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Aramide
Allgemeine Struktur von Aramiden |
Wiederholeinheiten von aromatischen Polyamiden, die aus einem Diamin und einem Dicarbonsäurechlorid hergestellt wurden. Ar1 steht für den „Aryl-Rest“ des eingesetzten Dicarbonsäurechlorids, Ar2 für den Aryl-Rest der eingesetzten Diaminverbindung. Die Carbonsäureamid-Gruppen sind blau gekennzeichnet. |
Aramide (eine Wortzusammenfassung aus Aromatische Polyamide) ist der ISO-Gattungsbegriff für solche Polyamide, bei denen die Amidgruppen an aromatischen Gruppen gebunden sind. Aramide zählen zu den Flüssigkristallpolymeren (FKP). Sie werden hauptsächlich in Form von Fasern (sowohl Filamenten und Stapelfasern), aber auch in Form von Fibriden und Pulpen, Folien, Papieren und Partikeln hergestellt. Nach der Definition der US-amerikanischen Federal Trade Commission für Textilfasern sind Aramide Polyamide mit aromatischen Gruppen in der Hauptkette, bei denen mindestens 85 % der Amidgruppen direkt an zwei aromatische Ringe gebunden sind. Die EU-Textilkennzeichnungsverordnung fordert dies ebenfalls, bezeichnet jedoch auch aromatische Polyamidimide als Aramide.
Man unterscheidet zwischen meta-Aramiden, para-Aramiden und para-Aramid-Copolymeren. Die m-Aramidfasern werden unter den Hochleistungsfaserstoffen der Gruppe der unschmelzbaren Hochtemperatur- bzw. flammbeständigen Fasern mit mechanischen Eigenschaften im Bereich der konventionellen textilen Fasern zugerechnet. Sie zeichnen sich durch außergewöhnliche chemische Resistenz und hohe Hitzebeständigkeit aus. Die p-Aramidfasern wie auch die p-Aramid-Copolymer-Fasern zählen zur Gruppe der hochfesten Synthesefasern mit erhöhter Temperaturbeständigkeit. Bekannte Markennamen für m-Aramidfasern sind Nomex von DuPont sowie Teijinconex von Teijin Aramid, für p-Aramidfasern Kevlar von DuPont und Twaron von Teijin Aramid und für para-Aramid-Copolymer Technora von Teijin Aramid.
Poly(p-phenylenterephthalamid) |
Poly(m-phenylenisophthalamid) |
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Aramide
Die Suche nach hochfesten und hochtemperaturbeständigen Fasern ist in hohem Maße durch den Bedarf der Weltraumfahrt ausgelöst worden. Die Chemiefaserforschung erkannte schon in den 1940er Jahren, dass Polyamide mit einem aromatischen Kern relativ hohe Schmelzpunkte haben sowie steifer und dimensionsstabiler sind als solche mit aliphatischen Gruppen. Man war sich aber auch im Klaren, dass hochschmelzende vollaromatische Polyamide nicht aus der Schmelze verspinnbar sein würden und ebenfalls schwerlöslich wären. Deshalb bedurfte es einiger technischer Neuerungen zur Erzeugung von vollaromatischen Polyamiden mit hohem Molekulargewicht.
1950 entwickelte der Chemiker Emerson Wittbecker bei DuPont in den USA die Grenzflächenpolykondensation. Hinweise darauf erhielt er aus dem Bericht der Alliierten über die deutsche Synthesefaserforschung vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Methode wurde bei DuPont weiterentwickelt und von Paul Morgan durch die Lösungspolykondensation erweitert. Die Forscher bei DuPont erfanden ausgehend von diesen Polykondensationsmethoden Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre unter Leitung von P. W. Morgan die hitzebeständige Poly(m-phenylenterephthalamid)-Faser HT-1, sowohl als Filament, aber auch als Stapelfaser und als Papier aus einer Mischung von Stapelfasern kurzer Länge mit HT-1-Fibriden. Die Faser kam 1962 unter dem Handelsnamen Nomex auf den Markt.
