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Winfried Rief
Winfried Rief (* 12. Mai 1959) ist ein deutscher Psychologe. Seit 2000 ist er Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Philipps-Universität Marburg. Er etablierte dort die Hochschulambulanz für Psychotherapie (Psychotherapie-Ambulanz Marburg, PAM), das Institut für Psychotherapie-Ausbildung Marburg (IPAM) und leitet die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Rief studierte Psychologie an der Universität Trier (1979–1984). Danach war er zunächst an der Forschungsstation der Universität Konstanz am psychiatrischen Landeskrankenhaus Reichenau tätig, wo er 1987 zum Thema „Informationsverarbeitung bei Schizophrenen“ promoviert wurde. Seine Habilitation erlangte er 1994 an der Universität Salzburg zum Thema „Somatoforme Störungen und Hypochondrie“. Es folgten klinische Tätigkeiten am Psychiatrischen Krankenhaus Rottweil (1986–1987) sowie an der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck (Prien am Chiemsee), wo er ab 1989 als leitender Psychologe tätig war. Rief nahm im Jahr 2000 einen Ruf auf eine Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie an die Universität Marburg an. In den nächsten Jahren folgten Gastprofessuren an der Harvard Medical School in Boston (2004–2005), der University of California in San Diego (2009/2010), sowie der University of Auckland in Neuseeland (2002).
Rief ist Sprecher der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs). Er war zudem einige Jahre Präsident der deutschen Gesellschaft für Verhaltensmedizin (2001–2005) und Mitglied in der Expertenkommission der American Psychiatric Association (APA) und Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Somatic Presentations of Mental Disorders“ zur Vorbereitung von DSM-5 (Peking, 2006). Darüber hinaus ist er Sprecher der DFG-Forschergruppe zu Placebo- und Nocebo-Mechanismen (2010–2019), DFG-Fachkollegiat (2012–2020), Mitglied der DFG-Kommission „Klinische Studien“ sowie Co-Chair der ICD-11 Working Group „Classification of Chronic Pain“ der WHO (seit 2013). Er ist Editor in Chief der Zeitschrift „Clinical Psychology in Europe“ und Board member der European Association of Clinical Psychology and Psychological Treatment EACLIPT. Rief wurde 2014 zum „Distinguished International Affiliate, APA Division Health Psychology“ ernannt und erhielt eine Auszeichnung zum „Distinguished Scientist“ von der International Society of Behavioral Medicine 2014.
2021 erhielt Rief die Auszeichnung der European Association of Psychosomatic Medicine EAPM, den Alison Creed Award.
Werk
Das wissenschaftliche Werk von Rief fokussierte über viele Jahre auf die Untersuchung psychologischer Faktoren bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung körperlicher Beschwerden. Er forscht zu „somatoformen Störungen“. Zusammen mit Hiller (Mainz) entwickelte er das Fragebogenverfahren SOMS (Screening für somatoforme Störungen). Als nominiertes Mitglied der Initial-Gruppe zur Neuformulierung des Konzeptes der somatoformen Störungen in DSM-5 wirkte er anfangs an diesem Prozess mit, kritisierte jedoch später das 2014 vorgestellte Konzept der „somatischen Belastungsstörungen“ in DSM-5 auch deutlich.
Im Jahr 2009 wurde in der deutschen Fassung von ICD-10 die neue Diagnose F45.41 „Chronische Schmerzen mit somatischen und psychischen Faktoren“ eingeführt. Diese Einführung ging auf eine von Rief geleitete Arbeitsgruppe zurück. Als Co-Chair zusammen mit R.-D. Treede leitete er auch die Arbeitsgruppe zur Klassifikation chronischer Schmerzen in ICD-11. Der Klassifikationsvorschlag dieser Arbeitsgruppe für chronische Schmerzen wurde von der World Health Assembly 2019 in den Entwurf für ICD-11 offiziell aufgenommen, die weltweit die Grundlage zur Klassifikation körperlicher und psychischer Krankheiten wird.
Seit 2004 weitete er seinen Forschungsschwerpunkt auf das Thema „Placebo- und Nocebo-Mechanismen bei medizinischen Interventionen“ aus und leitet seit 2010 eine entsprechende überregionale DFG-Forschergruppe (DFG 1328). Er konnte belegen, dass die Erwartungen der Patienten wesentlich zum Behandlungserfolg beitrugen, selbst bei sehr invasiven medizinischen Eingriffen (wie herzchirurgische Operationen), und eine Modifikation dieser Patientenerwartungen den Behandlungserfolg solcher Maßnahmen steigert. Aber auch für die Entstehung von Nebenwirkungen sind Patientenerwartungen wesentlich.
Berufspolitisch setzt sich Rief seit 2011 als Sprecher der Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“, die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) sowie des Fakultätentags Psychologie tätig ist, für eine Revision des Psychotherapeutengesetzes zur Angleichung an die Aus- und Weiterbildungsstruktur medizinischer Heilberufe ein. Das Gesetz wurde im September 2019 vom Deutschen Bundestag verabschiedet (PsychThGAusbRefG). Außerdem engagiert er sich seit ca. 2005 für die Nachwuchsförderung innerhalb der Klinischen Psychologie. Er entwickelte das „Marburger Modell“ zur Kombination von Promotionsphase und klinischer Ausbildung in Psychotherapie.
