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Histon

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Histone sind basische Proteine, die im Zellkern von Eukaryoten vorkommen wie außerdem in bestimmten Archaeen, insbesondere Euryarchaeota und Proteoarchaeota.

Schematische Darstellung der Nukleosombildung aus den Histonproteinen

Als Bestandteil des Chromatins sind Histone von essentieller Bedeutung für die Verpackung der DNA und auch für die Expression mancher auf ihr codierten Gene (siehe Epigenetik). Das große Genom im Zellkern von eukaryotischen Zellen ist in Chromosomen aufgeteilt, deren kleinste Verpackungseinheiten Nukleosomen sind. Ein Nukleosom ähnelt einer Spule, bei der sich der DNA-Strang um einen Proteinkern wickelt, der aus Histonen besteht. Je zwei Kopien der Histone H2A, H2B, H3 und H4 bilden gemeinsam einen Proteinkomplex aus acht Histonen. Um dieses Histonoktamer ist die DNA gewickelt, etwa anderthalbmal (1,65-mal), auf einer Länge von 146 DNA-Basenpaaren. Die zwischen benachbarten Nukleosomen verbindende DNA wird Linker-DNA genannt. Ein weiteres Histon, H1, bindet DNA direkt neben Nukleosomen und erlaubt die nächsthöhere Verpackungseinheit der DNA.

Histone bestehen aus einem globulären Zentrum und flexiblen endständigen Armen (englisch histone tails), die zahlreiche basische, positiv geladene Aminosäuren aufweisen. Die DNA ist hingegen negativ geladen, so dass eine elektrostatische Anziehung besteht.

Entdeckung

Die Histon-Proteine wurden 1884 vom deutschen Mediziner und Physiologen Albrecht Kossel entdeckt. Der Begriff Histon lässt sich aus griechisch histanai oder histos herleiten. Bis in die frühen 1990er Jahre wurden Histone als reines Packmaterial nukleärer DNA verkannt. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten konnte ihre Bedeutung für epigenetische Mechanismen beschrieben werden.

Histonklassen

Linker-Histone H1 und Core-Histone

Beim Menschen sind fünf Haupt-Histon-Proteine (Histone-Klassen, englisch histone families) bekannt:

Überfamilie
superfamily
Familie
family
Unterfamilie
subfamily
Linker
(Gerüst)
H1 H1F
H1H1
Core
(Spule)
H2A H2AF
H2A1
H2A2
H2B H2BF
H2B1
H2B2
H3 H3A1
H3A2
H3A3
H4 H41
H44

Die Histonproteine H2A und H2B lagern sich zu Dimeren zusammen. Dasselbe gilt für H3 und H4. Zwei H3/H4-Dimere lagern sich zu einem Tetramer zusammen, an das wiederum zwei H2A/H2B-Dimere angelagert werden. Dadurch entsteht der oktamere Nukleosomenkern (englisch core particle), um den sich die DNA in ca. zwei großen linksgängigen Windungen legen kann. Das fünfte Histon, H1, wird möglicherweise benötigt, um eine 30-nm-Faser zu bilden – eine übergeordnete Struktur, die einer Helix aus Nukleosomen entspricht. Dadurch wird die DNA-Packung weiter verstärkt. Die Komprimierung des DNA-Moleküls beträgt ohne H1 Faktor 7 und wird mit H1 auf Faktor 40–50 erhöht, d. h. ein unkomprimierter DNA-Strang enthält 3 Mio. Nukleotide/mm, komprimiert ohne H1 20 Mio. Nukleotide/mm und mit H1 120 Mio. Nukleotide/mm.

Neben den oben genannten Histonproteinen gibt es außerdem Varianten, die sehr spezifische Funktionen bei der Regulation der Genexpression und der Strukturierung der Chromosomen übernehmen. Ein Beispiel ist Makro-H2A, welches das Histon H2A partiell auf dem inaktivierten X-Chromosom von weiblichen Säugern ersetzt. Ein anderes Beispiel ist CENP-A, eine Variante des Histons H3, die nur im Bereich des Zentromers zu finden ist und für die spezifische Struktur dieser Chromosomenregion essentiell ist. Im Großen und Ganzen sind die Core-Histone H2A, H2B, H3 und H4 in der Evolution streng konserviert worden. Lediglich das Histon H1 ist in seiner Struktur sehr variabel, wie der Vergleich unterschiedlicher Organismen zeigt. Bei der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) fehlt dieses Histon sogar völlig. Die Bindung der DNA an die Histone kann die Transkription positiv oder negativ beeinflussen. Für die Vorgänge der Transkription, Replikation und DNA-Reparatur müssen die Histone von der DNA gelöst oder auf dem DNA-Strang verschoben werden – ein Vorgang, den man als Nukleosomenremodelling bezeichnet.

