die Praxis ungesetzlicher gezielter Tötungen. Andererseits soll er dem Guardian-Reporter Nick Davies, der mit ihm an der Sichtung der US-Geheimdienst-Dokumente arbeitete, gesagt haben, dass ein afghanischer ziviler Informant der westlichen koalitionären Streitkräfte den Tod verdiene und man deshalb seine Identität bei den WikiLeaks-Veröffentlichungen nicht zu schützen brauche. Mit Bezug auf die amerikanischen Wahlen erklärte er, der libertäre Flügel der Republikanischen Partei sei derzeit „die einzige Hoffnung“.
Im März 2013 gründete Assange mit anderen die libertaristische Partei The WikiLeaks Party. Im August verließen diese einige prominente Mitglieder wieder, darunter Parteivize Leslie Cannold und Wikileaks-Mitgründer Daniel Mathews, und warfen dem Vorsitzenden Assange vor, sich über Beschlüsse des Parteirats hinwegzusetzen. Entgegen dessen Entscheidung, die bei den im australischen Präferenzwahlsystem wichtigen Wahlempfehlungen für die Grünen abzugeben und nicht für Kreationisten, Waffenpartei oder christliche Rechte, gab Assange im Namen seiner Partei Empfehlungen für rechtsgerichtete Parteien ab, unter ihnen die Australia First Party. Bei den Wahlen im September 2013 erhielt die WikiLeaks Party dann 0,62 Prozent und wurde 2015 von der Wahlkommission aus dem Parteienregister gestrichen.
Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 in den USA veröffentlichte Wikileaks mehrere tausend E-Mails, die vom Server der Demokratischen Partei entwendet worden waren (siehe auch WikiLeaks#US-Präsidentschaftswahlen 2016). Der US-Sonderermittler Robert Mueller erhob in seiner Anklageschrift den Vorwurf, dass es eine Korrespondenz zwischen WikiLeaks und dem Hacker „Guccifer 2.0“ gegeben habe, mit dem Ziel, die Wahlen zum Schaden von Clinton zu beeinflussen. Die Enthüllungsplattform habe das Material von einer direkt vom russischen Militärgeheimdienst GRU kontrollierten Person erhalten. Im selben Zeitraum wurde auch bekannt, dass es gezielte Absprachen und Kontakte zwischen WikiLeaks und Donald Trump Jr. – Sohn von Präsidentschaftskandidat Donald Trump – bezüglich des Vorgehens im Wahlkampf gab. Des Weiteren wird Assange vorgeworfen, ähnliches Material von einem Hack gegen die Republikaner – Donald Trumps eigener Partei – absichtlich zurückgehalten zu haben. Assange dementierte, im Besitz derartigen Materials zu sein. Eine Zivilklage des Demokratischen Nationalkomitees (DNC) gegen Russland, die Trumps Wahlkampforganisation und auch WikiLeaks sowie Assange wurde am 30. Juli 2019 abgewiesen. Russland als vermeintlicher Hauptakteur kann in den USA nicht zivil verklagt werden – und die Aktionen von WikiLeaks sowie Assange sind zivilrechtlich durch den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten geschützt.
Assange ist Mitglied des Beratenden Ausschusses der Bewegung DiEM25.