Ein weiterer technischer Fortschritt wurde erreicht, als 1965 Stephanie Kwolek das flüssigkristalline Verhalten von p-Aramiden in Lösung entdeckte und sich dabei auch auf die Synthese von Poly(p-phenylenterephthalamid) konzentrierte, weil dieses p-Aramid auf kostengünstigen Ausgangsstoffen beruhte und die Entwicklung eines vollkommenen neuen Spinnprozesses durch Herbert Blades ermöglichte. Die erste Faser aus p-Aramid wurde als Fiber B bezeichnet, ein massenproduktionsreifer Herstellungsprozess wurde 1971 entwickelt und die erste Produktionsanlage mit einer Jahreskapazität von ca. 2000 t gebaut. Die Faser wurde ab 1972 unter dem Markennamen Kevlar verkauft.
Ende der 1950er Jahre begannen Forschungsarbeiten an Aramiden in der Sowjetunion, die vom Militär gefördert wurden. Die Faser, die vergleichbar zu der hitzebeständigen m-Aramid-Faser Nomex war, erhielt den Markennamen Fenilon. Sie wurde 1969 auf einer Pilotanlage des Unionsinstituts für Synthesefaserforschung erstmals hergestellt, aber erst 1985 wurde die erste industrielle Produktionsanlage in Betrieb genommen. Eine Faser mit hoher Festigkeit und hohem Modul wurde 1969 unter dem Namen Vniivlon entwickelt, deren Name nach weiteren Verbesserungen in SVM geändert wurde und die ab 1972 für weiterverarbeitende Technologien zur Verfügung stand. Später wurden noch Armos, eine Aramid-Copolymerfaser, und eine p-Aramid-Faser produziert.
Der britische Hersteller ICI startete Mitte/Ende der 1960er Jahre ein Forschungsprogramm zur Herstellung von Aramidfasern, produzierte auch einige Fasern auf einer kleintechnischen Anlage, aber das Management entschied, die Arbeiten 1976 einzustellen.
Anfang der 1970er Jahre begann auch das niederländische Unternehmen AKZO mit der Entwicklung von Aramidfasern. Die Forscher von AKZO entwickelten Ende 1972 eine Aramid-Faser, die vergleichbare Eigenschaften zur Faser B (Kevlar) von DuPont zeigte. AKZO entwickelte diese Faser als Faser X, ab 1975 als Arenka weiter. 1976 wurde die Pilotanlage für diese Faser in Betrieb genommen. 1978 begann mit den Vorbereitungen einer Großanlage für Aramidpolymere und einer Spinnanlage für Fasern. Arenka wurde 1982 in Twaron umbenannt. 1985 wurde die kommerzielle Produktion aufgenommen. 1989 ist das Aramidgeschäft von AKZO in eine separate Geschäftseinheit Twaron BV abgespalten worden, die im Jahr 2000 von der japanischen Teijin Group übernommen wurde. 2007 wurde der Name dieser Geschäftseinheit von Teijin Twaron BV in Teijin Aramid BV geändert. In Japan startete Teijin schon 1969 die Produktion einer hitzebeständigen Aramidfaser, die Nomex ähnelte. Sie erhielt den Markennamen Conex, heute bekannt als Teijinconex. Teijin entwickelte in den 1970er Jahren auch eine Aramidfaser mit hoher Festigkeit und hohem Modul, die als HM-50 bezeichnet wurde. 1987 wurde die erste Produktionsanlage eröffnet. Die Faser erhielt den Markennamen Technora.
In der Republik Korea begann das Unternehmen Kolon Industries im Jahr 1979 mit Entwicklungsarbeiten für p-Aramid. Heute werden unter dem Markennamen Heracron Filamente, Stapelfasern und Pulpe produziert.
