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Lebertran
Lebertran (veraltet: „Fabriktran“; Oleum jecoris Aselli, Oleum morrhuae) ist ein dünnes, hell- bis braungelbes Öl, das hauptsächlich aus der Leber von Kabeljau und Schellfisch gewonnen wird. Daneben werden auch Arten wie Seehecht, Pollack, Haie oder Rochen zur Produktion verwendet. Lebertran ist nicht zu verwechseln mit dem Tran aus Walen.
Früher wurde er aus den unter Druck bis zur Fäulnis lagernden Fischlebern gewonnen, der Rest wurde ausgekocht und ausgedrückt (brauner, natureller Lebertran). Später wurde er durch Auskochen oder mittels Wasserdampf (Dampftran, Medizinaltran, heller Lebertran) und nachfolgender Abkühlung unter Null Grad sowie Filtrierung gewonnen. Aus den Resten kann durch Auspressen „Presstran“ gewonnen werden. Auch gibt es elektrolytische Verfahren zur Ölgewinnung.
Er besteht aus leicht verdaulichem Fett, welches aus verschiedenen Fettsäuren zusammengesetzt ist, 25 % C18:1 (Ölsäure, Vaccensäure) und 11 % Palmitinsäure, 9 % Palmitoleinsäure, ungefähr 11 % C20:1 (Gadoleinsäure, Gondosäure) sowie auch Omega-3-Fettsäuren 11 % C20:5 Eicosapentaensäure (EPA), 9 % C22:6 Docosahexaensäure (DHA) und 1,5 % 22:5 Docosapentaensäure, weiter 5,5 % C22:1 (Erucasäure, Cetoleinsäure) sowie 3,5 % Myristinsäure. Lebertran enthält auch Jod, Phosphor, α–Tocopherol 300 μg/g und verhältnismäßig hohe Mengen an Vitamin A 2500 IU/g und D 40 IU/g sowie 5,7 g/kg Cholesterin.
Bei Präparaten mit gereinigtem und desodoriertem Lebertran werden künstliche Vitamine nachträglich zugegeben.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Lebertran wurde schon von den Wikingern, Norwegern, Inuit, Lappländern und Grönländern als Stärkungsmittel verwendet. Später im 18. Jahrhundert wurde er dann zur Behandlung von Nachtblindheit, Rheumatismus und Rachitis empfohlen.
Die Wirksamkeit von Lebertran gegen Rachitis wurde 1824 von deutschen Wissenschaftlern entdeckt, etwa zwei Jahre nachdem bekannt geworden war, dass Sonnenlicht, in Form der damals populären Sonnenkuren, ebenfalls zur Verhütung bzw. Behandlung dieser Krankheit eingesetzt werden kann. Erst 1922 konnte das Vitamin D3 als der antirachitische Bestandteil bestimmt werden. Die Chemiker Hans Brockmann und Adolf Windaus u. a. konnten dann 1935 aus Fischleberölen einen Wirkstoff isolieren: 7-Dehydrocholesterin, das Provitamin von Vitamin D3.
Auch wurde Lebertran als Lampenöl und Imprägnierungsmittel verwendet.
Anwendung
Lebertran wird als Stärkungsmittel besonders bei Kinderkrankheiten und Unterernährung sowie zur Verhütung von Rachitis (auch: Englische Krankheit) oral eingenommen. Kindern in Deutschland wurde bis in die 1960er Jahre zur Vorbeugung und Kräftigung nicht selten täglich ein Löffel voll verabreicht. Der Geschmack gilt als penetrant. Öl aus Dorschleber-Konserven stellt dagegen ein (Speise-)Öl mit nur dezenter Fischnote dar.
Bei zu hohen Verzehrmengen kann Vitamin A zu Hypervitaminose führen.
Weblinks
Literatur
- Nicholas Eschenbruch (Hrsg.): Arzneimittel des 20. Jahrhunderts. Historische Skizzen von Lebertran bis Contergan. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1125-0 (= Science studies).
- G. Frerichs, G. Arends, H. Zörnig: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. 2. Band, 2. Auflage, Springer, 1938, ISBN 978-3-662-35502-2, S. 296, 298 f.