Stellungnahmen zu Assanges Situation (ab Februar 2016)
Die dem UN-Menschenrechtsrat unterstehende Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen veröffentlichte im Februar 2016 eine Stellungnahme zu Assanges Situation, da dieser sich zu der Zeit unter diplomatischem Schutz in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt, um einer beschlossenen Auslieferung von Großbritannien nach Schweden zu entgehen (mehr dazu im Abschnitt Ermittlungsverfahren). In der Stellungnahme wurde die „Festsetzung“ Assanges in der Botschaft als illegal und menschenrechtswidrig bezeichnet. Die Regierungen Schwedens und Großbritanniens wurden darin aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Assange sich wieder frei bewegen könne; außerdem stünde ihm ein Anspruch auf Entschädigung zu. Der Bericht wurde von der fünfköpfigen Expertengruppe mit drei gegen zwei Stimmen knapp angenommen. Beide beschuldigten Länder wiesen die Aussagen des rechtlich nicht bindenden Gutachtens zurück. Der ehemalige britische Außenminister Hammond sagte, die Arbeitsgruppe bestehe aus Laien, nicht aus Juristen, und ihre Schlussfolgerung weise rechtliche Mängel auf; Assange sei ein Flüchtling vor der Justiz. Die schwedische Regierung erklärte, Assange halte sich freiwillig in der Botschaft auf und könne sie jederzeit verlassen. Assange selber sprach hingegen nach dem Urteil von einem „wirklich wichtigen Sieg“ und forderte Großbritannien und Schweden auf, dem Urteil nachzukommen.
Die von den USA 2019 veröffentlichte Anklage gegen Assange auf Grundlage des Spionagegesetzes wurde auch von verschiedenen Journalistenverbänden im April und Juni 2019 kritisiert: Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die britischen Behörden auf, Assange „unverzüglich auf freien Fuß zu setzen“. Er erklärte: „Dem Wikileaks-Gründer wird etwas vorgeworfen, was nicht als strafbare Handlung geahndet werden darf: Beihilfe zum Landesverrat durch Veröffentlichungen“. Die Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Tina Groll, warnte vor „einem massiven Eingriff in die verfassungsmäßig garantierte Pressefreiheit“, sollte Assange an die USA ausgeliefert werden. Laut dem Schriftstellerverband P.E.N. wäre seine Auslieferung „ein schwerer Schlag gegen die Freiheit des Wortes, die Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung.“
Der vom UN-Menschenrechtsrat ernannte Sonderberichterstatter für Folter, der Schweizer Nils Melzer, hatte Assange am 9. Mai 2019 im britischen Hochsicherheitsgefängnis HM Prison Belmarsh mit zwei medizinischen Experten besucht und kritisierte daraufhin die Situation von Assange: Er verurteilte den „vorsätzlichen und abgestimmten Missbrauch“, der Assange seit Jahren auferlegt würde. Zudem betonte er: „Meine dringlichste Sorge ist, dass Herr Assange in den Vereinigten Staaten einem echten Risiko schwerer Verletzungen seiner Menschenrechte ausgesetzt wäre, einschließlich seiner Meinungsfreiheit, seines Rechts auf ein faires Verfahren und des Verbots von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“. „Im Laufe der letzten neun Jahre war Herr Assange hartnäckigem, fortschreitendem Missbrauch ausgesetzt, der von systematischer gerichtlicher Verfolgung und willkürlicher Inhaftierung in der ecuadorianischen Botschaft über seine repressive Isolation, Belästigung und Überwachung innerhalb der Botschaft bis hin zu vorsätzlicher kollektiver Verhöhnung, Beleidigung und Demütigung, offener Anstiftung zur Gewalt und sogar wiederholten Aufrufen zu seiner Ermordung reichte.