In der Volksrepublik China werden durch Yantai Tayho Advanced Materials Co., Ltd m-Aramid-Fasern unter dem Markennamen Newstar und p-Aramid-Fasern als Taparan hergestellt.
Synthese
Bei der Synthese der Aramiden wird meist von einem aromatischen Dicarbonsäurehalogenid und einem Phenylendiamin ausgegangen, so z. B. von Paraphenylendiamin und Terephthaloyldichlorid.
- Polykondensation bei der Herstellung von PPTA
Die Synthese erfolgt nach der Schotten-Baumann-Methode bei Temperaturen im Bereich von 0 bis −40 °C, um Nebenreaktionen zu vermeiden. Als Lösungsmittel wird N-Methylpyrrolidon, Dimethylacetamid oder Tetramethylharnstoff verwendet, die mit Salzen wie beispielsweise Calciumchlorid versetzt sind.
Spinnen
Die Verarbeitung zu Fasern kann nur aus Lösungen erfolgen, da der Schmelzpunkt meist weit über dem thermischen Zersetzungspunkt liegt. Eine hohe Polymerkonzentration in der Spinnlösung ist vorteilhaft für die Filamentherstellung und kann zu hohen Orientierungen führen. Ein gutes Lösungsmittel für Aramide in hoher Konzentration und damit anisotropem Charakter ist konzentrierte Schwefelsäure. Der Weg des Direktspinnens aus der Polymerlösung hat sich nicht als praktikabel erwiesen, ökonomischer sind Polymere vom Typ para-orientierter, aromatischer Dicarbonsäuren und Diamine. Die Faserherstellung über Polykondensation und der Gebrauch von Schwefelsäure als Lösungsmittel wird im Bild gezeigt.
Der Spinnprozess ist der übliche klassische Nassspinnprozess. Die Verwendung eines Luftspalts zwischen Spinndüsen und Spinnbad, wie es u. a. vom Acryl-Spinnen her bekannt ist, hat Vorteile. Nach dem Trocknen hat das Garn eine hohe Festigkeit und einen hohen Elastizitätsmodul. In einer zweiten Prozessstufe kann das Garn bei Temperaturen von 300 °C bis 400 °C verstreckt werden. Dies führt zu einem noch höheren Modul bei gleicher Festigkeit und geringerer Bruchdehnung. Dieser Aramid-Fasertyp wird in unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt.
Eigenschaften
Aramide sind sehr zugfest und sehr zäh, wodurch sich ein hohes Energieaufnahmevermögen ergibt; ihre Reißlänge ist etwa zehnmal so hoch wie die von Stahl. Die Fasern haben, ähnlich wie Kohlenstofffasern, einen negativen Wärmeausdehnungskoeffizienten in Faserrichtung, werden also bei Erwärmung kürzer und dicker. Ihre spezifische Festigkeit und ihr Elastizitätsmodul sind deutlich niedriger als jene von Kohlenstofffasern. In Verbindung mit dem positiven Ausdehnungskoeffizienten des Matrixharzes lassen sich hoch maßhaltige Bauteile fertigen. Gegenüber kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen ist die Druckfestigkeit von Aramidfaser-Verbundwerkstoffen deutlich geringer; die Schlagzähigkeit aber wesentlich höher.
Aramide sind überaus hitzebeständig, sie überstehen problemlos Temperaturen über 370 °C ohne zu schmelzen.
Beim Umgang und der Verarbeitung muss auf die leichte Feuchtigkeitsaufnahme und die geringe UV-Beständigkeit Rücksicht genommen werden. Die Fasern verlieren bei UV-Einstrahlung (Sonnenlicht) ihre Festigkeit. Die Fasern können je nach Lagerung bis zu 7 % Wasser aufnehmen. Fasern mit einer zu hohen Feuchtigkeit können getrocknet werden. Zum Schneiden von Aramidfasern sind spezielle mikroverzahnte Schneidwerkzeuge notwendig. Auch die mechanische Bearbeitung fertiger Faserverbundbauteile erfolgt mit hochwertigen Bearbeitungswerkzeugen oder durch Wasserstrahlschneiden. Faserverbundteile werden in der Regel mit Epoxidharzen hergestellt.
