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Vergiftete Süßigkeiten zu Halloween
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Vergiftete Süßigkeiten zu Halloween

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Süßigkeitenbehältnis mit Halloween-Motiv

Vergiftete Süßigkeiten zu Halloween (englisch Poisoned Candy Myths oder Poisoned Candy Scare) ist die urbane Legende, dass einige Süßigkeiten, die zu Halloween, als Teil des „Trick or treat“ (dt. meist übersetzt „Süßes oder Saures“) gereicht werden, entweder mit Gift vermischt wurden oder gefährliche Gegenstände wie Rasierklingen oder Scherben enthalten würden. Diese auf wahren Vorfällen basierende Legende hat sich hartnäckig gehalten, obwohl bisher lediglich ein einziger realer Fall bekannt wurde, der zudem von diesem Mythos beeinflusst war.

Geschichte

Der Mythos von vergifteten Süßigkeiten ist so alt wie der Halloween-Kult, der im Zuge der Irischen Renaissance in die Vereinigten Staaten gebracht wurde. Eng verbunden ist der Mythos außerdem mit der Industriellen Revolution, als die Essensproduktion automatisiert wurde und neue, für viele Privatpersonen unbekannte Zutaten verwendet wurden. Einige Ärzte gaben der Lebensmittelindustrie die Schuld, wenn Kinder ohne ersichtlichen Grund krank wurden oder gar starben. Tatsächlich ist kein einziger Fall bekannt, bei dem eine einzelne Süßigkeit die Hauptursache für Krankheit oder Tod eines Kindes war.

In den 1890ern und 1900er Jahren beschäftigten sich das US Bureau of Chemistry und andere staatliche Stellen mit Berichten von vergifteten Süßigkeiten im ganzen Land. Auch hier wurde kein Hinweis gefunden, dass systematisch giftige Stoffe in die Produktion einflossen. Tatsächlich wurden allerdings schädliche Stoffe, insbesondere bei billigen Bonbons verwendet. So wurde oft billiger Maissirup zur Süßung verwendet, und einige Bonbons waren mit Kupfer belastet, das durch die Verwendung von minderwertigen Pfannen in die Süßigkeiten gelangte. Auch wurde Steinkohlenteer zur Färbung verwendet, der das Blutgift Anilin enthielt. Auch wenn diese Stoffe sicherlich nicht besonders gesundheitsförderlich waren, so ist kein Fall bekannt, bei dem Kinder absichtlich vergiftet wurden. Tatsächlich basierten die meisten Fälle, bei denen Kinder krank wurden, auf Überernährung sowie Lebensmittelvergiftungen, die andere Ursachen hatten, zum Beispiel mangelnde Hygiene oder falsche Lagerung von Fleisch.

Gerüchte über vergiftete Süßigkeiten zu Halloween hielten sich jedoch hartnäckig. Bekannt wurde der Fall eines Zahnarztes in Kalifornien, der 1959 Abführmittel in Bonbons versteckte. Er wurde der Erregung öffentlichen Ärgernisses und der ungesetzlichen Verabreichung von Medikamenten schuldig gesprochen. 1964 war es eine Frau aus Long Island, die verschiedene gefährliche Stoffe als Süßigkeiten an Teenager verteilte, die sie für zu alt zum Süßigkeitensammeln hielt. Dabei handelte es sich um Stahlwolle, Hundekuchen und Ameisenköder. Tatsächlich wurde niemand verletzt. Die Frau wurde später schuldig gesprochen, das Leben von Kindern gefährdet zu haben. In Detroit warnten im gleichen Jahr einige Zeitungen vor leimgefüllten Bonbons und in Philadelphia vor Süßigkeiten, die mit Rattengift versetzt gewesen seien.

Der Höhepunkt der Hysterie wurde in den 1970ern und 1980ern erreicht. So berichtete 1970 die New York Times vor Halloween von vergifteten Süßigkeiten und eventuellen Gefahren zu Halloween, allerdings ohne konkreten Anlass oder Beweis.

Kind mit Süßigkeitentasche

Solche Berichte häuften sich weiter in den 1970ern. In den 1980ern gab es einige Fälle von Nachahmungstaten der sogenannten Tylenol-Morde von Chicago. Dabei hatte jemand einzelne Kapseln des Schmerzmittels Tylenol mit Zyankali gefüllt und so sieben Menschen getötet. Zur Verbreitung des Mythos trugen vor allem die Kolumnistin Abigail Van Buren („Dear Abby“) und ihre Zwillingsschwester Eppie Lederer („Ask Ann Landers“) bei, deren bekannte Kolumnen zu Halloween 1983 und 1995 das Thema behandelten.

