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Müllabfuhr
Mit Müllabfuhr oder schweizerisch Kehrichtabfuhr bezeichnet man generell die Beseitigung von Abfall durch Spezialfahrzeuge in städtischer beziehungsweise kommunaler Regie.
Die für die Müllabfuhr eingesetzten Fahrzeuge (Müllwagen) müssen in Deutschland mit einem A-Schild gekennzeichnet sein.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Geschichte der Müllabfuhr beginnt damit, dass es im 15. Jahrhundert nicht mehr tragbar erschien, die Haus- und Gewerbeabfälle und sogar menschliche Exkremente auf Straßen oder in Stadtbäche zu schütten. Seit dieser Zeit wurde der Abfall aus den Städten auf die umliegenden Felder verbracht. Wie schlecht das funktioniert haben muss, zeigt die Beschwerde im Jahre 1579 vom Rat der Stadt Köln, „dass die Einwohner es vor ihren Häusern und Erbschaften ganz unsauber und unrein halten“. Bis ins 20. Jahrhundert hinein transportierte die Müllabfuhr den Müll meistens auf Müllhalden.
Die erste Müllverbrennungsanlage entstand 1874 in Nottingham (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland) nach einem Patent von Albert Fryer. Im Jahre 1896 folgte nach der Choleraepidemie von 1892 Hamburg als erste deutsche Stadt. Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Motorisierung des Fuhrparks (siehe auch Automobil), zuerst mit batteriebetriebenen Vorspannwagen und später durch den Einsatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Heute diskutiert man den Einsatz von mikroprozessorunterstützten Müllabholverfahren, um die Leerungen bedarfsabhängig vornehmen zu können und so Kosten zu sparen. Unter dem Begriff Dustbot (engl. Schmutzroboter) werden mehrere verschiedene in Entwicklung befindliche Roboter zusammengefasst, die völlig selbständig Müll beseitigen können.
Ende der 1970er Jahre tauchten in Deutschland die ersten Altglascontainer auf, Mitte der 1980er Jahre dann Altpapiercontainer und ab den 1990er Jahren Mülltonnen für Verpackungsabfall mit dem Grünen Punkt gekennzeichnet und die Biotonne für kompostierbaren Abfall. Die Müllabfuhr differenzierte also immer stärker den Müll im Bestreben, dem Recycling-Gedanken der aufkommenden Umweltschutzbewegung zu entsprechen. Da „Plastik nicht gleich Plastik“ ist, wäre eine weitere Ausdifferenzierung gerade im Bereich Verpackungsabfall wünschenswert, jedoch für Verbraucher schwer umzusetzen. Daher gibt es zum einen Bestrebungen in der Müllbehandlung vollautomatisch verschiedene Polymersorten voneinander zu trennen, zum anderen Pfandsysteme, welche – ob beabsichtigt oder nicht – sehr reine Stoffströme erzeugen, welche für das Recycling deutlich besser geeignet sind als „wilde Mischungen“ und Verbundstoffe. So können zum Beispiel Einwegflaschen, welche größtenteils aus Polyethylen bzw. Polyethylenterephthalat gefertigt werden, deutlich einfacher recycelt werden, wenn sie über Rückgabeautomaten entsorgt werden, als bei Entsorgung über den Hausmüll. Mittels RFID-Chips oder gewöhnlicher Strichcodes können Automaten darüber hinaus (bei unbeschädigten Verpackungen) schneller und zuverlässiger verschiedene Materialien unterscheiden als manuelle Auslese der Recyclingcodes möglich wäre.
Ablauf
Das gesamte abzufahrende Gebiet ist in einzelne Abfuhrbezirke eingeteilt, die gemäß dem Abfuhrplan angefahren werden. An den entsprechenden Tagen wird der Hausmüll durch die Haushalte in Müllsäcken oder in dafür vorgesehenen Mülltonnen, vor dem Haus oder an einem Abholpunkt deponiert. In der Schweiz muss für diese Müllsäcke eine Sackgebühr entrichtet werden. Die Leerung der Hausmülltonnen kann zweiwöchentlich, wöchentlich oder auf Wunsch auch häufiger erfolgen. Da das reguläre Müllfahrzeug wegen seiner Schüttung zum Transport von Sperrmüll ungeeignet ist bzw. der Sperrmüll gesondert entsorgt oder verrechnet wird, muss man ihn gesondert abholen lassen. Im Frühjahr und Herbst können in ländlichen Gegenden Grünabfälle wie Baum- und Strauchschnitt von der Müllabfuhr eingesammelt und kompostiert werden. Oft bietet der jeweilige Entsorgungsbetrieb auch die Abholung von Weihnachtsbäumen an. Das Personal der Müllabfuhr muss während der Arbeit in Deutschland Warnwesten tragen, um die eigene Sicherheit zu erhöhen.