“ In offiziellen Schreiben, die Ende Mai 2019 an die Regierungen von Ecuador, der USA, Großbritannien und Schweden verschickt wurden, forderte Melzer die vier beteiligten Regierungen auf, von der weiteren Verbreitung, Anstiftung oder Duldung von Erklärungen oder anderen Aktivitäten abzusehen, die die Menschenrechte und die Würde von Assange beeinträchtigen, und Maßnahmen zu ergreifen, um ihm angemessene Rechtsbehelfe und Rehabilitation für frühere Schäden zu bieten. Melzer appellierte ferner an die britische Regierung, Assange nicht an die USA oder einen anderen Staat auszuliefern, der keine zuverlässigen Garantien gegen seine Weiterleitung in die USA bietet. Er erinnerte auch Großbritannien an seine Verpflichtung, Assanges ungehinderten Zugang zu Rechtsbeistand, Dokumentation und angemessener Vorbereitung entsprechend der Komplexität des anhängigen Verfahrens sicherzustellen. „In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung habe ich noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammengeschlossen hat, um ein einzelnes Individuum so lange Zeit und unter so wenig Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu dämonisieren und zu missbrauchen“, sagte Melzer. „Die kollektive Verfolgung von Julian Assange muss hier und jetzt enden!“ Im November 2019 stellte Melzer in einer öffentlichen Anhörung in den Räumlichkeiten des deutschen Bundestags fest, dass sich auch die deutsche Bundesregierung überhaupt nicht für den Fall engagiere. Im Gegenteil, trotz mehrfacher Anfragen des UN-Beauftragten um offizielle Stellungnahmen blieben diese aus. Er wurde erst am Vorabend seines Auftrittes im Bundestagsgebäude zu einer Besprechung ins Auswärtige Amt eingeladen. Darin wurde ihm beschieden, „man habe meine Berichte zum Fall Assange nach wie vor nicht gelesen und habe auch keine Zeit dazu“. Ende Januar 2020 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarates einstimmig eine Resolution, die die „sofortige Freilassung“ von Julian Assange sowie die Verhinderung einer Auslieferung an die USA forderte. Der Resolution war eine Anhörung vorausgegangen, in der John Shipton, der Vater von Julian Assange, Nils Melzer, der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Anthony Bellanger, Generalsekretärs des Dachverbandes nationaler gewerkschaftlicher Journalistenverbände Internationalen Journalisten-Föderation, und Regis Brilliard, Exekutivsekretär des Anti-Folter-Komitees des Europarates, über die zweifelhafte juristische Verfolgung und Folter von Assange berichteten. Ende Januar 2020 kam es zu den schweren Vorwürfen des UN-Sonderberichterstatters Nils Melzer gegen die schwedischen, britischen und US-Behörden (veröffentlicht in dem Online-Magazin Republik).
Anfang Februar 2020 stellten der Investigativjournalist Günter Wallraff, die ehemaligen Bundesminister Sigmar Gabriel und Gerhart Baum sowie die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen in der Bundespressekonferenz in Berlin den Appell Julian Assange aus der Haft entlassen (Wallraff-Appell, weil von ihm initiiert) vor. Auch der Publizist Navid Kermani und die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin sind Teil der Initiative. Dem vorangegangen war ein breiter, von 130 Persönlichkeiten aus der deutschen Politik, Wissenschaft und Kultur unterzeichneter Appell, darunter zehn ehemalige Minister, an Großbritannien: „Wir unterstützen die Forderung des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen zum Thema Folter, Nils Melzer, nach einer umgehenden Freilassung von Julian Assange, aus medizinischen sowie aus rechtsstaatlichen Gründen“ – der ganzseitig in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen war. Der Forderung schlossen sich auch vier Verbände, der Deutsche Journalisten-Verband, die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi, Reporter ohne Grenzen und das gemeinnützige Whistleblower-Netzwerk an. Gabriel erklärte, die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens sei – offenbar aus politischen Gründen – nicht gewährleistet. Wallraff ergänzte, es gehe nicht nur um Assange selbst, sondern um die Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit. Wenn Journalisten und Whistleblower befürchten müssten, die Aufdeckung staatlicher Verbrechen mit „Einkerkerung“ oder ihrem Leben zu bezahlen, sei die „Vierte Gewalt“ und damit die Demokratie in Gefahr. Der Wallraff-Appell kann von jedem Menschen unterzeichnet werden. Über 45.000 (Stand: 18. Juni 2021) haben das bereits getan.
