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Chloroform

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Strukturformel
Keilstrichformel von Chloroform
Keilstrichformel zur Verdeutlichung der Geometrie
Allgemeines
Name Chloroform
Andere Namen
  • Trichlormethan (IUPAC)
  • Chloretherid
  • Methenylchlorid
  • Methinchlorid
  • TCM
  • R-20
Summenformel CHCl3
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit süßlichem Geruch

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 67-66-3
EG-Nummer 200-663-8
ECHA-InfoCard 100.000.603
PubChem 6212
DrugBank DB11387
Wikidata Q172275
Eigenschaften
Molare Masse 119,38 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,48 g·cm−3 (20 °C)

Schmelzpunkt

−63 °C

Siedepunkt

61 °C

Dampfdruck
  • 209 hPa (20 °C)
  • 321 hPa (30 °C)
  • 477 hPa (40 °C)
Löslichkeit

schlecht in Wasser (8 g·l−1 bei 20 °C)

Dipolmoment

1,04(2) D (3,5 · 10−30 C · m)

Brechungsindex

1,445 (nD20)

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​331​‐​315​‐​319​‐​351​‐​361d​‐​336​‐​372​‐​412
P: 201​‐​273​‐​301+312+330​‐​302+352​‐​304+340+311​‐​308+313
MAK

DFG/Schweiz: 0,5 ml·m−3 bzw. 2,5 mg·m−3

Treibhauspotential

20 (bezogen auf 100 Jahre)

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−134,1 kJ/mol

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Chloroform (systematische Bezeichnung Trichlormethan) ist ein chlorierter Kohlenwasserstoff mit der Summenformel CHCl3.

In der Industrie dient es als Lösungsmittel und zur Herstellung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts war Chloroform eines der ersten in der Medizin verbreitet eingesetzten Narkosemittel. Als solches wird es aber wegen seiner Toxizität seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr eingesetzt.

Geschichte

Entdeckung

Chloroform wurde erstmals 1831 unabhängig voneinander von dem US-Amerikaner Samuel Guthrie, dem Deutschen Justus Liebig in Gießen und dem Franzosen Eugène Soubeiran in Paris hergestellt. Seine physikalischen und chemischen Eigenschaften sowie eine Summenformel („C4H2Cl6“ bzw. C2H2Cl6) beschrieb erstmals Jean-Baptiste Dumas 1834. Dumas gab der von Liebig noch als „Chlorkohlenstoff“ bezeichneten Substanz auch den Namen „Chloroform“.

Einsatz als Narkosemittel

Karikatur: Der Effekt von Chloroform auf James Young Simpson und Freunde (ca. 1840er Jahre)

Die narkotisierende Wirkung von Chloroform wurde im Tierversuch schon 1842 von dem britischen Arzt Robert Mortimer Glover und 1847 von dem französischen Physiologen Marie Jean Pierre Flourens sowie dem schottischen Arzt und Geburtshelfer James Young Simpson erkannt. Es war das Verdienst des Letzteren, Chloroform ein Jahr darauf neben dem schon seit Ende 1846 gebräuchlichen Äther in die ärztliche Praxis zur Ausschaltung oder Linderung von Geburtsschmerzen einzuführen.

Einen ersten Vorschlag zur praktischen Anwendung der Chloroformnarkose zur chirurgischen Anästhesie hatte zuvor wohl schon Simpsons Freund, der Chirurg und Chemiker David Waldie (* 1813 in Linlithgow) gemacht. Auch der Erlanger Mediziner Johann Ferdinand Heyfelder stellte ab 1847 neben klinischen Versuchen mit Äther auch solche mit Chloroform an und plädierte 1848 für dessen bevorzugte Anwendung als Narkosemittel.