Verwendung
- Poly(p-phenylenterephthalamid): para-Aramidfasern werden in Faser-Kunststoff-Verbunden verwendet. Sie dienen im Sicherheitsbereich als Splitterschutz, beschusshemmende Westen, Gefechtshelme, Panzerungen für Fahrzeuge und Schnittschutzhandschuhe. Weiterhin werden sie in Faserverbundkunststoffen im Flugzeugbau, vor allem für den Bau von Segelflugzeugen verwendet. Bei nahezu allen modernen Strahltriebwerken kommen Aramidgewebe in der Triebwerksverkleidung vor. Aramidfasern werden als Asbestersatz in Brems- und Kupplungsbelägen und Dichtungen sowie als Verstärkungsmaterial zum Beispiel für Glasfaserkabel oder Gummimaterialien eingesetzt. Aramidgewebe kommen auch im Bauwesen zum Einsatz, unter anderem für Stadionüberdachungen.
- Auch bei Sportgeräten werden wegen ihrer Zähigkeit und Zugfestigkeit und ihrer geringen Masse oft Aramidfasern verwendet, so zum Beispiel für Reepschnüre, Fangleinen bei Gleitschirmen, für Segel von Segelbooten.
- Im Fahrzeugbau werden Kohlefasern mit farbigem Aramidgewebe verstärkt, um gefärbtes Carbon zu erhalten. Durch die Kombination verbessern sich die Abrieb- und Schlagfestigkeit, was in einem widerstandsfährigen Werkstoff für den Motorsport resultiert. Durch eine ansprechende Farb-Optik wird dieser auch für das Fahrzeugtuning verwendet.
- Die Karkasse bestimmter Fahrradreifen wird mit Aramideinlagen vor dem Eindringen von Glasscherben und ähnlichem geschützt. Faltreifen enthalten statt zweier Stahldraht- oder -seil-Ringe solche aus einer Wicklung aus Kevlargarn oder -fasern.
- Aufgrund der nicht ausreichenden Dehnfähigkeit im Falle eines Sturzes können dynamische Kletterseile nicht aus Aramid hergestellt werden.
- Poly(m-phenylenisophthalamid): Meta-Aramidfasern werden speziell für den Brandschutz eingesetzt. Sie sind in feuersicherer Bekleidung (etwa Schutzanzüge bei Feuerwehren, Rennfahrerkombi u. ä.) bekanntgeworden. Eine weitere Anwendung für Aramid ist die Verarbeitung in Faserverbundwerkstoffen zu Sandwich-Wabenkernen. Ein weites Anwendungsfeld für Aramidpapiere (Laminate mit Papier) ist zudem die Elektro-Isolation. Die Produkte werden als Deckschieber, Nutisolation und Phasenisolation in Elektromotoren sowie als Lagenisolation in Transformatoren eingesetzt.
Literatur
- Philip G. Rose und Karlheinz Hillermeier: Kohlenstoff- und aramidfaserverstärkte Kunststoffe. VDI-Gesellschaft Kunststoffe (Hrsg.), VDI-Verlag, Düsseldorf 1977, ISBN 3-18-404027-5.
- Blumberg, Hillermeier, Krüger: Aramid-Prozess. In: Melliand Textilberichte. 1982.
- Karlheinz Hillermeier, Ulrich Stöcker, Werner Damerau, Joachim Granal: Substitution von Asbest durch Aramidfasern… Fachinformationszentrum Karlsruhe, Bundesministerium für Forschung und Technologie. ISSN 0340-7608.
- H. Rohrens, K. Hillermeier: Aramid Fibres as Substitute for Asbestos in Seals, Packings and Compensators. In: Magazin: Gummi Fasern Kunststoffe. (GAK) 1984.