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Gefleckter Schierling

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Gefleckter Schierling

Gefleckter Schierling (Conium maculatum), Illustration

Systematik
Euasteriden II
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Gattung: Schierlinge (Conium)
Art: Gefleckter Schierling
Wissenschaftlicher Name
Conium maculatum
L.
Über 2 m hohes Exemplar des Gefleckten Schierlings
Der Stängel ist meist rot gefleckt.

Der Gefleckte Schierling (Conium maculatum) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Er gehört mit dem Wasserschierling (Cicuta virosa) und der Hundspetersilie (Aethusa cynapium) zu den giftigsten Arten der Doldengewächse. Mit einem Schierlingsbecher (Trank aus seinen Früchten oder Wurzeln) wurden im Altertum Verurteilte hingerichtet, so zum Beispiel der griechische Philosoph Sokrates.

Beschreibung

Der Gefleckte Schierling wächst als zweijährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 80 cm bis zu 2 Metern. Die weißliche Wurzel ist spindelförmig. Ein gutes Erkennungsmerkmal ist ein intensiver Geruch nach Mäuse-Urin. Ihre runden, hohlen Stängel sind kahl, längs gerippt und – ähnlich wie reife Pflaumen – von einer Art blauem Reif überhaucht, im unteren Teil rot gefleckt. Die kahlen Laubblätter sind im Umriss breit dreieckig und zwei- bis vierfach gefiedert oder fiedrig eingeschnitten, sie sind denen des ungiftigen Wiesen-Kerbels ähnlich.

Der zusammengesetzte doldige Blütenstand weist 8 bis zu 20 etwas behaarte Doldenstrahlen mit fünf bis sechs hautrandigen Hüllblättern auf. Er besitzt an der Basis der Döldchen mehrere Hüllblättchen. Die weißen Blüten-Kronblätter sind verkehrt-herzförmig und schwach ausgerandet mit einem sehr kleinen, spitzen eingeschlagenen Läppchen. Die Spaltfrucht ist eiförmig und 2,5 bis 3,5 mm lang, es ist ein zweiteiliges Griffelpolster (Stylopodium) vorhanden, die Teilfrucht ist im Querschnitt rundlich-fünfeckig mit wellig-gekerbten Hauptrippen.

Die Art blüht von Juni bis September.

Die Chromosomenzahl ist 2n = 22.

Vorkommen

Das Verbreitungsgebiet des Gefleckten Schierlings umfasst ursprünglich Europa, West- und Zentralasien, Westsibirien, den Kaukasusraum, Indien, Pakistan, Marokko, Algerien, Tunesien und Äthiopien. Auf den Kanarischen Inseln ist die Ursprünglichkeit zweifelhaft. In Nord-, Mittel- und Südamerika, Australien, Neuseeland, Mikronesien, Südafrika, Mosambik, Simbabwe und in Xinjiang ist die Art ein Neophyt.

Der Gefleckte Schierling findet sich auf typischen Ruderalflächen wie Schuttplätzen oder Brachen, an Ackerrainen, an Straßenrändern, manchmal auch auf Rübenäckern. Er bevorzugt tiefgründigere nährstoffreiche Lehmböden und gilt als Stickstoffanzeiger. Er ist eine Kennart der Taubnessel-Schierlingsflur (Lamio albi-Conietum). Wegen zahlreicher Todesfälle beim Nutzvieh durch Schierling im Grünfutter wurden Conium-Vorkommen im Freiland durch Landwirte vielerorts gezielt eliminiert.

Giftigkeit

Der Schierling gehört zu den giftigsten einheimischen Pflanzenarten. Sein in allen Teilen vorhandener Wirkstoff ist das Pseudoalkaloid Coniin, das für den Erwachsenen in einer Dosis von 0,5 bis 1 g tödlich ist. Der Gefleckte Schierling enthält zwischen 1,5 und 2,0 % des Alkaloids. Der Stoff wird aus verletzten Pflanzenteilen auch über die unverletzte Haut aufgenommen und verursacht Rötung und schließlich Blasenbildung.

Darüber hinaus kommen auch weitere Alkaloide (hier speziell Conium-Alkaloide) wie Conhydrin, Pseudoconhydrin, Conicein und Methylconiin im Gefleckten Schierling vor. Besonders stark sind die Gifte in den unreifen Früchten konzentriert. Es wirkt vor allem auf das Nervensystem. Die Vergiftung äußert sich durch Brennen in Mund und Rachen, Brechreiz, Sehstörung, Verlust des Sprech- und Schluckvermögens und Muskelkrämpfe, bis schließlich durch Atemlähmung bei völlig erhaltenem Bewusstsein der Tod eintritt. Vergiftungen können vor allem durch die Verwechslung mit ähnlich aussehenden Doldengewächsen, etwa dem sehr ähnlichen Wiesen-Kerbel oder der Petersilie, auftreten. Der starke Mäuse-Urin-Geruch, die geteilten Blätter und die rötlichen Flecken der zudem bereiften Sprosse sind jedoch klare Unterscheidungsmerkmale.

Vergiftungen sind bei Weidetieren und auch bei Schweinen bekannt, wobei die Tiere die Pflanze auf der Wiese eher meiden. Im Grünfutter besteht jedoch Gefahr. Das Gift wird beim Trocknen nur sehr langsam und nicht vollständig abgebaut.

Trivialnamen

Für den Gefleckten Schierling bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Bangenkraut, Bitscherling, Blutpeterlein, Blutschierling (Pommern), Butzerling, Düllkrut (Ostfriesland), Echter Schierling, Erdschierling, Gartenschierling, Hundspetersilie, Kalberkern, Krottenpeterling, Mäuseschierling (Schlesien), Mauerschierling (Bern), Pipkraut, Scharmpiepen, Scharnpiepen (Bremen), Scharpenpiepen (Elsfleth), Scherline, Scherling (Pommern), Schierling (Siebenbürgen), Schirbingk, Schirling, Schirsing, Teufelspeterling (Schweiz), Tollkörfel, Tollkraut, Wogeltod, Wüterich, Wütscherling, Wuitschirling, Wutscherling, Wutzerling, Ziegendill (Schlesien) und Ziegenkraut (Schweiz).

Geschichte

Die von Pedanios Dioskurides (De materia medica) und von Plinius dem Älteren (Naturalis historia) angegebenen Heilmittel-Indikationen stimmen weitgehend überein. Es wird daher angenommen, dass beide aus den gleichen Quellen schöpften. Die von ihnen „koneion“ oder „cicuta“ genannte Pflanze wird rückblickend als Schierlings-Art, meist als Gefleckter Schierling (Conium maculatum) gedeutet.

Indikationen für das „koneion“ bei Pedanios Dioskurides Indikationen für die „cicuta“ bei Plinius dem Älteren
Schierling tötet durch Erkältung Die Samen und die Blätter haben erkältende Kraft
Gegenmittel bei Schierlingsvergiftung ist ungemischter Wein Im Anfangsstadium einer Schierlingsvergiftung dient Wein als Gegenmittel, aber nur wenn der Schierling nicht in Wein eingenommen wurde
Der ausgepresste Saft aus den grünen Dolden dient als Heilmittel Man presst den Saft aus Blättern und Blüten
Der Saft mit Wein vermischt dient als Auflage bei schmerzhafter Augenentzündung Der Saft dient zur Stillung der Augenschmerzen
In Salben äußerlich ist der Saft gegen Erysipel und kriechende Geschwüre zu verwenden
Der Saft von Kraut und Dolde heilt als Auflage bei Pollution. Lässt die Hoden der Knaben verkümmern Der Saft unterdrückt zur Zeit der Mannbarkeit den Geschlechtstrieb
Der Saft von Kraut und Dolde als Umschlag vertreibt die Milch und verhindert, dass die jungfräulichen Brüste größer werden Der Saft unterdrückt äußerlich aufgelegt den Wöchnerinnen die Milch. Wenn man die Brüste während der Jungfräulichkeit mit dem Saft einstreicht, so bleiben sie immer straff

Unter den Namen sucara (Avicenna) – cicuta (Pseudo-Macer) – wutscherling (Deutscher Macer) – scherling (Hildegard von Bingen) – wontzerling (Gart der Gesundheit) – wüeterich (Hieronymus Brunschwig) – schirling (Hieronymus Bock) wurde Schierling im Mittelalter und in der frühen Neuzeit geführt und lediglich die äußerliche Anwendung der Pflanze bzw. ihrer Teile wurde empfohlen. Erst im 17. Jahrhundert wurden die Arten Cicuta virosa (Wasserschierling) und Conium maculatum (Gefleckter Schierling) unterschieden.

Im 18. Jahrhundert propagierte der Wiener Arzt Anton von Störck den Schierling als „resolvierendes oder zerteilendes und alterierendes“ Mittel zur Behandlung vergrößerter Lymphknoten, zur Behandlung von fauligen Geschwüren und zur Behandlung von „Krebs“. Arzneizubereitungen aus Schierling wurden auch als krampflösende Mittel bei Tetanus und Keuchhusten eingesetzt. Im 19. Jahrhundert führten amtliche Arzneibücher Schierling als Kraut (Herba), als Pflaster und Salbe sowie als Extrakt.

Bereits 1539 berichtete Hieronymus Bock, er habe „eyn ehrlich weib“ gesehen, die versehentlich Schierlingswurzeln zusammen mit „Pestnachen“ kochte. Sobald sie von dieser Speise gegessen hatte, „fing sie [an] dol vnnd druncken zů werden, begert über sich zů steigen vnd zů fliegen etc. der wardt mit eynem drunck essigs geholffen, dz sie frydig vnd still wart.“

Die Homöopathische Schule verschreibt Schierlingszubereitungen bei langdauernder Drüsenverhärtung, Prostata- und Brustkrebs nach Stoßtrauma, Schwindel und Sehstörung nach schwerer Verlusterfahrung, auch mit Zwängen und Verwirrtheitszuständen. Die Rademachersche Schule bezeichnet Schierling als „äußerliches Milzmittel“.

Quellen

Historische Abbildungen

Literatur

  • Gefleckter Schierling. FloraWeb.de
  • Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 10., bearbeitete Auflage. Band 4: Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
  • Albert Thellung: Conium. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. 2. Auflage. Band V. Teil 2: Angiospermae: Dicotyledones 3 (2) (Cactaceae – Cornaceae). Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin/Hamburg 1966, ISBN 3-489-74021-1, S. 1081–1087 (unveränderter Nachdruck von 1926 mit Nachtrag).
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7.

Weblinks

Commons: Gefleckter Schierling – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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