In einem von Wallraff initiierten Brief wird an Bundeskanzlerin Merkel appelliert, bei ihrem am 15. Juli 2021 anstehenden Besuch bei US-Präsident Joe Biden darum zu bitten, das von seinem Amtsvorgänger Donald Trump betriebene Verfahren gegen Assange zu beenden und die Klage fallen zu lassen. Im April 2022 forderte die niederländische Parlamentsabgeordnete Marieke Koekkoek die niederländische Regierung dazu auf, sich gegenüber der britischen Regierung gegen eine Auslieferung in die USA einzusetzen und dazu auch für europäische Unterstützung zu werben.
Im Januar 2023 trat in Washington D. C. das "Belmarsh Tribunal" zusammen, bei dem führende Persönlichkeiten aus Politik, Recht und Wirtschaft, darunter Noam Chomsky, Ken Loach und Daniel Ellsberg, die US-Regierung aufforderten, die Anklage gegen Julian Assange fallenzulassen.
Um ihre Solidarität zu zeigen erklären im April 2023 die europäischen Journalistengewerkschaften und -verbände Julian Assange zum Ehrenmitglied ihrer Organisationen. Die Europäische Journalisten-Föderation (EJF) und ihre Mitgliedsorganisationen appellieren erneut an die britischen Behörden, Julian Assange freizulassen. Sie schlossen sich der Internationale Journalisten-Föderation (IFJ) an und fordern die US-Regierung auf, alle Anklagen gegen Julian Assange fallen zu lassen und ihm die Rückkehr zu seiner Frau und seinen Kindern zu ermöglichen.
Autobiographie und Geschäftliches
Assange kündigte im Januar 2011 ein autobiographisches Buch an, das im Herbst weltweit bei dem schottischen Verlag Canongate Books und in den USA bei Alfred A. Knopf verlegt werden sollte. Die deutschsprachigen Rechte wurden an Kiepenheuer & Witsch vergeben. Weitere Verlage in Europa, Brasilien und Australien sicherten sich die Rechte für ihre jeweiligen Buchmärkte. Nach eigener Aussage wollte Assange das Buch zwar nicht schreiben, benötigte aber das Geld, um sich juristisch gegen die Vorwürfe in Schweden zu verteidigen und WikiLeaks unterstützen zu können. Assange gab dem Ghostwriter Andrew O’Hagan fünfzig Stunden lang Interviews und wollte im Juni 2011 den Buchvertrag auflösen. Den erhaltenen Vorschuss zahlte er jedoch nicht zurück, woraufhin das Buch im September als unautorisierte Biografie erschien.Knopf Publishers löste den Vertrag mit Assange, und Kiepenheuer & Witsch verzichtete auf die Herausgabe einer deutschsprachigen Übersetzung.
Anfang März 2011 wurde bekannt, dass Assange, ähnlich wie andere prominente Personen, beim britischen Intellectual Property Office beantragte, seinen Namen und den von WikiLeaks unter Markenschutz stellen zu lassen; Markenschutz existiert (Stand: 2018) nicht. WikiLeaks unterhält auch einen eigenen Webshop mit Merchandising-Artikeln; der frühere Stand ist im webarchive konserviert.
Im Januar 2012 gab WikiLeaks in einer von Assange autorisierten Mitteilung bekannt, dass er eine Diskussionsreihe mit führenden Persönlichkeiten aus der Politik und revolutionären Denkern plane. Im Jahr 2012 wurden insgesamt zwölf Sendungen unter dem Titel The World Tomorrow (Мир завтра) bei dem russischen Fernsehsender Russia Today als jeweils halbstündige Talkshow gesendet. In der ersten Folge seiner Sendung begrüßte Assange Mitte April 2012 den libanesischen Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah im Video-Chat. Die Zusammenarbeit mit dem von der russischen Regierung kontrollierten Auslandssender stieß auf signifikante internationale Medienkritik, Assange lasse sich für russische Interessen instrumentalisieren.