Aufgrund der schneller und für den Patienten angenehmer einsetzenden Wirkung, der tieferen Narkose, der geringeren Reizung der Bronchien und des seltener auftretenden postoperativen Erbrechens verdrängte Chloroform zunächst weitgehend den Äther als Narkosemittel. Der erste dokumentierte Anästhesietodesfall war eine 1848 durchgeführte Chloroformnarkose bei der Patientin Hanna Greener. Einer der Pioniere der Äthernarkose, Horace Wells, hatte sich im Januar 1848, bevor er sich bei seinem Suizid die Pulsadern öffnete, mit Chloroform betäubt.

Nachdem John Snow 1853 das Chloroform auch erfolgreich bei der Königin Victoria (Oberhaupt der englischen Staatskirche) zur „Anaesthesie à la reine“ angewendet hatte, wurde es in Europa zunächst das am meisten verbreitete Narkosemittel. Auch Joseph T. Clover (1825–1882), ab 1858 „Chloroformist“ in London, verwendete für seinen, ein Luft-Lachgas-Gemisch zuführenden Narkoseapparat auch Chloroform und Äther.John Snow (England, 1858) und Friedrich Trendelenburg (Deutschland, 1871) verwendeten bei Narkosen ein Chloroform-Luft-Gemisch zur Verabreichung über ein Tracheostoma, William Macewen (Schottland, 1880) und E. Schlechtendahl (Deutschland, 1902) über einen oral eingeführten Endotrachealtubus. Im Jahr 1874 hatte T. G. Hake im Practitioner Forschungsergebnisse von Moritz Schiff veröffentlicht, die zeigten, dass Versuchstiere, die nach hohen Dosen von Äther bzw. Chloroform einen Herzstillstand erlitten, im Falle von Äther durch künstliche Beatmung wiederbelebt werden konnten, im Falle von Chloroform aber zusätzlich eine direkte Herzmassage dazu benötigten (Schiff selbst veröffentlichte seine Ergebnisse erst 22 Jahre später schriftlich).

Ab etwa 1890 wurde, wegen der unerwünschten Nebenwirkungen mit häufigen anästhesiebedingten Todesfällen bei Chloroformnarkosen, jedoch (zunächst in den USA) wieder die Ätheranwendung bevorzugt und ab 1900 löste der Äther in weitem Umfang Chloroform als Narkosemittel ab. Eine tiefe Chloroformnarkose beschrieb E. Schlechtendahl in Barmen jedoch 1902 zur Betäubung vor der oralen Intubation. Durch Bernhard Kroenig erfolgte um 1903 eine technische Verbesserung der Äther- und Chloroformnarkose mit dem Roth-Draegerschen Mischapparat. Krakow und andere kombinierten Chloroform auch mit anderen Narkosemitteln, etwa mit Hedonal.

Die geburtshilfliche Schmerzlinderung mit Chloroform geschah gegen den Widerstand der anglikanischen Kirche. Viele Kleriker hielten Qualen der Geburt für die gerechte Strafe für Evas Sündenfall, also für gottgewollt. Dem setzte James Young Simpson, 1847 der Begründer der geburtshilflichen Anästhesie mit Äther bzw. Chloroform in einer 1849 von ihm veröffentlichten Schrift entgegen, dass bei der Erschaffung Evas ebenfalls eine „Anästhesie“ durchgeführt worden sei.

Eine durch intravenöse Gabe des Chloroforms zur Erzielung einer Narkose wie sie von dem Würzburger Chirurgen Burkhardt 1909 vorgestellt wurde, hat sich nach schweren Komplikationen nicht durchsetzen können.

Aus England kam 1957 das erste klinisch brauchbare halogenierte Inhalationsnarkotikum nach dem Chloroform, nämlich Halothan.

