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Sehbehinderung
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
H54 | Blindheit und Sehschwäche |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Eine Sehbehinderung ist eine meist dauerhafte Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit. Man teilt sie allgemein in Schweregrade ein, die sich in der Regel am verbliebenen Ausmaß der Sehschärfe des besseren Auges orientieren (Sehrest). Die ausgeprägteste Form einer Sehbehinderung ist die Amaurose, die vollständige Form der Blindheit ohne jegliche optische Reizverarbeitung. Als Ursache können unterschiedliche organische, funktionelle oder optische Störungen in Frage kommen. Von diesen wiederum hängen Prognose und therapeutische Maßnahmen ab.
Inhaltsverzeichnis
Zum Begriff der Sehbehinderung
Die Kriterien dafür variieren je nach der verwendeten Definition (z. B. WHO, dt. Sozialgesetzbuch etc.).
Einstufungen nach dem Berufsverband der Augenärzte in Österreich und Deutschland
- Sehbehinderung: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,3 auf dem besseren Auge
- hochgradige Sehbehinderung: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,05 auf dem besseren Auge
- Blindheit: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,02 auf dem besseren Auge
- Amaurose: keinerlei Lichtwahrnehmung und optische Reizverarbeitung mehr vorhanden
Auch eine Einschränkung des Gesichtsfeldes auf weniger als 5 Grad gilt als Blindheit.
Die Werte gelten jeweils für eine Messung mit bestmöglicher Korrektur oder Sehhilfe (z. B. Brille oder Kontaktlinsen).
Weitere Formen
Partiell-funktionale Sehbehinderungen sind Farbenblindheit oder Nachtblindheit. Zudem fallen auch bestimmte Erkrankungen bzw. Symptomatiken unter den Begriff der Sehbehinderung, auch wenn sie nicht den gesetzlichen Kriterien entsprechen. Hierzu zählen beispielsweise Halbseitengesichtsfeldausfälle, Doppelbilder, Blickparesen, visueller Neglect oder Formen kortikaler Blindheit.
Ursachen
Die Ätiologie von Sehbehinderungen kann sehr vielfältig sein. Zu den Ursachen gehören zum Beispiel:
- organische Veränderungen und Erkrankungen des Auges, insbesondere der Netzhaut, zum Beispiel Makuladegenerationen
- neurologisch bedingte Erkrankungen des Sehnervs und der übergeordneten Zentren durch beispielsweise Tumoren, Aneurysmen, Schlaganfall, Entzündungen etc.
- funktionelle Behinderungen wie eine hochgradige Amblyopie
- Augenmuskelgleichgewichtsstörungen wie der Nystagmus
Prinzipiell lassen sich erworbene Behinderungen von angeborenen unterscheiden.
Auswirkungen
Sehbehinderte haben häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. Sie haben oft große Probleme damit, dass sie von Menschen, die sich mit dem Thema nicht auskennen, missverstanden und manchmal sogar als Simulant betitelt werden. Aus diesem Grund scheuen sich viele Sehbehinderte davor, sich zu kennzeichnen, was sowohl für sie als auch für andere Verkehrsteilnehmer die Sicherheit erhöhen würde. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass es viele Sehbeeinträchtigungen gibt, die nicht korrigiert werden können und bei denen nicht einmal eine Brille getragen wird. Nichtbetroffene können oft nicht verstehen, dass Sehbehinderte etwas nicht sehen können, dafür aber an anderer Stelle scheinbar normal sehen und keine Hilfe benötigen. Ein Phänomen, das Unverständnis hervorruft ist bspw. ein Mensch mit Tunnelblick (sehr eingeengtem Gesichtsfeld), der sich kaum orientieren kann und auf einen Blindenstock angewiesen ist, sich aber hinsetzt und eine Zeitung liest. Zudem kann das Sehvermögen etwa von der Tagesform des Betroffenen, der Anstrengung, der das Auge bereits ausgesetzt war, oder den Lichtverhältnissen abhängen. Ein Sehbehinderter verhält sich daher nicht immer gleich, was zu Irritationen führen kann. Ein Hauptanliegen der Sehbehindertenverbände ist daher Aufklärung.