Ende November 2012 hielt Assange im Rahmen des ConventionCamp in Hannover einen Vortrag, bei dem er per Skype zugeschaltet war und sein gerade erschienenes Buch Cypherpunks. Freedom and the Future of the Internet vorstellte. Die Kryptographie sei der notwendige gewaltlose Widerstand gegen staatliche Überwachung im Internet.
Film, Theater und Comic
Der australische Arzt und Autor Ron Elisha schrieb unter dem Titel Stainless Steel Rat („Edelstahl-Ratte“) ein Theaterstück über das Leben Assanges, das unter der Regie von Wayne Harrison von Mai 2011 an in Sydney geprobt und im dortigen Seymour Centre der Universität Sydney von Ende Juni bis Mitte Juli aufgeführt wurde.
Unter dem Titel Assassinate Assange wurde im September 2012 im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel und später in Wien ein Theaterstück von Angela Richter aufgeführt. Richter hatte im Vorfeld ein Mittagessen mit Assange für 1.600 € ersteigert und ausführliche Gespräche mit Assange geführt.
In der 500. Folge von Die Simpsons hatte Assange einen Kurzauftritt als Zeichentrickfigur. Den Text sprach er telefonisch von Großbritannien aus ein.
Im Jahr 2013 drehte Regisseur Alex Gibney den Dokumentarfilm We Steal Secrets: Die WikiLeaks Geschichte, der sich mit Assange und der Geschichte von WikiLeaks auseinandersetzt.
Steven Spielbergs Studio DreamWorks Interactive sicherte sich im März 2011 die Rechte an der Verfilmung von zwei Büchern. Im Oktober 2013 erschien der Spielfilm Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt, dessen Regie Bill Condon übernommen hatte. Benedict Cumberbatch übernahm die Rolle des Julian Assange und Daniel Brühl die des Daniel Domscheit-Berg. Der Film entstand nach einem Drehbuch von Josh Singer und basiert in Teilen auf Domscheit-Bergs Buch Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt. Assange bezeichnete in einem offenen Brief an Cumberbatch den Film als „nicht gut“ und äußerte die Befürchtung, dass die Veröffentlichung ihm und nahestehenden Personen schaden könnte, vor allem, weil man Domscheit-Bergs Buch als Vorlage genommen habe.
In dem Comic Der Papyrus des Cäsar aus der Comicreihe Asterix wird Assange durch den Enthüllungsjournalisten Polemix nachgeahmt.
Im Jahr 2020 erschien Wikileaks – Staatsfeind Julian Assange, ein NDR/WDR-Film über Aufstieg und Fall des Julian Assange.
Der Fernsehsender Arte veröffentlichte im Juni 2021 die Reportage Julian Assange: Chronik einer Spionageaffäre.
Preise und Auszeichnungen
- 2008 Freedom of Expression Award für Assange und WikiLeaks der Organisation Index on Censorship.
- 2008 The Economist New Media Award
- 2009 Amnesty International Media Award (New Media) für „Kenya: The Cry of Blood – Extra Judicial Killings and Disappearances“, ein Bericht über Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren und Verschwindenlassen in Kenia.
- 2010 erhielt Assange mit WikiLeaks den Sam Adams Award
- 2010 Time Person of the Year, Reader's Choice
- Am 24. Dezember 2010 erklärte die Tageszeitung Le Monde Assange zum „Mann des Jahres“ und widmete ihm die Titelseite.
- 2011 Goldmedaille für Frieden und Gerechtigkeit der Sydney Peace Foundation, mit der vorher nur Nelson Mandela, der 14. Dalai Lama und Daisaku Ikeda ausgezeichnet worden waren. Die Auszeichnung wurde ihm für seinen „außerordentlichen Mut im Streben nach den Menschenrechten“ im Londoner Frontline Club übergeben.
