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Promethazin

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Strukturformel
Struktur von Promethazin
1:1-Gemisch aus (R)-Isomer (oben) und (S)-Isomer (unten)
Allgemeines
Freiname Promethazin
Andere Namen
  • (RS)-10-(2-Dimethylaminopropyl)pheno­thiazin (IUPAC)
  • rac-10-(2-Dimethylaminopropyl)pheno­thiazin
  • DL-10-(2-Dimethylaminopropyl)pheno­thiazin
  • (±)-10-(2-Dimethylaminopropyl)pheno­thiazin
  • Promethazinum (Latein)
Summenformel
  • C17H20N2S (Promethazin)
  • C17H20N2S·HCl (Promethazin-Hydrochlorid)
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-489-2
ECHA-InfoCard 100.000.445
PubChem 4927
ChemSpider 4758
DrugBank DB01069
Wikidata Q422970
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Neuroleptika / Antihistaminika

Eigenschaften
Molare Masse
  • 284,42 g·mol−1(Promethazin)
  • 320,88 g·mol−1(Promethazin-Hydrochlorid)
Schmelzpunkt
  • 60 °C (Promethazin)
  • 230–232 °C (Promethazin·Hydrochlorid)
Siedepunkt

190–192 °C (400 Pa)

Dampfdruck

0,18 mPa (25 °C)

pKS-Wert

9,1

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung

Hydrochlorid

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​315​‐​317​‐​319​‐​332​‐​335
P: 261​‐​280​‐​301+310​‐​305+351+338
Toxikologische Daten

225 mg·kg−1 (LD50Mauss.c.)

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Promethazin ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Phenothiazine, das im Gegensatz zu anderen Substanzen dieser Stoffklasse nicht als Antipsychotikum eingesetzt wird. Promethazin findet stattdessen als Beruhigungsmittel (Sedativum) sowie, bei besonderen Indikationen, als Antihistaminikum und Antiemetikum Anwendung. Promethazin wurde von den gleichen Forschern entwickelt, die kurze Zeit später das erste Neuroleptikum (Chlorpromazin) synthetisierten.

Wirkungsweise

Der Botenstoff Histamin reguliert diverse Funktionen im Gehirn. Promethazin besetzt die Histamin-Bindungsstellen im Gehirn. Dadurch wirkt es beruhigend und schlaffördernd. Darüber hinaus bindet Promethazin auch an den muskarinischen Acetylcholinrezeptor sowie an die Rezeptoren für 5-HT2A, 5-HT2C, Dopamin-D2, den NMDA-Glutamatrezeptor und den α1-Adrenorezeptor. Promethazin ist zudem ein potentes Antioxidans und steigert die Glutamataufnahme in Gliazellen des Gehirns.

Die neuroleptische Potenz von Promethazin wird in der Literatur mit 0,5 angegeben. Es gilt somit als niederpotentes Neuroleptikum mit primär sedierender Wirkung. Zur Behandlung allergischer Symptome wird Promethazin in Deutschland nur in Ausnahmefällen eingesetzt, wenn eine gleichzeitige Sedierung des Patienten erwünscht ist („Psychoantiallergikum“).

Promethazin wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).

Pharmakokinetik

Promethazin wird schnell und nahezu vollständig aus dem Darmlumen resorbiert, unterliegt jedoch einem stark ausgeprägten First-Pass-Effekt (Verstoffwechselung bei erster Leberpassage direkt nach der Aufnahme ins Blut), was eine geringe Bioverfügbarkeit zur Folge hat. Die maximalen Blutplasma-Konzentrationen werden 1,5 bis 3 Stunden nach Applikation gemessen, die Plasmahalbwertzeit beträgt 10 bis 12 Stunden. Die Metabolisierung (Abbau) erfolgt über CYP2D6, ein Enzym aus der Cytochrom-P450-Gruppe. Die Metaboliten (Abbauprodukte) sind pharmakologisch inaktiv, haben also keine eigenen Wirkungen.