Als Editor in Chief lancierte er die Zeitschrift „Clinical Psychology in Europe“, eine Open Access Zeitschrift, die neue Entwicklungen im Bereich Open Science fördern will und keine Article Processing Charges fordert.
Im Zuge der Corona-Pandemie veröffentlichte er für die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) eine Internetseite mit Informationen für alle, die Ängste und Unsicherheiten in der Corona-Situation und besonders bei der Impfentscheidung empfinden. Die Seite beinhaltet Informationen zu Ängsten vor Impfungen, warum diese normal sind, aber auch welchen Einfluss die Medien und Einzelfallberichte von Nebenwirkungen haben. So zeigte beispielsweise eine Studie zu einem Impfstoff, dass auch Teilnehmende, die ein Placebo-Impfmittel bekommen haben, also ein Mittel ohne Wirkstoff, von Nebenwirkungen durch die Impfung berichteten. Die Seite beinhaltet außerdem Tipps für den Umgang mit solchen Ängsten.
Veröffentlichungen
- mit U. Bingel und anderen: Avoiding nocebo effects to optimize treatment outcome. In: JAMA. 312, 2014, S. 693–694.
- mit P. Enck, U. Bingel und M. Schedlowski: Minimize, maximize, or personalize? – What to do with the placebo response in medicine? In: Nature Review Drug Discovery. Vol. 12, 2013, S. 191–204.
- mit K. Petrie und anderen: Effect of providing information about normal test results on patients' reassurance: randomised controlled trial. In: British Medical Journal. 334, 2007, S. 352–354.
- als Hrsg. mit N. Birbaumer: Biofeedback. Grundlagen, Indikation, Kommunikation und praktisches Vorgehen in der Therapie. 3. Auflage. Schattauer-Verlag, Stuttgart 2010.
- mit E. Broadbent: Explaining medically unexplained symptoms - Models and mechanisms. In: Clinical Psychology Review. 27, 2007, S. 821–841.
- mit J. A. Glombiewski: The hidden effects of blinded, placebo controlled randomized trials: An experimental investigation. In: Pain. 153, 2012, S. 2473–2477.
- als Hrsg. mit P. Henningsen: Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Schattauer-Verlag, Stuttgart 2015.
- mit W. Hiller: Das Screening für somatoforme Störungen SOMS. Manual zum Fragebogen. 2., überarb. Auflage. Huber-Verlag, Bern 2008.
- mit A. Martin: How to use the new DSM-5 diagnosis Somatic Symptom Disorder in research and practice? – A critical evaluation and a proposal for modifications. In: Annual Review of Clinical Psychology. 10, 2014, S. 339–67.
- mit J. Avorn und A. J. Barsky: Medication-attributed adverse effects in placebo groups. Implications for assessment of adverse effects. In: Archives of Internal Medicine. 166(2), 2006, S. 155–160.
- mit A. J. Barsky und anderen: Rethinking psychopharmacotherapy: The role of treatment context and brain plasticity in antidepressant and antipsychotic interventions. In: Neuroscience & Biobehavioral Reviews. 60, 2016, S. 51–64. doi:10.1016/j.neubiorev.2015.11.008.
- mit U. Bingel, M. Schedlowski und P. Enck: Mechanisms involved in placebo and nocebo responses and implications for drug trials. In: Clinical Pharmacology & Therapeutics. 90, 2011, S. 722–726.
- mit A. M. Heitmüller, K. Reisberg und H. Rüddel: Why reassurance fails in patients with unexplained symptoms–An experimental investigation of remembered probabilities. In: PLoS Medicine. 3 (8), 2006, S. e269. doi:10.1371/journal.pmed.0030269.
- mit S. Kaasa und anderen: The need to revise pain diagnoses in ICD-11. In: Pain. 149, 2010, S. 169–170.
- mit M. Schedlowski, P. Enck und U. Bingel: Neuro-Bio-Behavioral Mechanisms of Placebo and Nocebo Responses: Implications for Clinical Trials and Clinical Practice. In: Pharmacological Review. 67, 2015, S. 697–730.
- mit C. Seifart und anderen: Breaking bad news – what patients want and what they get. Evaluating the SPIKES protocol in Germany. In: Annals of Oncology. 25, 2014, S. 707–711.
- mit R.-D. Treede und anderen: A classification of chronic pain for ICD-11. In: Pain. 156(6), 2015, S. 1003–1007 (shared first authorship of Treede, Rief & Barke).
Weblinks
- Winfried Rief – Eintrag auf der Website der Universität Marburg, Psychotherapie-Ambulanz Marburg & AG Klinische Psychologie und Psychotherapie
- Symposium VtdK 2018: Winfried Rief (4/5) (YouTube)
- „Homöopathie: Nur Integration in Pharmazie und Medizin ermöglicht Qualitätskontrolle“ (DAZ.Online)
- Placebos als bessere Medizin (SZ)
- Psychotherapie-Ambulanz Marburg (PAM)
- Institut für Psychotherapie-Ausbildung Marburg (IPAM)
- Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Marburg
- Corona-Impfung: Was tun bei Angst vor Nebenwirkungen?
- Marburger Modell