- Im Juni 2011 erhielt Assange für das Projekt „WikiLeaks“ den Martha Gellhorn Prize for Journalism für investigativen Journalismus. Der Preis wird jährlich an einen auf Englisch publizierenden Journalisten vergeben, der „die etablierte Version der Ereignisse durchlöchert und eine unappetitliche Wahrheit erzählt hat, die die Propaganda des Establishments oder das ‘offizielle Geschwätz’ entlarvt hat“ (orig.: „penetrated the established version of events and told an unpalatable truth that exposes establishment propaganda, or ‘official drivel’“), wie Martha Gellhorn es formulierte.
- 2011 Preis Blanquerna als besten Kommunicator der Fakultät für Kommunikation, Ramon-Llull-Universität/Generalitat de Catalunya
- 2012 Big Brother Awards Hero of Privacy
- 2013 Global Exchange Human Rights Award, People's Choice
- 2013 Yoko Ono Lennon Courage Award for the Arts
- 2013 New York Festivals World's Best TV & Films Silver World Medal
- 2013 würdigte der brasilianische Presseverband Associação Brasileira de Imprensa (ABI) in Rio de Janeiro Assange mit der Medaille für Menschenrechte, gemeinsam mit den Preisträgern Edward Snowden, Glenn Greenwald, Chelsea Manning, Mordechai Vanunu und dem verstorbenen Aaron Swartz.
- 2014 Union of Journalists in Kazakhstan Top Prize
- Zum internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai 2014 wurde Assange von Reporter ohne Grenzen mit „Helden der Informationsfreiheit“ Preis gewürdigt.
- Die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan hat Assange ihrerseits im Leserblog des Irish Examiner für den Friedensnobelpreis 2019 vorgeschlagen.
- 16. April 2019 GUE/NGL Whistleblower Preis für Journalisten, Whistleblower & Verteidiger des Rechts auf Information, gemeinsam mit Nestlé Whistleblower Yasmine Motarjemi und Football Leaks’ Rui Pinto.
- 28. September 2019 „The Gavin MacFadyen Award 2019“, „die einzige Auszeichnung, die ausschließlich von Whistleblowern vergeben wird. Wir verleihen die diesjährige Auszeichnung an einen Mann, der den Mut hat, die Wahrheit zu veröffentlichen und dabei so viel geopfert hat.“
- 2020 Stuttgarter Friedenspreis für Assange, als investigativer Journalist, Programmierer und Gründer von WikiLeaks. Die Ehrung war mit dem Appell verbunden, „das Recht auf bedingungslose Informations- und Pressefreiheit nicht nur zu schützen, sondern durchzusetzen“.
- 2022: Dr. Karl Renner-Solidaritätspreis
- 2022: Günter-Wallraff-Preis
- 2022: Weizenbaum-Preis für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung
Werke
- Suelette Dreyfus, Julian Assange: Underground: Tales of hacking, madness and obsession on the electronic frontier. Mandarin, Kew, Australia, 1997, ISBN 1-86330-595-5 (underground-book.net).
- Julian Assange: Conspiracy as Governance. 2006 (iq.org (Memento vom 29. August 2007 im Internet Archive) [PDF]).
- Suelette Dreyfus, Julian Assange: Underground. Die Geschichte der frühen Hacker-Elite. Tatsachenroman. Haffmans & Tolkemitt, Berlin 2011, ISBN 978-3-942989-00-8 (Originaltitel: Underground: Tales of hacking, madness and obsession on the Electronic Frontier.).
- Julian Assange, Andrew O’Hagan: Julian Assange: The Unauthorised Autobiography. Canongate Books, Edinburgh 2011, ISBN 978-0-85786-384-3. Zur Entstehung: Andrew O'Hagan: Ghosting. In: London Review of Books, 6. März 2014, online
- Jacob Appelbaum, Julian Assange, Andy Müller-Maguhn, Jérémie Zimmermann: Cypherpunks. Freedom and the Future of the Internet. OR Books, New York 2012, ISBN 978-1-939293-00-8 (englisch).