Zur Verbreitung des Mythos trugen außerdem mehrere Todesfälle bei, die jedoch nicht auf Süßigkeiten basierten oder bei denen es keinen Beweis dafür gab:

  • 1970 verzehrte ein fünf Jahre alter Junge Heroin, das seinem Onkel gehört hatte, und verstarb nach einem fünftägigen Koma. Seine Familie versuchte, den Onkel zu beschützen, und erfand vergiftete Halloween-Süßigkeiten.
  • 1974 tötete Ronald Clark O’Bryan in Deer Park, Texas, seinen acht Jahre alten Sohn mit einer mit Zyankali versetzten Packung Pixy Stix, die er in dessen Trick-or-Treat-Sammlung platzierte. Um den Mord zu vertuschen, verteilte er weitere Packungen an Kinder in der Nachbarschaft. Tatsächlich ging es ihm um die Lebensversicherung seines Kindes. Er wurde des Verbrechens überführt und 1984 hingerichtet. Später wurde er als „Candy Man“ und „The Man Who Killed Halloween“ bekannt.
  • 1978 verstarb ein zwei Jahre alter Junge nach dem Verzehr von Halloween-Süßigkeiten. Allerdings konnte kein Gift festgestellt werden. Vielmehr starb er aus anderen Gründen, ein Zusammenhang zu den Süßigkeiten bestand nicht.
  • In Kalifornien berichteten einige Zeitungen über ein totes Mädchen, das angeblich an Halloween 1990 an vergifteten Süßigkeiten gestorben sei. Tatsächlich litt das Mädchen an Kardiomegalie, die für ihren Tod verantwortlich war.
  • Halloween 1991 verstarb ein 31 Jahre alter Familienvater in Washington D.C. an Herzversagen, nachdem er Süßigkeiten seiner Kinder gegessen hatte. Nachdem die Washington Times ohne Kenntnis der Autopsie-Ergebnisse darüber berichtet hatte, vernichteten besorgte Eltern die Süßigkeitenvorräte ihrer Kinder.
  • 2001 verstarb ein vier Jahre altes Mädchen, das vorher Halloween-Süßigkeiten gegessen hatte, an einer Streptokokken-Infektion.

Des Weiteren gab es mehrere glimpflich ausgegangene Fälle, die trotzdem den Mythos nährten:

  • 1982 kam es in Detroit zu einem Fall, bei dem ein behandelnder Arzt die Testergebnisse eines kranken Jugendlichen fehlinterpretierte und eine Vergiftung verkündete, die sich später als falsch herausstellte.
  • 1988 fand die Polizei ein verdächtiges Pulver, das sich als Strychnin herausstellte, in einer Packung Sunkist in einem Laden in New Jersey. Die Geschichte wurde zwar im Oktober publiziert, hatte aber keinen Bezug zu Halloween. Die Firma zog sofort alle Packungen des betroffenen Produkts aus dem Verkehr, obwohl es sich nur um einen Einzelfall handelte.
  • Halloween 1994 erlitt ein drei Jahre alter Junge in British Columbia eine Kokainvergiftung. Ähnlich wie 1970 hatte der Junge wohl die Drogenvorräte eines Verwandten gefunden, die Medien berichteten zunächst aber über vergiftete Süßigkeiten.
  • Halloween 1996 kollabierte ein sieben Jahre alter Junge in San José, Kalifornien, und wurde fälschlicherweise positiv auf Kokain getestet.
  • 2000 verteilte ein ahnungsloser Hausbewohner in Hercules, Kalifornien, mit Marihuana gefüllte Snickers-Verpackungen an Kinder aus der Nachbarschaft. Der Hausbewohner, ein Postbeamter, sollte diese Schokoriegel und diverse Konserven, die sich im Büro für unzustellbare Post angesammelt hatten, an eine örtliche Wohltätigkeitsorganisation liefern, behielt aber die Süßigkeiten für seinen eigenen Gebrauch auf.

Untersuchungen

Joel Best von der University of Delaware untersuchte insgesamt 90 Berichte über vergiftete Süßigkeiten in den US-Medien sowie Vergiftungsversuche, die in Krankenhäusern gemeldet wurden. Seine Daten erstreckten sich auf den Zeitraum von 1958 bis 1983. Tatsächlich fand er vor allem Fälle, bei denen Erwachsene oder Kinder versuchten, Aufmerksamkeit zu erregen. Er schloss aber nicht aus, dass es Versuche gegeben hat, Kinder mit Süßigkeiten zu vergiften. Er fand fünf Fälle, bei denen tatsächlich Kinder starben, diese hielten einer Untersuchung allerdings nicht stand und er bezeichnete die Hysterie daher als urbane Legende. Statistisch häufiger als vergiftete Süßigkeiten wären dagegen an Halloween Fälle von Vandalismus, rassistische Übergriffe und Verkehrsunfälle, in die Kinder verwickelt seien. Seine Untersuchung wurde 1990 in seinem Buch Threatened Children mit neuem Datenmaterial fortgesetzt. 2013 publizierte er ein erneutes Update. Allerdings fand Best in seiner Untersuchung mindestens achtzig Fälle, bei denen in Halloween-Süßigkeiten gefährliche Objekte wie Rasierklingen, Nadeln und Reißzwecken versteckt wurden. Lediglich bei zehn der Fälle sei es aber zu leichten Verletzungen gekommen.

Der einzige bekannte Fall, bei dem ein Kind durch vergiftete Süßigkeiten zu Tode kam, bleibt Ronald Clark O’Bryan, der sein eigenes Kind vergiftete, um eine Versicherungssumme zu kassieren. Vermutlich verwendete er bewusst den Mythos, um seine Tat zu verschleiern.

Weblinks


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