Wertstoffe (Altpapier, Altglas und Verpackungen) transportiert in der Regel eine private Müllabfuhr. Da es hier meistens Spezialtonnen gibt, benötigt man dafür Müllfahrzeuge, die mit dem System der Hausmülltonnen nicht kompatibel sind. Hier sind Frontlader und Hecklader im Einsatz, aber auch spezialisierte Müllfahrzeuge.
Regelmäßig auftretende Probleme sind die stark zugeparkten oder zugewachsenen Straßen, wo nicht nur die Müllabfuhr, sondern auch Rettungsdienste oft an ihre Grenzen stoßen. Ein Lösungsansatz ist, wie z. B. in Barcelona, in engstraßigen Vierteln, die ausschließlich nächtliche bzw. frühmorgendliche Abholung des Mülls.
Nachdem der Müll eingesammelt ist, wird er weiterverarbeitet: Der werthaltige Müll wie Altpapier und Altglas wird in dafür spezialisierten Betrieben aufbereitet und fließt zum überwiegenden Teil wieder in die Produktion von Neuware ein. Aus hygienischen Gründen dürfen jedoch daraus keine Lebensmittelverpackungen hergestellt werden. Der Hausmüll kommt in Deutschland (seit 31. Mai 2005), in Österreich (seit 31. Dezember 2004 bzw. ab 31. Dezember 2008) und in der Schweiz (größtenteils seit dem 1. Januar 2000) in eine Müllverbrennungsanlage, mechanisch-biologische Anlage oder in anderen Ländern unbehandelt auf die Deponie.
Politik
Die Müllabfuhr wird in der Regel als Müllabfuhr-Zweckverband für ländliche Kommunen, als kommunaler Eigenbetrieb oder als Unternehmen im kommunalen Besitz betrieben. Immer häufiger werden die Abfuhrdienstleistungen aber auch durch eine Ausschreibung an eine Privatfirma vergeben, die dann im Auftrag der Kommunen die Abfälle einsammelt. Aber auch viele Gewerbebetriebe beauftragen separate Entsorgungsfirmen, die die verschiedenen Abfälle einsammeln. So kann es sein, dass eine und dieselbe Abfallart in einem Entsorgungsgebiet mehrere Male pro Woche von verschiedenen Firmen eingesammelt wird.
In der Politik diskutiert man seit Mitte der 1970er Jahre über die Privatisierung der Müllabfuhr. In der Regel führt dies nur zu einer Änderung der Rechtsform des Müllabfuhrunternehmens mit gleich bleibendem kommunalem Eigentümer. Durch das seit einigen Jahren geltende Vergaberecht sind die Betreiber der kommunalen Müllabfuhr gehalten, den wirtschaftlich günstigsten Anbieter für die Verbrennung des Hausmülls zu bedienen. Dies führt zu ökologisch kaum vertretbarem sogenannten Mülltourismus, da der Inhalt der Fahrzeuge oft nicht in der nächstgelegenen Anlage entsorgt werden kann.
Beruf
Die Personen, die den Müll entsorgen, nennt man Müllwerker, Mülllader, Müllkutscher oder umgangssprachlich Müllmänner. Hierfür war früher keine Ausbildung erforderlich und oft wurden seit den 1960er Jahren sogenannte Gastarbeiter zu geringen Löhnen eingesetzt, bis 1984 der Ausbildungsberuf Ver- und Entsorger/in geschaffen wurde.
Heute gilt der Müllwerker in der Entsorgungswirtschaft als Ausbildungsberuf. So ist die Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft seit dem 17. Juni 2002 in Deutschland ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz; in Österreich gibt es den Ausbildungsberuf des Entsorgungs- und Recyclingfachmanns, Bereich Abfall.
Die frühere Berufsbezeichnung bzw. der Ausbildungsberuf Ver- und Entsorger wird zu der Gruppe der sogenannten Umweltschutzberufe gezählt, zu denen auch die umwelttechnischen Ausbildungsberufe der Fachkraft für Abwassertechnik, Fachkraft für Wasserversorgungstechnik und die Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice gehören.
Literatur
- Robin Nagle: Picking Up: On the Streets and Behind the Trucks with the Sanitation Workers of New York City. Farrar, Straus and Giroux, New York 2013, ISBN 978-0-374-29929-3. (Die Autorin, Anthropologin an der New York University, schreibt über die 400-jährige Geschichte der New Yorker Müllabfuhr und begleitet die Müllwerker von heute auf ihren Touren)
Weblinks
- Stefan Pohl: Chronik zu 111 Jahren AWB, Abfallwirtschaftsbetrieb Köln
- Hamburg und seine Müllabfuhr (1928)
- Bilder historischer Müllfahrzeuge
- Fachkraft – Kreislauf- und Abfallwirtschaft im Berufenet der Bundesagentur für Arbeit