- Jacob Appelbaum, Julian Assange, Andy Müller-Maguhn, Jérémie Zimmermann: Cypherpunks. Unsere Freiheit und die Zukunft des Internets. Campus Verlag, Frankfurt, New York 2013, ISBN 978-3-593-39913-3.
- Julian Assange: When Google Met WikiLeaks. OR Books, New York City 2014, ISBN 978-1-939293-57-2 (englisch).
- Einleitung zu: The WikiLeaks Files: The World According to US Empire. Verso Books, 2015, ISBN 978-1-78168-874-8.
- Pamela Anderson, Julian Assange, u. a.: In Defense of Julian Assange. Hrsg.: Tariq Ali, Margaret Kunstler. OR Books, New York City 2019, ISBN 978-1-68219-221-4 (englisch).
Literatur
- Daniel Domscheit-Berg: Inside WikiLeaks. Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt. Econ, Berlin 2011, ISBN 978-3-430-20121-6.
- Heinrich Geiselberger (Hrsg.): WikiLeaks und die Folgen. Netz, Medien, Politik. Die Hintergründe. Die Konsequenzen. Sonderdruck. Suhrkamp, Berlin 2011, ISBN 978-3-518-06170-1.
- Carsten Görig, Kathrin Nord: Julian Assange. Der Mann, der die Welt verändert. Scorpio-Verlag, Berlin u. a. 2011, ISBN 978-3-942166-28-7.
-
David Leigh, Luke Harding: WikiLeaks. Inside Julian Assange’s War on Secrecy. Guardian Books, London 2011, ISBN 978-0-85265-239-8.
- deutsch von Henning Hoff: WikiLeaks. Julian Assanges Krieg gegen Geheimhaltung. Leske, Düsseldorf 2013, ISBN 978-3-942377-08-9. (Reihe: Edition Weltkiosk)
- Marcel Rosenbach, Holger Stark: Staatsfeind WikiLeaks. Wie eine Gruppe von Netzaktivisten die mächtigsten Nationen der Welt herausfordert. Deutsche Verlags-Anstalt u. a., München u. a. 2011, ISBN 978-3-421-04518-8.
- Alexander Star (Hrsg.): Open Secrets. WikiLeaks, War and American Diplomacy. With an introduction by Bill Keller. The New York Times Company, New York NY 2011, ISBN 978-0-615-43957-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Thilo Marauhn, Sven Simon: Diplomatisches Asyl für Julian Assange? Betrachtung der Rechtslage zu Auslieferung und Botschaftsasyl, Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS) 5/2012, 593 (PDF)
- Nils Melzer: Der Fall Julian Assange, Geschichte einer Verfolgung. Piper Verlag, München 2021, ISBN 978-3-492-07076-8.
Weblinks
- Julian Assange in der Internet Movie Database (englisch)
- Justice for Assange. Justice will prevail... (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 18. Januar 2022; abgerufen am 6. Mai 2023 (englisch).
- Julian Assange im Munzinger-Archiv, abgerufen am 22. April 2022 (Artikelanfang frei abrufbar)
- Julian Assange: Staatsfeind oder Held? (mit Edward Snowden-Interview) auf YouTube, STRG F, 25. Februar 2020, 28 Minuten
- Interview mit Julian Assanges Partnerin Stella Moris in "Useful Idiots", Rolling Stone, 6. Februar 2021, 47 Minuten
Interviews
- Wegen Wikileaks wurde niemand getötet. In: Tages-Anzeiger, 5. November 2010
- Wir müssen sie stoppen. In: Spiegel Online, 26. Juli 2010
- Wir stehen unter Beobachtung. In: Süddeutsche Zeitung, 19. Juli 2010
- Sysadmins of the world, unite! A call to resistance – Julian Assange mit Jacob Appelbaum via Videocall auf dem 30c3 in Hamburg am 29. Dezember 2013 Video im CCC-TV; Beschreibung des Talks im Kongressfahrplan