Die Histone der Archaeen enthalten nur eine H3-H4-ähnliche dimere Struktur, die aus demselben Protein besteht. Solche dimeren Strukturen können sich zu einer großen Superhelix (‚Supernukleosom‘) stapeln, auf der sich die DNA ähnlich wie bei den Spulen der Nukleosomen aufwickelt. Nur einige archaeale Histone haben endständige Arme.

Im Juni 2022 veröffentlichten Xavier Grau-Bové et al. eine eingehende Analyse der eukaryotischen, archaealen und viralan Histongruppen, insbesondere im Hinblick auf die Eukaryogenese.

Histonmodifikationen

Das N-terminale Ende eines Histons kann von Enzymen modifiziert werden. Diese Histonmodifikationen können Methylierung, Phosphorylierung, Sumoylierung, Ubiquitinylierung, Acetylierung, Propionylierung und Butyrylierung sowie deren Rückreaktionen umfassen. Hieraus ergibt sich der spezifische Histon-Code einer Zelle. Diese Modifikationen haben Einfluss auf das Chromatingerüst des Zellkerns und somit auf die Genregulation.

Die Funktion der Methylierung von Histonen wird derzeit intensiv erforscht und steht überwiegend in Beziehung zur epigenetischen Inaktivierung von Genen. So kann eine regionale Trimethylierung des Lysinseitenrestes (K9) am Histon 3 eines Promoters zu einer Kondensierung der Chromatinstruktur in diesem Bereich führen, dies hat dann eine Inaktivierung der Genexpression des auf diesem Abschnitt liegenden Gens zur Folge. Darüber hinaus existieren Verbindungen zum inaktivierenden Prozess der DNA-Methylierung. Die Phosphorylierung von Histonproteinen erhöht in den meisten Fällen die Zugänglichkeit der DNA und spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei der Regulation der Transkription während der Mitose und Meiose. Die Acetylierung setzt, wie die Phosphorylierung, in den meisten Fällen die Bindefähigkeit der Histone für die DNA herab, indem die Ladung der Histone negativ wird und sich die negative DNA abstößt. Sie ist deshalb Voraussetzung für die Transkription der mit Histonen assoziierten DNA.

Histongene

Histone sind offensichtlich evolutionär sehr alte und sehr bedeutende Moleküle, sodass sie hoch konserviert sind. Sie gehören zu den am stärksten konservierten Proteinen in Eukaryoten, was ihre wichtige Rolle in der Biologie des Zellkerns unterstreicht. Histongene sind S-Phase-abhängig, werden also nur exprimiert, wenn neue DNA gebildet wird, und zwar dann extrem stark.

Die Histongene liegen ähnlich wie die rDNA häufig in Clustern wiederholt vor, sind also gekoppelt, sie besitzen jedoch jeweils einen eigenen Promotor. Die Zahl der Wiederholungen kann recht stark schwanken (Saccharomyces cerevisiae hat 2 Cluster, der Grüne Wassermolch hat 700, beim Menschen sind es 10–24).

Die Reihenfolge der einzelnen Histongene im Cluster ist recht unterschiedlich, teilweise sind die Gene zudem gegenläufig, teilweise auch in gleicher Richtung angeordnet. In jedem Cluster jedoch sind alle 5 Histone vorhanden.

Die Histongene selbst haben zudem eine regelrecht altertümliche Struktur. Sie besitzen weder Introns, noch erhalten sie nach der Transkription einen poly(A)-Schwanz. Der 3'-UTR ist sehr kurz und enthält zwei gegenläufig gerichtete Wiederholungseinheiten (inverted repeats). Diese bilden eine Haarnadelstruktur aus, was man ansonsten nur von Genen von Prokaryoten kennt. Die Haarnadelstruktur ist für die koordinierte Reifung der Histon-mRNA und für die Regelung ihrer Lebenszeit in der S-Phase wichtig.