Kenntlichmachungen für sehbehinderte und blinde Menschen
Österreich
Gemäß § 3 StVO, dem Vertrauensgrundsatz, werden „Sehbehinderte mit weißem Stock oder gelber Armbinde“ ausdrücklich davon ausgenommen, dass der „Straßenbenutzer vertrauen darf, dass [diese] Personen die für die Benutzung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen“, weil „diese Menschen besonderer Aufmerksamkeit durch andere Verkehrsteilnehmer bedürfen“. (→ Langstock-Geher haben in der Regel ein Orientierungs- und Mobilitätstraining absolviert).
Diese Kennzeichnung ist zwar verbindlich gefordert, jedoch weder in der StVO noch anderweitig rechtlich näher geregelt. Gebräuchlich ist seit Langem ein auf einer Armbinde getragenes Symbol, bestehend aus drei im Dreieck angeordneten schwarzen Punkten auf gelbem Grund, das 1920 in Deutschland auf Grundlage eines damaligen Verkehrszeichens eingeführte Verkehrsschutzzeichen für Körperbehinderte. Allgemein standen zwei Punkte oben, ein Punkt unten für ‚sehbehindert oder blind‘, ein Punkt oben, zwei Punkte unten für ‚hörbehindert oder gehörlos‘.
Die österreichischen Blindenverbände waren schon länger bemüht, „eine Armbinde in neuem Design und modernen Stoffqualitäten zu entwickeln, die auch bei Dunkelheit besser erkennbar ist.“ Außerdem wollte man die „stigmatisierenden drei schwarzen Punkte durch ein anderes, eindeutiges und international möglichst gleichartiges Symbol“ ersetzen. Da seitens des Gesetzgebers keine Einwände bestanden, wurde mit der ÖNORM V 2106:2002-08-01 Gelbe Armbinden für blinde und sehbehinderte Menschen - Gestaltung und Abmessungen ein neues, verbindliches Logo geschaffen. Der „Mensch mit Langstock“ ist schon länger in Südwesteuropa üblich, und wurde nach ÖNORM als „schwarze geschlechtsneutrale Person mit Blinden-Langstock auf gelbem Grund“ definiert. Mit der StVO-Novelle 2005 waren auch hörbehinderte und gehörlose Menschen nicht mehr vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen, sodass das traditionelle Symbol kein eindeutiges Kennzeichen der Zielgruppe des § 3 mehr darstellte.
Die neue Blindenarmbinde ist neben dem Logo mit rückstrahlenden Elementen und eingenähten reflektierenden Gewebestreifen versehen. Der Blindenstock muss mindestens zu zwei Dritteln weiß und sollte ebenfalls mit reflektierenden Elementen versehen sein. Die Kennzeichnung eines sehbehinderten oder blinden Straßenverkehrsteilnehmers „liegt in dessen Eigenverantwortung und Eigeninteresse.“ Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht gibt es nicht, eine verwendete Kennzeichnung ist aber für die anderen Verkehrsteilnehmer bindend.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapiemöglichkeiten hängen stark von Ausmaß und Ursache der Behinderung ab. Eine vollkommene Restitution ist selten möglich, oft werden entsprechende Rehabilitationsmaßnahmen notwendig.
Siehe auch
Literatur
- Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
- Leitlinien Nr. 07 vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands.
- Andreas Schaufler: Low Vision. Komplett überarbeitete Neuauflage, DOZ Verlag, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-942873-14-7.
Weblinks
- Leitlinie Nr. 7 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA): Versorgung von Sehbehinderten und Blinden (PDF; 76 kB)
- Definition Blind und Sehbehindert auf der Seite Integrationskinder
- Sehbehinderungssimulator
- Ich sehe so, wie Du nicht siehst – Broschüre des DBSV
Verbände:
- Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ)
- Deutsche Blindenstudienanstalt (BLISTA)
- Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. – DBSV
- Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf – DVBS
- Pro RETINA Deutschland e. V. – Pro Retina Deutschland, Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen
- Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs
- Schweizerische Fachstelle für Sehbehinderte im beruflichen Umfeld (SIBU)
- Sehbehindertenhilfe Basel
Sonstiges:
- incobs.de – Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte