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Ubiquitin

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Ubiquitin
Ubiquitin
Bändermodell
Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 8,5 kDa / 76 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-Namen RPS27A ; UBA52; UBB; UBC
Externe IDs
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Eukaryoten

Ubiquitin (von ubiquitär ‚allgegenwärtig‘) ist ein kleines Protein, das in allen eukaryotischen Zellen und Zelltypen zu finden ist und an der Regulation verschiedener Zellvorgänge beteiligt ist.

Es wird mittels Ubiquitin-Protein-Ligasen enzymatisch an andere Proteine gekoppelt, die durch diese Ubiquitinierung in ihren Eigenschaften verändert werden. Abhängig von Anzahl und Art der Ubiquitin-Bindungen kann ein ubiquitiniertes Zielprotein dadurch in seiner Interaktion mit anderen Proteinen gefördert oder behindert, seine Aktivität beeinflusst, seine Lokalisation in der Zelle verändert oder sein Abbau beschleunigt werden. Mehrere in Kette angehängte Ubiquitine markieren bei der Proteinqualitätskontrolle das so poly-ubiquitinierte Protein für die Degradation im Proteasom. Ubiquitinierungen sind daneben für die Regelung von Transkription und Translation bedeutend, in die Signaltransduktion und die Endozytose eingebunden, an der DNA-Reparatur beteiligt und treten in geregelten Abläufen von Zellzyklus, Zelldifferenzierung und Entzündungsreaktionen auf.

Die Ubiquitinierung selbst ist ein mehrphasiger Prozess, dessen drei Hauptschritte verschiedene Enzyme katalysieren: ubiquitin-aktivierende (E1), ubiquitin-konjugierende (E2) und schließlich Ubiquitin-Ligasen (E3), die Ubiquitin auf unterschiedliche Art an bestimmte Substratproteine binden.

Demgegenüber steht eine Reihe desubiquitinierender Enzyme (DUB), die unter anderem die Abspaltung bereits angehängter Ubiquitin-Moleküle katalysieren.

Eine Ubiquitinierung, auch Ubiquitinylierung genannt, stellt eine posttranslationale Modifikation von Proteinen dar. Vergleichbare Modifikationen sind Ankopplungen ubiquitin-ähnlicher Proteine wie SUMO, Urm1 oder Nedd8, entsprechend Sumoylierung, Urmylierung bzw. Neddylierung genannt. Daneben ist bei manchen Prokaryoten, beispielsweise Mycobacterium tuberculosis, ein zu Ubiquitin analoges Protein bekannt, das Prokaryotic ubiquitin-like protein (Pup) genannt wird.

Ubiquitin wurde 1975 entdeckt (ubiquitous immunopoietic polypeptide genannt), und in den Folgejahren näher charakterisiert. Für die Erforschung der Grundlagen des Ubiquitin-Systems Anfang der 1980er Jahre wurde Aaron Ciechanover, Avram Hershko und Irwin Rose 2004 der Nobelpreis für Chemie verliehen.

Struktur

Ubiquitin besteht aus 76 Aminosäuren und hat eine Molekülmasse von 8,5 kDa. Sein Aufbau veränderte sich im Laufe der Evolution wenig, es ist somit hoch konserviert. So unterscheiden sich das Protein beim Menschen und bei dem Einzeller Hefe Saccharomyces cerevisiae in nur 3 der 76 Aminosäuren.

Oberflächenstruktur von Ubiquitin

Ubiquitin hat eine globuläre Form, lediglich die letzten vier C-terminalen Aminosäuren ragen hervor. Wichtige funktionelle Aminosäuren sind das C-terminale Glycin (G) an der 76. Stelle (G76) und die Lysine (K) an der 48. (K48) und 63. Stelle (K63) der Aminosäuresequenz. Über die C-terminale Carboxygruppe an G76 wird Ubiquitin an spezifische Lysine, Cysteine, Serine, Threonine oder den N-Terminus des zu markierenden Proteins kovalent gebunden. An ein bereits gebundenes Ubiquitin können über die Lysine weitere Ubiquitinmoleküle angehängt werden, sodass sich eine Ubiquitinkette bildet. Da ein Ubiquitin insgesamt sieben Lysine enthält, sind mindestens sieben verschiedene Verbindungsarten eines Ubiquitins möglich.

Die Aminosäuresequenz für menschliches Ubiquitin im Einbuchstabencode – K48, K63 und G76 gefettet hervorgehoben –:

N-term MQIFVKTLTGKTITLEVEPSDTIENVKAKIQDKEGIPPDQQRLIFAGKQLEDGRTLSDYNIQKESTLHLVLRLRGG C-term

Mechanismus der Ubiquitinierung

Der Prozess des Markierens von Zielproteinen durch Ubiquitin wird Ubiquitinierung oder auch Ubiquitinylierung genannt. Dessen Ablauf erfordert – wie eine Sumoylierung, Urmylierung oder Neddylierung – mehrere nacheinander folgende Reaktionsschritte und wird von drei Enzymen katalysiert, Ubiquitin-Protein-Ligasen, die nach der Reaktionsfolge als E1 (auch Modifikation aktivierendes Enzym), E2 (auch Modifikation konjugierendes Enzym) und E3 (auch E3-Ligase) bezeichnet werden.

Mechanismus der Ubiquitinierung von Zielproteinen

Im ersten Schritt wird Ubiquitin durch eine Thioesterbindung zwischen seiner C-terminalen Carboxygruppe (G76) und einem Cystein des E1-Enzyms gebunden und so „aktiviert“. Diese Aktivierung ist energieabhängig; die Energie wird durch die Spaltung von ATP zu AMP und Pyrophosphat bereitgestellt. Für die Aktivierung des Modifikator-Moleküls gibt es ein spezifisches E1-Enzym, in Pflanzen sogar zwei E1-Enzyme für Ubiquitin.

Nachdem Ubiquitin an E1 gebunden wurde, wird das Ubiquitin an das Enzym E2 überführt. Für Ubiquitin sind allein in der Hefe über elf verschiedene E2-Enzyme bekannt, in anderen Organismen ist ihre Anzahl noch größer (während für Sumo1 und Nedd8 je ein spezifisches E2-Enzym existiert).

Im letzten Schritt wird das Ubiquitin durch spezifische E3-Ligasen auf das Zielprotein übertragen. Hierbei wird eine Isopeptid-Bindung zwischen dem C-terminalen Glycin des Ubiquitins und einem Lysin des Zielproteins gebildet. Im Unterschied zu einer klassischen Peptidbindung dient hier nicht der α-Aminorest, sondern der ε-Aminorest des Lysins als Bindungspartner. Darüber hinaus können Ubiquitine auch auf andere Verknüpfungsarten angeschlossen werden, auch lysin-freie Proteine wurden ubiquitiniert vorgefunden. In der Anzahl verschiedener E3-Enzyme spiegelt sich die Vielfalt der von Ubiquitin modifizierten Zielproteine wider. Berücksichtigt man alle Enzyme, die strukturell zu den drei Unterfamilien der E3-Enzyme (HECT, RING und U-Box) gehören, so ist bei höheren Organismen von einer Zahl zwischen mehreren Hundert und Eintausend auszugehen.

Arten der Ubiquitinierung

Verschiedene Arten der Ubiquitinierung: (A) Mono-, (B) Oligo-, (C) Multi- und (D) Poly-Ubiquitinierung

An das jeweilige Zielprotein können Ubiquitine auf verschiedene Weise gebunden sein und weitere an unterschiedlicher Stelle angehängt werden. Nach Anzahl der verbundenen Ubiquitin-Moleküle wird zwischen Mono- und Oligo-, Multi- bzw. Poly-Ubiquitinierung unterschieden, je nachdem ob nur ein Molekül vorliegt oder wenige, mehrere bzw. viele Ubiquitine.

Wenn mindestens fünf Ubiquitinmoleküle als Kette mit einem Zielprotein verbunden sind, spricht man von einer Poly-Ubiquitinierung. Sind diese Moleküle am Lysin 48 (K48) miteinander verknüpft, wird das Zielprotein hauptsächlich dem Abbau durch das Proteasom zugeführt. Verbindung am Lysin 63 (K63) kann zum lysosomalen Abbau des Proteins führen. Des Weiteren wurde beobachtet, dass diese Modifikation Einfluss auf die zelluläre Toleranz von DNA-Schäden, entzündliche Immunantworten, endozytotische Vorgänge und die ribosomale Protein-Synthese hat.

Mono- und Multi-Ubiquitinierungen hingegen beeinflussen weniger die Stabilität einzelner Proteine als deren intrazelluläre Verteilung und können die Interaktion mit anderen Proteinen ermöglichen. Oligo-Ubiquitinierung hat beispielsweise Einfluss auf die Aktivität eines Transkriptionsfaktors, ohne dessen Abbau zu initiieren.

Beispiele für Ubiquitinierungen

Beispiel einer Oligo-Ubiquitinierung über K63 – am Lys63 des 1. Ubiquitins ist ein 2. Ubiquitin angehängt

Abbau fehlerhaft gefalteter Proteine

Das Ubiquitin-Proteasom-System spielt eine bedeutende Rolle in der „Qualitätssicherung“ intrazellulär hergestellter Proteine. Proteine sollten während und nach ihrer Produktion richtig gefaltet werden, damit sie funktionieren. Bei einigen Proteinen ist die Faltung so komplex und fehleranfällig wie beim Chlorid-Ionenkanal CFTR in Epithelzellen, bei dem bis zu 60–80 % der hergestellten Proteine fehlerhaft gefaltet sind. Diese fehlerhaft gefalteten Proteine werden von sogenannten Chaperonen gebunden, Enzymen, die unter Umständen die richtige Faltung des Proteins fördern können. Bei einer „irreparabelen“ Missfaltung wurde die Bildung eines Protein-Chaperon-Ubiquitin-E3-Ligase-Komplexes beobachtet, der das fehlgefaltete Protein poly-ubiquitiniert und damit die Degradierung durch das Proteasom ermöglicht. Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass strukturell entartete Proteine weder cytosolisch noch membranassoziiert die Zellabläufe beeinflussen.

Ereignet sich aber im Falle des Ionenkanals CFTR in der codierenden DNA eine Mutation, die sich in einer Mutation des Phenylalanins an Position 508 (F508) niederschlägt, führt dies zur Poly-Ubiquitinierung und zu vorzeitigem Abbau aller produzierten CFTR-Proteine. Die Folge ist das Krankheitsbild der Mukoviszidose. Obgleich eine ordnungsgemäße Funktion des mutierten Ionenkanal-Proteins prinzipiell nicht ausgeschlossen ist, wird es vorzeitig abgebaut. Dieses Beispiel zeigt, dass sich das eigentlich positiv wirkende strikte Kontrollsystem des ubiquitinvermittelten Abbaus strukturell falscher Proteine auch negativ auf den Organismus auswirken kann.

Regulation der Transkription

Der erste Schritt der Proteinbiosynthese ist die Transkription. Hierbei wird DNA über ein Enzym, die RNA-Polymerase, in RNA umgeschrieben. Für den Transkriptionsstart der Polymerase werden an der DNA verschiedene Transkriptionsfaktoren benötigt. Die Zugänglichkeit der DNA für die Transkriptionsfaktoren und die Polymerase kann von permanent DNA-gebundenen Proteinkomplexen, den Histonen, reguliert werden. Histone, die von DNA „umwickelt“ sind, werden Nukleosomen genannt.

(A) ARG1 wird in Abwesenheit von Rad6 exprimiert.
(B) Rad6 mono-ubiquitiniert ein Histon, infolgedessen wird ARG1 nicht mehr exprimiert.