Bei Säugetieren und Vögeln sind die Cluster nicht repetitiv angeordnet, sondern etwas verteilt. Einige Histongene sind S-Phase-korreliert und liegen recht nahe beieinander. Sie entsprechen vom Aufbau her den „normalen“ Histongenen. Andere hingegen sind sogenannte Ersatzhistongene, die defekte Histonproteine ersetzen können, auch außerhalb der S-Phase. Diese liegen abseits der Histoncluster und besitzen lange 3'-UTRs und einen poly(A)-Schwanz.

Entwicklungsgeschichte der Histone

Wie bereits erwähnt, finden sich Histone in den Kernen eukaryotischer Zellen und in bestimmten Archaeen – bei Proteoarchaea und Euryarchaea, (bis auf H1, s. u.) aber nicht in Bakterien. Die bei Archaeen gefundenen Histone scheinen den evolutionären Vorläufern eukaryotischer Histone sehr ähnlich zu sein.

In den letzten zwei Jahrzehnten vor 2022 wurden bei einer wachsenden Zahl von dsDNA-Viren (Baltimore-Gruppe I) Homologe der Gene entdeckt, die für eukaryotischen Histone kodieren. Beispiele unter den Riesenviren des Phylums Nucleocytoviricota (NCLDVs) sind die Familien Marseilleviridae, Phycodnaviridae (mit „Pandoravirus“), Iridoviridae, Mamonoviridae (alias Medusaviridae, mit „Clandestinovirus“) und die Unterfamilie Klosneuvirinae. Anderweitige Beispiele gibt es in der Familie Nudiviridae und der Gattung Bracovirus (alias Bracoviriform, Spezies „Cotesia vestalis bracovirus“, CvBV). Einige dsDNA-Viren, die nicht für Histone kodieren, können dennoch eukaryotische Histone für ihre eigene Verpackung, Steuerung oder zu ihrem Schutz nutzen, wie etwa Herpes-simplex-Viren (HSV). Im Gegensatz zum Herpesvirus sind bei Papillomaviren (HPV) Histone des Wirts im Virion verpackt. Ein weiteres Beispiel ist das „Manila clam xenomavirus“ (Papovaviricetes). 2022 wurde die Rolle von Histonen im Replikationszyklus einer Reihe von Viren umfassend untersucht.

Die Ergebnisse stützen moderne Varianten der Eozyten-Theorie (die Ursprünge der Eukaryoten sind unter den Proteoarchaeota zu suchen), und damit einen zentralen Aspekt der Endosymbiontentheorie.

Im Gegensatz dazu finden in reife Samenzellen hauptsächlich Protamine Verwendung, um Kern-DNA zu packen. Dies liegt höchstwahrscheinlich daran, dass dadurch eine noch höhere Packrate erreicht werden kann.

Eine Zeit lang wurde angenommen, dass Dinoflagellaten die einzigen Eukaryoten sind, denen Histone völlig fehlen. Spätere Studien zeigten jedoch, dass ihre Kern-DNA immer noch Histon-Gene enthält.

Histonähnliche Proteine bei Bakterien

In Bakterien findet man keine Core-Histone (mit Ausnahme des Lysin-reichen H1, auch als Nukleoprotein HC1/HC2 bezeichnet). Stattdessen ist bei Bakterien und DNA-haltigen Organellen wie Mitochondrien und Plastiden (insbesondere Chloroplasten) die DNA normalerweise in Nucleoiden (Kernäquivalenten) verdichtet, wofür so genannte ‚histonähnliche Proteine‘ (HLPs, nach englisch histone like proteins, auch Bacterial DNA binding proteins) sorgen. Diese sind untereinander homolog, zu den echten Histonen im Zellkern der eukaryotischen Zellen (Euzyten) aber nur funktionell ähnlich (analog). Die Bezeichnungen sind:

Diese Beziehungen der Histone und HLPs unterstützen ebenfalls die Endosymbiontentheorie.

Siehe auch

Literatur

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Weblinks


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