Herstellung

Industriell wird Chloroform durch Erhitzen von Chlor mit Methan oder Chlormethan auf 400–500 °C erzeugt. Bei dieser Temperatur wird schrittweise radikalisch substituiert bis hin zum Tetrachlormethan:

Dabei reagiert Methan mit Chlor unter Bildung von Chlorwasserstoff zunächst zu Chlormethan, dann weiter zu Dichlormethan, Trichlormethan und schließlich zu Tetrachlormethan. Das Ergebnis des Prozesses ist eine Mischung der vier Chlormethane, welche durch Destillation getrennt werden können. Industriell hergestelltes Chloroform technischer Reinheit enthält zudem Brom- und Ethanderivate (z. B. Bromchlormethan, Bromdichlormethan, 1,2-Dichlorethan) als Verunreinigung sowie Ethanol (< 1 %) oder Pentene (< 0,1 %), die als Stabilisator künstlich zugefügt werden, um das beim Lagern an Luft und Licht entstehende Phosgen abzufangen.

Alternativ kann Chloroform durch Photochlorierung von Methan erhalten werden. Im Labor kann Chloroform durch die Reaktion von Natriumhypochlorit mit Aceton, eine Haloform-Reaktion, dargestellt werden.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Trichlormethan ist eine farblose, nicht entflammbare, flüchtige Flüssigkeit von süßlichem Geruch. Der Schmelzpunkt liegt bei −63 °C, der Siedepunkt unter Normaldruck bei 61 °C. Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,20772, B = 1233,129 und C = −40,953 im Temperaturbereich von 215 bis 334 K und mit A = 4,56992, B = 1486,455 und C = −8,612 im Temperaturbereich von 334,4 bis 527 K. Es hat eine größere Dichte als Wasser und ist nur wenig darin löslich. Die Mischbarkeit mit Wasser ist begrenzt. Mit steigender Temperatur sinkt die Löslichkeit von Chloroform in Wasser bzw. steigt die Löslichkeit von Wasser in Chloroform.

Löslichkeiten zwischen Chloroform und Wasser
Temperatur (in °C) 0 9,5 19,6 29,5 39,3 49,2 59,2
Chloroform in Wasser (Massenanteil in %) 1,02 0,93 0,82 0,79 0,74 0,77 0,79
Wasser in Chloroform (Massenanteil in %) 0,0365 0,0527 0,0661 0,0841 0,1108 0,1353 0,1672

Die Verbindung bildet mit einer Reihe von Lösungsmitteln azeotrop siedende Gemische. Die azeotropen Zusammensetzungen und Siedepunkte finden sich in der folgenden Tabelle. Keine Azeotrope werden mit n-Pentan, n-Heptan, Cyclohexan, Benzol, Toluol, n-Propanol, i-Butanol, Tetrachlorkohlenstoff, Diethylether, 1,4-Dioxan, n-Butylacetat, Essigsäure, Acetonitril, Nitrobenzol, Schwefelkohlenstoff und Pyridin gebildet.

Azeotrope mit verschiedenen Lösungsmitteln
Lösungsmittel Wasser Methanol Ethanol 2-Propanol Aceton 2-Butanon
Gehalt Chloroform in w% 97 87 93 96 78 17
Siedepunkt in °C 56 53 59 61 64 80
Lösungsmittel Diisopropylether Tetrahydrofuran Methylacetat Ethylacetat n-Hexan
Gehalt Chloroform in w% 36 66 77 28 83
Siedepunkt in °C 71 73 65 78 60

Chemische Eigenschaften

Chloroform wird durch Sauerstoff unter Lichteinfluss photochemisch zersetzt, dabei entstehen Phosgen, Chlor und Chlorwasserstoff. Handelsübliches Chloroform enthält 0,5–1,0 % Ethanol als Stabilisator, um entstehendes Phosgen chemisch abzufangen.

Seine Struktur (CHX3) bildet eine homologe Reihe mit Fluoroform, Bromoform und Iodoform.

