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Normaldruckhydrozephalus
Klassifikation nach ICD-10 | |
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G91.2 | Normaldruckhydrozephalus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Beim Normaldruckhydrozephalus (auch Altershirndruck; Abkürzung NPH von englisch normal pressure hydrocephalus) handelt es sich um einen Hydrocephalus, bei dem der Hirndruck (der Druck innerhalb der Liquorräume, in denen der Liquor cerebrospinalis zirkuliert) nur kurzzeitig, insbesondere nachts, erhöht ist.
Es wird der primäre oder idiopathische Normaldruckhydrozephalus mit unbekannter Ursache von sekundären Formen unterschieden, die vor allem durch Resorptionsstörungen des Liquor cerebrospinalis verursacht werden. Bei einem Normaldruckhydrozephalus kommt es zu einer typischen Trias (Hakim-Trias) aus drei Symptomen: Gangstörung, Demenz und Harninkontinenz.
Inhaltsverzeichnis
Historisches
Die Erstbeschreibung erfolgte 1964 durch den kolumbianischen Arzt Salomón Hakim (1922–2011). Der erste Fall war ein 16-jähriger kolumbianischer Junge, der 1957 einen Autounfall hatte. Nachdem ein irreversibler Hirnschaden diagnostiziert wurde, erkannte Salómon Hakim aber im Röntgenbild einen vergrößerten Ventrikel. Inzwischen war der Junge inkontinent und bewusstlos. Nach einer Liquorpunktion von Hakim wachte der Patient aber wieder auf, und nachdem Hakim eine ständige Hirnwasser-Ableitung gelang, konnte der Junge wieder in die Schule gehen.
Damit wurde das erste Mal eine Demenzform beschrieben, die therapierbar war.
Ätiologie
Die genauen Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt; möglicherweise können verschiedene Veränderungen in einen Normaldruckhydrozephalus einmünden (Aquäduktstenosen, Hydrocephalus malresorptivus – siehe auch den Artikel Hydrozephalus). Beim Normaldruckhydrozephalus ist der Hirndruck (intracerebrale Druck) die meiste Zeit über normal, es kommt nur zu kurzzeitigen Hirndruckerhöhungen.
Der Ausdruck „Normaldruck-Hydrocephalus“ ist historisch begründet. Er wurde in den 1960er Jahren von Salomon Hakim, der dieses Krankheitsbild erstmals beschrieb, geprägt. Zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht möglich, den Hirndruck über mehrere Tage kontinuierlich aufzuzeichnen. In der Zwischenzeit weiß man, dass es sich bei dem so genannten Normaldruck-Hydrocephalus nicht um einen Hydrocephalus mit stets normalem Hirndruck handelt.
Vielmehr kommt es insbesondere nachts zu einem stark schwankenden Hirndruckverlauf, und hierbei treten häufig dann eben doch Hirndruckspitzen in krankhafter Höhe auf. Korrekterweise müsste man daher diese Form des Hydrocephalus als intermittierenden Normaldruck-Hydrocephalus, beziehungsweise intermittierenden Hochdruck-Hydrocephalus bezeichnen. Es ist jedoch die Summe aller kurzfristigen nächtlichen Hirndruckerhöhungen, durch die auf lange Sicht das Hirn Schaden nimmt und daher Ausfallserscheinungen auftreten.
Führt man eine Druckmessung durch (z. B. im Rahmen einer Liquorpunktion), so ist die Messung nur dann aussagekräftig, wenn man zufällig während der Zeit punktiert, innerhalb der eine Druckerhöhung vorliegt. Zum Nachweis einer krankhaft erhöhten Druckerhöhung im Schädel im Rahmen eines Normaldruckhydrozephalus ist daher eine mehrtägige Nervenwasserdruckmessung notwendig.
Epidemiologie
Am idiopathischen Normaldruckhydrozephalus erkranken meist Erwachsene um das 60. Lebensjahr. Der sekundäre Normaldruckhydrozephalus kommt dagegen in allen Altersklassen vor. Die idiopathische und die sekundäre Form kommen insgesamt etwa gleich häufig vor. Es gibt keine Bevorzugung eines Geschlechts. Für Prävalenz und Inzidenz gibt es keine zuverlässigen Daten. Die Angaben zur Inzidenz des NPH variieren stark und liegen in unterschiedlichen Studien zwischen 2 und 20 pro Million Einwohner pro Jahr. Schätzungen gehen von einer wesentlich größeren Häufigkeit aus. Bei einer Tür-zu-Tür-Untersuchung in Starnberg Anfang der 1990er Jahre fand sich eine Prävalenz von 0,4 % bei über 65-jährigen Personen.
Symptome
Die Krankheit äußert sich in einer klassischen Trias (Hakim-Trias), bestehend aus
- Gangstörung mit langsamem kleinschrittigen Gang, mit charakteristischerweise am Boden klebenden Füßen, daher auch „magnetischer Gang“ genannt, hinzu treten Schwierigkeiten beim Aufstehen und Unsicherheit mit Stürzen. Das Gehen wirkt apraktisch, weshalb auch von „Gangapraxie“ gesprochen wird. Das Gangbild ähnelt teilweise einem Parkinson-Gangbild, wobei jedoch andere Symptome eines Parkinson-Syndroms fehlen, hieraus leitet sich die missverständliche Bezeichnung „Lower Body Parkinsonism“ ab. Pyramidenbahnzeichen können hinzutreten.
- Demenz mit Apathie
- Blasenfunktionsstörungen, üblicherweise in Form einer Blasenautonomie mit Dranginkontinenz
Die Gangstörung wird von einigen Autoren obligat gefordert.
Diagnose
Diagnostisch sollte bei vorliegender klinischer Symptomatik ein CT oder alternativ MRT des Gehirns angefertigt werden; zeigen sich hier weitere Verdachtsmomente, wird zur Probe eine größere Menge von Liquor cerebrospinalis entnommen, nach der sich die Krankheitssymptome bessern sollten (aber – auch bei Vorliegen eines NPH – nicht unbedingt müssen). Alternativ können hämodynamische Tests oder eine intrakranielle Druckmessung durchgeführt werden.
Differentialdiagnostisch muss ein sekundärer Normaldruckhydrocephalus (z. B. Zustand nach Meningitis oder Subarachnoidalblutung), ein chronischer Verschlusshydrocephalus, eine Alzheimererkrankung, eine Parkinsonerkrankung aber auch eine cervikale Myelopathie und eine Lumbalkanalstenose ausgeschlossen werden.
Therapie
Der Normaldruckhydrozephalus ist oft gut behandelbar. Je frühzeitiger die Therapie eingeleitet wird, desto besser ist das Ergebnis. Problematisch ist es, dass die Diagnose zu selten gestellt wird und oft mit anderen Erkrankungen verwechselt wird. Therapeutischer Goldstandard ist die Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts. Nach frühzeitiger Therapie kann sich vor allem die Gangstörung, geringer auch die Kontinenz verbessern.
Literatur
- S1-Leitlinie Normaldruckhydrozephalus der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. In: AWMF online (Stand 2008)
- M. Kiefer, A. Unterberg: The differential diagnosis and treatment of normal-pressure hydrocephalus. In: Deutsches Ärzteblatt international, Band 109, Nummer 1–2, Januar 2012, S. 15–25, ISSN 1866-0452. doi:10.3238/arztebl.2012.0015. PMID 22282714. PMC 3265984 (freier Volltext).