Bindung zu Rezeptoren in nM (Ki)
Rezeptor Standardwert (nM) Referenz
α1A-adrenoceptor (Rat) 32 DrugMatrix in vitro pharmacology data
α1B-adrenoceptor (Rat) 21 DrugMatrix in vitro pharmacology data
α1D-adrenoceptor (Human) 90 DrugMatrix in vitro pharmacology data
α2A-adrenoceptor (Human) 256 DrugMatrix in vitro pharmacology data
α2B-adrenoceptor (Human) 24 DrugMatrix in vitro pharmacology data
α2C-adrenoceptor (Human) 353 DrugMatrix in vitro pharmacology data
Calmodulin (Human) 60000 Eur J Med Chem (2016) 116: 36-45 [PMID:27043269]
Calmodulin (Bovine) 50000 Eur J Med Chem (2016) 116: 36-45 [PMID:27043269]
Chloroquine resistance transporter (Plasmodium falciparum) 85000 ACS Med Chem Lett (2014) 5: 576-581 [PMID:24900883]
D1 receptor (Human) 1372 DrugMatrix in vitro pharmacology data
D2 receptor (Human) 260 DrugMatrix in vitro pharmacology data
D3 receptor (Human) 190 DrugMatrix in vitro pharmacology data
H1 receptor (Human) 0.33 DrugMatrix in vitro pharmacology data
H2 receptor (Human) 1146 DrugMatrix in vitro pharmacology data
M1 receptor (Human) 3.32 DrugMatrix in vitro pharmacology data
M2 receptor (Human) 12 DrugMatrix in vitro pharmacology data
M3 receptor (Human) 4.15 DrugMatrix in vitro pharmacology data
M4 receptor (Human) 1.06 DrugMatrix in vitro pharmacology data
M5 receptor (Human) 3.31 DrugMatrix in vitro pharmacology data
NET (Human) 4203 DrugMatrix in vitro pharmacology data
Prion protein (Human) 8000 J Med Chem (2003) 46: 3563-3564 [PMID:12904059]
5-HT1A receptor (Rat) 1484 DrugMatrix in vitro pharmacology data
5-HT2A receptor (Human) 19 DrugMatrix in vitro pharmacology data
5-HT2B receptor (Human) 43 DrugMatrix in vitro pharmacology data
5-HT2C receptor (Human) 6.48 DrugMatrix in vitro pharmacology data
5-HT6 receptor (Human) 1128 DrugMatrix in vitro pharmacology data
SERT (Serotonin transporter) (Human) 2130 DrugMatrix in vitro pharmacology data
Sigma1 receptor (Human) 120 DrugMatrix in vitro pharmacology data
OCT1 (Human) 35100 J Med Chem (2008) 51: 5932-5942 [PMID:18788725]

Anwendungsgebiete

  • Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen psychiatrischer Grunderkrankungen
  • Akute allergische Reaktionen vom Soforttyp, wenn gleichzeitig eine Sedierung angezeigt ist (intravenöse Anwendung)
  • Übelkeit und Erbrechen (oral, wenn therapeutische Alternativen nicht durchführbar sind oder nicht erfolgreich waren)
  • Schlafstörungen bei Erwachsenen (oral, wenn therapeutische Alternativen nicht durchführbar sind oder nicht erfolgreich waren)

Unerwünschte Wirkungen

Zu den Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen des Auges, Verstopfung, Miktionsstörungen, negative Auswirkungen auf die Libido und sexuelles Verlangen und weitere vegetative Störungen. Eine Behinderung der Nasenatmung ist möglich. In seltenen Fällen und bei Überdosierung können Halluzinationen, Verwirrung und starke Einschränkungen der Motorik (u. a. Restless-Legs-Syndrom) auftreten. Zudem kann es eine erhöhte Photosensibilität zur Folge haben.

Wechselwirkungen

Die dämpfenden Effekte von Alkohol, Schlaf- und Schmerzmitteln sowie anderer Medikamente, die auf die Psyche wirken, werden bei gleichzeitiger Anwendung mit Promethazin verstärkt.

Promethazin kann die Wirkung blutdrucksenkender Medikamente verstärken.

Darreichungsformen

Promethazin liegt in Form von Tabletten, Tropfen zum Einnehmen sowie ferner als Injektionslösung, und außerhalb Deutschlands teils auch als Suppositorium vor.

In der Schweiz wurde das als Antihistaminikum gebrauchte Phenergan mit dem Wirkstoff Promethazin am 31. Januar 2009 vom Markt genommen, während Phenergan u. a. in Frankreich weiterhin vertrieben wird.

In Spanien ist Promethazin als wirksamer Bestandteil einer topischen Salbe (Handelsname: Fenergán) zur Behandlung von Insektenstichen von blutsaugenden Insekten zugelassen.

Unter dem Handelsnamen Reactifargan ist eine 2%ige Salbe zur Behandlung von Insektenstichen, Hautreizungen und Sonnenbränden auch in Italien rezeptfrei erhältlich.

In Schweden ist Promethazin als Lergigan, sowie als Kombinationspräparat mit Ephedrin und Coffein (Lergigan comp), zur Behandlung von Angststörungen, Schlafstörungen, Kinetosen, postoperativer Übelkeit und Erbrechen, Morbus Menière und Allergien zugelassen.

Synthese

Die Synthese erfolgt durch eine nucleophile Substitution ausgehend von Phenothiazin und (RS)-2-Chlor-N,N-dimethyl-1-propylamin.

Promethazin synthesis.svg

Bei dieser Synthese entsteht der Arzneistoff als Racemat.

Stereoisomerie

Promethazin ist chiral und enthält ein Stereozentrum, es gibt also zwei Enantiomere, die (R)-Form und die (S)-Form. Die Handelspräparate enthalten den Arzneistoff als Racemat (1:1-Gemisch der Enantiomere).

Handelsnamen

Monopräparate
Atosil Sirup mit Promethazin von Bayer.

Atosil (D), Phenergan (USA), Closin [nicht mehr verfügbar] (D), Farganesse (I), Proneurin (D), Prothazin (D), Promethazin-neuraxpharm (D), Allersoothe (NZ)

Siehe auch


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