Reaktion mit Aceton

Aceton und (das ähnlich riechende) Chloroform dürfen nicht in höheren Konzentrationen gemischt werden, weil es in Gegenwart von Spuren basisch reagierender Stoffe zu einer sehr heftigen Reaktion kommen kann, bei der 1,1,1-Trichlor-2-methyl-2-propanol (|α,α,α‐Trichlor‐tert‐Butanol) entsteht. Auch aus diesem Grund sollen im Labor chlorierte und nicht chlorierte Lösemittelabfälle getrennt gesammelt werden.

Reaktion von Aceton mit Chloroform

Verwendung

Chloroform wird in erster Linie als Lösungsmittel und zur Herstellung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) verwendet.

Mit alkoholischem Kali und Ammoniak entsteht beim Erhitzen Kaliumcyanid. Bei Verwendung primärer Amine statt Ammoniak erhält man Isonitrile. Mit dieser von August Wilhelm von Hofmann entdeckten Reaktion lassen sich primäre Amine auch qualitativ nachweisen, denn die Isonitrile geben sich durch einen starken und üblen Geruch zu erkennen.

In der chemischen Synthese wird es zur Herstellung von Dichlorcarben (in Gegenwart von Basen) verwendet. Durch Friedel-Crafts-Alkylierung mit Benzol erhält man Triphenylmethan.

Bei der Bestimmung der mikrobiellen Biomasse in Bodenproben mittels Chloroform-Fumigation-Extraktion wird ausgenutzt, dass Chloroform Zelllyse verursacht.

Chloroform wird zur Bestimmung der Iodzahl nach Hanuš benutzt, und zur Bestimmung der Peroxidzahl nach Wheeler als Eisessig-Chloroform Gemisch.

Sicherheitshinweise

Die Dämpfe von Chloroform verursachen Bewusstlosigkeit und senken die Schmerzempfindung. Bereits Anfang 1848 gab es den ersten Bericht über eine tödlich verlaufene Narkoseeinleitung mit Chloroform. Im Jahr 1850 waren mindestens elf Chloroformtodesfälle bekannt. Wegen der toxischen Wirkung auf Herz, Leber und andere innere Organe wird Chloroform seit Anfang des 20. Jahrhunderts kaum noch und heute nicht mehr als Narkosemittel angewendet. Es steht außerdem unter Verdacht, krebserregend zu sein.

Rechtsbestimmungen

Die Anwendung von Chloroform ist bei Lebensmittel liefernden Tieren gemäß der EU-Rückstandshöchstmengen-Verordnung für Lebensmittel tierischen Ursprungs in der Europäischen Union generell verboten.

Deuterochloroform

Deuteriertes Chloroform

Deuteriertes Chloroform (Summenformel: CDCl3, CAS-Nr.: 865-49-6), auch Deuterochloroform genannt, findet in der Kernresonanzspektroskopie (NMR) als Lösungsmittel Verwendung.

Die Synthese erfolgt durch Umsetzung des Calciumsalzes der Trichloressigsäure mit schwerem Wasser.

Die physikalischen Eigenschaften unterscheiden sich geringfügig von der nichtdeuterierten Verbindung:

  • Schmelzpunkt: −64 °C
  • Siedepunkt: 60,9 °C
  • Dichte: 1,500 g/ml (25 °C)
  • Brechungsindex: 1,444 (20 °C)

Literatur

  • Albert Faulconer, Thomas Edward Keys: Chloroform. In: Foundations of Anesthesiology. 2 Bände, Charles C Thomas, Springfield (Illinois) 1965, Band 1, S. 442–481.
  • Franz Hartmann: Beitrag zur Literatur über die Wirkung des Chloroforms. Ferber, Giessen 1855 (Digitalisat)
  • H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 12–14 und 25.
  • M. Rossberg; W. Lendle; G. Pfleiderer, A. Tögel; T.R. Torkelson, K.K. Beutel: Chloromethanes, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2012; doi:10.1002/14356007.a06_233.pub3.

Weblinks

Commons: Chloroform – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Chloroform – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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