In der Backhefe wurde das ubiquitinverknüpfende Protein Rad6 entdeckt, das die Transkription von ARG1 (Argininosuccinat-Synthase-Gen1) reguliert. In der Abwesenheit von Rad6 können die Transkriptionsfaktoren und die Polymerase an den Promotor (eine regulatorische DNA-Sequenz) vor dem ARG1-Gen binden und die Transkription starten. In der Gegenwart von Rad6 verknüpft dieses ein Ubiquitin-Molekül mit dem Lysin K123 einer Histon-Untereinheit H2B. Dies führt zu Modifikationen eines H3-Histons im Nachbar-Nukleosom: Das Histon H3 wird an den Lysinen K4 und K49 methyliert. Infolgedessen wird der Promotor ruhiggestellt, sodass keine Transkriptionsfaktoren binden können. Durch dieses Gen-Silencing wird nun das Gen ARG1 nicht mehr exprimiert und das Enzym Argininosuccinat-Synthase in der Zelle nicht mehr hergestellt.

Darüber hinaus war das Histon H2A aus der Taufliege das erste ubiquitinierte Protein, das beschrieben wurde. In Säugetieren wurde der Ubiquitinierungszustand der Histone H2A und H2B zum ersten Marker für transkriptionell aktives Chromatin, der Gesamtheit aus der DNA und deren assoziierten Proteinen.

Die Beteiligung von Ubiquitinierungen im NF-κB-Signalweg

Ubiquitin als Teil der Signaltransduktion

Ubiquitin ist auch an der intrazellulären Signal-Weiterleitung von äußeren Stimuli beteiligt, so zum Beispiel beim NF-κB-Signalweg (engl. nuclear factor kappa B). Dieser kann durch das Signalmolekül Tumornekrosefaktor (TNF) aktiviert werden. Bindet TNF an den TNF-Rezeptor der Zellmembran, wird durch dessen Konformationsänderung die E3-Ligase TRAF2 an den intrazellulären Teil des Rezeptors rekrutiert. Diese poly-ubiquitiniert sich selbst und das Protein RIP über K63-Verbindungen. Durch die ubiquitinierten Proteine RIP und TRAF2 werden verschiedene Kinasen, phosphorylierende Enzyme, aktiviert. Die Iκ-Kinase β letztendlich phosphoryliert das Protein IκB. Dieses setzt nun den vorher gebundenen und inaktiven NF-κB frei. NF-κB wandert in den Zellkern und aktiviert dort die Transkription bestimmter Gene. IkB hingegen wird über K48 poly-ubiquitiniert und über das Proteasom abgebaut.

Weitere Beispiele für Ubiquitinierungen

  • Nach Ende der Mitose wird das am Zellzyklus beteiligte Cyclin durch Ubiquitinierung markiert und abgebaut.
  • Bei der HIV-Infektion werden anti-virale Enzyme der Zelle (ABOBEC3G) durch ein virales HIV-Protein (Vif) gebunden. Vif vermag gleichzeitig Teile der Ubiquitinierungs-Maschinerie zu binden. Vif wird dadurch ubiquitiniert und zusammen mit APOBEC3G degradiert, wodurch die Effizienz der HIV-Infektion gesteigert wird.
  • Vermehrte Mono-Ubiquitinierung tritt bei der Differenzierung von multipotenten Stammzellen auf.

Erkrankungen

Das Angelman-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, die sich u. a. durch eine verlangsamte kognitive und motorische Entwicklung äußert. Der häufigste genetische Defekt ist hierbei eine 4 Mio. (MBp) Basenpaar-Deletion auf dem mütterlichen Chromosom 15 Genlocus q11-13. Diese Region ist jedoch nur im Hippocampus und im Kleinhirn aktiv und codiert u. a. für die E3-Ubiquitinligase E6-AP. Mäuse, denen diese Ligase fehlt, entwickeln Lerndefizite, beispielsweise bei der Konditionierung von Angst. Zudem ist die längerfristige neuronale Plastizität der Mäuse nicht mehr gegeben. Diese Defizite korrelieren teils mit den Beeinträchtigungen von Patienten mit Angelman-Syndrom.

Literatur

Weblinks


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